BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17970 21. Wahlperiode 13.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 07.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Scheinselbstständigkeit von Honorarärzten/-innen – Wie ist die Situation in Hamburg? Kürzlich stellte das Bundessozialgericht in einem Urteil (Aktenzeichen B 12 R 11/18 R) fest, dass Krankenhausärzte/-innen in der Regel aufgrund des krankenhaustypischen hohen Organisationsgrads der Arbeit sozialversicherungspflichtig sind. Aus dieser Entscheidung folgen für die stadteigenen Kliniken (UKE und Kinderkrankenhaus Altona) und die Krankenhäuser mit Beteiligungen der Stadt, sowie weitere Krankenhäuser möglicherweise hohe Nachzahlungspflichten in die Sozialkassen. Zudem steht das bisherige „Honorararztwesen“ auf dem Prüfstand und Krankenhäuser stehen vor der Aufgabe, ihre kurzfristigen ärztlichen Personalengpässe auf andere Weise zu beheben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Sofern die Hamburger Plankrankenhäuser Honorarärztinnen und -ärzte beziehungsweise andere Honorarkräfte einsetzen, wurden die seitens der Krankenhäuser gegebenen Antworten bei den jeweiligen Fragestellungen berücksichtigt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Mit welchem Auftragsvolumen wurden in den vergangenen vier Jahren jeweils Honorarärzte/-innen an den Hamburger Krankenhäusern beschäftigt? Bitte in Euro und, falls möglich, in Anzahl der Schichten angeben, aufgeschlüsselt nach Jahren und getrennt nach landeseigenen Kliniken und Krankenhäusern mit Beteiligungen der Stadt und weiteren Krankenhäusern. Krankenhaus Rückmeldung Asklepios Kliniken Hamburg 2015: AK Altona: rd. 1 912 000 EUR AK Barmbek: rd. 21 000 EUR AK Harburg: Fehlanzeige AK Nord: rd. 270 Schichten mit Honorarärzten besetzt; Kosten: rd. 350 000 EUR AK St. Georg: rd. 40 000 EUR AK Wandsbek: rd. 200 Schichten mit Honorarärzten besetzt; Kosten: rd. 225 000 EUR Asklepios Westklinikum: rd. 35 000 EUR Seit 2016 werden in den Hamburger Asklepios keine Honorarärzte mehr eingesetzt. Drucksache 21/17970 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Krankenhaus Rückmeldung Ev. Krankenhaus Alsterdorf 2015: 132 000 EUR 2016: 109 000 EUR 2017: 154 000 EUR 2018: 143 000 EUR HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg 2015: ca. 15 000 EUR 2016: ca. 45 000 EUR 2017: ca. 75 000 EUR 2018/2019: 0 EUR Kath. Marienkrankenhaus 2015: 51 314 EUR 2016: 35 150 EUR 2017: 29 451 EUR 2018: 28 163 EUR Bis 07.2019: 15 651 EUR Klinik Dr. Guth 2015: 143 596 EUR 2016: 95 193 EUR 2017: 75 645 EUR 2018: 63 722 EUR Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE mit Universitärem Herz- und Gefäßzentrum UHZ)* 2015: ca. 25 000 EUR (UKE), 1.227 000 EUR (UHZ) 2016: ca. 39 000 EUR (UKE), 754 000 EUR (UHZ) 2017: ca. 43 000 EUR (UKE), 444 000 EUR (UHZ) 2018: ca. 59 000 EUR (UKE), 329 000 EUR (UHZ) Bis 07.2019: ca. 18 000 EUR (UKE), 103 000 EUR (UHZ) Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand Auftragsvolumen 2015: 177 600 EUR Auftragsvolumen 2016: 91 069 EUR Auftragsvolumen 2017: 16 984 EUR Auftragsvolumen 2018: 114 300 EUR * Das vergleichsweise höhere Honorarvolumen ergibt sich durch Fälle der stationären Weiterbehandlung von Patientinnen und Patienten niedergelassener Kardiologen, die von diesen unter entgeltlicher Nutzung von Einrichtungen des UHZ des UKE dort zunächst ambulant behandelt wurden und im Rahmen einer erforderlich werdenden stationären Weiterbehandlung ihrer Patientinnen und Patienten als Honorarärzte für das UHZ tätig wurden/werden. 