BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17771 21. Wahlperiode 16.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 08.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Aufklärung und Suchtprävention von Minderjährigen in Hamburg „Gemäß § 5 des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG) ist universelle Suchtprävention seit den Neunzigerjahren integraler und verbindlicher Bestandteil der Bildungspläne für alle Schulformen. In den Bildungsplänen der Grund- und Stadtteilschulen sowie der Gymnasien (Sekundarstufe I) ist im Rahmen des Aufgabengebietes „Gesundheitsförderung “ das Themenfeld Suchtprävention verbindlich vorgeschrieben und wird in den verschiedenen Schulstufen unterrichtlich nach strukturierten und vorgegebenen Inhalten und Themenschwerpunkten behandelt.“1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Suchtprävention hat zum Ziel, den Einstieg in den Substanzkonsum beziehungsweise bei nicht stoffgebunden Süchten die Entwicklung von abhängigem Verhalten zu verhindern . Ist bereits ein problematischer Konsum beziehungsweise ein problematisches Verhalten entstanden, zielt Suchtprävention darauf ab, den Konsum zu reflektieren und andere Verhaltensweisen zu entwickeln. Dabei wird Suchtprävention nicht nur als primäre Verhaltensprävention verstanden, sondern unterscheidet zwischen universeller Prävention, die sich an die Allgemeinbevölkerung oder zumindest an einen Teil der Allgemeinbevölkerung richtet, der selektiven Prävention, die Personengruppen mit einem erhöhten Risiko im Fokus hat und der indizierten Prävention für diejenigen, die ein hohes Risiko aufweisen eine Suchterkrankung zu entwickeln. Neben den Maßnahmen, die direkt auf das Individuum zugeschnitten sind, kommt der strukturellen Prävention eine wichtige Aufgabe zu. Hierunter sind Maßnahmen zu verstehen, die sich auf Veränderungen des Lebensumfeldes beziehen. Suchtprävention gilt dann als erfolgsversprechend, wenn sie in mehreren Handlungsfeldern wie zum Beispiel Familie, Schule, Arbeitsplatz und Freizeit ansetzt. Hamburg hält vielfältige Maßnahmen vor, die in oben genanntem Sinne zusammenwirken . Im Übrigen siehe Drs. 21/17727. Dies vorausgeschickt beatwortet der Senat die Anfrage wie folgt: 1. Welche Aufklärungskampagnen und Programme der Suchtprävention von Zigaretten-, Alkohol- und illegalem Drogenkonsum gab und gibt es seit 2008 in der Freien und Hansestadt Hamburg? (Bitte aufschlüsseln nach Programm, Beginn des Programms, Träger des Programms, Zielgruppe des Programms, Teilnehmerzahlen, gegebenenfalls Einstellung des Programms mit den jeweiligen Einstellungsgründen.) 1 Vergleiche Drs. 20/12302. Drucksache 21/17771 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das Suchtpräventionszentrum (SPZ) des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) berät, qualifiziert und unterstützt Schulen in der Planung, Weiterentwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur universellen und spezifischen Suchtprävention. Es handelt sich dabei um Maßnahmen der Persönlichkeitsförderung und um spezifische Angebote, die sich altersgerecht mit den Themen Nikotin, Alkohol und Cannabis/ illegalen Drogen auseinandersetzen (siehe https://li.hamburg.de/suchtpraeventionnachhaltig /). Alle aktuellen Angebote finden sich auf der Homepage des SPZ/LI systematisch nach Schulformen/Altersgruppen aufgelistet (siehe https://li.hamburg.de/ sun-suchtpraevention-unterricht/). Die Maßnahmen werden in der Regel von den Hamburger Schulen selbstverantwortlich in den Jahrgangsstufen im Unterricht oder in Projekten umgesetzt. Beispielhaft sind dies: Angebot Beginn Träger/Umsetzung in Hamburg Zielgruppe Anzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen seit 2008 Wettbewerb „Be Smart – Don‘t Start“ für rauchfreie Schulkassen 1998 Institut für Theraphieforschung Nord (IFT Nord gGmbH)/ Suchtpräventionszentrum des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung (SPZ/LI) ab Jahrgangsstufe 6 4 538 Schulklassen Lernarrangement Nikotin, Alkohol, Cannabis (siehe https://li.hamburg.de/ unterrichtsmateral/12760750/ suchtpraevention-unterrichtspz / ) 2011 SPZ/LI Jahrgangsstufe 7 bis 10 Da im Klassenverbund unterrichtet wird, wird die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der für Bildung zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. Stationen-Parcours zur Suchtprävention „Alles im Griff?!“ 2004 SPZ/LI ab Jahrgangstufe 10/Berufliche Schulen 23 507 Schülerinnen und Schüler „WIM“ Weniger ist mehr (Verzicht oder Reduktion einer Konsumgewohnheit) 2011 AOK Rheinland/ Hamburg/SPZ/LI ab Jahrgangsstufe 9 79 Schulklassen „Was geht?“ Unterrichtsmaterial zur Alkoholprävention (siehe https://li.hamburg.de/ publikationen/4626482/wasgeht -alkoholpraeventionklasse -10/ ). 2015 SPZ/LI ab Jahrgangstufe 10 Angebot ist online über SPZ/LI abrufbar . Quelle: Daten der für Bildung zuständigen Behörde Darüber hinaus kooperiert das SPZ/LI eng mit der für Gesundheit zuständigen Behörde beziehungsweise der Fachstelle Sucht.Hamburg gGmbH in der Umsetzung übergreifender Hamburger und bundesweiter Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche wie beispielsweise der Kampagne „Alkohol, irgendwann ist der Spaß vorbei“, dem Wettbewerb und der Kampagne “Bleib stark! Bleib du selbst!“ (Cannabis im Jugendalter) oder „Jugendfilmtage Nikotin und Alkohol – Alltagsdrogen im Visier“ (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung/BZgA). Im Übrigen siehe Drs. 21/16989, Drs. 21/15962 und Drs. 21/14264. Im Sommer 2013 wurde die Aufklärungskampagne „Stopp den Alkoholmissbrauch in jungen Jahren“ von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration für einige Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17771 3 Wochen veröffentlicht. Als Außenwerbeträger wurden Liftfasssäulen, Plakatanschlagstellen und Lichtwerbung in den Bahnhöfen und Bushaltestellen der Stadt gewählt. Zudem wurden Gratispostkarten an verschiedenen Stellen ausgelegt und Plakate an Schulen verteilt. Als elektronisches Medium wurde hamburg.de genutzt. Auf der Seite https://www.hamburg.de/jugendschutz/ sind die Anzeige sowie ein begleitender Trailer weiterhin abrufbar. Zielgruppe sind neben Minderjährigen auch Personen, die es Minderjährigen durch ihr Verhalten ermöglichen, illegal Alkohol zu konsumieren. Für die Darstellung weiterer Kampagnen und Programme siehe: https://www.hamburg.de/contentblob/11619956/ 6f73b5dcd6e9452755907ace4ec59ea3/data/suchtpraevention-hamburg-bericht.pdf. 2. Welche illegalen Drogen sind Aufklärungsbestandteil dieser Programme und vor welchen allgemeinen und spezifischen Gefahren dieser Drogen wird in welcher Form aufgeklärt? Bei den illegalen Drogen liegt in den schulischen Angeboten der Sekundarstufe 1 und 2 der Schwerpunkt auf Cannabis (siehe https://medizin-aspekte.de/109862- weltdrogentag-2019-neue-bzga-daten-anstiege-beim-cannabiskonsum-jungermenschen / und Schulbus Hamburg https://www.sucht-hamburg.de/shop-kategorie/ berichte-studien/item/schulbus-abschlussbericht-2015). Im Parcours zur Suchtprävention „Alles im Griff?!