BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17973 21. Wahlperiode 13.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 07.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Geplante Jugendanstalt Billwerder Der Senat hat Ende Juli im Rahmen der Landespressekonferenz seine Pläne für die in Billwerder geplante Jugendanstalt Hamburg vorgestellt. Es fällt dabei insbesondere die sehr verdichtete Bauweise auf. Dass ein Schwerpunkt des dort geplanten Jugendvollzugs auf vermeintlicher Gewaltfreiheit liegt, ist dabei ein nicht den besonderen Anforderungen an den Jugendvollzug gerecht werdender Ansatz. Eine Übersicht über alle Bereiche zu erreichen und unkontrollierte Kontakte zwischen den Gefangenen vollkommen zu verhindern, ist ohnehin unerreichbar und sollte nicht der Schwerpunkt des Jugendvollzugs sein. Vielmehr sollten erzieherische Maßnahmen, Resozialisierung , psychologische Betreuung, Trauma-Aufarbeitung und perspektivstiftende Beschäftigung sowie offener Vollzug unabhängig von der Herkunft der Betroffenen im Zentrum dieses speziellen Vollzugs stehen. Die 2015 eröffnete Untersuchungshaftanstalt Gablingen bei Augsburg mit 600 Plätzen ist bis auf die Höhe der Gebäude von der gesamten Architektur und Struktur sowie der Raumaufteilung nahezu identisch mit den Plänen der geplanten Jugendanstalt Billwerder. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Mit der Drs. 21/17910 hat der Senat ein Realisierungskonzept für den Neubau „Jugendanstalt Hamburg“ vorgelegt. Hierbei handelt es sich nicht um ein detailliertes inhaltliches Konzept für den Hamburger Jugendvollzug der Jahre 2026/2027, in denen die neue Jugendanstalt voraussichtlich in Betrieb genommen werden kann. Das Realisierungskonzept berücksichtigt vielmehr Aspekte der konzeptionellen Ausrichtung des Hamburger Jugendvollzugs insoweit, als sie für den Baukörper der neuen Jugendanstalt bestimmend sind und eine Festlegung zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich und sinnvoll ist. Im Übrigen handelt es sich bei der vollzuglichen Konzeptionierung um einen fortlaufenden Prozess, der die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben sicherstellen muss und sich hierzu an der Entwicklung der Bedarfslage der Gefangenen sowie der Erkenntnisse aus Praxis und Wissenschaft zu orientieren hat. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Die 2015 eröffnete Untersuchungshaftanstalt Gablingen bei Augsburg ist bis auf die Höhe der Gebäude von der Raumaufteilung nahezu identisch mit den Plänen zur geplanten Jugendanstalt Hamburg Billwerder. Wurde die Jugendanstalt Billwerder mit einer eigenen Zielsetzung speziell für Jugendliche konzipiert und ausgeschrieben? a. Wie wurde das Projekt genau ausgeschrieben? Drucksache 21/17973 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Siehe Drs. 21/17730, 21/17910 sowie Protokolle des Ausschusses für Justiz und Datenschutz der Sitzungen vom 26. Juni 2018, vom 31. August 2018 sowie vom 13. November 2018, Nummern 21/26, 21/27 und 21/29. Das von der Sprinkenhof GmbH als künftige Realisierungsträgerin durchgeführte Vergabeverfahren nach der Vergabeverordnung (VgV-Verfahren) war auf den Neubau einer Jugendanstalt gerichtet. b. Ist der Senat der Ansicht, dass Jugendliche in Haft genauso untergebracht werden sollten, wie erwachsene Untersuchungsgefangene ? Nein. Dies verbietet sich bereits aufgrund der gesetzlichen Vorgaben. So sind der Vollzug der Jugendstrafe sowie der Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Gefangenen im Gegensatz zum Erwachsenenvollzug erzieherisch zu gestalten, vergleiche § 3 Hamburgisches Jugendstrafvollzugsgesetz (HmbJStVollzG) beziehungsweise § 73 Hamburgisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz (HmbUVollzG). Hieraus ergeben sich spezielle Anforderungen an die Unterbringung junger Gefangener, die ihre Konkretisierung insbesondere in den §§ 19 fortfolgende HmbJStVollzG beziehungsweise § 76 HmbUVollzG finden. Abgesehen davon, dass der Senat entsprechende gesetzliche Vorgaben bei der baulichen Ausgestaltung der Jugendanstalt Hamburg zu beachten hat, ist es ihm ein besonderes Anliegen, die Qualität des Hamburger Jugendvollzugs zu verbessern, siehe Drs. 21/17910. Gradmesser hierfür ist wiederum das Maß, in dem gesetzlich vorgegebene Ziele umgesetzt beziehungsweise gesetzliche Aufträge erfüllt werden. Der Senat ist der Überzeugung, dass mit der Errichtung der Jugendanstalt hierfür optimale bauliche Strukturen geschaffen werden. c. Was unterscheidet die geplante Jugendvollzugsanstalt Billwerder außer der Gebäudehöhe von der U-Haftanstalt Gablingen? d. Ist dem Senat die Übereinstimmung der beiden Anstalten bekannt? Wenn ja, seit wann? i. Wurde bei Präsentationen in der Bürgerschaft und im Beirat über die Übereinstimmungen informiert? ii. Wurden die Erfahrungen in der Untersuchungshaftanstalt Gablingen seit 2015 seitens des Senats in irgendeiner Form evaluiert und in die Planung einbezogen? Gemeinsamkeiten der Baukörper der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen und der geplanten Jugendanstalt Hamburg, die über das bloße Vorhandensein einer Magistrale und die Anordnung der Hafthäuser hinausgehen, sind dem Senat nicht bekannt. Die zuständige Behörde hat sich bei der Planung der Jugendanstalt Hamburg auch nicht an den Plänen für die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen orientiert. Da die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen in erster Linie für den Vollzug der Untersuchungshaft an erwachsenen Gefangenen konzipiert wurde, eignet sie sich kaum als Modell für eine Jugendanstalt. Für den Jugendvollzug gelten andere gesetzliche und vollzugsfachliche Anforderungen, vergleiche auch Antwort zu 1. b. Allein die Tatsache, dass die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen über eine Magistrale verfügt, von der V-förmige Hafthäuser abgehen, legt nicht den Schluss nahe, dass die aktuellen Pläne für die Jugendanstalt Hamburg einen nahezu identischen Baukörper vorsehen. Mangels fachlicher Veranlassung hat sich die zuständige Behörde zwar nicht abschließend mit der Frage befasst, was die beiden Anstalten im Detail voneinander unterscheidet. Eine weitgehende Übereinstimmung dürfte jedoch aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen sein. Bereits der Umstand, dass in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen über 600 Haftplätze, jedoch ebenfalls nur vier Hafthäuser zur Verfügung stehen, spricht dafür, dass diese deutlich größer sind als die für die Jugendanstalt Hamburg geplanten. So sind in den viergeschossigen Hafthäusern der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen jeweils vier Abteilungen mit Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17973 3 jeweils bis zu 42 Haftplätzen untergebracht. Die aktuellen Pläne für die Jugendanstalt Hamburg sehen hingegen vier zwei- beziehungsweise eingeschossige Hafthäuser mit jeweils zwei Abteilungen bzw. einer Abteilung vor, die nicht einmal halb so groß wie die Abteilungen der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen sind. Ein besonderes qualitatives Merkmal des Hamburger Jugendvollzugs ist gerade der in § 20 HmbJSt- VollzG beziehungsweise § 76 HmbUVollzG normierte Wohngruppenvollzug. Danach sollen junge Gefangene in Wohngruppen mit jeweils nicht mehr als 15 Haftplätzen untergebracht werden. Die aktuellen Pläne für die Jugendanstalt Hamburg bleiben sogar unter dieser gesetzlichen Obergrenze. Vorgesehen sind im