BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17821 21. Wahlperiode 23.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 17.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Erklärungen nach Paragraf 45 b Personenstandsgesetz – Was ist los in Hamburgs Standesämtern? Seit dem 01. Januar 2019 ist das novellierte Personenstandsgesetz (PstG) in Kraft. Es bietet nach § 45 b die Möglichkeit der Änderung des Personenstandes in divers, männlich oder weiblich oder das Offenlassen des Personenstandes und die Änderung des Vornamens unter der Voraus-setzung, dass eine Erklärung und ein ärztliches Attest vorgelegt werden, die beziehungsweise das eine Variante der Geschlechtsentwicklung bescheinigt. Eine Diagnose muss jedoch nicht angegeben werden. Seit einiger Zeit melden sich vermehrt Menschen, die davon berichten, dass ihre Erklärungen und/oder ihre ärztlichen Atteste vom Standesamt nicht anerkannt werden und stattdessen Atteste von anderen fachärztlichen Richtungen verlangt werden, obwohl der Gesetzestext hierzu keine Spezifizierung macht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen haben seit dem 01.01.2019 in Hamburger Standesämtern wegen einer Personenstands- und Vornamensänderung nach § 45 b Personenstandsgesetz vorgesprochen oder schriftlich angefragt? (Bitte aufschlüsseln nach jeweiligem Standesamt.) 2. Wie vielen Menschen wurde von den Standesämtern erklärt, dass eine Personenstandsänderung nach § 45 b PstG nicht möglich sei oder keine Aussicht auf Erfolg habe, ohne dass ein rechtsmittelwirksamer Bescheid ausgehändigt wurde? (Bitte auflisten nach Standesamt und Staatsangehörigkeit .) Statistisch auswertbare Daten werden von den hamburgischen Standesämtern nicht erhoben. 3. Wie viele Menschen haben seit dem 01.01.2019 eine Erklärung nach § 45 b Personenstandsgesetz vor einem Hamburger Standesamt abgegeben ? Bitte auflisten nach Standesamt, Angabe der Staatsangehörigkeit und Angabe, ob es sich um eine Änderung von weiblich nach männlich, von weiblich nach divers, von weiblich nach Streichung des Eintrags, von männlich nach weiblich, von männlich nach divers oder von männlich nach Streichung des Eintrags handelt. Bitte auch angeben, ob es sich um Minderjährige handelte. Insgesamt wurden 27 Erklärungen gemäß § 45b Personenstandsgesetz wie folgt abgegeben. Dabei handelte sich ausschließlich um Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit : Drucksache 21/17821 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 5 4 8 0 1 9 0 Davon wurden Erklärungen von weiblich zu männlich wie folgt abgegeben: Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 1 0 5 0 1 6 0 Davon wurden Erklärungen von männlich zu weiblich wie folgt abgegeben: Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 4 0 2 0 0 1 0 Davon wurden Erklärungen von weiblich/männlich zu divers wie folgt abgegeben: Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 0 4 1 0 0 2 0 Davon wurden Erklärungen von Minderjährigen insgesamt wie folgt abgegeben: Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 1 0 1 0 0 0 0 Zu den Kriterien „von weiblich nach Streichung des Eintrags“ sowie „von männlich nach Streichung des Eintrags“ wurden keine Erklärungen abgegeben. 4. Wie vielen Erklärungen nach § 45 b Personenstandsgesetz wurde von Hamburger Standesämtern stattgegeben? Bitte auflisten nach jeweiligem Standesamt, Staatsangehörigkeit und Angabe, ob es sich um eine Änderung von weiblich nach männlich, von weiblich nach divers, von weiblich nach Streichung des Eintrags, von männlich nach weiblich, von männlich nach divers oder von männlich nach Streichung des Eintrags handelte. Bitte auch angeben, ob es sich um Minderjährige handelte und mit welcher konkreten Begründung die Erklärungen abgelehnt wurden. Statistisch auswertbare Daten werden von den hamburgischen Standesämtern nicht erhoben. 5. Wie viele nicht deutsche Staatsangehörige, die eine Personenstandsänderung nach § 45 b PstG vollzogen haben, haben eine Flüchtlingseigenschaft ? 6. Wie viele nicht deutsche Staatsangehörige, die eine Personenstandsänderung nach § 45 b PstG vollzogen haben, haben einen Antrag auf einen „Reisepass für Ausländer“ gestellt und wie vielen Anträgen wurde stattgegeben? Siehe Antwort zu 3. 