BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18064 21. Wahlperiode 23.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 15.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Verlängerung der U4 auf die Horner Geest – Planfeststellungsverfahren und offene Fragen Die bisher vorliegenden Informationen zur Verlängerung der U4 auf die Horner Geest lassen verschiedene Fragen unbeantwortet. Neben den hohen Kosten, der Unmenge von zu fällenden Bäumen, dem Verzicht auf ein Schildvortriebsverfahren geht es um die prognostizierten Fahrgastzahlen und das (heutige) Busangebot. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: 1. Welche Buslinien verlaufen heute im Einzugsbereich der geplanten U4- Verlängerung auf die Horner Geest? Im künftigen fußläufigen Einzugsbereich der geplanten U4-Haltestellen Stoltenstraße und Horner Geest verlaufen heute die StadtBus-Linien 261 und 461 sowie die Nachtbuslinie 600. 2. Wie sieht für die unter Nummer 1. genannten Buslinien jeweils a. der Takt in der Hauptverkehrszeit, Die Linie 261 verkehrt ab Dannerallee in Richtung Horner Rennbahn werktags zwischen 7.00 – 8.00 Uhr mit bis zu zwölf Fahrten. Dies entspricht rechnerisch einem Fünf-Minuten-Takt, auch wenn einzelne Fahrten in geringfügig kürzeren oder längeren Taktabständen aufeinander folgen. Die Linie 461 verkehrt ab Dannerallee in Richtung Horner Rennbahn werktags während der gesamten Betriebszeit mit bis zu zwei Fahrten pro Stunde. Dies entspricht rechnerisch einem 30-Minuten-Takt, auch wenn einzelne Fahrten in geringfügig kürzeren oder längeren Taktabständen aufeinander folgen. Die Linie 600 verkehrt ab Dannerallee in Richtung Horner Rennbahn in den Nachtstunden mit zwei Fahrten pro Stunde in einem 30-Minuten-Takt. b. der Takt in den Nebenzeiten, Die Linie 261 verkehrt ab Dannerallee in Richtung Horner Rennbahn in den werktäglichen Nebenverkehrszeiten in der Regel mit sechs Fahrten pro Stunde. Dies entspricht einem rechnerischen 10-Minuten-Takt. Die Linie 461 verkehrt werktags während der gesamten Betriebszeit mit zwei Fahrten pro Stunde in einem rechnerischen 30-Minuten-Takt. Im Nachtverkehr wird nicht zwischen Haupt- und Nebenverkehrszeiten unterschieden. Drucksache 21/18064 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. die durchschnittliche tägliche Zahl von Fahrgästen (montags – freitags ), Die gutachterliche Verkehrsmodellrechnung im Rahmen der Erstellung einer Standardisierten Bewertung für das Projekt U4 Horner Geest weist als heutige Verkehrsnachfrage im maßgeblichen Abschnitt zwischen den Haltestellen Stoltenstraße und Sandkamp eine werktägliche Nachfrage von ca. 6 700 Personenfahrten auf den Linien 261 und 461 aus. Personenfahrten werden nicht zwangsläufig auch von einer gleichen Anzahl an Einzelpersonen durchgeführt, da Hin- und Rückwege einer Einzelperson jeweils als getrennte Personenfahrten ausgewiesen werden. d. die durchschnittliche tägliche Zahl von Fahrgästen (montags – freitags ) an den einzelnen Bushaltestellen aus? Im Rahmen der oben genannten Verkehrsmodellrechnung erfolgte keine Ausweisung von Ein- und Aussteigern an einzelnen Haltestellen. Eine Aufbereitung entsprechender Daten müsste nach entsprechender Beauftragung durch den externen Verkehrsgutachter erfolgen. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Im Erörterungsverfahren gab die Vorhabenträgerin an, dass a. derzeit 6 500 Fahrgäste an einem Werktag die Buslinien vor Ort nutzen würden. In Anbetracht der Zahl von 13 000 Einwohnern/ -innen im Stadtraum Horner Geest stellt sich die Frage, ob es sich um 6 500 Fahrten oder wirklich 6 500 Personen handelt, die beliebig oft an einem Werktag die (verschiedenen) Buslinien nutzen? Siehe Antwort zu 2. c. b. die Nachfrage im Jahr 2020 von 6 500 Fahrgäste auf insgesamt 24 000 Fahrgäste steigen werde. Auf welcher Grundlage wurde diese Prognose erstellt? Bitte auch die Gebiete beziehungsweise Straßenzüge angeben, die einbezogen wurden. Der Prognosezeitpunkt der Ermittlung der künftigen Fahrgastnachfrage ist das Jahr 2030. Für dieses Jahr weist die gutachterliche Verkehrsmodellrechnung im maßgeblichen Abschnitt zwischen den Haltestellen Stoltenstraße und Horner Rennbahn eine werktägliche Nachfrage von 24 100 Personenfahrten auf der Linie U4 aus. Berücksichtigt wurden hierbei einerseits die Entwicklung der relevanten Strukturdaten bis zum Prognosezeitpunkt (zum Beispiel Einwohner, Erwerbstätige, Schülerzahlen) und andererseits die deutlich höherwertigere verkehrliche Erschließung der Horner Geest mit einer U-Bahn, wodurch Verkehrsverlagerungen innerhalb des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und vom Autoverkehr sowie zusätzliche Fahrten generiert werden. Die Verkehrsmodellrechnung bildet grundsätzlich das gesamte Hamburger Stadtgebiet sowie dessen Verkehrsbeziehungen mit dem Umland ab. Der engere Untersuchungsraum der Horner Geest ist dabei in 18 räumliche Einheiten („Verkehrszellen“) unterteilt. Dieses Gebiet wird begrenzt durch die BAB A24 im Norden, den Schiffbeker Weg im Osten, die Straßenzüge Sturmvogelweg, Fischadlerstieg, Wildentenstieg, Kattensteert und Hermannstal im Süden sowie die Horner Rennbahn im Westen. c. ein Verzicht auf die U-Bahn und auch eine Erschließung des Stadtraumes mit Buslinien möglich sei. Die steigenden Fahrgastzahlen würden womöglich dann einen Drei-Minuten-Takt erfordern. i. Von welchem werktäglichen Zuwachs an Fahrgästen geht der Senat aus? Die gutachterliche Verkehrsmodellrechnung weist für das Prognosejahr 2030 ohne Verlängerung der U4 in die Horner Geest als künftige Verkehrsnachfrage im maßgeblichen Abschnitt zwischen den Haltestellen Stoltenstraße und Sandkamp eine werktägliche Nachfrage von 10 600 Personenfahrten auf den Linien 261 und 461 aus. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18064 3 ii. Wie sieht die prognostizierte Verteilung des Fahrgastzuwachses in den Einzugsbereichen der jeweiligen Bushaltestellen (oder falls das nicht untersucht werden kann: der geplanten U- Bahn-Haltestellen) aus? Dargestellt wird im Folgenden jeweils die linienabschnittsweise werktägliche Fahrgastnachfrage im Busverkehr gemäß gutachterlicher Verkehrsuntersuchung im Analysefall (= heutige Nachfrage) und Ohnefall (= Prognose 2030 ohne Umsetzung der Maßnahme U4 Horner Geest): Abschnitt Analyse Ohnefall Gym. Marienthal - Spliedtring 2 700 3 500 Spiedtring - Dannerallee 3 100 4 000 Manshardtstraße - Dannerallee 200 900 Dannerallee - Rudolf-Roß-Allee 4 700 6 400 Rudolf-Roß-Allee - Stoltenstraße 5 500 7 200 Stoltenstraße - Sandkamp 6 700 10 600 iii. Bei welcher Anzahl von Fahrgästen und bei welcher Größe der Busse wird dann ein Drei-Minuten-Takt erforderlich? Unter Berücksichtigung eines Standard-Niederflurbusses mit 70 Fahrgastplätzen und einer über ein Stundenintervall standardmäßig anzusetzenden Kapazitätsausnutzung von maximal 65 Prozent ist ein Drei-Minuten-Takt rechnerisch bei einer Fahrgastnachfrage zwischen 683 (obere Grenze Vier-Minuten-Takt) und 920 (obere Grenze Drei- Minuten-Takt) Fahrgästen pro Stunde und Richtung erforderlich. Bei 10 600 Personenfahrten im Abschnitt Stoltenstraße – Sandkamp würden diese Einsatzgrenzen gemäß Prognose für das Jahr 2030 ab einem Spitzenstundenanteil von circa 13 Prozent der täglichen Fahrgäste in Lastrichtung erreicht. Die heutigen Spitzenstundenanteile auf der Linie 261 liegen zwischen 11 Prozent und 17 Prozent. Ein Drei-Minuten-Takt wäre somit in der Spitzenstunde erforderlich. 4. Welche Altlasten beziehungsweise Altlastenverdachtsflächen gibt es im Bereich des geplanten U-Bahn-Baus? An welchen Punkten wurden Messungen durchgeführt (bitte konkrete Ortsangaben machen)? Es sind keine Altlastverdachtsflächen bekannt. Für die Planung wurden im Baufeld circa alle 50 m Baugrundaufschlüsse hergestellt. 5. Welche Vorbereitungen wurden/werden für eine Verlängerung der U4 nach Jenfeld getroffen? Die Abstellanlage im Bereich der Schule Sterntalerstraße wird baulich so hergestellt, dass eine Verlängerung der U4 nach Jenfeld möglich wäre. 6. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wurde mit Blick auf den Baugrund ein Alternativvorschlag zum Verlauf der U-Bahn-Strecke gemacht. Unter anderem würde durch den Wasseraufstau die Gefahr bestehen, dass bei dem bisher geplanten U-Bahn-Verlauf andere bauliche Anlagen (unter anderem Häuser) absacken. Bereits heute sei das Horner Moor um 3 Meter abgesackt. a. In welcher Weise wurde der Alternativvorschlag geprüft? Der Alternativvorschlag wurde hinsichtlich der Planungsziele sowie unter verkehrlichen und wirtschaftlichen Aspekten geprüft. Mit dem Vorschlag würden U-Bahn- Strecken nahezu parallel geführt, ohne dass dies verkehrliche Vorteile hätte. Die Vortriebsbauweise und der Bau einer zusätzlichen Haltestelle würden mit erheblichen Mehrkosten einhergehen. Die vorgeschlagene Haltestelle Hamm-Nord hätte vermutlich wegen ihrer Lage zwischen der U-Bahn-Haltestelle Rauhes Haus und der S-Bahn- Haltestelle Hasselbrook nur eine geringe Neuerschließungswirkung. Die Erschließung von Hamm-Nord ist daher auch nicht das vom Senat und der Bürgerschaft der Freien Drucksache 21/18064 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 und Hansestadt Hamburg mitgetragene Planungsziel des beantragten Vorhabens. Darüber hinaus erfüllt der Alternativvorschlag nicht das Planungsziel, den Siedlungsschwerpunkt an der Dannerallee anzubinden. b. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Wasseraufstau und über das Absacken des Horner Moors? Die Auswirkungen des U4-Bauvorhabens auf das Grundwasser und die oberirdischen Gewässer Horner Moor und Schiffbeker Moor wurden sorgfältig ermittelt und beurteilt. Es findet eine hydrogeologische Beweissicherung statt. Hierzu wurden in Horn 44 Messpegel bereits im Jahr 2018 gesetzt, um den Grundwasserstand zu beobachten. Bis mindestens ein Jahr nach Fertigstellung der U4-Verlängerung wird der Grundwasserstand überwacht, um Auswirkungen des U-Bahnbaus frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Auf Höhe der zukünftigen Haltestelle Stoltenstraße wird ein Unterströmungsbauwerk erstellt, damit der U-Bahn-Tunnel das Wasser nicht aufstaut. Das Grundwasser wird nach Fertigstellung des Bauwerks sowohl über als auch unter dem Tunnel fließen können. Während der Bauzeit wird das Wasser bei Bedarf auf die südliche Seite der Manshardtstraße gepumpt. Es wurde untersucht, ob eine Verbindung zwischen dem Grundwasser und dem Oberflächengewässer Horner Moor besteht. Die Ergebnisse zeigen, dass eine solche Verbindung sehr unwahrscheinlich ist beziehungsweise nicht nachgewiesen werden konnte. Es ist daher anzunehmen, dass das Horner Moor durch Regenwasser gespeist wird. Da der Bau der U4 noch nicht begonnen hat, ist ein Einfluss der Bauarbeiten auf die aktuellen Veränderungen des Wasserstandes im Horner Moor zudem ausgeschlossen . 7. Das Nutzen-Kosten Verhältnis wurde mit 1,1 bewertet. a. Welche Kosten, die im Rahmen der Arbeiten anfallen, wurden hierbei nicht berücksichtigt? Von besonderem Interesse ist zum Beispiel die Frage, warum die Sielbauarbeiten, welche erst vor einigen Jahren durchgeführt wurden, nicht als Kosten verzeichnet sind. Siehe Drs. 21/16649. b. Ist es möglich, eine Einsicht in die Rechnung zu erhalten? Wenn ja, wo? Der Ergebnisbericht der Standardisierten Bewertung für das Vorhaben U4 Horner Geest ist fertiggestellt und liegt dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur Abnahme vor. Nach erfolgter Abnahme durch das BMVI ist es vorgesehen, diesen im Transparenzportal der Freien und Hansestadt Hamburg zu veröffentlichen.