BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17796 21. Wahlperiode 19.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 11.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg – (K)ein sicherer Hafen? (XV) – f & w fördern und wohnen AöR (f & w) – Hygienische Bedingungen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Wohnunterkünften (III) In der Vergangenheit zeigten die Drs. 21/15469, 21/15672, 21/16560 und 21/16700, dass Bettwanzen sowie Deutsche Schaben vermehrt in Wohnunterkünften vorzufinden sind. Als Hauptbefallsorte wurden Küchen, Gemeinschaftsduschen und Wohnräume definiert. Bettwanzen vermehren sich schnell in schwer zugänglichen Bereichen und können einen Juckreiz auslösen . Schaben verursachen über mit ihrem Kot kontaminierte Lebensmittel ernst zu nehmende Krankheiten wie Milzbrand oder Tuberkulose. Die Nicht- Bekämpfung von Ungeziefer kann bei beengten Wohnverhältnisse zu einer rasanten Ausbreitung führen. Doch nicht nur Ungeziefer stellt eine Gefahr für die Gesundheit der Bewohner /-innen dar, sondern auch Schimmelbefall. Die Sporen können eingeatmet werden und Allergien auslösen und die Gesundheit gefährden. Sie sind oft als braune oder schwarze Flecken an Wänden, Decken oder Möbeln sichtbar oder/und sie verbreiten einen unangenehmen Geruch. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zur Optimierung des Umgangs mit Schädlingsbefall führt f & w fördern und wohnen AöR (f & w) gegenwärtig sukzessiv ein dezentrales Schädlingsmonitoring durch, das in den Unterkünften als Kontrollinstrument genutzt wird. Hierzu werden Schabenfallen in gemeinschaftlich genutzten Räumen ausgelegt und nach sieben Tagen kontrolliert. Bei positivem Ergebnis beauftragt f & w eine Schädlingsbekämpfungsfirma, die auch zwei sich daran anschließende Nachkontrollen durchführt. Bei negativem Ergebnis nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unterkunft eine Nachkontrolle vor. Die Maßnahmen werden tabellarisch dokumentiert. Die Einrichtungen führen das Monitoring in Dreimonats-Intervallen durch. Zentrale Auswertungen nach Merkmalen wie Anzahl der betroffenen Personen oder nach Umzügen sind nicht möglich. Für eine statistische Auswertung ist eine händische Abfrage von über 130 Unterkünften erforderlich . Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Das Monitoring von Schädlingsbefall richtet sich nach den entsprechenden Empfehlungen des Hygienemanagements. Bei Befall wird das Hygieneinstitut beauftragt. Bei Bettwanzen ist prophylaktisch nur Aufklärung bezüglich der persönlichen Hygienestandards möglich. In den Bereichen, in denen es verstärkt zu Schädlingsbefall kommt, wird das Instrument des Schädlingsmonitorings eingesetzt. Bezüglich der Vorbeugung von Schimmel finden bei Bedarf Schulungen zum richtigen Heizen und Lüften statt. Drucksache 21/17796 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der Zentralen Erstaufnahme gab es seit Jahresbeginn keine Fälle von Schädlingsoder Schimmelbefall. In den dezentralen Erstaufnahmen gab es seit Jahresbeginn einen Fall von Schabenbefall in der Harburger Poststraße, von dem zwei Erwachsene und drei Kinder kurzfristig betroffen waren. In der Kaltenkirchener Straße kam es zu Rattenbefall im Außenbereich der Unterkunft und in der Sportallee wurde am 10.07.2019 in einem Zimmer Schwarzschimmel festgestellt. Für die Beseitigung des Schabenbefalls in der Harburger Poststraße und der Ratten im Außenbereich der Unterkunft in der Kaltenkirchener Straße wurde umgehend eine professionelle Schädlingsbekämpfung beauftragt. Lediglich das betroffene Zimmer in der Sportallee wurde durch den Schwarzschimmelbefall unbewohnbar. Einer Mutter wurde deshalb mit ihrem Kind ein anderes Zimmer zur Verfügung gestellt. Aktuell dauert die Schimmelbekämpfung noch an. Im Übrigen siehe Drs. 21/16700. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w wie folgt: 1. Wie viele Unterkünfte waren oder sind seit Jahresbeginn von Befall mit Ungeziefer und/oder Schimmel betroffen? Bitte nach Art des Befalls (Schimmel- oder Ungezieferbefall) sowie nach der Art des Ungeziefers aufschlüsseln. 2. Welche Unterkünfte und wie viele Wohneinheiten sind dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden bekannt, in denen seit Jahresbeginn Ungeziefer und/oder Schimmel aufgetreten ist? Innerhalb welchen Zeitraums wurden jeweils welche Gegenmaßnahmen ergriffen? 3. Wie viele Wohneinheiten sind seit Jahresbeginn bekannt, die unbewohnbar waren beziehungsweise sind? Wie lange waren die betroffenen Wohneinheiten unbewohnbar? 4. Wo wurden/werden die betroffenen Bewohner/-innen untergebracht, bis die ursprüngliche Unterbringung wieder bewohnbar war/ist? 5. Wie viele Bewohner/-innen und wie viele Kinder darunter waren seitdem von einem Befall betroffen? 6. Wie ist der Sachstand des im November 2018 begonnenen Schädlingsmonitorings in den Einrichtungen von f & w? In welchen Einrichtungen wurde es bislang eingeführt? Welche Befälle, welche verstärkte Auslegung von Fallen und deren regelmäßige Kontrollen wurden seit Einführung dokumentiert? Siehe Vorbemerkung. 7. Wie ist der aktuelle Sachstand hinsichtlich des Ungeziefer- und/oder Schimmelbefalls in den Unterkünften Walddörferstraße und Waldweg seit Anfang April beziehungsweise Luruper Hauptstraße seit Februar 2019? a. Wie oft hat f & w seitdem jeweils das Institut für Hygiene und Umwelt kontaktiert, wie oft und wann kam es zum Einsatz? Was genau wurde veranlasst? b. Wie oft wurden seitdem wann, wo und wofür genau Fachfirmen beauftragt? c. Wie viele Desinfektionen fanden wo und an welchen Terminen statt? d. Wie viele punktuelle Kontrollen beziehungsweise Begehungen von betroffenen Wohneinheiten fanden wo an welchen Terminen statt? e. Wie viele Wohneinheiten sind aktuell noch jeweils betroffen? f. Wie viele Bewohner-/-innenversammlungen haben jeweils zu diesen Themen stattgefunden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17796 3 g. Welche sonstigen Maßnahmen wurden ergriffen und wie ist der Status des jeweiligen Befalls? In der Walddörfer Straße wurde das Institut für Hygiene und Umwelt Hamburg (Hygieneinstitut ) am 03.07.2019 mit der Bekämpfung eines Rattennestes beauftragt. Darüber hinaus fanden am 03.05.2019 und am 23.05.2019 zwei Einsätze einer Fachfirma zur Schaben- und Mäusebekämpfung sowie eine Desinfektion am 06.05.2019 statt. Zudem erfolgen wöchentliche Kontrollen in den betroffenen Wohneinheiten mit Sichtkontrolle . Aktuell sind noch neun Wohneinheiten sowie fünf Küchen betroffen. Es fanden zwei Bewohnerversammlungen statt, bei denen unter anderem das Thema Hygiene auf der Tagesordnung stand. Ferner werden die Bewohnerinnen und Bewohner mit mehrsprachigen Informationsblättern sowie durch direkte Ansprache seitens des Unterkunfts- und Sozialmanagements (UKSM) aufgeklärt. Abweichend vom Standard findet das Schädlingsmonitoring monatlich statt. Im Waldweg führt das Hygieneinstitut monatlich vor Ort Begehungen durch. Dabei wurde bisher Schabenbefall in den Häusern 2 (zwei Wohnungen), 4 (unten), 5, 6 und 7 festgestellt und bekämpft. Außerdem findet auch in dieser Einrichtung ein monatliches Monitoring statt (Aufstellung von Ungezieferfallen), um einen Befall gegebenenfalls frühzeitig bekämpfen zu können. Darüber hinaus finden wöchentliche Begehungen der betroffenen Häuser statt, die sowohl eine Sichtkontrolle als auch aufklärende Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern umfassen. Jeweils vor und nach den Einsätzen der Schädlingsbekämpfung fanden Desinfektionen durch Sonderreinigungen am 24.05.2019 und 18.06.2019 statt. Aktuell sind