BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18006 21. Wahlperiode 20.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 12.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Digitaler Nachlass – Gibt es Handlungsbedarf? Der digitale Nachlass ist ein aktuelles Problem. Je weiter die Digitalisierung fortschreitet, umso mehr Dinge werden online erledigt, gespeichert, verwaltet und genutzt. Verträge, Eigentum, Kontakte, Bilder, Bibliotheken, Musiksammlungen , Videos, Webseiten, Blogs, Social-Media-Accounts, Konten, Lizenzen , Gehaltsabrechnungen, Urkunden und vieles mehr wird zunehmend nur noch digital und zudem cloudbasiert gespeichert. Erben haben es meist nicht nur schwer an Passwörter zu kommen, sie wissen oft noch nicht einmal bei welchen Onlinediensten die verstorbene Person überhaupt registriert war. Dies führt zu erheblichen Schwierigkeiten. Zum einen können Erben innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist kaum entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder nicht, da schlicht die notwendigen Informationen fehlen . Zum anderen wird es Erben oft unmöglich gemacht, die Rechte und Pflichten, in die sie mit der Erbschaft eingetreten sind, geltend zu machen. Das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 12. Juli 2018 (Aktenzeichen III ZR 183/17) hat in einigen offenen Punkten Klarheit gebracht, weite Bereiche sind aber noch ungeklärt. So stellt sich die Frage, ob rechtsverbindliche Regelungen erforderlich sind, die den Erben die notwendigen Auskunftsrechte und Zugriffsrechte für Online-Accounts einräumen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat sich unter intensiver Beteiligung der zuständigen Behörde mit dem Thema des digitalen Nachlasses befasst. Sie ist in ihrem unter dem 14. Mai 2017 veröffentlichten Bericht (https://www.justiz.nrw.de/JM/schwerpunkte/digitaler_neustart/ zt_bericht_arbeitsgruppe/bericht_ag_dig_neustart.pdf, Seite 324 fortfolgende) zu dem Ergebnis gekommen, dass derzeit kein zwingender Regelungsbedarf im Bereich des digitalen Nachlasses besteht. Dem Erblasser stünden hinreichende rechtliche Mittel zur Verfügung, um differenzierte Regelungen zur Übertragung oder Löschung von Datenbeständen anzuordnen. Die von der Arbeitsgruppe identifizierte Sinnhaftigkeit einer klarstellenden Regelung in Bezug auf § 88 TKG bedarf es aufgrund des klarstellenden Urteils des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2018 (Aktenzeichen III ZR 183/17) nicht mehr. Der zuständigen Behörde sind vor diesem Hintergrund weder praktische Probleme im Umgang mit digitalem Nachlass noch gesetzgeberische Bestrebungen zu diesem Thema bekannt. Insbesondere sieht sie im Zusammenhang mit der Digitalisierung des gerichtlichen Nachlassverfahrens keinen Regelungsbedarf, da dieses ebenso wie die wesentlichen anderen gerichtlichen Verfahrensarten bereits bundesgesetzlich geregelt ist. Im Übrigen hat sich der Senat mit der Frage des digitalen Nachlasses nicht befasst. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/18006 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Sieht der Senat bezüglich des digitalen Nachlasses Handlungsbedarf? a. Wenn, ja inwiefern und seit wann hat sich der Senat mit dem digitalen Nachlass beschäftigt? b. Wenn nein, warum nicht? 2. Welche Gesetzeslücken sieht der Senat im Bereich des digitalen Nachlasses ? Wie können diese Lücken geschlossen werden? 3. Unterstützt beziehungsweise plant der Senat bereits konkrete Regelungsvorschläge zum digitalen Nachlass? a. Wenn ja, seit wann und gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Ländern, auf der Justizministerkonferenz oder dem Bund? b. Wenn ja, wie sehen diese Vorschläge aus? c. Wenn nein, warum nicht? 4. Hält der Senat Maßnahmen für notwendig, um die Zusammenarbeit zwischen privaten Anbietern und staatlichen Institutionen bei Fragen des digitalen Nachlasses zu verbessern? a. Wenn ja, welche Maßnahmen könnten dies sein beziehungsweise hält der Senat für wichtig? b. Wenn nein, wieso nicht? 5. Hat sich nach Ansicht des Senats die Schutzbedürftigkeit von privater, digitaler Korrespondenz durch die fortschreitende Verflechtung von Alltag und sozialen Netzwerken erhöht? a. Wenn ja, in welcher Form in Hamburg und generell? b. Wenn nein, warum nicht? 6. Unterstützt der Senat die Schaffung von Regelungen, welche den Erben umfassende Auskunfts- und Zugriffsrechte gegenüber Unternehmen, die Onlinedienste anbieten, einräumt? a. Wenn ja, wie sollen diese aussehen? b. Wenn nein, wieso nicht? 7. Sind dem Senat Planungen bekannt, wonach auf Bundesebene ein verbindliches , digitales Nachweisinstrument für den Erbfall geschaffen werden soll, zum Beispiel ein digitaler Erbschein? a. Wenn ja, welche Ausgestaltungsformen sind dafür vorgesehen und welche Ansicht vertritt der Senat zu diesem Thema? b. Wenn nein, wieso nicht? 8. Seit wann gibt es zu dem Thema digitaler Nachlass einen länderübergreifenden Austausch? a. Seit wann gibt es eine Länder-Arbeitsgruppe? b. Welche Ergebnisse, Überprüfungen, Schritte zu gesetzlichen Regelungen wurden darin beschlossen? 9. Sieht der Senat Handlungsbedarf bezüglich der Digitalisierung des gerichtlichen Nachlassverfahrens? a. Wenn ja, welche entsprechenden Regelungen auf Ebene des Bundes und der Länder hält der Senat für angebracht? b. Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung.