BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17891 21. Wahlperiode 06.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Jens Wolf (CDU) vom 29.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Wird die Gertigstraße zur Fahrradstraße? Die Gertigstraße ist Teil der Veloroute 13 im Hamburger Veloroutennetz. Die Veloroute13 verläuft als Ringverbindung vom Bezirksamt Altona bis zur U- Bahn-Station Burgstraße. Die Gertigstraße ist eine Bezirksstraße in Winterhude im Bezirk Hamburg-Nord. Im Abschnitt Gertigstraße zwischen Mühlenkamp und Barmbeker Straße ist die Wegequalität für den Fahrradverkehr laut LSBG unzureichend. Um den für eine Veloroute erforderlichen Standard herzustellen , gibt es laut Erläuterungsbericht des LSBG zwei Optionen: Eine Option ist laut LSBG, die Gertigstraße entsprechend der Beschlusslage der politischen Gremien im Bezirk Hamburg-Nord in die vorhandenen Tempo-30- Zonen einzubeziehen, die andere, daraus eine Fahrradstraße zu machen. Laut den im Internet veröffentlichen Unterlagen wurden von der LSBG aber ausschließlich Pläne für die Variante „Fahrradstraße“ erstellt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Aus welchen Gründen wurden für die Variante „Tempo-30-Zone“ keine Pläne erstellt und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden und wie ist dieses mit der aktuellen Beschlusslage im Bezirk Hamburg-Nord vereinbar? Die aktuellen Planunterlagen im Rahmen der 1. Verschickung stellen die Vorzugslösung der mit der Planung betrauten Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) beziehungsweise des Landesbetriebes Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) dar. Die Planung unterscheidet sich lediglich in der Darstellung der Verkehrszeichen (Schilder und Piktogramme) von der Planungsvariante „Tempo-30-Zone“. Baulich liegt bei beiden Varianten die gleiche Planung zugrunde. In der Planungsvariante „Fahrradstraße“ ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit ebenso auf 30 km/h begrenzt wie bei einer Ausweitung der angrenzenden Tempo-30-Zonen. Vor diesem Hintergrund ist die dargestellte Vorzugsvariante gut mit der Beschlusslage im Bezirk Hamburg-Nord vereinbar. Darüber hinaus ist die Darstellung der Vorzugsvariante der planenden Behörde im Rahmen der 1. Verschickung in der Freien und Hansestadt Hamburg – auch aus wirtschaftlichen Gründen – gängige Praxis. 2. Aus welchen Gründen wurden die politischen Gremien der Bezirksversammlung Hamburg-Nord an dieser Entscheidungsfindung nicht beteiligt ? Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord ist über die öffentliche Veranstaltung am 12. November 2018 per E-Mail an die Geschäftsstelle der Bezirksversammlung informiert worden. Die Mitglieder der Bezirksversammlung hatten die Möglichkeit an der Veranstaltung teilzunehmen. Im Übrigen wurden in der öffentlichen Veranstaltung keine Entscheidungen getroffen. Drucksache 21/17891 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Aus welchen Gründen ist der Senat der Meinung, dass eine Abendveranstaltung im Goldbekhaus für die Entscheidungsfindung „Fahrradstraße “ versus „Tempo-30-Zone“ eine höhere Legitimation beziehungsweise Bedeutung hat als Beschlüsse der demokratisch gewählten politischen Gremien? Dieses auch vor dem Hintergrund, dass an der Abendveranstaltung kaum Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise Gewerbetreibende aus dem Quartier teilgenommen haben. Die Abendveranstaltung im Goldbekhaus, an der größtenteils Anwohnerinnen und Anwohner teilgenommen hatten, diente als ergänzende informelle Beteiligungsmöglichkeit . 4. Sind die Voraussetzungen für die Einführung einer Fahrradstraße geprüft worden? Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht und wann soll die Prüfung durch wen erfolgen? Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Fahrradstraße liegen vor. Diese wurden im Rahmen von Planungsgesprächen mit der zuständigen Behörde für Inneres und Sport (BIS) erörtert. Eine schriftliche Stellungnahme der Verkehrsdirektion (VD) wird im Rahmen der 1. Verschickung erwartet. 5. Der Knotenpunkt Mühlenkamp/Gertigstraße ist bereits mehrfach umgebaut worden. Gibt es Überlegungen, diesen trotzdem neu zu gestalten? Wenn ja, wie sehen diese aus? Bis auf kleine Anpassungsarbeiten im Einfahrtsbereich zur Verdeutlichung der Fahrradstraße sollen keine weiteren Umgestaltungen am Knotenpunkt vorgenommen werden . 6. Wie beurteilt der Senat die Forderung, aus der Gertigstraße an der Kreuzung Mühlenkamp eine unechte Einbahnstraße zu machen? Bitte ausführlich begründen. Die Variante „Einbahnstraße“ entspricht nicht dem Planungsziel der guten Erreichbarkeit der Gewerbebetriebe (Lieferverkehr, Parken). Bei der Variante „Einbahnstraße mit Radverkehrsanlagen“ würde bei Liefervorgängen die Fahrbahn für Radfahrerinnen und Radfahrer blockiert werden. 7. Wie soll die Veloroute 13 im Abschnitt Barmbeker Straße in beide Richtungen fortgeführt werden? Sofern es dazu noch keine Vorstellungen geben sollte: Warum nicht und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden und bis wann liegen diese Pläne vor? Was passiert mit den bisherigen Planungsunterlagen bezüglich der Gertigstraße, wenn eine Fortführung der Veloroute 13 im Abschnitt Barmbeker Straße aus Platzgründen nicht möglich sein sollte? Der LSBG ist mit der Überplanung der Anschlussprojekte beauftragt worden. Diese stellen grundsätzlich eigenständige Projekte dar, die aufgrund der Charakteristik von Hauptverkehrsstraßen losgelöst von dieser Planung betrachtet werden müssen. Die Projektplanung befindet sich noch in der Startphase, sodass noch keine Details dazu vorliegen. Des Weiteren läuft die Veloroute 13 bereits heute über die Barmbeker Straße und den Mühlenkamp. Insofern geht die zuständige Behörde davon aus, dass eine Fortführung der Veloroute 13 möglich ist. 8. Der Fortbestand des vorhandenen Fußgängerüberwegs (Schulwegsicherung ) ist – trotz höchster Relevanz – völlig unklar und hängt von noch ausstehenden Zählungen ab. a. Warum konnten diese Zählungen nicht im Zusammenhang mit den anderen Zählungen durchgeführt werden und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden? b. Was soll jeweils noch gezählt werden und wie müssen die Ergebnisse beschaffen sein, damit der Fußgängerüberweg entweder (i) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17891 3 erhalten bleiben kann beziehungsweise (ii) dieser entfernt werden muss? c. Wann soll die Zählung durchgeführt werden? In Tempo-30-Zonen und auf Tempo-30-Strecken sowie auf Fahrradstraßen sehen die Regelwerke grundsätzlich keine Fußgängerüberwege vor. In Ausnahmefälle können aber bestehende Fußgängerüberwege erhalten bleiben, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen wie zum Beispiel sehr starkes Aufkommen an querenden Fußgängerinnen und Fußgängern. Dieses starke Aufkommen an querenden Fußgängerinnen und Fußgängern muss durch separate Zählungen gemäß den Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) nachgewiesen werden. Die Zählungen können erst erfolgen, wenn die Baumaßnahme am Hofweg abgeschlossen ist und die Gertigstraße nicht mehr als offizielle Umleitung genutzt wird. Ein früherer Zählzeitpunkt würde die Datenerhebung verfälschen, da der Verkehrsfluss durch die Baustelle verändert ist. Die endgültige Entscheidung nach erfolgter Zählung obliegt der BIS als Straßenverkehrsbehörde. 