BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17939 21. Wahlperiode 09.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 01.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Hossa, Hossa! Stimmung klasse, Umwelt egal? Wie ist die Bilanz des diesjährigen Schlagermoves? Eines der Großevents in diesem Sommer in Hamburg war der Schlagermove . Hamburg Tourist.info bewarb ihn mit „Der Teufel hat den Schnaps gemacht – die Hamburger den Schlagermove!“. Über die Auswirkungen des einen auf die Gesundheit kann man wohl genauso wenig streiten wie die des anderen auf die Stadt. Die Notwendigkeit diese Veranstaltung auf einer Route durch die Innenstadt zu veranstalten, erscheint mehr als fraglich und deshalb ist auch eine Umweltbilanz des diesjährigen Schlagermoves dringend erforderlich. Nachhaltigkeit besteht nicht nur aus den klingenden Geschäftskassen, sondern auch aus lebenswerten Quartieren und geschützter Natur. In Bezug auf den Schlagermove erscheint aber immer nur eine einbeinige Nachhaltigkeit, die rein auf die ökonomische Ausrichtung zielt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Derzeit werden eine Handreichung sowie leicht anwendbare Checklisten zur Durchführung zur Nachhaltigkeit von Veranstaltungen erarbeitet. Dies erfolgt in einem gemeinsamen Prozess von Fachbehörden und Bezirksämtern sowie weiteren Stakeholdern wie Veranstaltern, Dienstleistern et cetera. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Übernachtungen durch Besucherinnen und Besuchern beziehungsweise Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Schlagermoves gab es in Hamburg und wie viele davon entfielen auf Hotels beziehungsweise Airbnb-Wohnungen? 2. Wie viele Besucherinnen und Besucher kamen dabei aus dem In- beziehungsweise Ausland und welche Verkehrsmittel wurden zur Anreise genutzt? 3. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden auf dem Schlagermove gezählt? Nach Auskunft des Veranstalters haben im Jahr 2019 rund 350 000 Besucherinnen und Besucher teilgenommen. Nach polizeilicher Einschätzung hielten sich in der Spitze circa 300 000 Personen entlang des Rundkurses auf. Nach einer Marktforschungsuntersuchung des Veranstalters aus den Jahren 2003 beziehungsweise 2004 kamen 47 Prozent der damaligen Besucherinnen und Besucher aus der Metropolregion Hamburg und 53 Prozent von außerhalb der Metropolregion und aus dem benachbar- Drucksache 21/17939 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ten Ausland. Laut einer späteren Besucherbefragung durch den Veranstalter sei die Verteilung weiterhin ähnlich. Zur Nutzung der Verkehrsmittel für die Anreise sowie zur Zahl der Übernachtungen liegen keine Zahlen vor. Nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes e. V (DEHOGA) Hamburgs waren die Hotelkapazitäten an dem Veranstaltungswochenende sehr gut ausgelastet. 4. Gibt es eine CO2-Bilanz des Schlagermoves, die auch die Anreise der Besucherinnen und Besucher mit beinhaltet? a. Wenn ja, wie sieht diese aus? b. Wenn nein, warum nicht? Aufgrund fehlender Daten über die Verteilung der Besucheranreise auf die einzelnen Verkehrsträger ist eine CO2-Bilanz nicht möglich. 5. Welche Wertschöpfung wurde für Unternehmen in Hamburg durch den Schlagermove generiert und wie hoch sind die daraus resultierenden Steuereinnahmen? Nach einer Untersuchung des Instituts für Management und Tourismus (IMT) der Fachhochschule Westküste in Heide aus diesem Jahr geben privatreisende Übernachtungsgäste im Schnitt 135 Euro und privatreisende deutsche Tagesgäste 41,5 Euro jeweils pro Tag in Hamburg aus (die Daten basieren auf der Neuberechnung der volkswirtschaftlichen Effekte des Tourismus, für die Daten aus dem Jahr 2015 herangezogen wurden). Weitere Untersuchungen liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 6. Wie werden die umweltpolitischen und klimapolitischen Auswirkungen des Schlagermoves seitens des Senats gegenüber den wirtschaftlichen Faktoren abgewogen und welche Zahlen lagen der Abwägung zugrunde ? Siehe Antworten zu 4. und zu 5. 7. Wie viele Beschwerden beziehungsweise Anzeigen erfolgten bei Polizei, Bezirksämtern beziehungsweise den Fachbehörden mit Bezug auf den Schlagermove? Bitte nach Beschwerdegründen aufschlüsseln. Beim Bezirksamt Hamburg-Mitte sind zehn Beschwerden zu den Themen Lärm, Hubschrauber , Müll, Unbegehbarkeit des Viertels, Wildpinkeln sowie Schlagermove allgemein eingegangen. Einige dieser Beschwerden sind zunächst bei anderen Dienststellen eingegangen und wurden dem zuständigen Bezirksamt zugeleitet. Bei der Polizei sind im zeitlichen und räumlichen Kontext des Schlagermoves fünf Beschwerden über Lärm und eine über Urinieren in der Öffentlichkeit eingegangen. Eine unmittelbare Zuordnung zum Schlagermove ist nicht in allen Fällen eindeutig. 8. Wie viele Arbeitsstunden fielen bei Polizei, Rettungsdiensten, Stadtreinigung und Behörden mit Bezug auf den Schlagermove an und wie hat sich dieser Aufwand seit 2008 entwickelt? Daten im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht statistisch auswertbar erhoben. Zur Beantwortung wäre die Auswertung der Dienstpläne an allen Dienststellen erforderlich, von denen Personal im Sinne der Fragestellung eingesetzt wurde. Die händische Durchsicht mehrerer Hundert Dienstpläne ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. In der nachfolgenden Tabelle ist der zeitliche Aufwand der Feuerwehr sowohl für die Vorbereitung (Bewertung und Stellungnahme für genehmigungsgebende Behörde, Einsatzvorbereitung), als auch für die Begleitung vor Ort (Einsatzleiter mit Führungsassistent sowie notwendige Einsatzkräfte) dargestellt. 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Aufwand F in Std. Vorbereitung 37,5 37,5 37,5 37,5 37,5 100 100 100 100 100 100 100 Einsatzkräfte 168 210 210 224 224 224 224 224 280 280 280 280 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17939 3 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Summe 206 248 248 262 262 324 324 324 380 380 380 380 Die Arbeitsstunden im Rettungsdienst sind nicht quantifizierbar, weil Einsätze mit einem eindeutigen Bezug zu einer Veranstaltung von der Rettungsleitstelle nur als „EVENT“ gekennzeichnet werden und keiner bestimmten Veranstaltung zugeordnet werden können. Bei der Stadtreinigung Hamburg (SRH) sind keine zusätzlichen Arbeitsstunden angefallen . Für die Reinigung der Veranstaltungsfläche wurde vom Veranstalter ein gewerblicher Auftrag an ein Tochterunternehmen der SRH, die Hamburger Entsorgungsgesellschaft mbH (HEG), vergeben. Weitere Erhebungen zu anderen Behörden liegen nicht vor. 9. Wie groß war das zusätzliche Müllvolumen durch den Schlagermove und wie viel dieses Mülls wurde aus Grünflächen und von Straßen gesammelt und wie hat sich dieses Aufkommen seit 2008 entwickelt? Die aus Grünanlagen und Straßen entfernten Müllmengen der SRH werden nicht gesondert erfasst. Daher liegen dazu keine Daten vor. Von der HEG wurden im Auftrag des Veranstalters vom Veranstaltungsgelände folgende Abfallmengen entsorgt:  2008: circa 28 Tonnen, 2009: keine Daten erfasst, 2010: circa 25 Tonnen, 2011: keine Daten erfasst, 2012: circa 18 Tonnen, 2013: circa 30 Tonnen, 2014: circa 40 Tonnen, 2015: circa 39 Tonnen, 2016: circa 39 Tonnen, 2017: circa 47 Tonnen, 2018: circa 50 Tonnen und 2019: circa 56 Tonnen.