BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18034 21. Wahlperiode 20.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 14.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Die Bundesratsinitiative des Hamburger Senats für bezahlbare Pflege: Wann können die Pflegbedürftigen – wenn überhaupt – frühestens mit finanziellen Entlastungen rechnen? Wie eine Anfrage der AfD-Fraktion1 im Mai 2019 ergab, bezogen im Januar des Jahres in Hamburg immerhin 11 273 Pflegebedürftige2 die sogenannte Hilfe zur Pflege. Die Kosten für stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegeleistungen steigen seit Jahren kontinuierlich an. Aufgrund der „gedeckelten“ Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Pflegeversicherung führen die Teuerungen dazu, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen an den Pflegekosten ebenfalls immer weiter ansteigen. Die Zahl pflegebedürftiger Personen, die über keinen bedarfsdeckenden Versorgungsanspruch aus der Pflegeversicherung verfügen, nimmt zurzeit schneller zu als die Fallzahlen der Pflegebedürftigkeit selbst. Übersteigen die Eigenanteile die finanziellen Möglichkeiten der Pflegebedürftigen oder ihrer Angehörigen, kann eine bedarfsorientierte Sozialleistung3 als sogenannte Hilfe zur Pflege in Anspruch genommen werden. Bedenkt man, dass der deutlich größte Anteil der Pflegebedürftigen in Hamburg heute noch dem Pflegegrad 2 zugeordnet ist und erst in den kommenden Jahren sukzessiv in die kostenintensiveren Pflegegrade übergehen wird, besteht kein Zweifel, dass sich die Situation zukünftig sogar verschärfen wird. Das Risiko der Pflegebedürftigkeit ist inzwischen mit einem stetig wachsenden Armutsrisiko verbunden. Bereits im Spätsommer 2018 erkannte der Hamburger Senat die Notwendigkeit die Bürger bei den Pflegekosten zu entlasten und schlug eine „kleine Revolution in der Sozialversicherung vor“.4 Gefordert wurde nicht weniger als eine Umkehrung des bisherigen Finanzierungskonzeptes der Pflegeversicherung ; also die zukünftige Deckelung der Eigenanteile bei gleichzeitiger Übernahme aller Kostensteigerungen durch die gesetzliche Pflegeversicherung. 1 Drs. 21/17166, 17.05.2019: Hilfe zur Pflege – Ist in Hamburg das Armutsrisiko bei Eintritt einer Pflegebedürftigkeit gewachsen? 2 Quelle: DataWarehouse Sozialhilfe, Datenbestand Januar 2019. 3 § 61 SGB XII. 4 „Hamburger Abendblatt“, 27.08.2018. Drucksache 21/18034 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Inzwischen hat Hamburg eine entsprechende Bundesratsinitiative lanciert5, in der der Senat seine Reformvorstellungen konkretisieren konnte. Auf eine Kurzformel gebracht, sollen die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sowohl gesenkt als auch gedeckelt werden, die gesetzliche Pflegeversicherung soll alle übrigen Kosten tragen, die gesetzliche Krankenversicherung einen größeren Anteil der Pflege als bisher übernehmen, in dem auch die Behandlungspflege in stationären Einrichtungen zukünftig krankenkassenfinanziert wird und die mit all dem unweigerlich verbundenen Beitragssteigerungen sollen durch einen Steuerzuschuss des Bundes aufgefangen werden, dessen Höhe jeweils zu dynamisieren wäre. Angestoßen wird somit ein beeindruckend umfangreiches Reformvorhaben, welches tiefgreifende Veränderungen nicht nur in der Pflegeversicherung, sondern auch in der Krankenversicherung und im Bundeshaushalt umfasst und sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag durchgesetzt werden muss. Es gibt eine Reihe von gesundheits- und pflegepolitischen Akteuren, die jeweils eigene Interessen geltend machen werden, sodass von sehr langwierigen Meinungs- und Willensbildungsprozessen auszugehen ist. Zunächst einmal wurde der Präsident des Bundesrates gebeten, die Reformvorlage der Landesregierungen von Hamburg, Berlin, Bremen und Schleswig -Holstein im März auf die Tagesordnung zu setzen und anschließend den ständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.6 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Bis zu welchem Zeitpunkt (+/- zwei Quartale) wird nach Einschätzung des Senats der Meinungs- und Willensbildungsprozess im Bundesrat abgeschlossen und mit einer Entschließung des Bundesrates zum Reformvorhaben einer Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu rechnen sein? 2. Wann würde sich – eine entsprechende Entschließung des Bundesrates zum Reformvorhaben vorausgesetzt – der Bundestag frühestens mit der Angelegenheit befassen und bis zu welchem Zeitpunkt (+/- zwei Quartale ) würden nach Einschätzung des Senats – eine entsprechende Beschlussfassung des Bundestages vorausgesetzt – die Reforminhalte im Gesetzblatt stehen und die Bürger finanziell entlasten können? Der Willensbildungsprozess des Bundesrates ist noch nicht abgeschlossen. Siehe auch BR.-Drs. 106/19 und 106/1/19. Im Übrigen sieht der Senat davon ab, zu Zeitabläufen und Inhalten zukünftiger Beschlüsse des Bundesrates und Bundestages Stellung zu nehmen. 5 BR.-Drs. 106/19 vom 01.03.2019. 6 Ebenda.