BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18024 21. Wahlperiode 20.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 13.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Medienstaatsvertrag – Entwicklung der barrierefreien Angebote Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Hierzu gehört die Berücksichtigung der Inklusion von Menschen mit körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen. Dies geschieht bisher durch den schrittweisen Ausbau der barrierefreien Angebote des öffentlich -rechtlichen Rundfunks. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Norddeutschen Rundfunks (NDR) wie folgt: 1. Ist bekannt, wie viele Menschen die barrierefreien Angebote des öffentlich -rechtlichen Rundfunks beim NDR nutzen? Wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Art der Barrierefreiheit und Sendeanstalt . Wenn nein, wieso nicht? Dem NDR stehen Nutzungszahlen zu den barrierefreien Online-Angeboten des NDR zur Verfügung. So wird zum Beispiel der Talk „Anne Will“ on demand durchschnittlich 60 Mal nach der Erstausstrahlung in Deutscher Gebärdensprache (DGS) abgerufen, „Panorama“ wurde zuletzt elf Mal und die Kindernachrichten von NDR Info in DGS 262 Mal abgerufen. Zur Nutzung der barrierefreien Angebote des NDR-Fernsehen liegen keine Erkenntnisse vor. 2. Inwieweit ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk jetzt schon barrierefrei? a. Hat sich das barrierefreie Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterentwickelt? Der NDR baut seine barrierefreien Angebote seit vielen Jahren konsequent aus. Schwerpunkte sind dabei die Untertitelung und Audiodeskription des Fernsehprogramms . Angebote in Gebärdensprache, Informationen in Leichter Sprache sowie die Barrierefreiheit des NDR-Online-Angebotes und der Apps kommen hinzu. Zur Entwicklung der Untertitelungen beim NDR: Seit 2007 baut der NDR sein Untertitelangebot sukzessiv aus. Aktuell werden 85 Prozent des Programms untertitelt. Außerdem untertitelt der NDR alle seine Erstsendungen für Das Erste. NDR Zulieferungen für ARTE und KiKA werden ebenfalls für gehörlose und schwerhörige Menschen barrierefrei gestaltet. Drucksache 21/18024 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Untertitel NDR Fernsehen (Anteil an der Sendezeit in Prozent): Zur Entwicklung der Audiodeskription beim NDR: Der NDR produziert alle seine fiktionalen Formate, die im Hauptabend des Ersten Programms gesendet werden, in einer Hörfilmfassung. Hinzu kommen weitere Formate wie Tier- und Naturdokumentationen, Shows und Live-Übertragungen im Sport mit Live-Audiodeskription. Besondere Events werden ebenfalls audiodeskribiert sowie vereinzelt Reportagen, Spielfilme, Dokumentationen und Serien. Aktuell werden zehn Prozent des Programms mit einer Beschreibung für blinde und sehbehinderte Menschen ausgestrahlt; im Hauptabendprogramm sind es 21 Prozent. Audiodeskription NDR Fernsehen (Anteil an der Sendezeit in Prozent): Audiodeskription Hauptabend NDR Fernsehen (Anteil an der Sendezeit in Prozent): Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18024 3 Zum Angebot von Gebärdensprache beim NDR: Neben Nachrichtensendungen und Magazinen (zum Beispiel 20 Uhr-Tagesschau oder „Panorama“) sowie Talkshows (zum Beispiel „Anne Will“) bietet der NDR zu vielen unterschiedlichen Anlässen Gebärdensprach-Angebote (zum Beispiel Kommunal- und Bezirkswahlen, Eröffnung Elbphilharmonie, Festakt zum Gedenken an Helmut Schmidt). Hier können die Zuschauer und Zuschauerinnen über HbbTV live zuschalten oder im Internet on demand zuschauen. Zu Beginn der Sendung wird im Fernsehen ein entsprechender Hinweis eingeblendet. Weitere Gebärdensprach-Fassungen stehen in der NDR Mediathek zur Verfügung. Mit den Kindernachrichten von NDR Info in Gebärdensprache bietet der NDR zudem eine bundesweit einmalige Form der Informationsvermittlung für Schüler und Schülerinnen . Zum Angebot gehören darüber hinaus Musikvideos und Märchen in Gebärdenfassung . Und auch die neuen Folgen der „Sesamstraße“ sind mit einer gebärdeten Fassung im Internet