Regelvollzug Wohngruppen mit maximal zwölf Haftplätzen, das heißt 24 Haftplätzen pro Abteilung. In der sozialtherapeutischen Abteilung wird es Wohngruppen mit nur maximal sechs Haftplätzen geben. Darüber hinaus können in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen bis zu 87 Gefangene in Gemeinschaftshafträumen untergebracht werden (vergleiche https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/jva_augsburg-gablingen_2017.pdf). Entsprechendes ist für die Jugendanstalt Hamburg nicht geplant. Weitere eklatante Unterschiede zwischen der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen und der geplanten Jugendanstalt Hamburg dürften sich daraus ergeben, dass im Rahmen der Untersuchungshaft in der Regel weniger Arbeits-, Qualifizierungs-, Bildungs- und sonstige Behandlungsangebote vorgehalten werden, denn es gibt keinen vergleichbaren gesetzlichen Resozialisierungsauftrag, da Untersuchungsgefangene als unschuldig gelten. Grundsätzlich wird das Angebot während der Untersuchungshaft wesentlich durch die Nachfrage bestimmt, denn die Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen erfolgt auf freiwilliger Basis. Im Umkehrschluss billigt das bayerische Landesrecht den Untersuchungshaftgefangenen auch kein Recht auf Teilnahme an schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu, sondern stellt es gemäß Artikel 12 Bayerisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz in das Ermessen der Verwaltung, geeigneten Untersuchungsgefangenen Gelegenheit zum Erwerb oder zur Verbesserung schulischer und beruflicher Kenntnisse zu geben, soweit es die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen. Im Hamburger Jugendvollzug hat hingegen die Vermittlung einer echten beruflichen Perspektive eine besonders hohe Priorität. Gemäß § 34 HmbJStVollzG haben junge Gefangene ein Recht auf schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung. Die aktuellen Planungen für die Jugendanstalt Hamburg berücksichtigen dies, indem ein großes, modernes Berufsentwicklungszentrum vorgesehen wird. Mangels gesetzlichen Resozialisierungsauftrags verfügen Untersuchungshaftanstalten in der Regel auch nicht über ein vergleichbar umfangreiches Angebot an Beratungsleistungen und Behandlungsmaßnahmen, insbesondere auch nicht über sozialtherapeutische Abteilungen. Die aktuellen Pläne für die Jugendanstalt Hamburg sehen ein großes Beratungs- und Behandlungszentrum mit multifunktional nutzbaren Gruppenräumen sowie mit Büroräumen insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachstelle Übergangsmanagement des Bezirksamts Eimsbüttel und der freien Träger vor. Darüber hinaus wird es einen separaten Gebäudeteil für die sozialtherapeutische Abteilung einschließlich eigener Behandlungs- und Gruppenräumen sowie eigener Freistundenhöfe geben. Die Erfahrungen der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen sind vom Senat weder evaluiert noch in die Planung der Jugendanstalt Hamburg einbezogen worden. Sie dürften sich kaum dafür eigenen, Rückschlüsse für den Jugendvollzug und dessen Anforderungen an bauliche Rahmenbedingungen zu ziehen. Die modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum gewaltpräventiven Bauen gelten zwar für den Jugendvollzug und den Erwachsenenvollzug gleichermaßen, vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/17730. Jedoch unterscheiden sich junge Gefangene im Hinblick auf ihre Gewaltbereitschaft grundsätzlich von erwachsenen Gefangenen, sodass ein Vergleich nicht sachgerecht wäre: Mit dem Alter nimmt die Gewaltbereitschaft in der Regel ab und auch ihre Ausdrucksformen können sich verändern (vergleiche Studie „Gewalt im Gefängnis“, 2017, Verfasser: Sven Hartenstein, Dr. Maja Meischner-Al- Mousawi und Sylvette