BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17975 21. Wahlperiode 13.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 07.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Erhalten alle Frauen ohne Einschränkungen Schutz in Hamburger Frauenhäusern ? (II) Aus Drs. 21/17828 ergeben sich Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Gesetz zu Übereinkommen des Europarats vom 11. Mai 2011 (Istanbul- Konvention) normiert in Artikel 23 keine Zielwerte, sondern spricht von Schutzplätzen in ausreichender Zahl. Die erwähnte Quote von 7 500 Einwohnern pro Platz entspricht Empfehlungen der Taskforce des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die aber nicht im Gesetzestext aufgenommen wurden. Die Anzahl der Schutzplätze ist vielmehr am tatsächlichen Bedarf zu bemessen. Mit der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 und dem Wohnvermittlungsprojekt Vivienda hat der Senat bereits zu einer Entlastung der Frauenhäuser beigetragen. Durch das nun gefundene sechste Frauenhaus mit 32 Plätzen hat der Senat weitere Schritte unternommen, um den Bedarf an Schutzplätzen in Hamburg zu decken. Der Senat wird sein Handeln auch weiterhin am tatsächlichen Bedarf ausrichten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 wie folgt: 1. Leider beantwortet der Senat in Drs. 21/17828 die Frage nach der Quote (Platz in einem Frauenheim je wie viel Einwohner) nicht konkret. Drs. 21/14176 erwähnt jedoch 209 Plätze. Das ergibt bei 1,84 Millionen Einwohnern 8 803 Einwohner je Platz und liegt somit hinter dem Zielwert der Istanbul-Konvention mit 7 500 Einwohnern je Bett. Selbst bei Schaffung der zugesagten 32 zusätzlichen Plätze dürfte jedoch der Zielwert nicht erreicht werden. Hamburg ist eine wachsende Stadt, daher sind 32 zusätzliche Plätze mittelfristig bereits zu wenig, um die Einhaltung der Istanbul-Konvention zu halten. Welche weiteren Maßnahmen plant der Senat zu ergreifen? Die zuständige Behörde prüft, ob die Plätze bei der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 im Zusammenhang mit einem Standortwechsel ausgebaut werden können. Die Überlegungen und Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. In Drs. 21/17828 wird gefragt, ob Hamburg bei der Belegung der Frauenhäuser mit allen Bundesländern kooperiert? Leider wird diese Frage nicht konkret beantwortet. Gleichzeitig offenbart ein Blick in andere Drucksachen zu dem Thema, dass eine Belegung in oder aus vor allem ostdeutsche(n) Bundesländer(n) kaum erfolgt. Daher erneut die Frage: Kooperiert Hamburg hier mit allen Bundesländern? Drucksache 21/17975 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn nein, mit welchen nicht und warum? Ja, siehe Drs. 21/17237. 3. Auf die Frage, wie die Kinderbetreuung in den Frauenhäusern aktuell geregelt ist, verweist der Senat auf unterschiedliche Konzepte, ohne näher auf diese einzugehen. Gibt es jeweils feste Betreuungszeiten beziehungsweise Stellenanteile von Mitarbeitern für die Kinderbetreuung ? Wenn ja, wie sehen diese je Einrichtung aus? Wenn nein, warum nicht? Für die Zentrale Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 ist im Zuwendungsbescheid eine 0,75-Stelle E 9 für die Kinderbetreuung festgeschrieben. Eine Betreuung der aufgenommenen Kinder erfolgt dort in der Regel montags, dienstags, donnerstags von 10.00 – 18.00 Uhr und mittwochs von 12.00 – 20.00 Uhr. In den Zuwendungsbescheiden der Frauenhäuser wird jeweils festgelegt, dass mittelbar betroffenen Kindern mindestens eine feste und entsprechend qualifizierte Ansprechperson zur Verfügung stehen muss. Stellenanteile sind aber nicht hinterlegt, um den Frauenhäusern eine an der Struktur der Bewohnerinnen und deren Kindern orientierte größtmöglich flexible Unterstützung zu ermöglichen. Aus gleichem Grund erfolgen die pädagogischen Angebote in den Frauenhäusern flexibel und bedarfsorientiert . Feste Betreuungszeiten gibt es insofern nicht. 4. Wie oft wurden im Jahr 2018 jeweils welche therapeutischen Unterstützungsangeboten des Regelsystems für die Frauen und Kinder jeweils in Anspruch genommen? Bitte nach Frauenhäusern aufschlüsseln. Die für die Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst. 5. Auf die Frage, ob alle Frauen, die in Frauenhäusern Schutz suchen diesen erhalten, heißt es in Drs. 21/17828, dass 24/7 „zunächst“ eine Aufnahme realisiere. a) Wann besteht jedoch kein Anspruch auf die Weitervermittlung in ein Frauenhaus und wohin wird dann vermittelt? b) Wurden im Jahr 2018 Frauen nach kurzer Zeit bereits wieder entlassen , weil sie nicht anspruchsberechtigt waren? Wenn ja, wie viele waren es, warum bestand kein Anspruch und was geschah dann jeweils mit ihnen? Keine schutzsuchende Frau wird in Hamburg abgewiesen, siehe Drs. 21/17828, 21/17237, 21/13481 und 21/1231. In einem in der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 durchgeführten persönlichen Clearing wird nach der dortigen Aufnahme geklärt, ob die betroffene Frau in ein Frauenhaus geht oder ob für sie persönlich andere Lösungen geeigneter sind, siehe Drs. 21/13850. Besondere Lebenslagen können einem Einzug in ein Frauenhaus entgegenstehen. Zu den Kriterien siehe Drs. 21/13850 und 21/1231. Zu den in 2018 erfolgten Weitervermittlungen aus der 24/7 siehe Drs. 21/17237. 6. In Drs. 21/17828 ist auch die Rede davon, dass die Polizei „bei jedem ihr zur Kenntnis gelangten Sachverhalt“ prüfe, „welche täter- und opferbezogenen gefahrenabwehrenden Maßnahmen zu treffen sind, um für das Opfer inklusive deren Kinder einen effektiven Schutz zu gewährleisten“. Erfolgt dies automatisch durch 24/7 bei allen von Gewalt betroffenen oder bedrohten Frauen und deren Kinder? Wenn nein, warum nicht und welche Vorgaben gibt es, unter welchen Voraussetzungen die Polizei jeweils von welcher Stelle „in Kenntnis“ zu setzen ist? Die Beratung der schutzsuchenden Frauen in der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 umfasst stets auch die Beratung zu allen Vorsichtsmaß- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17975 3 nahmen und rechtlichen Möglichkeiten, die den betroffenen Frauen offen stehen. Welche dieser Möglichkeiten die betroffene Frau nutzt, entscheidet sie selbstverantwortlich . Eine automatische Meldung von der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7 an die Polizei, unabhängig vom Einverständnis der Betroffenen, ist bereits aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich und entspricht auch nicht dem niedrigschwelligen und an den Bedürfnissen der Opfer orientierten Beratungskonzept der Zentralen Notaufnahme der Hamburger Frauenhäuser 24/7. Ob eine Eskalation im Einzelfall einen Einsatz der Polizei erfordert, entscheiden die erfahrenen Mitarbeiterinnen vor Ort.