2. In welchen Abteilungen sind Honorarärzte/-innen in den Hamburger Krankenhäusern jeweils zum Einsatz gekommen? Krankenhaus Rückmeldung Asklepios Kliniken Hamburg 2015 AK Altona: ZNA, Chirurgie, Urologie, Gynäkologie und Geburtshilfe AK Barmbek: Neurologie und Urologie AK Harburg: Fehlanzeige AK Nord: Frauenklinik, Kinderklinik und Intensivstation AK St. Georg: ZNA, Anästhesie und Dermatologie AK Wandsbek: Geriatrie, ZNA, Wirbelsäulenchirurgie und Unfallchirurgie Asklepios Westklinikum: Anästhesie, Psychiatrie und ZNA Ev. Krankenhaus Alsterdorf Innere Medizin HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg Innere Medizin, Gynäkologie/Geburtshilfe, Kinderheilkunde Kath. Marienkrankenhaus HNO-Heilkunde, Urologie, Anästhesie, Gynäkologie Klinik Dr. Guth Anästhesie, Orthopädie UKE Kopf- und Neurozentrum, Zentrum für Operative Medizin, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Zentrum für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum am UKE Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand Anästhesie Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17970 3 3. Mit wie vielen Honorarärzten/-innen hatten Hamburger Krankenhäuser in den letzten vier Jahren Verträge? Bitte aufschlüsseln nach Krankenhäusern . Krankenhaus Rückmeldung Asklepios Kliniken Hamburg 2015 AK Altona: die Klinik hat mit 43 Honorarärzten zusammengearbeitet AK Barmbek: die Klinik hat mit 2 Honorarärzten zusammengearbeitet AK Harburg: Fehlanzeige AK Nord: die Klinik hat mit 23 Honorarärzten zusammengearbeitet AK St. Georg: die Klinik hat mit 5 Honorarärzten zusammengearbeitet AK Wandsbek: die Klinik hat mit 9 Honorarärzten zusammengearbeitet Asklepios Westklinikum: die Klinik hat mit 15 Honorarärzten zusammengearbeitet Ev. Krankenhaus Alsterdorf Durchschnittlich sechs Ärzte. HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg Insgesamt 28 Ärzte, eine Schlüsselung nach Jahren ist nicht möglich. Kath. Marienkrankenhaus Ca. 37 Klinik Dr. Guth 21 UKE Das UKE (einschließlich des UHZ) hatte in den Jahren 2015 bis 2019 (31.07.) Verträge mit 28 Kooperationsärzten (teils in Gemeinschaftspraxen/ Praxisgemeinschaften) geschlossen, aktuell bestehen Verträge mit 18 Kooperationsärzten. Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand 27 4. Wie viele Verfahren zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status sind für die beschäftigten Honorarärzte/-innen in Hamburger Krankenhäusern seit dem 04.06.2019 eingeleitet worden, auf welchen rückwirkenden Zeitraum beziehen sie sich und von wem wurde das Verfahren jeweils veranlasst? Bitte aufschlüsseln nach Krankenhaus, Anzahl der Verfahren und rückwirkendem Zeitraum. 5. Wie viele Verfahren zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status sind für Honorarärzte/-innen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in Hamburger Krankenhäusern seit dem 04.06.2019 eingeleitet worden und von wem wurde das Verfahren jeweils veranlasst? Der zuständigen Behörde liegen dazu keine Daten vor. 6. Gab es in Hamburger Krankenhäusern seit dem 04.06.2019 Betriebsprüfungen , die ein Statusfeststellungsverfahren nach sich gezogen haben? Falls ja, welche Krankenhäuser sind betroffen und wie viele Verfahren wurden eingeleitet? 7. Was waren die Ergebnisse der Statusfeststellungsverfahren? Wie viele Honorarärzte/-innen wurden als selbstständig eingestuft, wie viele als scheinselbstständig und bei wie vielen läuft das Verfahren noch? Bitte aufschlüsseln nach Krankenhäusern. Soweit der Anfragensteller mit dem Begriff „Betriebsprüfung“ die steuerliche Außenprüfung i.S.d. §§ 193 fortfolgende AO meint, obliegt die Antwort dem Steuergeheimnis gemäß § 30 AO. Für die Durchführung von Statusfeststellungsverfahren ist zudem die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund zuständig, sodass Informationen in der Finanzverwaltung hierüber nicht vorliegen. Eine Antwort ist daher nicht möglich. Drucksache 21/17970 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. In