BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1804 21. Wahlperiode 09.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 02.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Nach welchen Richtlinien wird in Hamburg abgeschoben? Im August gab es in Hamburg mit 7.742 ausreisepflichtigen Personen einen neuen Höchststand. Die Zahl der Abschiebungen ist dagegen mit 38 auf einem sehr niedrigen Niveau. Es stellt sich die Frage, warum die Stadt Hamburg nicht mehr Personen in ihre Heimatstaaten zurückführt, um mehr Kapazitäten für bleibeberechtigte Flüchtlinge zu schaffen. In der Drs. 21/544 hat der Senat auf die Frage, ob es Weisungen an die zuständigen Behörden bei der Beurteilung von ausländerrechtlichen Sachverhalten und der Ausübung von Ermessen im Aufenthaltsrecht gäbe, unter anderem auf die Internetseite des Einwohnerzentralamts verwiesen. Dort sind in der Tat Weisungen zu Teilen des Aufenthaltsgesetzes zu finden. Leitlinien oder Weisungen zum Bereich der Rückkehr- oder Abschiebepraxis – wie in Baden-Württemberg1 – finden sich dort nicht. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Gibt es schriftliche Leitlinien oder Weisungen oder sonstige Verwaltungsvorschriften des Senats oder der Behörde für Inneres und Sport (BIS) zur Rückkehr- beziehungsweise Abschiebepraxis in Hamburg? Wenn ja, bitte beifügen. Wenn nein, wonach haben sich die Beamten der BIS in ihrer Verwaltungspraxis bei der Rückführung und Abschiebung zu richten? Handlungsgrundlage sind die bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften einschließlich der Verwaltungsvorschriften und der aktuellen Rechtsprechung. Ansonsten betreffen folgende interne Dienstanweisungen das Abschiebungsverfahren : Dienstanweisung für das „Vorgehen bei Abschiebungs- und Verbringungshaft“ vom 1. April 2005, modifiziert angewendet seit Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1. September 2009 Dienstanweisung für das „Verfahren der Freiheitsentziehung bei Personen, die in Abschiebehaft genommen werden sollen“ vom 30. November 2006, modifiziert angewendet seit dem Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 1 http://presse.cdu-fraktion-niedersachsen.de/assets/Uploads/ PM326JahnsAnlageAbschiedeerlass-Rot-GruenLeitlinien.pdf. Drucksache 21/1804 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dienstanweisung für „Vollziehungsbeamtinnen, Vollziehungsbeamte nach § 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG)“ vom 17. Januar 2008 mit modifizierter Anwendung seit dem 1. Februar 2010 (organisatorische Anpassung) Dienstanweisung zur „Ausweisung und Aussetzung von Abschiebungen bei der Betreuung eines deutschen Kindes“ vom 16. September 2009 Dienstanweisung „Umgang mit ärztlichen Attesten“ vom 15. Oktober 2010 Hinzu kommt die Anordnung Nummer 01/2015 „Verlängerung des Abschiebungsstopps nach Syrien“ vom 1. Oktober 2015. Im Übrigen sieht der Senat von der Vorlage dieser Dienstanweisungen ab. Dies käme einer Aktenvorlage gleich, die nach Artikel 30 der Verfassung an Voraussetzungen gebunden ist, die durch eine Parlamentarische Anfrage nicht erfüllt werden (vergleiche auch VerfGH Sachsen, Urteil vom 19.07.2012 – Vf. 102-I-11 – juris Rn. 35). 2. Wie sieht in Hamburg die Regelung hinsichtlich der Androhung und Ankündigung von Abschiebungen aus? Es gibt keine spezifische Hamburger Regelung. Die Abschiebungsandrohung und die Ankündigung der Abschiebung sind als Spezialfall der Verwaltungsvollstreckung bundeseinheitlich im Asylverfahrensgesetz und Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt. Für die Abschiebungsankündigung hat der Gesetzgeber in § 60a Absatz 5 Satz 4 AufenthG eine bundeseinheitliche Regelung geschaffen. 3. Wurde das seit Kurzem existierende Ausreisegewahrsam in Unterkünften oder auf Flughäfen bereits genutzt? Wenn ja, wann und wo? Wie viele Personen waren jeweils betroffen? Nein. 4. Hat Hamburg seit Jahresbeginn Sammelabschiebungen durchgeführt? Wenn ja, wann und mit jeweils wieviel Personen? Wenn nein, warum nicht? Die Freie und Hansestadt Hamburg beteiligt sich an diversen Maßnahmen anderer Länder beziehungsweise der Frontex (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union). Im Übrigen führt die zuständige Behörde Sammelabschiebungen in eigener Verantwortung in diesem Jahr nicht durch. Die Anzahl dieser Maßnahmen wird statistisch nicht festgehalten. Es wird lediglich die Zahl der erfolgten Rückführungen erfasst (siehe Drs. 21/1705, 21/1271 und 21/1002), nicht aber, ob diese Rückführung durch eine Chartermaßnahme im Rahmen einer Sammelabschiebung oder durch einen regulären Linienflug erfolgte. Eine händische Auswertung aller Einzelakten (allein bis Ende August gab es bereits 1.495 vorbereitete Rückführungen, von denen 741 durchgeführt wurden, 289 davon als Abschiebung ins Herkunftsland) ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Dürfen abgelehnte Asylbewerber in jedem Fall die Hamburger Härtefallkommission anrufen? Wie beurteilt der Senat die von Niedersachsen angekündigte Maßnahme, dass abgelehnte Asylbewerber, die absehbar nicht länger als 18 Monate in Deutschland bleiben, die Kommission nicht mehr anrufen dürfen? Die Härtefallkommission wird im Wege der Selbstbefassung auf Vorschlag eines Mitglieds oder der Vertretung der obersten Landesbehörde tätig, siehe § 2 Absatz 1 Satz 1 Härtefallkommissionsgesetz (HFKG). Im Übrigen sieht der Senat davon ab, angekündigte Maßnahmen anderer Länder zu bewerten.