BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17782 21. Wahlperiode 16.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 10.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Drogenkonsum an Hamburger Schulen (II) Drogenkonsum stellt in Hamburger Schulen ein immer akuteres Problem dar. Nachdem die „Bergedorfer Zeitung“ am 27. Oktober 2018 über dieses Phänomen berichtet hatte,1 gab das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung im Dezember 2018 die Informationsbroschüre „Legale und illegale Drogen in Schulen – Rechtliche Fragestellungen und Tipps“ heraus. Ihrem Inhalt ist zu entnehmen, dass Schüler offenbar längst nicht mehr nur weiche Drogen wie Alkohol oder Cannabis konsumieren, sondern auch harte Substanzen wie Kokain, Amphetamin oder Methylenedioxyamphetamin, wozu auch MDMA gehört, der als klassischer Wirkstoff von Ecstasy gilt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Informationsbroschüre „Drogen und Recht; Legale und illegale Drogen in Schulen, rechtliche Fragestellungen und Tipps“ erschien 2018 in der 5. aktualisierten Fassung, https://li.hamburg.de/contentblob/4365740/9ef0a40285ee4a37d8225a3d96f5bf9d/ data/pdf-legale-und-illegale-drogen-in-schulen-2018.pdf. In dieser Broschüre wird unter anderem über alle relevanten gesetzlichen Grundlagen im Zusammenhang mit legalen und illegalen Suchtmitteln informiert. Dazu gehören in der aktuellen Ausgabe gesetzliche Neuerungen beispielsweise zu Cannabis als Medizin und zum „Neuepsychoaktive -Stoffe-Gesetz“ (NpSG). Aus der Broschüre lässt sich nicht ableiten, dass Schülerinnen und Schüler im Allgemeinen diese Drogen konsumieren. Für Schulen gilt, dass Kinder und Jugendliche vor dem Konsum jeglicher Suchtmittel zu schützen sind und der Umgang damit verboten ist. Dies bedeutet in der Regel, dass bereits bei Verdachtsfällen die betroffenen Schülerinnen und Schüler von den Lehrkräften angesprochen und die Sorgeberechtigten informiert werden. Inwieweit weitergehende Maßnahmen beispielsweise nach § 49 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) getroffen werden, wird von der für Bildung zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. Die Unterscheidung in weiche Drogen (Alkohol/Cannabis) und harte Drogen (Kokain et cetera) ist in dieser Form überholt, insbesondere im Kindes- oder Jugendalter ist jeglicher Konsum von Suchtmitteln riskant. Im Übrigen siehe Drs. 21/15962. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 „Schon Elfjährige kiffen an Bergedorfer Schulen“. „Bergedorfer Zeitung“. 27.10.2018. Seite 18. Drucksache 21/17782 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Im Rahmen von Prävention und Beratung mit dem Suchpräventionszentrum (SPZ) finden jährlich im Durchschnitt etwa 140 Beratungsgespräche statt.2 Hat sich dieser Trend im ersten Halbjahr 2019 fortgesetzt? Falls nein, warum nicht? Die Beratungsanfragen des Suchtpräventionszentrums werden fallbezogen bearbeitet. Eine statistische Auswertung findet zum Ende des Jahres statt. 2. In wie vielen Schulen ist es im ersten Halbjahr 2019 nachweislich zu Fällen von illegalem Betäubungsmittelkonsum gekommen? a) Welche Schulen waren hiervon betroffen? b) Welche Betäubungsmittel wurden dabei sichergestellt? Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Die räumliche Erfassung des Tatortes erfolgt in der PKS in der kleinsten Einheit nach Ortsteilen (OT). Seit dem Jahr 2017 wird die Tatörtlichkeit „Schule“ bei der Taterfassung erhoben; eine Unterscheidung nach Schulformen erfolgt nicht. Eine Auswertung bezogen auf einzelne Schulen ist in der PKS nur möglich, wenn in einem OT nur eine Schule ansässig ist. Im Übrigen siehe Drs. 21/7766. 3. Inwieweit hat sich der Konsum von Betäubungsmitteln an Hamburger Schulen im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem letzten Jahr verändert? Daten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. In Hamburg wird seit dem Jahr 2004 in Abständen die Untersuchung „Schüler- und Lehrerbefragungen zum Umgang mit Suchtmitteln“ (SCHULBUS) durchgeführt. Die Befragung wird im jeweiligen Untersuchungsjahr einmal ausgeführt. Unterjährige Befragungen finden nicht statt. Die letzte Untersuchung fand im Jahr 2018 statt. Der Bericht wird derzeit erstellt. Die Veröffentlichung ist im Spätsommer 2019 geplant. Im Übrigen siehe Drs. 21/15962. 4. Wie viele Fälle sind dem Senat für das erste Halbjahr 2019 bekannt, bei denen an Hamburger Schulen mit Betäubungsmitteln gehandelt worden ist? a) Welche Schulen waren hiervon betroffen? b) Welche Betäubungsmittel sind dabei gehandelt worden? Die in der PKS erfasste Tatörtlichkeit „Schule“ lässt nicht erkennen, ob eine Tat im schulischen Zusammenhang stattgefunden hat. Hier werden auch Taten erfasst, die außerhalb der Schulzeiten und des von der Fragestellung mutmaßlich umfassten schulischen Kontextes auf dem Gelände der Schule geschehen sind. In der nachstehenden Tabelle wird die Anzahl der in der PKS mit der Tatörtlichkeit „Schule“ erfassten Delikte von unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln dargestellt: PKS-Schlüssel Delikt 1. Halbjahr 2019 732600 unerlaubter Handel mit und Schmuggel gemäß § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) - von Amphetamin und seinen Derivaten in Pulver- oder flüssiger sowie in Tabletten- bzw. Kapselform 1 732800 unerlaubter Handel mit und Schmuggel gemäß § 29 BtMG - mit/von Cannabis und Zubereitungen 14 732900 unerlaubter Handel mit und Schmuggel gemäß § 29 BtMG - mit/von sonstigen Betäubungsmitteln 3 Quelle: Daten der zuständigen Behörde Darüber hinaus siehe Antwort zu 2. bis 2. b). 2 Confer Drs. 21/15962. Seite 1. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17782 3 c) Wie häufig hat die Staatsanwaltschaft deswegen die Ermittlungen aufgenommen? d) Wie viele Strafverfahren sind daraus erwachsen? e) Zu wie vielen Verurteilungen ist es infolgedessen gekommen? Der Umstand, ob der Tatort eines Betäubungsmitteldeliktes im Bereich einer Schule oder in deren Umgebung liegt, wird im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft nicht erfasst. Für eine zuverlässige Auskunft müssten sämtliche Verfahrensakten ab dem Aktenzeichenjahrgang 2015 der für die Verfolgung von Rauschgift- und Arzneimittelsachen zuständigen Abteilungen 60 und 61 händisch ausgewertet werden. Aufgrund der Auswertungen der vergangenen Jahre ist bekannt, dass die Anzahl dieser Verfahren pro Jahr im vier- bis fünfstelligen Bereich liegt. Weder eine Beiziehung noch eine entsprechende Auswertung dieser Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit möglich. 5. In wie vielen Fällen ist es im ersten Halbjahr 2019 vorgekommen, dass Jugendliche während ihres Aufenthalts an Schulen infolge von Drogenkonsum kollabiert sind? a) Wie oft musste dabei der Notarzt gerufen werden? b) Wie oft ist deswegen später Anzeige erstattet worden? Siehe Drs. 21/15962. 6. Wie häufig ist es im Zusammenhang mit Vorfällen an Hamburger Schulen seit dem 1. Januar 2015 zu folgenden Ermittlungen gekommen: a) § 29 BtMG, b) § 29 a BtMG, c) § 30 a BtMG? In der nachstehenden Tabelle wird die Anzahl der seit 2017 in der PKS mit der Tatörtlichkeit „Schule“ im Sinne der Fragestellungen erfassten Delikte dargestellt: PKS-Schlüssel Delikt 2017 2018 1. Halbjahr 2019 731000 Allgemeine Verstöße gemäß § 29 BtMG 78 88 62 732000 unerlaubter Handel mit und Schmuggel von Rauschgiften gemäß § 29 BtMG 15 22 18 734510 Abgabe, Verabreichung oder Überlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG 0 0 0 734800 unerlaubte(r) Handel, Herstellung, Abgabe und Besitz in nicht geringer Menge von Betäubungsmitteln gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG 0 0 0 734220 Verstöße gemäß § 30a BtMG 0 0 0 Quelle: Daten der zuständigen Behörde Darüber hinaus siehe Antworten zu 2. bis 2. b) sowie zu 4. bis 4. b). 7. In wie vielen Fällen hat die Staatsanwaltschaft seit dem 1. Januar 2015 gemäß § 31 a BtMG von einer Verfolgung von Verstößen gegen das Bundesbetäubungsmittelgesetz abgesehen? Siehe Antwort zu 4. c) bis e). 8. In wie vielen Fällen ist es seit dem 1. Januar 2015 an Hamburger Schulen zu Verstößen gegen das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) gekommen? In der PKS wurden seit 2017 keine Verstöße gegen das NpSG mit der Tatörtlichkeit „Schule“ erfasst. Darüber hinaus siehe Antwort zu 2. bis 2. b). Drucksache 21/17782 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. In wie vielen Fällen haben Hamburger Schulen seit dem 1. Januar 2015 Drogentests durchgeführt? Für Drogentests an Hamburger Schulen besteht keine Rechtsgrundlage. 10. In wie vielen Fällen sind Lehrkräfte seit dem 1. Januar 2019 gemäß § 49 (2) HmbSG aktiv geworden? Siehe Vorbemerkung.