“ des SPZ/LI, der sich an Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 wendet, werden auch andere illegale Drogen (Kokain, Amphetamine et cetera) thematisiert. Im Mittelpunkt stehen die Information und die Auseinandersetzung mit den gesundheitlichen kurz- und langfristigen Risiken, den Folgen des Konsums für die eigene Entwicklung, rechtliche Konsequenzen und die Stärkung einer kritischen Haltung und Unterstützung zur Abstinenz. Für die Darstellung weiterer Kampagnen und Programme siehe: https://www.hamburg.de/contentblob/11619956/ 6f73b5dcd6e9452755907ace4ec59ea3/data/suchtpraevention-hamburg-bericht.pdf. 3. Werden die Programme zur Aufklärung und Suchtprävention evaluiert? a. Wenn ja, in welcher Häufigkeit? Wenn nein, warum nicht? b. Anhand welcher Kennzahlen wird der Erfolg der entsprechenden Programme gemessen? c. Zu welchen Ergebnissen haben die Evaluationen geführt? (Bitte für jedes Programm darstellen.) Die vom SPZ/LI angebotenen und vermittelten Präventionsangebote basieren auf den wissenschaftlichen Qualitätsstandards zur Suchtprävention und werden entsprechend laufend weiterentwickelt (siehe https://www.bzga.de/infomaterialien/fachpublikationen/ forschung-und-praxis-der-gesundheitsfoerderung/band-46-expertise-zursuchtpraevention /). Die Umsetzung der Angebote der Suchtprävention in den Hamburger Schulen wird nicht evaluiert, da die jeweiligen schulischen Spezifika sehr unterschiedlich sind. Ansonsten siehe Vorbemerkung und https://www.hamburg.de/contentblob/11619956/ 6f73b5dcd6e9452755907ace4ec59ea3/data/suchtpraevention-hamburg-bericht.pdf. 4. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, wie sich das Konsumverhalten von Minderjährigen in Bezug auf Alkohol-, Zigaretten- und illegalem Drogenkonsum (bei Letzterem bitte nach verschiedenen Drogen differenzieren) seit 2008 in Hamburg entwickelt hat? a. Wenn ja, bitte die Entwicklung aufzeigen und erläutern. Wenn nein, warum nicht? Die Daten sind dem „Monitoringbericht zum Umgang mit Suchtmitteln von Jugendlichen und Erwachsenen in Hamburg und Deutschland“ zu entnehmen, siehe hierzu Drucksache 21/17771 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 https://www.sucht-hamburg.de/images/kategorien/information/publikationen/ Monitoringbericht-HH-2018.pdf. b. Wann hat die letzte Erhebung dieser Fallzahlen stattgefunden? Wer hat die Daten erhoben? Der Monitoringbericht stützt sich auf Daten aus verschiedenen Quellen. Hierzu zählen unter anderem die verschiedenen Daten epidemiologischer Studien und die Rauschgiftlageberichte der Polizei. Die letzte Zusammenführung der Daten fand 2018 statt. c. Für wann ist die nächste Erhebung geplant? Die nächste Zusammenführung der Daten ist für das Jahr 2020 vorgesehen. 5. Gibt es bereits Programme zur Suchtprävention und Aufklärung im Kita- Bereich? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Das Themenfeld Suchtprävention und Aufklärung kann in Kindertageseinrichtungen durch vorhandene Programme wie „Kompaß-Erziehungstraining“ und das Fachkräftenetzwerk „Connect – Hilfen für Kinder in suchtbelasteten Familien“ (siehe auch Länderbericht der BZgA, 2018, S. 31 und S. 5) sowie im Zuge der pädagogischen Arbeit in Kitas bearbeitet werden. Gesundheitsförderung und Prävention gehören grundsätzlich zur Aufgabe von pädagogischen Fachkräften in den Hamburger Kindertageseinrichtungen und durchziehen den Kita-Alltag sowohl im Krippen- als auch Elementarbereich . Grundlage der pädagogischen Arbeit in den Hamburger Kindertageseinrichtungen sind die „Hamburger Bildungsempfehlungen für die Bildung und Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen“. In dem Bildungsbereich „Körper, Bewegung und Gesundheit“ werden die Aufgaben und thematischen Schwerpunkte des pädagogischen Personals beschrieben. Die Stärkung der persönlichen und sozialen Ressourcen eines Kindes hat auch einen zentralen Einfluss auf die Gewalt-, Stress-, und Suchtprävention im frühen Kindesalter. Die konkrete Umsetzung der Kita- Bildungsempfehlungen und somit auch des Bildungsbereichs „Körper, Bewegung, Gesundheit“ liegt in der Verantwortung der Kita-Träger und erfolgt vor dem Hintergrund der spezifischen pädagogischen Konzepte der Kitas. Im Übrigen siehe Drs. 21/16382.