BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1784 21. Wahlperiode 09.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf, Dr. Bernd Baumann, Dr. Ludwig Flocken (AfD) vom 01.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Sommer für Kunst und Musik für Extremisten? (II) – Auftritte von Musikgruppen aus dem antifaschistischen, extrem linken Spektrum auf dem MS Dockville Festival in Hamburg Die Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 21/1473) vom 11. September 2015 befragte die Kulturbehörde zu Auftritten von Musikgruppen aus dem antifaschistischen , extrem linken Spektrum auf dem MS Dockville Festival in Hamburg . Dort traten neben zahlreichen Künstlern und Musikgruppen in den letzten Jahren immer wieder extremistische Gruppen auf, zum Beispiel die aus Hamburg stammenden Gruppen „Slime“ im Jahr 2010 und „Die Goldenen Zitronen “ im Jahr 2011 sowie „Feine Sahne Fischfilet“ aus MecklenburgVorpommern im Jahr 2014. Insbesondere der Auftritt der Gruppe „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) aus Mecklenburg-Vorpommern auf dem MS Dockville Festival 2014 ist zu hinterfragen . Das Videoportal YouTube zeigt den Auftritt der Gruppe auf diesem Festival. Unzählige Anhänger von „FSF“ feiern unter der von Linksextremisten benutzten Fahne der „Antifaschistischen Aktion“. Das MS Dockville Festival wird jährlich von der Hamburger Kulturbehörde mit 100.000 Euro unterstützt . „FSF“ wird seit 2011 von den Sicherheitsbehörden des Landes MecklenburgVorpommern beobachtet und auf den Seiten 84 und 85 des Berichtes im Kapitel „Linksextremismus“, Rubrik „Autonome Antifa-Strukturen“ dargestellt. „FSF“ tritt nicht nur bundesweit auf von Linksextremisten organisierten Veranstaltungen , wie Demonstrationen und Konzerten auf, sondern mobilisiert für diese. So wurde anlässlich eines sogenannten Tages des Politischen Gefangenen Geld für straffällig gewordene Linksextremisten gesammelt. Kurzzeitig befand sich eine Bauanleitung eines Molotow-Cocktails auf der Internetseite der Gruppe. Die Behörde spricht bereits 2011 von einer „antistaatlichen Haltung“ der Gruppe, welche die „staatliche Struktur auflösen“ möchte. Einer Aussage des Innenministeriums von 2012 zufolge seien alle Mitglieder als Linksextremisten bekannt, einige von ihnen seien zudem durch politisch motivierte Gewaltstraftaten, wie Landfriedensbrüche, Körperverletzungen und gefährliche Körperverletzungen, in Erscheinung getreten. Vorgeworfen wurden zudem Beleidigungen und Sachbeschädigungen sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Die Gruppe nutze zudem ihre Popularität, um ihr Publikum für linksextremistische Ziele zu gewinnen, so eine Behördensprecherin. Das Oberverwaltungsgericht Land Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 06. Juni 2013 (Az: 2 M 110/13) die Nennung der Gruppe Drucksache 21/1784 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 „Feine Sahne Fischfilet“ im Verfassungsschutzbericht 2011 des Landes für rechtmäßig befunden. Das Gericht sieht hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass von der Musikgruppe Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen. Nach Auffassung des Gerichts propagiert „Feine Sahne Fischfilet“ einen „nicht staatstragenden Antifaschismus “ und befürwortet die „regellose politische Auseinandersetzung auf der Straße. “ Im Lied „Staatsgewalt“ heißt es: „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen/Und schicken den Mob dann auf euch rauf/ Die Bullenhelme – sie sollen fliegen/Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein/Und danach schicken wir euch nach Bayern/denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“ Der Verfassungsschutzbericht 2013 spricht von einem „Bekenntnis der Gruppe zum staatsfeindlichen Antifaschismus der gewaltbereiten autonomen Szene.“ Unter anderem rief „FSF“ auf ihrer Facebook-Seite zur Teilnahme an der gewalttätig verlaufenden, linksextremistischen Demonstration zum Erhalt der Roten Flora in Hamburg auf. Am 21. Dezember 2013 zeigten Mitglieder von „FSF“ sich mit Schweinemasken und Polizeiausrüstung. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht verweist in Bezug auf die Vorjahre auf die unveränderte Situation. Die Gruppe „FSF“ beginnt ihre bundesweite Tour am 20. November dieses Jahres in Hamburg. Gemäß § 1 Absatz 2 und 3 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG) und § 3 Absatz 1 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG) sind der Bund und die Länder zur Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung und Hilfe verpflichtet. Darüber hinaus ist in § 6 des BVerfSchG geregelt, dass zwischen den Verfassungsschutzbehörden eine gegenseitige Unterrichtung stattfindet. Des Weiteren kann der Hamburger Verfassungsschutz, geregelt in § 12 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes, die erlangten Daten an andere Behörden und Stellen weitergeben. Aus der Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drs. 21/1473) geht hervor, dass die Kulturbehörde über den Auftritt der Gruppe „FSF“ offenbar nicht von den Sicherheitsbehörden informiert wurde. Den Sicherheitsbehörden muss die Gruppe „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) bekannt sein! Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie bewertet beziehungsweise ordnet die entsprechende Sicherheitsbehörde die Gruppe „Feine Sahne Fischfilet“ politisch ein? Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern handelt es sich bei der Musikgruppe „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF) um eine linksextremistische Band. Die Band ist Beobachtungsobjekt der dortigen Verfassungsschutzbehörde. 2. Zu welchem Zeitpunkt und von welcher Behörde haben die Hamburger Sicherheitsbehörden zum ersten Mal Kenntnis über die Gruppe „FSF“ erhalten? Was war der Anlass? Dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (LfV Hamburg) ist die Band seit 2011 im Rahmen der Auswertung von Szenepublikationen bekannt. Im Februar 2012 übermittelte die Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern ein sogenanntes Bandprofil zu „FSF“. In den dortigen Verfassungsschutzberichten wird über die Band seit 2011 informiert. 3. Sind die entsprechenden Hamburger Sicherheitsbehörden von entsprechenden Stellen des Landes Mecklenburg-Vorpommern über den Auftritt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1784 3 der Gruppe „FSF“ auf dem MS Dockville Festival 2014 in Hamburg informiert worden? Wenn ja, welche Hamburger Behörden beziehungsweise Stellen wurden jeweils zu welchem Zeitpunkt mit welchem Inhalt über die Gruppe „FSF“ informiert? Wenn nein, teilt die entsprechende Sicherheitsbehörde die Auffassung, dass gegen das Bundesverfassungsschutzgesetz als auch Landesverfassungsschutzgesetz verstoßen wurde? Wenn nein, warum nicht? Nein. Das Festival wurde unter Bekanntgabe der mehr als 100 auftretenden, nicht extremistischen Bands öffentlich beworben. Die Einstufung von „FSF“ als linksextremistisch war durch zahlreiche Pressepublikationen hinreichend bekannt. Ein Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben liegt nicht vor. 4. Gehört es zu den Aufgaben der Ämter für Verfassungsschutz, rechtzeitig über öffentliche Auftritte extremistischer Musikgruppen zu informieren? Wenn nein, wie ist die Begründung des Verfassungsschutzes? Ja, sofern es gemäß des gesetzlichen Auftrages erforderlich ist. 5. Wurden die Hamburger Sicherheitsbehörden bei weiteren Auftritten der Gruppe „FSF“ ebenfalls informiert? Wenn ja, bei welchen Auftritten und zu welchem Zeitpunkt? Wer war der Veranstalter? Die Verfassungsschutzbehörden Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen hatten das LfV Hamburg am 14. Februar 2014 telefonisch über einen für den 7. März 2014 geplanten Auftritt von „FSF“ in der Sporthalle Hamburg informiert. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 6. Welche Auftritte der Gruppe „FSF“ sind den zuständigen Sicherheitsbehörden seit 2011 in Hamburg bekannt? Bitte Veranstaltungsort und -datum, Veranstalter, Zeitpunkt und politischen Bezug nennen. Wurde bei diesen Veranstaltungen für Gelder geworben? Wenn ja, zu welchem Zweck? Dem LfV Hamburg sind folgende Auftrittsankündigungen bekannt: 5. Februar 2011 Rote Flora, 9. Dezember 2011 Prinzenbar, 5. August 2012 Black Ferry, 4. Januar 2013 Hafenklang, 14. Juni 2013 Campus Open Air, 28. September 2013 Reeperbahn Festival, 7. März 2014 Sporthalle Hamburg, 19. August 2014 MS Dockville, 19. Februar 2015 Knust, 20. Februar 2015 Übel und Gefährlich; geplant: 19. und 20. November 2015 Übel und Gefährlich. Weitere Erkenntnisse liegen dem LfV Hamburg nicht vor. 7. Trifft es zu, dass bei einem Konzert in Hamburg im März 2014 der Hamburger Verfassungsschutz den Veranstalter mittels Briefen und Telefonaten zur Absage des Auftritts der Gruppe „FSF“ zu bewegen versuchte? Wer war der Veranstalter und warum befürwortete der Veranstalter trotzdem einen Auftritt der Gruppe „FSF“? Welche weiteren Musikgruppen waren anwesend? War der Verfassungsschutz bei dieser Veranstaltung mit Aufklärungsmaßnahmen betraut? Wenn ja, was waren die Erkenntnisse? Nein. Das LfV Hamburg hat am 17. Februar 2014 aufgrund eines Hinweises der Verfassungsschutzbehörden Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen den Vermieter der Sporthalle Hamburg über einen für den 7. März 2014 terminierten Auftritt