Hinz vom Kriminologischen Dienst Sachsen, veröffentlicht: https://www.justiz.sachsen.de/kd/content/712.htm). Zudem unterscheiden sich die bekannten gewaltpräventiven baulichen Elemente der beiden Anstalten – die Magistrale und die hiervon abgehenden V-förmigen Hafthäuser Drucksache 21/17973 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 – in ihren jeweiligen konkreten Ausprägungen derartig stark voneinander, dass Erfahrungswerte aus der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen im Hinblick auf die geplante Jugendanstalt Hamburg auch aus diesem Grund wenig aussagekräftig sein dürften. Die Magistrale der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen verfügt lediglich über eine Zugangsebene, über die nur die Erdgeschosse der viergeschossigen Hafthäuser erschlossen werden können. Die übrigen Geschosse sind über Treppenhäuser in den einzelnen Hafthäusern zu erreichen. Auf Letzteres wurde bei der Jugendanstalt Hamburg bewusst verzichtet, da es sich bei Treppenhäusern grundsätzlich um Orte handelt, die in der Regel weniger gut einsehbar sind und Raum für gewalttätige Übergriffe bieten können (vergleiche Studie „Gewalt im Gefängnis“, 2017, Verfasser: Sven Hartenstein, Dr. Maja Meischner-Al-Mousawi und Sylvette Hinz vom Kriminologischen Dienst Sachsen, veröffentlicht: https://www.justiz.sachsen.de/kd/content/712.htm). Dementsprechend ist die geplante Magistrale zweigeschossig, sodass alle Ebenen der Hafthäuser direkt über sie zu erschließen sind. Damit wird der besonderen Schutzbedürftigkeit junger Gefangener Rechnung getragen. Schließlich sind die baulichen Rahmenbedingungen in den Hafthäusern der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen auch im Übrigen andere. So dürften beispielsweise die Flure in den einzelnen Flügeln deutlich länger sein als die für die Jugendanstalt Hamburg geplanten. In der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen werden jeweils bis zu 21 Gefangene auf einem Flur untergebracht, wohingegen die aktuellen Pläne für die Jugendanstalt Hamburg vorsehen, dass auf einem Flur lediglich Hafträume für bis zu zwölf junge Gefangene Platz finden. Im Übrigen siehe Drs. 21/17730 und 21/17910. iii. Sind die Architekten beziehungsweise Büros der beiden Anstalten identisch? Wenn nein, wie ist die Rechtslage? Siehe Drs. 21/17730 sowie Antwort zu 1. und 1. a. 2. Welche „Musteranstalten“ in der Bundesrepublik Deutschland oder international wurden seitens des Senats bei der Planung für den nun geplanten „modernen Jugendstrafvollzug“ geprüft und in die Planungsüberlegungen in einbezogen? 3. Gibt es in der Bundesrepublik Jugendanstalten mit vergleichbar verdichteter Anordnung der Gebäude? 4. Welche Distanzen zwischen Gebäuden und/oder Mauern sowie welche Blickfelder hält der Senat als Mindeststandards für erforderlich, um jugendgerechte Kommunikationsformen, Bewegung sowie Nähe zur Natur und zur Umwelt zu ermöglichen? Die zuständige Behörde hat die Jugendanstalt Schleswig, die Justizvollzugsanstalt Neumünster, die Jugendarrestanstalt Moltsfelde, die Justizvollzugsanstalt Wriezen, die Jugendstrafanstalt Arnstadt, die Justizvollzugsanstalt Offenburg und die Justizvollzugsanstalt Lenzburg besichtigt und steht darüber hinaus mit weiteren Anstalten in Kontakt. Im Übrigen siehe Drs. 21/17730. 5. Entsprechen die für die Jugendanstalt Hamburg vorgeschlagenen Dimensionen des Lageplans denen der von den Planern als „positives Modell“ angesehenen Jugendstrafanstalt Arnstadt in Thüringen? a. Gibt es in Arnstadt eine ähnlich dimensionierte Magistrale? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/17730 sowie Antwort zu 2. bis 4. 6. Gibt es in der Bundesrepublik oder europaweit eine moderne Jugendanstalt mit einer 250 m langen Magistrale? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17973 5 7. Wie viele Psychologen/-innen und Sozialtherapeuten/-innen sollen in der Jungendanstalt arbeiten? (Bitte einzeln auflisten.) a. Wie viele Plätze, Lehrer/-innen und Räume sind in der Jugendanstalt für den Deutsch (als Fremdsprache) Unterricht vorgesehen? (Bitte einzeln auflisten.) Personalbedarfe hängen von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, wie beispielsweise der Gefangenenzahl und den aktuellen Behandlungsbedarfen der Gefangenen. Für den Zeitpunkt der voraussichtlichen Inbetriebnahme der Jugendanstalt Hamburg in 2026/2027 kann der Personalbedarf aktuell noch nicht abschließend ermittelt werden. Im Schulbereich sollen sechs Unterrichtsräume zur Verfügung stehen. Diese werden nicht einzelnen Unterrichtsfächern zugeordnet, sodass die Unterrichtspläne auch künftig flexibel und bedarfsgerecht gestaltet werden können. Die einzelnen Unterrichtsräume sollen pro Tag von mehreren Gefangengruppen nacheinander genutzt werden. Vorgesehen ist unter anderem ein duales System, in dem sich Gefangenengruppen dem theoretischen Teil ihr Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen widmen beziehungsweise sonstige Bildungsangebote wie die Vermittlung von Deutschkenntnissen in Wort und Schrift in Anspruch nehmen, während andere Gefangenengruppen praktisch geschult werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/17910. 8. Können die Fenster in den Haft- und Aufenthaltsräumen geöffnet werden ? 9. Sind für sämtliche Haft- und Aufenthaltsräume Fenster geplant? Ja. 10. Welche Technik soll bei der Belüftung und Klimatisierung der Jugendanstalt eingesetzt werden? (Bitte genaue Daten des geplanten Sauerstoffgehalts für Bereiche mit und ohne Fenster und genaue technische Daten in Bezug auf Hersteller und Modell angeben.) Detaillierte Angaben zu der geplanten Technik für die Belüftung und Klimatisierung, auch in Bezug auf Hersteller und Modell, können zum jetzigen Planungsstand nicht gemacht werden. Dies wird unter anderem Gegenstand der Ausführungsplanung (Leistungsphase 5 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) sein. 11. Ist der Senat der Ansicht, dass im Jugendvollzug ein „gewaltfreier Vollzug “ hauptsächlich durch bauliche Rahmenbedingungen umgesetzt werden kann? Wenn ja, wie weitgehend? 12. Plant der Senat in der Jugendanstalt oder einer folgenden Erweiterung einen Bauernhof beziehungsweise Garten- und Landschaftsbau, Gewächshäuser, Baumschulen und/oder Tierhaltung? 13. Wie will der Senat in der Jugendanstalt familienfreundliche Besuchsmöglichkeiten schaffen? 14. Für die JVA Billwerder fallen laut Präsentation Justizvollzug 2020 des Senats 11,64 Euro Mietkosten pro qm im Mieter-Vermieter-Modell an, für die geplante Jugendanstalt gut das Dreifache mit 34,98 Euro. Wie kommt dieser gravierende Unterschied genau zustande? Siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/17730 und 21/17910. 15. Hat der Senat die Positionen der Anstaltsleitung, des Personalrats und des Anstaltsbeirats der JVA Hahnöfersand, sowie des Bundes der Vollzugsbediensteten bezüglich des geplanten Umzugs eingeholt und bei der Planung berücksichtig? Wenn ja, wie sahen diese Positionen aus? Drucksache 21/17973 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Siehe Drs. 21/17730 und 21/17910 sowie Protokolle des Ausschusses für Justiz und Datenschutz der Sitzungen vom 26. Juni 2018, vom 31. August 2018 sowie vom 13. November 2018, Nummern 21/26, 21/27 und 21/29. Bei der im Rahmen der Planung der Jugendanstalt Hamburg erfolgten Beteiligung der bezeichneten Stellen, Gremien und Interessenvertretungen handelte es sich um einen fortwährenden dynamischen Prozess. Ideen und Anregungen zu verschiedenen Aspekten sowie Positionen wurden ausgetauscht, diskutiert und fortentwickelt. Die zuständige Behörde hat sie in ihrem Abwägungsprozess berücksichtigt. 16. Welches Ergebnis hatte die Prüfung einer Modernisierung der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand am Standort genau? a. Welche Gebäude könnten weiterhin genutzt werden, welche müssten neu erstellt werden? Wie wären bei einer solchen Alternative zeitliche Abläufe des Umbaus? Wie hoch wären die Kosten dafür? Die Ertüchtigung der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand würde insgesamt umfassende Sanierungs- sowie Modernisierungsmaßnahmen erfordern. Darüber hinaus wären die stark sanierungsbedürftigen, unter vollzugsfachlichen Gesichtspunkten nicht mehr den heutigen Anforderungen eines modernen Jugendvollzugs entsprechenden und teilweise nicht mehr vollzuglich genutzten Häuser I, II, III, VI und VII sowie die Sporthalle und die Hausbetriebswerkstatt abzureißen. Die Jugendstrafhaft wäre in das Gebäude der ehemaligen Teilanstalt für Frauen nach umfassender Sanierung und Modernisierung zu verlegen. In Haus V wäre der offene Jugendvollzug zu verlagern. Zwei größere Gebäude und eine Sporthalle wären neu zu errichten. Schließlich wäre der Sicherheitsbereich der neuen baulichen Struktur der Anstalt anzupassen. Da die Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie die Errichtung der Neubauten auf Hahnöfersand während des laufenden Vollzugsbetriebs erfolgen müssten, wurde auf Grundlage der Datenbasis von Ende 2017 mit einer Bauphase von acht Jahren gerechnet. Eine Bezifferung der Kosten für eine Ertüchtigung der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand insbesondere unter Berücksichtigung der mittlerweile erforderlich gewordenen Aufstockung der Haftplatzkapazitäten um 48 Haftplätze im geschlossenen Jugendvollzug und des dadurch ausgelösten Aufwachsens der vollzuglichen Infrastruktur sowie weiterer preisbestimmender Faktoren wie zum Beispiel Preissteigerungen ist heute nicht möglich. Im Rahmen der Alternativenprüfung waren die Baukosten für die Maßnahme nach Maßgabe des Kostenstabilen Bauens (Drs. 20/6208) auf der Datenbasis von Ende 2017 ermittelt worden. In Umsetzung des einstimmig beschlossenen Bürgerschaftlichen Ersuchens „Justizvollzugsfrieden“ (Drs. 21/12547) wurden die Planung und somit auch die Kostenermittlung für die Ertüchtigung der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand nach Beendigung der Alternativenprüfung nicht fortgeführt, sodass heute keine Fortschreibung der damaligen Kostenermittlung vorliegt. Im Übrigen siehe Drs. 21/17910. 17. Kommen etwaige Kostenvorteile eines Umzugs nach Billwerder hauptsächlich oder zum Teil aufgrund von Synergieeffekten mit der benachbarten JVA Billwerder beim Personal und bezüglich der Infrastruktur zustande? a. Wenn ja, wie wird das Trennungsgebot zwischen Jugendvollzug und Erwachsenenvollzug umgesetzt? (Bitte nach den einzeln geplanten Synergieeffekten aufschlüsseln.) Siehe Drs. 21/17910. b. Mit welchen zusätzlichen Belastungen des Personals der JVA Billwerder ist zu rechnen? Mit zusätzlichen Belastungen ist nicht zu rechnen. Soweit das Personal der Justizvollzugsanstalt Billwerder Leistungen für die Jugendanstalt Hamburg erbringen wird und hierdurch ein personeller Mehrbedarf entsteht, wird entsprechend aufgestockt werden. Bei der insbesondere anlässlich der Ende 2017 abgeschlossenen Alternativenprüfung durchgeführten Personalbedarfsprognose wurde die erforderliche Stellenverstärkung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17973 7 der leistungserbringenden Justizvollzugsanstalt Billwerder in die Berechnung der Lebenszykluskosten für die Jugendanstalt Hamburg einbezogen.