noch zwei Wohnungen betroffen. Anfang des Jahres fand eine Bewohnerversammlung zum Thema „Hygiene“ statt. Ferner werden die Bewohnerinnen und Bewohner verstärkt mit mehrsprachigen Informationsblättern sowie durch direkte Ansprache seitens des UKSM aufgeklärt. In der Luruper Hauptstraße fanden Nachuntersuchungen zu den eingeleiteten Maßnahmen der Schädlingsbekämpfung am 27.03.2019 und am 27.04.2019 statt. Aktuell ist eine Wohneinheit von Schabenbefall betroffen. Der betroffene Bewohner ist intern umgezogen, damit die Schädlingsbekämpfung in der Wohneinheit durchgeführt werden kann. Insgesamt haben neun Flurbesprechungen zu unterschiedlichen Terminen stattgefunden, bei denen auch das Thema Hygiene erörtert wurde. Außerdem werden die Bewohnerinnen und Bewohner verstärkt mit mehrsprachigen Informationsblättern sowie durch direkte Ansprache seitens des UKSM aufgeklärt. 8. Welche Vorkehrungen zur Vorbeugung (außer Aufklärung und Information der Bewohner/-innen) werden seit dem verstärkten Auftreten der Problematik in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Unterkünften getroffen ? Bitte nach Art des Befalls (Schimmel oder Ungeziefer) und nach der Art des Ungeziefers aufschlüsseln. 9. Werden in Unterkünften, die bereits in der Vergangenheit betroffen waren, intensivere Schutzvorkehrungen vollzogen und wenn ja, welche? Siehe Vorbemerkung. 10. Finden regelmäßig Begehungen – auch der Wohnräume – zum Zweck der Feststellung und Vorbeugung von Befall statt? Wenn ja, in welchen Abständen? Welche Änderung der Abstände ist gegebenenfalls geplant? In jeder Unterkunft findet eine jährliche Hygienebegehung nach den Richtlinien des Gesundheitsamtes durch f & w statt. Jeder Standort der Erstaufnahme und öffentlichrechtlichen Unterkunft wird regelmäßig durch das Gesundheitsamt begangen. Jedes Jahr begeht das Hygieneinstitut einen Standort der Erstaufnahme. Diese Begehungen umfassen die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Räume. Die Räume in öffentlich-rechtlichen Unterbringungen werden im Rahmen der regelhaften Begehungen auch auf die Einhaltung der allgemeinen Hygiene und des Hygieneplans kontrolliert. Dies erfolgt mittels Sichtkontrolle unter Wahrung der Intimsphäre der Bewohnerinnen und Bewohner. In der Anweisung zur Umsetzung dieser Begehungen ist festgelegt, dass die gesamten Einrichtungen bei gemeinschaftlich genutztem Wohnraum (Gemeinschaftsunterkünfte) mindestens einmal im Quartal, bei abge- Drucksache 21/17796 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 schlossenem und nur von einem Haushalt bewohnten Wohnraum mindestens einmal im Jahr und in den Unterkünften mit der Perspektive Wohnen mindestens einmal in sechs Monaten zu begehen sind. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 11. In welchen Unterkünften fanden seit Jahresbeginn Hygienebegehungen statt, wo wurden jeweils Mängelprotokolle mit welchen Empfehlungen zur Behebung erstellt? Wie ist der Sachstand der Umsetzung dieser Empfehlungen? In folgenden Unterkünften wurden 2019 Hygienebegehungen durchgeführt: Achterdwars 7 - 13, Alma-Ohlmann-Weg 2, Am Aschenland 13, Billbrookdeich 227, Brookkehre 18, Curslacker Neuer Deich 78 - 80, Erdkampsweg 156, Freiligrathstraße 1, Friesenstraße 14, Heinrich-Hertz-Straße 125, Holsteiner Chaussee 389, Holsteinischer Kamp 51, Hornkamp 9, Jugendparkweg 60, Kirchenpauerstraße 30, Mattkamp 10, Sandwisch 66, Tessenowweg 5, Weddestraße 28, Wetternstraße 6. In allen Einrichtungen wurden Mängelprotokolle erstellt. Die Mängelliste bezieht sich auf mögliche infektionshygienische Gefahren nach den Standards des Robert Koch-Instituts. In diesen sind auch die jeweiligen konkreten Handlungsanweisungen zur Behebung eines festgestellten Mangels festgelegt. Nach einer Hygienebegehung stellt die jeweilige Teamleitung sicher, dass die ausgesprochenen Empfehlungen binnen eines Zeitraums von zwei Monaten umgesetzt werden. Eine Nachkontrolle durch das zentrale Hygienemanagement erfolgt im Rahmen der nächsten regulären Hygienebegehung im Folgejahr. 12. In welchen Unterkünften, in denen es Schädlingsbefall gab, fanden Sanierungen statt? Was wurde im Zuge der Sanierungen getan, um die Ausbreitung von Ungeziefer und Schimmel durch bauliche Maßnahmen zu unterbinden oder zumindest einzudämmen? Grundsätzlich wird bei Sanierungen in Unterkünften mit verstärktem Schädlingsbefall mit Insektiziden im Sprühverfahren gegen die Schädlinge vorgegangen, die nur in Abwesenheit der Bewohnerinnen und Bewohner Verwendung finden können. Außerdem werden im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen, etwa durch Verfugung von Ritzen, Schlupfwinkel für diverse Schädlinge beseitigt, siehe hierzu auch Drs. 21/15672 und Drs. 21/16700. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17796 5 Sofern die Schimmelbildung bautechnisch beeinflusst werden kann und die Gebäudesubstanz dies zulässt, werden im Zuge von Sanierungsmaßnahmen wärmetechnische Maßnahmen umgesetzt. In vielen Fällen ist die Schimmelbildung jedoch nutzungsbedingt . Im Übrigen werden die für die Beantwortung notwendigen Daten nicht zentral statistisch erfasst. Für eine statistische Auswertung ist eine händische Abfrage von über 130 Unterkünften erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 13. Welche personellen Kapazitäten wurden 2018 seitens f & w sowie des Hygieneinstituts für die Bekämpfung von Schimmel- und Ungezieferbefall in den Unterkünften eingesetzt? Wie viele Hygienebeauftragte gab es 2018? Welche Veränderungen gab es im ersten Halbjahr 2019? Bitte genau schildern. Bis zum 30.04.2019 wurden drei Vollzeitkräfte für die Unterstützung der Unterkünfte in Bezug auf Hygienestandards nach § 36 Infektionsschutzgesetz beschäftigt. Dieses Team ist durch eine fachliche Leitung, in Vollzeit, seit dem 01.05.2019 verstärkt worden . Zudem hat eine Ausschreibung eines Vertragsunternehmens zur Schädlingsbekämpfung stattgefunden. Das Ergebnis wird im August erwartet. 14. Welche Kosten sind für den Bereich „Hygiene“ in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnunterkünften jeweils im Jahr 2018 sowie im ersten Halbjahr 2019 entstanden? Bitte detailliert darstellen. Der Bereich „Hygiene“ ist nicht als eigene Kostenart ausgewiesen und wird standardmäßig nicht gesondert ausgewertet. Daher und aufgrund der dezentralen Struktur wäre zur Ermittlung der entstandenen Kosten eine Sichtung mehrerer zehntausend Vorgänge nötig. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 15. Was genau ist in dem Kooperationsvertrag zwischen f & w und dem Institut für Hygiene und Umwelt geregelt? Ist er veröffentlicht? Wenn ja, bitte den Link zum Transparenzportal angeben. Die interne Vereinbarung zwischen den Geschäftspartnern f & w und dem Hygieneinstitut ist nicht veröffentlicht und umfasst folgende Leistungen: Beratungstätigkeit auf allen Gebieten der Hygiene, Leistungen im Rahmen der hygienisch-mikrobiologischen Surveillance (Hygienekontrollen ), Leistungen im Rahmen der Schädlingsbekämpfung, Durchführung regelmäßiger Hygienebegehungen inklusive Probennahme (hygienisch -mikrobiologische Diagnostik) und Protokollierung, Durchführung von Fort- und Weiterbildungen, Leistungen im Rahmen der hygienisch-mikrobiologischen Überwachung von Leitungswassersystemen . Im Übrigen käme die vollständige Wiedergabe des Inhalts von Dokumenten und Richtlinien einer Aktenvorlage gleich. Diese ist gemäß Artikel 30 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg an Voraussetzungen gebunden, die hier nicht vorliegen (siehe auch VerfGH Sachsen, Urteil vom 19.07.2012 – Vf. 102-I-11 – juris Rn. 35).