von „FSF“ informiert. Die Band „FSF“ ist als Vorband der nicht extremistischen Band Broilers aufgetreten. Dem Vermieter liegen keine Informationen vor, warum der Veranstalter einen Auftritt der Gruppe FSF befürwortete. Weitere Bands haben laut Vermieter an diesem Abend nicht gespielt. Angaben, ob eine Aufklärungsmaßnahme des LfV Ham- Drucksache 21/1784 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 burg stattfand, können aus Gründen des Staatswohls nur gegenüber dem nach § 24 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) für die parlamentarische Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes zuständigen Kontrollausschuss (PKA) gemacht werden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die beobachteten Bestrebungen Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Einblickstiefe des LfV Hamburg zulassen könnten und eine künftige Beobachtung unverhältnismäßig erschwert würde. 8. Welche Veranstaltungen der Gruppe „FSF“ wurden bereits in Hamburg abgesagt? Was waren der Anlass und der Zeitpunkt? Hierüber liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 9. Haben die Hamburger Sicherheitsbehörden weitere Behörden beziehungsweise Stellen der Stadt über den besagten Auftritt der Gruppe „FSF“ informiert? Zu welchem Zeitpunkt wurde informiert und wie war das Ergebnis? Nein. 10. Welche Behörden oder Stellen traten bei Konzerten und Veranstaltungen der Gruppe „FSF“ in Hamburg als Partner, Veranstalter oder Fördermittelgeber auf? Die Kulturbehörde hat 2014 das Festival MS Dockville gefördert, auf dem weit über 100 Musikgruppen auftraten. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 11. Bei welchen Veranstaltungen der Gruppe „FSF“ in Hamburg waren die Sicherheitsbehörden vor Ort beziehungsweise mit Aufklärungsmaßnahmen betraut? Was waren der Anlass und die Erkenntnisse? Welche Lieder wurden gespielt? Siehe Antworten zu 7. und zu 13. 12. Wie bewerten die Hamburger Sicherheitsbehörden Musiktexte und Aussagen der Gruppe, die den Staat und Vertreter der Exekutivorgane, wie die Polizei, verunglimpfen? Siehe Drs. 21/536. 13. Welche polizeilichen Maßnahmen und festgestellten Straftaten sind in Zusammenhang mit der Gruppe „FSF“ in Hamburg zu verzeichnen? Straftaten sind im Zusammenhang mit der Gruppe „FSF“ in Hamburg nicht festgestellt worden. Die zuständige Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes Hamburg (LKA 7) hat die Musikgruppe FSF und deren Auftritte in Hamburg nicht als polizeilich relevant eingestuft. 14. Einer internen Prioritätensetzung des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hamburg zufolge werden seit 2013 gewaltorientierte Personenzusammenschlüsse vorrangig beobachtet (Drs. 21/1364). Weshalb wird die Gruppe „FSF“ nicht vom Verfassungsschutz des Landes Hamburg als Beobachtungsobjekt eingestuft, obwohl die Gruppe bereits mehrfach in Hamburg spielte, Kontakte in das antifaschistische, extrem linke Spektrum auch in Hamburg aufweist und Gewalt in ihren Texten befürwortet sowie Gewalt von einzelnen Mitgliedern als legitime Handlungsoption in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner bereits angewandt wurde? Die Musikgruppe FSF ist ein regionales Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern und fällt nicht in die originäre Zuständigkeit des LfV Hamburg. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. und zu 7. 15. In welchen als extremistisch eingestuften Organisationen ist die Gruppe „FSF“ oder sind Einzelpersonen der Gruppe Mitglieder? Welche Kontakte zu extremistischen Organisationen oder Einzelpersonen sind den Sicherheitsbehörden in Deutschland als auch in Hamburg bekannt und seit wann? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1784 5 Es sind keine Mitgliedschaften in extremistischen Organisationen im Zuständigkeitsbereich des LfV Hamburg bekannt. Im Übrigen siehe Antworten zu 1., zu 2. und zu 14. 16. Welche Kriterien setzt die entsprechende Sicherheitsbehörde als relevant voraus, um eine Veranstaltung als extremistisch einzustufen? Eine Veranstaltung ist als extremistisch zu bewerten, wenn sie zum Beispiel ihrem Inhalt, den verantwortlichen Personen oder der Teilnehmerschaft nach Anhaltspunkte dafür bietet, dass sie sich gegen Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet. 17. Welche Auftritte extremistischer Gruppen auf dem MS Dockville Festival sind den zuständigen Sicherheitsbehörden des Weiteren bekannt? Hierzu liegen den Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 18. Auf welchen extremistischen Portalen ist das MS Dockville Festival beworben worden? Eine Werbung auf extremistischen Internetportalen ist den Sicherheitsbehörden nicht bekannt.