BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17808 21. Wahlperiode 23.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 15.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Sachstand zum geplanten Gewerbegebiet Viktoriapark/Minvervapark (II) Der Senat beziehungsweise das zuständige Bezirksamt Wandsbek plant gegen den Willen vieler Bürger und trotz Bedenken von Umweltverbänden ein gemeinsames Gewerbegebiet mit dem Amt Siek in Schleswig-Holstein unter dem Titel Viktoriapark/Minervapark. Bereits mit der Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 30.11.2017 (Drs. 21/11168) und zuvor mit mehreren Anfragen zu dem Gewerbegebiet zum Opfer fallenden Naturraum (Drs. 21/7201 vom 08.12.2016, Drs. 21/6550 vom 02.11.2016 sowie Drs. 21/6376 vom 17.10.2016) wurde die Entwicklung seitens der CDU kritisch begleitet. Denn mit der Schaffung des neuen länderübergreifenden Gewerbegebietes ist verbunden , dass in Rahlstedt und Stapelfeld viele Grünflächen, Pflanzen und Tiere weichen müssen. Dies gilt insbesondere für die typischen „Knicks“ beziehungsweise Feuchtraumbiotope, die als Lebensraum für Tiere und Pflanzen besonders wertvoll sind. Wie die Hamburger Medien jüngst berichtet haben, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) beim Verwaltungsgericht Hamburg einen Baustopp beantragt, weil eine „massive Naturzerstörung mitten in der Brut- und Vegetationszeit“ drohe. Konkret sei dem Investor das Zuschütten eines Teiches sowie die Entfernung einzelner Knicks erlaubt worden. Infolge des verwaltungsgerichtlichen Eilantrags habe die Umweltbehörde nunmehr einen Baustopp verfügt. Nach der Berichterstattung sei der erforderliche Bebauungsplan Rahlstedt 131 bis heute nicht „rechtskräftig vom Bezirksamt Wandsbek unterzeichnet“. Die Umweltbehörde gehe trotz des fehlenden Baurechts aufgrund eigener Gutachten davon aus, dass der Bau des Gewerbegebietes naturschutzfachrechtlich zulässig sei. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Auf welchem Stand befindet sich das Bebauungsplan- beziehungsweise Planfeststellungsverfahren zu den Gewerbegebieten Viktoriapark und Minervapark aktuell (Stand 15.07.2019)? 2. Aus welchen Gründen hakt der Abschluss des Bebauungsplan- beziehungsweise Planfeststellungsverfahrens im Bezirksamt Wandsbek? 3. Inwieweit stimmen die Darstellungen in den Hamburger Medien der letzten Tage, dass der Bebauungsplan Rahlstedt 131 im Bezirksamt Wandsbek nach wie vor „nicht rechtskräftig unterzeichnet“ sei? Es ist vorgesehen, den Bebauungsplan nach den Sommerferien 2019 in einem gemeinsamen Termin mit der Gemeinde Stapelfeld festzustellen. Dies muss noch vorbereitet werden. Drucksache 21/17808 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Von wem, wann und warum wurden einem Investor bereits die Zuschüttung eines Teiches, die Entfernung von Knicks, die Fällung von Bäumen und andere Eingriffe in den Naturraum gestattet, obwohl nicht einmal das Baurecht wirksam ist? Die notwendige Ausnahmegenehmigung nach § 30 Absatz 3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wurde auf Antrag des Investors am 11. Januar 2019 durch die Behörde für Umwelt und Energie erteilt. 5. Inwieweit waren diese Arbeiten mit den Brut- und Vegetationszeiten naturschutzrechtlich und -fachlich vereinbar? Die Ausnahmegenehmigung erlaubt Eingriffe außerhalb der Brut- und Vegetationszeiten , benennt artenschutzrechtliche Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen und regelt zudem, unter welchen Umständen es zu Eingriffen während der Brut- und Vegetationszeiten kommen kann. Alle erlaubten Eingriffe sind auf Grund der Anwendung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen natur- und artenschutzrechtlich zulässig. 6. Welche vergleichbaren Vorfälle gibt es sowohl im hamburgischen als auch schleswig-holsteinischen Teil des neu zu schaffenden Gewerbegebietes ? Keine. 7. Wie wird der verwaltungsgerichtliche Antrag des BUND zum Baustopp seitens der zuständigen Fachbehörde und des Bezirksamtes Wandsbek eingeschätzt? Die zuständigen Behörden sehen von Äußerungen zu laufenden Rechtsstreitigkeiten ab. 8. Welche weiteren Rechtsmittel sind gegen das zu schaffende Gewerbegebiet anhängig? Falls zutreffend, von wem? Keine. 9. Inwiefern sind die Belange des Naturschutzes offenbar doch nicht ausreichend berücksichtigt? Die Belange des Naturschutzes sind im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Rahlstedt 131 ausreichend berücksichtigt worden. 10. Welche naturschutzfachlichen Gutachten sind zu einem gegenteiligen Schluss gekommen? Keine. 11. Wer hat diese Gutachten in welchem Auftrag zu welchem Zeitpunkt zu welchen Kosten erstellt? Entfällt. 12. Warum sollen artenschutzrechtliche Belange nicht verletzt sein, obwohl der BUND 30 geschützte Tier- und Pflanzenarten wie die Breitflügelfledermaus , den Moorfrosch, die Spitzblütige Binse und den Fitis bedroht sieht und dies auch weitere Arten wie die Haselmaus, Bienen, zahlreiche Vögel und andere Fledermäuse betrifft? Durch die Anwendung von geeigneten artenschutzfachlichen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen wird das Eintreten von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen nach § 44 Absatz 1 BNatSchG verhindert. 13. Wie gehen die zuständige Behörde und der Senat mit den weiteren Bürgerprotesten sowie Bedenken der Naturschutzverbände und Anwohner um? Soweit es das Bebauungsplanverfahren Rahlstedt 131 betrifft, sind die Stellungnahmen der Naturschutzverbände und der Anwohnerinnen und Anwohner nach Maßgabe des Baugesetzbuches in die Abwägung einbezogen worden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17808 3 14. Wie groß sind die Flächen des Viktoriaparks und Minervaparks jeweils insgesamt auf Hamburger und Schleswig-Holsteiner Seite in Quadratmetern und welche Flächenanteile sind in den einzelnen Einheiten jeweils aktuell (Stand 15.07.2019) an Gewerbetreibende verkauft beziehungsweise verpachtet? Bitte genaue Quadratmetergröße angeben. Im Bebauungsplanentwurf Rahlstedt 131 sind circa 285 200 m² Gewerbegebietsfläche zur Festsetzung vorgesehen. Im Bebauungsplanentwurf Stapelfeld 16 sind circa 128 800 m² Gewerbegebietsfläche vorgesehen. Ein Verkauf oder eine Verpachtung von Flächen an Gewerbetreibende hat nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde noch nicht stattgefunden. 15. Um wie viele weiteren Flächenanteile der Gewerbegebiete Viktoriapark und Minervapark auf Hamburger und Schleswig-Holsteiner Seite laufen jeweils zurzeit Verhandlungen zum Verkauf oder zur Verpachtung? Für den Bereich des Bebauungsplanentwurfs Rahlstedt 131 sind nach Angaben der VICTORIA PARK HAMBURG GmbH & Co. KG circa 219 000 m² reserviert. Für den Bereich des Bebauungsplanentwurfs Stapelfeld 16 liegen nach Angaben der Wirtschafts - und Aufbaugesellschaft Stormarn mbH (WAS) mehr Anfragen vor als Flächen zur Verfügung stehen. 16. Welche Unternehmen oder zumindest Branchen betreffen die in den Fragen 14. und 15. abgefragten Gewerbeflächen? Derzeit sind nach Angaben der Victoria Park Hamburg GmbH & Co. KG Flächen für folgende Branchen reserviert: - Software/Entwicklung, - Entwicklung/Fertigung, - Entwicklung/Verwaltung (Automotive), - Hotel, - Dienstleistungen für gewerbliche Kunden. 17. Inwieweit kann nunmehr abgeschätzt werden, wie viele Arbeitsplätze im neu zu schaffenden Gewerbegebiet entstehen werden? Nach Angaben der VICTORIA PARK HAMBURG GmbH & Co. KG werden von den Betrieben, für die im vorgesehenen Geltungsbereich des Bebauungsplanes Rahlstedt 131 Flächen reserviert wurden, rund 1 800 Arbeitsplätze geschaffen. Im Übrigen ist eine abschließende Prognose nicht möglich. Für den Bereich des Bebauungsplanentwurfs Stapelfeld 16 liegen keine Angaben vor. 18. Wann haben Bauarbeiten der Straßen- und Wegeverbindungen begonnen , durch wen wurden diese trotz fehlenden Baurechts genehmigt und wann soll die Erschließung abgeschlossen sein? Baurechtlich verfahrensfreie Vorarbeiten wurden seit Anfang 2019 durchgeführt. Angesichts des derzeit anhängigen Rechtsverfahrens ist eine datumsgenaue Angabe zum Abschluss der Erschließungsarbeiten nicht möglich.