wie vielen Fällen, in welcher Gesamthöhe und an welche Sozialversicherungsträger mussten bisher Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden? Bitte nach Krankenhäusern aufschlüsseln. Der zuständigen Behörde liegen dazu keine Daten vor. 9. Wie gehen das UKE und die Kliniken mit Beteiligung der Stadt Hamburg mit der neuen Situation um beziehungsweise was ist geplant? Bitte getrennt antworten für UKE und Kliniken mit Beteiligung der Stadt Hamburg . a. Werden oder sollen Anstellungsverträge mit den (ehemaligen) Honorarärzten/-innen geschlossen (werden)? b. Sollen Ärzte/-innen von Zeitarbeitsfirmen eingesetzt werden? c. Wird die Scheinselbstständigkeit auf andere Weise vermieden? Wenn ja, wie? d. Welche möglichen Summen sind für etwaige Nachzahlungen in die Sozialversicherung für die nächsten Jahre eingeplant? e. Sollen Personalengpässe auf andere Weise vermieden werden, sodass der Bedarf an Honorarärzten/-innen nicht mehr gegeben ist? Wenn ja, was ist geplant? Krankenhaus Rückmeldung Asklepios Kliniken Hamburg Siehe Antwort zu 1. Zu 9 b): In Einzelfällen erfolgt dies bereits. d): Keine. UKE Im UKE werden nach den bestehenden internen Vorgaben Verträge über die Vergabe ärztlicher Dienstleistungen erst nach rechtlicher Überprüfung, die auch arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte beinhaltet, zum Abschluss freigegeben. Daher wird derzeit davon ausgegangen, dass die bestehenden ärztlichen Kooperationsvertrage/Honorararztverträge des UKE rechtskonform sind und keine „Scheinselbständigkeit“ vorliegt. Eine Überprüfung wird nach Vorliegen der Urteilsgründe zu den in Rede stehenden Entscheidungen des 12. Senats des BSG vom 04.06.2019 erfolgen. In Abhängigkeit vom Ergebnis der Überprüfung wird im Einzelfall über gegebenenfalls erforderliche und geeignete Alternativen zu entscheiden sein. 10. Wie war die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften und Arbeitsschutzvorschriften für die Honorarärzte/-innen bisher sichergestellt? Im Rahmen der üblichen Aufsicht durch das Amt für Arbeitsschutz der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz werden die Hamburger Krankenhäuser bezüglich der Arbeitszeit- und Arbeitsschutzvorschriften überwacht. Die Honorarärzte und -ärztinnen werden dabei nicht gesondert erfasst und betrachtet. 11. Gab es in den vergangenen zehn Jahren in den Hamburger Krankenhäusern (landeseigen oder mit Hamburger Beteiligung) auch Honorarverträge mit Fachkräften aus weiteren medizinischen oder pflegerischen Berufsgruppen (zum Beispiel, aber nicht nur: Pflegekräfte, Hebammen, Physiotherapeuten/-innen)? Wenn ja, bitte in Euro und falls möglich in Einsatzstunden angeben, aufgeschlüsselt nach Berufsgruppe, Jahren und getrennt nach landeseigenen Kliniken und Krankenhäusern mit Beteiligungen der Stadt und weiteren Krankenhäusern. Krankenhaus Rückmeldung Ev. Krankenhaus Alsterdorf Ja, mit: 1. Tanztherapeuten ca.60 000 EUR 2. Musiktherapeuten ca.50 000 EUR Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17970 5 Krankenhaus Rückmeldung 3. Supervisorinnen und Supervisoren ca.100 000 EUR UKE Im nachgefragten Zeitraum wurden im UKE Werk- und Dienstverträge („Honorarverträge“) in vierstelliger Zahl geschlossen. Der jeweilige Gegenstand dieser Verträge ist nach den in der Anfrage genannten Kriterien datenmäßig nicht automatisiert auswertbar, sodass eine Auswertung nur durch individuelle Prüfung jedes Vertrages möglich wäre. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Dem für die nicht ärztlichen medizinischen oder pflegerischen Berufe zuständigen Bereich der Zentralen Dienste des UKE sind derartige Honorarverträge nicht erinnerlich. Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand Ja, Dozenten in der Pflegeschule.