9. Wie viele Möglichkeiten zur barrierefreien Überquerung in der Gertigstraße sind vorhanden beziehungsweise geplant? Bitte nach Standort aufschlüsseln. Es gibt derzeit vier Querungsstellen, wovon derzeit lediglich eine barrierefrei ausgebaut ist (Querung Mühlenkamp). In der Planung ist vorgesehen, die Querungsstellen an der Schinkelstraße und der Forsmannstraße barrierefrei auszubauen. Die Querung an der Barmbeker Straße liegt außerhalb der Planungsgrenze und ist Bestandteil der angrenzenden Planung der Veloroute 13, Barmbeker Straße. 10. Wie viele Fahrradstellplätze sind vorhanden bzw. geplant? Bitte nach Standort aufschlüsseln. 11. Wie viele Kfz-Stellplätze sind vorhanden beziehungsweise geplant? Bitte nach Standort aufschlüsseln. 12. Wie viele Ladezonen sind vorhanden beziehungsweise geplant? Bitte nach Standort aufschlüsseln. Bestand Kfz- Parkplätze Planung Fahrradstraße Kfz- Parkplätze Bestand Ladezonen (à 6 m) Planung Fahrradstraße Ladezonen (à 6 m) Bestand Fahrradanlehnbügel Planung Fahrradstraße Fahrradanlehnbügel Nord- West- Seite 35 34 0 0 0 50 Süd- Ost- Seite 47 44 2 2 0 17 Summe 82 78 2 2 0 67 Die vorhandenen Schutzbügel werden größtenteils ebenfalls beibehalten. Diese können auch weiterhin zum Abstellen von Fahrrädern genutzt werden. Diese werden jedoch nicht als Fahrradbügel gezählt. 13. Wie viele Bäume sind vorhanden beziehungsweise geplant? Bitte nach Standort aufschlüsseln. Der gesamte Baumbestand (insgesamt 39 Bäume) wird aufrechterhalten. Zusätzliche Neupflanzungen sind aufgrund der beengten örtlichen Verhältnisse und aufgrund des Leitungsbestandes in den Nebenflächen nicht möglich. 14. Wurde gemessen, wie schnell die durchschnittliche Geschwindigkeit von Pkws ist, die durch die Gertigstraße fahren? Wenn ja, was war das Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/17891 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Grundsätzlich werden bei der Planung von Straßen die aktuellen Unfallzahlen herangezogen und entsprechend ausgewertet. Diese Auswertung hat ergeben, dass der größte Teil der Unfälle im Zusammenhang mit dem ruhenden Verkehr (Parken) stand. Vor diesem Hintergrund war eine Geschwindigkeitsmessung im Rahmen der Planung nicht vorgesehen. 15. Welche Kosten sind mit der aktuellen Planung (Fahrradstraße) verbunden ? Sofern diese noch nicht ermittelt wurden: Warum nicht und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden? 16. Welche Kosten wären mit einer Tempo-30-Zonen-Planung verbunden? Sofern diese noch nicht ermittelt wurden: Warum nicht und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden? Eine Kostenschätzung beziehungsweise -berechnung ist zu dieser Phase des Planungsprozesses noch nicht aufgestellt worden, da der notwendige Sanierungsaufwand der Fahrbahn derzeit nicht feststeht. Die Untersuchung des Baugrundes wurde bereits beauftragt, steht allerdings noch aus. Grundsätzlich kann festgestellt werden, unabhängig von dem noch zu definierenden Sanierungsaufwand der Fahrbahn, dass die Planung und Umsetzung einer reinen Tempo-30-Zone aufwändiger und kostenintensiver wäre, da bei der Tempo-30-Zone die angrenzenden Einmündungsbereiche der Schinkelstraße, Forsmannstraße, Geibelstraße und Knickweg aufwendig umgebaut werden müssten. In Tempo-30-Zonen gilt regelhaft die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“, was dazu führen würde, dass die bereits vorhandenen Aufpflasterungen entfernt werden müssten. Bei der Umsetzung einer Fahrradstraße könnten die Einmündungsbereiche mit ihren Aufpflasterungen bestehen bleiben.