BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17807 21. Wahlperiode 23.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein, Christel Nicolaysen und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 15.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Finanzielle Schieflage der Hamburger Arbeitslosen-Telefonhilfe Eine effiziente und erfolgreiche Beratung von Arbeitssuchenden ist wichtig, um Arbeitslosigkeit einzudämmen. Laut Medienberichten befindet sich die Hamburger Arbeitslosen-Telefonhilfe e.V. (ATH) aktuell in einer finanziellen Schieflage.1 Da die ATH hohe Fördermittel von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) erhält, ergeben sich Fragen in Bezug auf die Verwendung der Mittel. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Um eine ganzheitliche und umfassende Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit zu erreichen, beschreibt das Sozialgesetzbuch eine „psychosoziale Betreuung“ als kommunale Kann-Leistung (§ 16 a Nummer 3 SGB II). Die Lebenslagenberatung zielt auf den Abbau von psychosozialen Problemlagen, die die Vermittlung in Arbeit behindern und die nicht auf einem diagnostizierten Krankheitsbild beruhen. Sie bereitet insoweit die Aufnahme einer Beschäftigung oder weiterführender arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen vor. Das Angebot umfasst eine niedrigschwellige offene Eingangsberatung, Informationsgespräche, Krisenintervention, stabilisierende Beratung sowie nachsorgende Beratung und geht damit weit über eine rein telefonische Beratung hinaus. Zur konzeptionellen Ausrichtung der Lebenslagenberatung siehe Drs. 20/9375. Bis zum 31.03.2019 wurden der Arbeitslosen Telefonhilfe e.V. (ATH) und anderen Trägern für die Durchführung dieser Leistungen Zuwendungen gewährt. Zur Sicherstellung eines Höchstmaßes an Transparenz und Fairness im Auswahlverfahren hat die zuständige Behörde in 2018 die Leistung „Lebenslagenberatung“ nach § 16 a Nummer 3 SGB II in einem förmlichen Vergabeverfahren ausgeschrieben und ist damit einer entsprechenden Anregung des Rechnungshofes gefolgt. Kernelemente der Lebenslagenberatung sind die stabilisierende und nachsorgende Beratung. Die regionale Ausrichtung der Kapazitäten und die qualitative Ausrichtung der Angebote der Träger wurden in den Fokus gestellt. Nach erfolgreicher Beteiligung an diesem Vergabeverfahren bietet ATH die Lebenslagenberatung – im Übrigen anders als der schon lange bestehende Name des Trägers dieses Angebotes vermuten lässt – seit dem 1.04.2019 auf vertraglicher Grundlage an. An der Vergabe haben sich neben ATH drei weitere Anbieter erfolgreich beteiligt: die AWO AQtivus Servicegesellschaft gGmbH, Jugend hilft Jugend e.V. (jhj) und Soli- 1 Vergleiche https://www.bild.de/regional/hamburg/hamburg-aktuell/200000-euro-fehlenfinanzkrise -bei-der-arbeitslosen-telefonhilfe-63188984.bild.html#remId= 1611840334255330311. Drucksache 21/17807 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 darische Psychosoziale Hilfe Hamburg e.V. (SPSH). Diese vier Träger führen derzeit im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg und in Abstimmung mit Jobcenter team.arbeit.hamburg die Lebenslagenberatung nach § 16 a Nummer 3 SGB II an unterschiedlichen Standorten durch und tragen so dem bestehenden Bedarf an Lebenslagenberatung hamburgweit Rechnung. Bezogen auf den zum 31.03.2019 beendeten Zuwendungszeitraum hat ATH am 08.07.2019 einen Verwendungsnachweis bei der zuständigen Behörde eingereicht. In diesem Verwendungsnachweis hatte ATH unter anderem angegeben, dass die bis zum Ende des Zuwendungszeitraums (31.03.2019) abgeforderte und von der zuständigen Behörde ausgezahlte Zuwendungssumme nicht in Gänze verbraucht wurde. Die Rückzahlung dieser nicht verbrauchten Mittel wurde von der zuständigen Behörde mit Änderungsbescheid sowie Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 08.07.2019 geltend gemacht. Dieser Bescheid wurde der ATH am 09.07.2019 zugestellt . ATH informierte die zuständige Behörde telefonisch erstmals am 02.07.2019 über Liquiditätsprobleme. Daraufhin wurden am 04.07.2019 und am 09.07.2019 Gespräche zur aktuellen Situation und möglichen Lösungen mit ATH geführt. Am 11.07.2019 hat ATH einen Insolvenzantrag gestellt. Einen Tag später hat der vorläufige Insolvenzverwalter seine Tätigkeit aufgenommen. Der zuständigen Behörde liegen daher zu den Ursachen der Liquiditätsprobleme derzeit noch keine Erkenntnisse vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Zuwendungen hat die ATH von der FHH erhalten? Bitte seit 2015 nach Jahren aufschlüsseln. ATH wurden seit 2015 drei Zuwendungen bewilligt: Zuwendungszeitraum Zuwendungshöhe 1.01.2015 - 31.12.2015 1 284 290,65 € 1.01.2016 - 31.12.2016 1 275 428,59 € 1.01.2017 - 31.03.2019 2 807 210,62 € 2. Auf welche Weise wird geprüft, wofür die Zuwendungen der FHH an die ATH verwandt werden? Die Prüfungen der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen erfolgt gemäß der Regelungen zu den Verwaltungsvorschriften zu § 46 Landeshaushaltsordnung (LHO) und der Dienstvorschrift (DV-Zuwendungen) der Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration. 3. Welche Kenntnis hat der Senat darüber, wofür das Geld bei der ATH verwandt wird. Bitte seit 2015 nach Jahren aufschlüsseln. 4. Welche Informationen hat der Senat dazu, was die finanziellen Engpässe bei der ATH verursacht hat? 5. Gibt es neben der ATH weitere Telefon-Beratungsstellen für Arbeitslose in der FHH? a. Wenn ja, welche sind dies? b. Wenn ja, was sind die Gründe dafür, dass es mehrere ähnlich gelagerte Angebote gibt? c. Wenn ja, worin besteht der Unterschied zwischen den übrigen Telefon -Beratungsangeboten und dem Angebot der ATH? Die Zuwendungsmittel wurden für Personalkosten, Honorare und Sachkosten verwandt . Das Bekanntwerden einer genaueren Aufschlüsselung der Kalkulationsdaten wäre im Hinblick auf das eingeleitete Insolvenzverfahren und eine mögliche, kurzfristig anstehende, neue Ausschreibung der bisher durch ATH wahrgenommenen Leistung geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten von ATH zu steigern. Bei der erfragten Aufschlüsselung der Kalkulationsdaten nach Jahren handelt es sich deshalb gemäß § 67 Absatz 2 S. 2 SGB X um Geschäftsgeheimnisse des Trägers, die der Senat gemäß § 67 b Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermitt- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17807 3 lungsbefugnis im SGB oder gemäß Artikel 6 Absatz 1 S. 1 Buchstabe a DS-GVO mit Einwilligung der Betroffenen weitergeben darf. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis zugunsten der Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. Eine Einwilligung des Trägers zur Datenübermittlung liegt nicht vor. Der Senat ist daher aus Gründen des Sozialdatenschutzes nach § 35 SGB I, §§ 67 fortfolgende SGB X an der genaueren Aufschlüsselung der Kalkulationsdaten gehindert. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.