abrufbar. Zur Entwicklung des Angebots an Leichter Sprache im NDR: Bereits seit 2015 werden „Norddeutsche Nachrichten in Leichter Sprache“ auf NDR.de und im NDR Text veröffentlicht. Seit Anfang 2018 gibt es zusätzlich von Montag bis Freitag ein aktuelles Thema aus Norddeutschland sowie bis zu drei Kurzmeldungen in Leichter Sprache. Die Themen kommen aus allen Bereichen und orientieren sich an dem Nachrichtengeschehen, das im NDR Fernsehen, Radio oder online abgebildet wird. Zu Wahlen oder besonderen Ereignissen in Norddeutschland stellt der NDR ebenfalls Informationen in Leichter Sprache zur Verfügung. Nachrichten in Leichter Sprache werden in Textform und online auch als Audio angeboten, da die Rezeptionsgeschwindigkeit der Nutzer und Nutzerinnen sehr unterschiedlich ist. Beim zeitsouveränen Lesen können sie ihr eigenes Tempo wählen. Zum Angebot von NDR.de und NDR Apps: Die ARD hat sich bereits 2004 im Maßnahmenkatalog zur Barrierefreiheit der ARD- Online-Angebote darauf verständigt, ihre Angebote barrierearm zu gestalten. Es wird darauf geachtet, dass - die Schrift vergrößert werden kann, - die Kontraste ausreichend groß sind, - jeder Link mit einem Zielverweis gekennzeichnet ist, - Bilder und Grafiken mit einem beschreibenden Alternativtext hinterlegt sind, - Texte in einer Braillezeile wiedergegeben und/oder mit Hilfe einer speziellen Software – Screenreader – vorgelesen werden können. Der Livestream des NDR Fernsehprogramms ist untertitelt. Untertitelte oder audiodeskribierte Sendungen stehen – sofern die Rechte vorliegen – in der NDR Mediathek zum zeitsouveränen Abruf bereit. Seit 2019 können auch einzelne Sendebeiträge untertitelt angesehen werden. Die Apps des NDR sind ebenfalls barrierearm programmiert. b. Wenn ja, wie und welche Maßnahmen sind in den kommenden zwei Jahren geplant? 3. Wie viele Sendungen mit Angeboten der Audiodeskription gibt es derzeit beim NDR? Die Erhebung erfolgt im NDR nicht nach Sendungen, sondern wie bei der Untertitelung auf Basis der Sendeminuten und einer Sendezeit von 24 Stunden am Tag. Derzeit werden im NDR Fernsehen 10,3 Prozent der Sendezeit mit einer Hörfilmfassung angeboten, in der Primetime sind es 21,4 Prozent. Drucksache 21/18024 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Auch vor dem Hintergrund der aktualisierten AVMD1-Richtlinie ist es das Ziel des NDR, die Angebote weiter auszubauen. Für die kommende Beitragsperiode sind derzeit keine weitergehenden Maßnahmen geplant – mit Ausnahme von Einzelprojekten – da das Beitragsfestsetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. 4. Inwieweit wurden in 2018 und in 2019 Gespräche mit Behindertenverbänden geführt, um das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Menschen mit Behinderung attraktiver zu gestalten? a. Wenn ja, wie waren die Ergebnisse der Gespräche? b. Wenn nein, warum nicht? Der NDR orientiert sich beim Ausbau der barrierefreien Angebote seit Jahren an den Interessen und Bedürfnissen der Zielgruppen und diskutiert mit den Verbandsvertretern und -vertreterinnen entsprechende Schwerpunktsetzungen. Seit 2010 trifft sich der NDR regelmäßig mit den Vertretern und Vertreterinnen der Behindertenverbände. Es handelt sich um drei verschiedene Gesprächsrunden, die einmal im Jahr jeweils im Juni und Juli stattfinden und an denen die norddeutschen Blinden-, Gehörlosen- und Schwerhörigenverbände sowie die jeweiligen Bundesverbände teilnehmen. 2018 und 2019 fanden jeweils drei Treffen statt. 2018 hat der NDR zudem die norddeutschen Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen eingeladen, um über den Ausbau der Barrierefreiheit zu informieren. Das nächste Treffen ist für November 2019 vereinbart. 5. Ist ein Ausbau der barrierefreien Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geplant? Wenn ja, wie sieht dieser Ausbau aus? Wenn nein, wieso nicht? 6. Gibt es Zielvereinbarungen zur Erreichung der kompletten Barrierefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 2. b. und 3. 1 Europäische Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste.