BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17822 21. Wahlperiode 23.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 17.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Digitale Bildung und interaktives Lernen – Was ist der aktuelle Stand? Komplexe Themen müssen nicht immer kompliziert sein. Gerade das hochkomplexe Thema Digitalisierung kann auf vielfältige Art und Weise interaktiv und spielerisch vermittelt werden. Das den Hamburger Schulen zur Verfügung gestellte digital.learning.lab ist hier ein Schritt in die richtige Richtung.1 Auch private Einrichtungen setzen interaktive Ansätze erfolgreich um, beispielsweise das selbstständige Programmieren von kleinen Robotern über einfache Programmiersprachen.2 Das herausragende Element an interaktiven Ansätzen ist, dass die Komplexität und der Anspruch der Aufgaben individuell auf die Schüler zugeschnitten werden können. Jeder Schüler kann bei seinem Kenntnisstand abgeholt werden und konkrete Erfolge erzielen. Das Zukunftsthema Digitalisierung wird damit nicht nur für jeden Schüler konkret erfahrbar, sondern macht den Schülern Spaß. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Gestaltung von Bildungsprozessen in einer durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft bedarf ganzheitlicher Ansätze. Die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz (KMK) (siehe https://www.kmk.org/fileadmin/ Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/Strategie_neu_2017_datum_1.pdf) stellt einen solchen ganzheitlichen Ansatz zum Lernen und Lehren dar. Es wird verbindlich festgelegt , welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler erwerben sollten, um sie angemessen auf das Leben in der derzeitigen und künftigen Gesellschaft vorzubereiten und sie zu einer aktiven und verantwortlichen Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen , politischen, beruflichen und wirtschaftlichen Leben zu befähigen. Dabei werden gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungsprozesse und neue Anforderungen aufgegriffen. Die für Bildung zuständige Behörde hat sich durch ihre Zustimmung zu dieser Strategie zu deren Umsetzung verpflichtet. Der Begriff des „interaktiven Lernens“ ist undifferenziert und wird daher eher von kommerziellen Anbietern als in Fachdiskursen verwendet. Interaktion wird im Unterricht mit und über digitale Medien auf vielfältige Art und Weise erreicht. Schülerinnen und Schüler interagieren mit digitalen Medien, untereinander und mit den Lehrpersonen . Die persönliche und soziale Interaktion ist von entscheidender Bedeutung für eine zeitgemäße Bildung im 21. Jahrhundert. Lernförderlich wirken dabei zur Unterstützung insbesondere adaptive Bildungsmedien. Sie ermöglichen den Lernenden unmittelbare, individuelle Rückmeldungen zu ihrem Lernerfolg und wirken dadurch so 1 https://www.welt.de/regionales/hamburg/article181525690/Internetplattform-Hamburgs- Schueler-lernen-jetzt-digital-und-interaktiv.html. 2 https://www.welt.de/regionales/hamburg/article193815285/Digitalpakt-Gegen-die-Skepsisder -Lehrer.html und https://www.hacker-school.de/kurse. Drucksache 21/17822 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 wie oft durch spielerische Elemente motivierend. Die für Bildung zuständige Behörde stattet die Schulen mit Ressourcen zur Nutzung solcher adaptiver Bildungsmedien aus. Für das Fach Mathematik stellt die für Bildung zuständige Behörde den weiterführenden staatlichen Schulen beispielsweise die adaptiven Lernplattformen „bettermarks “ und “kapiert.de“ zur Verfügung. Das digital.learning.lab ist in Kooperation mit der Technischen Universität Hamburg (TU Hamburg) und der Joachim Herz Stiftung entstanden. Die für Bildung zuständige Behörde koordiniert den Prozess der digitalen Unterrichtsbausteine. Das digital .learning.lab ist ein besonders wichtiger Baustein eines ganzheitlichen Konzepts zum Lehren und Lernen in der digitalen Welt („digitales Lernen“). Es umfasst derzeit bereits mehr als 125 Unterrichtsbausteine zum Erwerb digitaler Kompetenzen im Fachunterricht gemäß der Strategie der KMK. Digitale Bildungsmedien verschiedener Art kommen in diesen praxiserprobten Unterrichtskonzepten, die von Lehrkräften Hamburger Schulen aller Schulformen erstellt werden, zum Einsatz. Diese Unterrichtsbausteine können aufgrund ihrer ausführlichen Ausarbeitung als Ideen und als Einstieg für den Einsatz digitaler Medien für andere Lehrkräfte dienen. Sie sind frei im Internet verfügbar und können für den eigenen Unterricht und die eigene Lerngruppe angepasst werden. Die Ausgestaltung der digitalen Unterrichtsbausteine ist heterogen und basiert auf den Praxiserfahrungen der Lehrkräfte. Die Unterrichtsbausteine reichen von eigens erstellten virtuellen Realitäten (Virtual Reality, Augmented Reality) und informatorischer Grundbildung bis zur Nutzung adaptiver Bildungsmedien und anderer digitaler Bildungsmedien im Fachunterricht. Im Laufe des Schuljahres 2019/2020 ist geplant, dass alle Lehrkräfte Hamburger Schulen Unterrichtsansätze mit digitalen Medien in das digital.learning.lab einstellen können. Die für Bildung zuständige Behörde wird dabei weiterhin die Qualität dieser Materialien sichern. Dieser Ansatz und die Verschränkung von Bottom-up-Entwicklung und zentraler Koordination gelten bundesweit als innovativ und beispielgebend zur Umsetzung der Strategie der KMK. Ergänzt werden die digitalen Unterrichtsbausteine im digital.learning.lab durch die Bereiche Tools und Trends, die mit den Unterrichtskonzepten verknüpft sind und ebenfalls ideengebend für Lehrkräfte wirken. Für die Aus- und Fortbildung des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) ist die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ der KMK handlungsleitend . In den Veranstaltungen des LI werden digitale und analoge Unterrichtsansätze funktional miteinander verknüpft und nicht alternativ behandelt. Die für Bildung zuständige Behörde beurteilt die Umsetzung der Digitalstrategie der KMK in Lehreraus - und -weiterbildung hinsichtlich Qualität und Quantität als positiv und zielführend. Die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und die sie ausbildenden Seminarleitungen arbeiten in allen Ausbildungsveranstaltungen auf der Basis eines von der Digitalstrategie der KMK abgeleiteten Konzeptes zur Medienkompetenz. Das Konzept wird ergänzt durch eine Checkliste zur Selbsteinschätzung über die eigenen Medienkompetenzen (siehe https://li.hamburg.de/contentblob/12032304/354f69dbf2c736407af15 bad24f4590b/data/bild-medkomp-publi.pdf und https://li.hamburg.de/contentblob/ 12032282/0995317945608f2e9b7fd7d225e6c96a/data/medkomp-checkliste-1.pdf). In der Handreichung wird auch die Schnittmenge zwischen den Bereichen der informatischen Grundbildung und der digitalen Bildung abgebildet. In der Fortbildung und Beratung qualifiziert das LI die Hamburger Lehrkräfte im Themenkomplex „Digitale Bildung“ mit vielfältigen Angeboten. Dazu zählen die großen Fachtagungen, umfangreiche Qualifizierungen (wie zum Beispiel die für alle Fachleitungen der weiterführenden Schulen), aber auch Zusatzqualifikationen in der aktiven Medienarbeit und regelhafte Fachfortbildungen zum Einsatz digitaler Medien im Fachunterricht werden zentral angeboten wie auch schulintern durchgeführt. Mit der ersten Qualifizierungsreihe „Unterrichtsentwicklung mit digitalen Medien“ für Fachleitungen der allgemeinbildenden Schulen wurden im zweiten Schulhalbjahr 2018/2019 Schulleitungen von 40 Schulen und deren rund 220 Fachleitungen der Fächer Mathematik, Deutsch, Englisch, PGW/Geschichte, Naturwissenschaften und Musik erreicht. Die Qualifizierung der Fachleitungen aller anderen weiterführenden Schulen (und damit circa weiterer 440 Fachleitungen) hat erfolgreich begonnen und wird zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2019/2020 abgeschlossen sein. Die Quali- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17822 3 fizierung der Grundschullehrkräfte und Fachleitungen in den Grundschulen wird zusätzlich ab dem Schuljahr 2019/2020 ausgebaut werden. Darüber hinaus stellt das LI schulspezifische Beratungsangebote für alle anfragenden Schulen zur Verfügung. Im Übrigen siehe Drs. 21/17709. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist dem Senat und der zuständigen Behörde bekannt, ob und in welchem Umfang über die Angebote des digital.learning.lab hinaus interaktive digitale Bildung an Hamburger Schulen umgesetzt wird? Wenn ja, bitte unter Nennung des konkreten Ansatzes und der Schule inklusive der bisherigen und zukünftigen Laufzeit des Projekts beziehungsweise der Unterrichtseinheit benennen. Wenn nein, warum nicht? Die Nutzung von digitalen Bildungsmedien im Unterricht ist eine Aufgabe aller staatlichen Schulen in Hamburg. Dazu wurden mit allen Schulleitungen die Anforderungen aus der Umsetzung des Kompetenzmodells der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ besprochen und vielseitige Unterstützungsangebote vorgehalten. Auch auf Landesfachkonferenzen sind die Strategie und die Inhalte des digital.learning.lab behandelt worden. Nach § 57 Absatz 1 Satz 2 Hamburgisches Schulgesetz entscheidet die Lehrerkonferenz der jeweiligen Schule über Grundsätze der Unterrichtsgestaltung und der Unterrichtsmethoden . In diesem Rahmen beschließt die Schule auch die Grundsätze für die Auswahl und den Umfang der Nutzung von analogen und digitalen Bildungsmedien. Diese Festlegungen werden von der für Bildung zuständigen Behörde nicht zentral erfasst. 2. Ist dem Senat und der zuständigen Behörde bekannt, auf welche Weise die Angebote des digital.learning.lab bisher zur Umsetzung interaktiver Lernansätze genutzt wurden? Wenn ja, bitte unter Nennung des konkreten Ansatzes und der Schule inklusive der bisherigen und zukünftigen Laufzeit des Projekts beziehungsweise der Unterrichtseinheit benennen. Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie beurteilen der Senat und die zuständige Behörde die bisherige Nutzung des digital.learning.lab? Bitte insbesondere auf die Reichweite und die unter Punkt 2. genannte tatsächliche Nutzung beziehungsweise Umsetzung der Unterrichtsbausteine eingehen. 4. Bestehen vonseiten des Senats und der zuständigen Behörde genaue Pläne, die Nutzung und praktische Umsetzung der Angebote des digital .learning.lab durch die Schulen und Lehrer zu intensivieren, beispielsweise durch Schulungen oder weitere Informationsangebote? Wenn ja, bitte erläutern. Wenn nein, warum nicht? Die für Bildung zuständige Behörde ist mit den Rückmeldungen zu den digitalen Unterrichtsbausteinen im digital.learning.lab zufrieden. In Hamburg und auch bundesweit haben die dort veröffentlichten Unterrichtskonzepte zum Lernen mit digitalen Bildungsmedien und zur Förderung der Kompetenzen für ein Leben in der digitalen Welt großen Anklang gefunden. Die Nutzung im ersten Jahr beurteilt die für Bildung zuständige Behörde als überaus zufriedenstellend. Drucksache 21/17822 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Vor allem die neuen digitalen Unterrichtsbausteine für Grundschuljahrgänge und die Qualifizierungsmaßnahmen für Grundschulen werden das digital.learning.lab weiter bekannt machen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Bestehen vonseiten des Senats und der zuständigen Behörde Pläne, die Schulen über die bestehenden Programme und Angebote hinaus bei der Umsetzung von interaktiven Lernansätzen zu unterstützen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen der Ausstattungsinitiative durch den DigitalPakt erhalten die Schulen verbesserte Möglichkeiten, digitale Bildungsmedien mit mobilen digitalen Endgeräten zu nutzen. Damit wird eine stärkere Nutzung adaptiver Lernprogramme einhergehen. Darüber hinaus unterstützt die für Bildung zuständige Behörde die staatlichen Schulen mit entsprechender Beratung bei Einsatz und Beschaffung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 6. Bestehen vonseiten des Senats und der zuständigen Behörde Pläne, das Angebot des digital.learning.lab über die bisher genannte Laufzeit und den aktuellen Inhalts- beziehungsweise Funktionsumfang zu erweitern ? Wenn ja, bitte im Detail darstellen. Wenn nein, warum nicht? Das digital.learning.lab wird über einen Zeitraum von vier Jahren entwickelt. Bisher sind davon eineinhalb Jahre vergangen, die die für Bildung zuständige Behörde genutzt hat, um mit Lehrkräften digitale Unterrichtsbausteine für die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen zu erstellen. Im nächsten Schuljahr werden weitere Bausteine für Grundschulen hinzukommen. Das digital.learning.lab wird fortlaufend in enger Abstimmung mit Anwendern in Zusammenarbeit mit der TU Hamburg weiterentwickelt und optimiert. Weiterführende Entscheidungen werden erst zum Ende der Projektlaufzeit getroffen. Die diesbezüglichen Überlegungen der für Bildung zuständigen Behörde sind dementsprechend noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Wie beurteilen der Senat und die zuständige Behörde die derzeitige Umsetzung des Themenkomplexes „Digitale Bildung und digitale Kompetenz “ in der Lehreraus- und Weiterbildung in Hamburg? Bitte in Hinblick auf Quantität und Qualität benennen und erörtern. 8. Bestehen vonseiten des Senats und den zuständigen Behörden Pläne, den Themenkomplex „Digitale Bildung“ in der Lehreraus- und Weiterbildung qualitativ und quantitativ stärker zu betonen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Folgende konkrete Maßnahmen finden statt: o In Haupt- und Fachseminaren ist das Lernen mit und über digitale Medien ein integraler Bestandteil. Die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst arbeiten zum Beispiel kollaborativ auf Plattformen, nutzen fachbezogen und exemplarisch digitale Werkzeuge und wenden digital gestützte Feedbackverfahren an. In Hospitationen werden digitale Medien funktional und regelhaft eingesetzt. In Prüfungen werden Fragestellungen zur digitalen Bildung thematisiert. o Optional stehen den Lehrkräften im Vorbereitungsdient weitere Angebote zur Verfügung : o didaktische Fortbildung hinsichtlich des interaktiven Whiteboards (pro Einstellungstermin circa 15 Veranstaltungen für je 20 Teilnehmer), Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17822 5 o Module zum Lernen mit und über digitale Medien (zwölf Module pro Jahr, vierstündig , für je 20 Teilnehmer) und o Zusatzqualifikation Informatik beziehungsweise informatische Grundbildung. Eine bundesweite Expertentagung zum Thema „Nutzung digitaler Medien in der Seminararbeit“ hat im Februar 2019 mit 250 Teilnehmenden stattgefunden. Seit Januar 2019 hat das LI für die Lehrkräfte aller Schulformen 40 Webinare und 240 Präsenzveranstaltungen im Bereich der Schul- und Unterrichtsentwicklung mit digitalen Medien angeboten. Für das erste Schulhalbjahr 2019/2020 stehen den Kolleginnen und Kollegen über 80 thematisch unterschiedliche Veranstaltungen und über 20 unterschiedliche Webinare zur Verfügung, die entsprechend der Nachfrage auch mehrfach durchgeführt werden (siehe https://li.hamburg.de/programmheftefortbildung /12732336/li-programm/). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Bestehen vonseiten des Senats und der zuständigen Behörde Pläne, die Zusammenarbeit oder den Erfahrungsaustausch mit außerschulischen Lernorten und privaten Einrichtungen im Bereich der digitalen Bildung und der interaktiven Bildung zu intensivieren? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Die Nutzung von außerschulischen Lernorten ist in den staatlichen Hamburger Schulen Bestandteil guten Unterrichts. Dafür arbeiten die Schulen mit vielen verschiedenen Initiativen zusammen. Die Entscheidung zur Nutzung von außerschulischen Lernorten und zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern trifft die Schule. Siehe hierzu auch die Vorbemerkung und die Antwort zu 1.