7. Bei wie vielen Erklärungen nach § 45 b Personenstandsgesetz wurden von Hamburger Standesämtern vor einer Entscheidung weitere Unterlagen , Dokumente oder weiterführende Erklärungen oder Erläuterungen verlangt und um welche handelte es sich? Bitte auflisten nach Standesamt und Staatsangehörigkeit. Von den hamburgischen Standesämtern wurden ausschließlich die nach § 45b Personenstandsgesetz (PStG) vorgesehenen Unterlagen verlangt. 8. Wie viele Erklärungen nach § 45 b Personenstandsgesetz wurden von Hamburger Standesämtern mit einem rechtsmittelfähigen Bescheid abgelehnt? Bitte auflisten nach jeweiligem Standesamt, Staatsangehörigkeit und Angabe, ob es sich um eine Änderung von weiblich nach männlich, von weiblich nach divers, von weiblich nach Streichung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17821 3 des Eintrags, von männlich nach weiblich, von männlich nach divers oder von männlich nach Streichung des Eintrags handelte. Bitte auch angeben, ob es sich um Minderjährige handelte und mit welcher konkreten Begründung die Erklärungen abgelehnt wurden. Erklärungen nach §45b Personenstandsgesetz wurden wie folgt mit einem rechtsmittelfähigen Bescheid abgelehnt: Altona Bergedorf Eimsbüttel Harburg Hamburg- Mitte Hamburg- Nord Wandsbek 1 0 0 0 0 1 0 In beiden Fällen handelte es sich um Personen, bei denen das Transsexuellengesetz zur Anwendung kommt. 9. Nach welchen Kriterien entscheiden die Hamburger Standesämter welche Art von ärztlichem Attest als ausreichend für eine Erklärung nach § 45 b PstG anzusehen ist? a. Werden nur Atteste von bestimmten fachärztlichen Richtungen anerkannt beziehungsweise nicht anerkannt? Falls ja, welche Fachrichtungen sind das jeweils und auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgen diese Einschränkungen? Die Standesämter orientieren sich bei der Prüfung der Atteste an dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 10. April 2019. Darin heißt es: „Die Bescheinigung darf nur ausstellen, wer über eine ärztliche Approbation (=staatliche Zulassung) verfügt. Das sind in erster Linie die einschlägigen Fachärzte. Psychologen ohne zusätzliche Approbation können die ärztliche Bescheinigung dagegen nicht ausstellen.“ b. Reicht es aus, wenn die Atteste eine „Variante der Geschlechtsentwicklung “ bescheinigen oder werden weitere Angaben verlangt, wie zum Beispiel eine Diagnose, eine Diagnosegruppe oder andere ? Falls weitere Angaben verlangt werden, auf welcher Rechtsgrundlage werden diese Anforderungen gestellt? Ja, Im Übrigen: entfällt. c. Wenn die Richtigkeit von ärztlichen Attesten angezweifelt wird und sie deshalb nicht anerkannt werden, müssen für diese Zweifel dann konkrete Anhaltspunkte vorliegen? Wenn ja, welche konkreten Anhaltspunkte waren das bisher? Falls keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen müssen, können die Standesämter dann frei entscheiden, welche Atteste angezweifelt werden ? Es erfolgt keine inhaltliche Überprüfung. 10. Wie viele Menschen haben nach einer Ablehnung ihrer Erklärung durch das Standesamt einen Widerspruch eingelegt? Wie wurde über die Widersprüche entschieden? (Auflisten nach Standesamt, Zahl der Ablehnungen , der Stattgaben oder anderer Entscheide.) Es wurden keine Widersprüche beziehungsweise Anträge nach § 49 PStG eingelegt beziehungsweise gestellt. 11. Wie viele Menschen, deren Erklärung beziehungsweise Widerspruch abgelehnt wurde, haben Klage vor Gericht eingereicht? Wie viele Verfahren laufen noch vor welchem Gericht und wie viele Verfahren wurden in welcher Weise entschieden? Beim Amtsgericht Hamburg sind seit dem 1. Januar 2019 in Bezug auf § 45b PStG keine Klagen/Beschwerden nach § 49 PStG anhängig gewesen. 12. Gibt es in Hamburg laufende Gerichtsverfahren zur Rückabwicklung von Personenstandsänderungen nach § 45 b Personenstandsgesetz? Drucksache 21/17821 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Falls ja, durch wen wurden die Verfahren veranlasst und welche Umstände haben zu Rückabwicklungsverfahren geführt? Falls Verfahren schon abgeschlossen sind, wie wurden die Verfahren entschieden? Beim Amtsgericht Hamburg sind seit dem 1. Januar 2019 in Bezug auf § 45b PStG keine laufenden Gerichtsverfahren auf Rückabwicklung von Personenstandsveränderungen anhängig gewesen.