BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18107 21. Wahlperiode 30.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 22.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Gewalt gegen Studentenverbindungen an Hamburger Hochschulen Studentische Korporationen und Studentenverbindungen sind seit mehr als 200 Jahren integraler Bestandteil der Hochschulen und Universitäten. Die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Verbindungen und ihre Mitglieder stieg in den letzten Jahrzenten deutlich an.1 Seit 2010 dokumentiert die „Initiative für Toleranz und Zivilengagement“ auf ihrer Internetseite2 „Straftaten und Stimmungsmachen aller Art gegen Studentenverbindungen “. Von 2010 bis heute wurden mindestens sieben Straftaten gegen Studentenverbindungen und deren Mitglieder in Hamburg verübt . Der Politikwissenschaftler und Extremismusforscher Dr. Rudolf v. H., ehemaliger Referatsleiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz, analysierte die linksextreme Gewalt in einem Aufsatz für die „Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei“ (8/2010). H. schreibt, dass Linksextremisten nur wenig öffentlich wahrgenommen werden und ihre Agitation durch Gewalt unterlegen: „Linksextremistische Themen und Akteure sind für Teile der Zivilgesellschaft „anschlussfähig“, von einer gesellschaftlichen Ächtung und Isolierung, wie sie (…) gegenüber dem Rechtsextremismus existiert, kann keine Rede sein. Der nächtliche Brandstifter und der vermummte Demonstrationsgewalttäter sind demnach nur die delinquente Speerspitze eines Phänomens, das nicht nur Zwischenstufen und Grautöne aufweist, sondern bisweilen auch ins gesellschaftliche Establishment hineinreicht“, kritisiert H. Die linksextreme Szene verfügt „über eine Logistik aus Anlaufstellen, oft öffentliche Gebäude oder Geschäftsstellen örtlicher Gruppen und Parteien, über finanzielle Ressourcen aus öffentlichen Mitteln, politische Unterstützer in kommunalen Parlamenten, Multiplikatoren in den Medien, auch über wirksamen Rechtsschutz. Eine strafrechtliche Ahndung linksextremistischer Gewalt gestaltet sich aus unterschiedlichsten Gründen zumeist äußerst schwierig.“ (Siehe: Rudolf v. H.: Linksextremismus und Gewalt – ein symbiotisches Phänomen im Aufschwung .3) 1 Siehe: Grobe, Frank: Gewalt gegen Korporationen. Eine Dokumentation über das Jahr 2010, hrsg. vom Convent Deutscher Akademikerverbände, Essen 2011; sowie: Ders.: Gewalt gegen Korporationen. Eine Dokumentation über das Jahr 2011, hrsg. vom Convent Deutscher Akademikerverbände, Essen 2012. 2 https://iftuz.wordpress.com. 3 In: Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei, Nummer 8/August 2010, Seiten 6 – 15. https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/_dp201008/$file/DeuPol1008.pdf. Drucksache 21/18107 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zur Erfassung von Straftaten der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK), den Auswertemöglichkeiten und deren Grenzen siehe Drs. 21/3165. Die vorliegend erfragte Kategorie „Studentenverbindung“ wird statistisch nicht erfasst. Für die Beantwortung wäre eine Durchsicht sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums an den für die einschlägigen Delikte zuständigen Dienststellen des Landeskriminalamts, Abteilung Staatsschutz (LKA 7) erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gibt es statistische Erhebungen des Senats über die Gewalt gegen Studentenverbindungen und deren Mitglieder in Hamburg? Wenn ja, bitte alle Delikte von 2010 bis Juli 2019 nach Studentenverbindung , Ort, Datum, Jahr und Art des Deliktes auflisten. 2. In welchem politischen Spektrum sind die Täter zu verorten (bitte Delikt-/ Fallzahlen nach linksextrem, rechtsextrem, islamistisch und/oder religiös motiviert aufschlüsseln)? Siehe Vorbemerkung. 3. Gab es Verurteilungen im Rahmen solcher Delikte? Wenn ja, bitte nach Jahr, Art des Deliktes und Strafmaß aufschlüsseln. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird nicht erfasst, ob ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit gewalttätigen Übergriffen gegen Studentenverbindungen an Hamburger Hochschulen steht. Zur Beantwortung der Frage müssten sämtliche Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaften Hamburg aus dem Bereich der Gewaltkriminalität beigezogen und händisch ausgewertet werden. Allein die Anzahl von Verurteilungen in Verfahren, in welchen in MESTA als Tatvorwurf § 223 StGB (Körperverletzung) oder § 224 StGB (Gefährliche Körperverletzung) notiert ist, liegt jährlich regelmäßig im vierstelligen Bereich. Eine Beiziehung und händische Auswertung ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . 4. Hat der Senat Kenntnis über eine Zusammenarbeit beziehungsweise personelle wie auch finanzielle Verknüpfungen zwischen der Antifa und/ oder anderen linksautonomen Bündnissen gegen Studentenverbindungen mit anderen politischen Organisationen beziehungsweise Parteien wie zum Beispiel: Linksjugend [’solid], GRÜNE JUGEND, Jusos, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE? Wenn ja, bitte nach Parteien/Institutionen, sowie gegebenenfalls Fördersumme nach Jahren aufschlüsseln. Bündnisse im Sinne der Fragestellung sind nicht bekannt. Über Aktivitäten und Verbindungen der sogenannten Antifa in Hamburg berichtet das LfV regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten, die unter https://www.hamburg.de/innenbehoerde/ publikationen-verfassungsschutz/231572/verfassungsschutzberichte-pdf/ abrufbar sind. 5. Wie sieht eine Einordnung der Straftat aus, wenn der Täter nicht ermittelt werden konnte? Wird dann bei verbotenen rechtsextremen Symbolen automatisch von Rechtsextremismus ausgegangen und diese als „rechts“ eingestuft? Falls ja, warum? Falls nein, wird dann eine andere Einordnung vorgenommen? Gegebenenfalls welche? Siehe Drs.21/13537, 21/14020, 21/16912 sowie 21/17341. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18107 3 6. Hat der Senat Kenntnis darüber, ob die Identitäts-Feststellung bei Tätern, welche sich nach einer Tat in ein durch (ganz oder wesentlich) mit öffentlichen Mitteln subventioniertes linksautonomes Haus flüchten, durch die Polizei unterlassen wird? Wenn ja, bitte nach Delikt, Jahr, Ort und Fördergeldhöhe des Ortes aufschlüsseln . Nein. Die Polizei Hamburg trifft Identitätsfeststellungen in allen erforderlichen beziehungsweise geeigneten Fällen. 7. Fördert der Senat mit öffentlichen Mitteln Liegenschaften an Hamburger Hochschulen, welche durch linke Gruppierungen regelmäßig genutzt werden und wird durch diese Nutzung auch linksradikalen und linksextremen oder autonomen Gruppierungen Zugang gewährt? Wenn ja, bitte nach Ort, und Höhe der Fördersumme pro Jahr seit 2014 aufschlüsseln. Die staatlichen Hamburger Hochschulen handeln eigenverantwortlich bei der Nutzung der ihnen überlassenen Räumlichkeiten. Dies gilt auch bei der Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte. Die Prüfung und Beurteilung, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelfall bei einer bestimmten Nutzung erfüllt sind, obliegt den Hochschulen . Die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaft obliegt gemäß § 106 Absatz 2 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes beim Präsidium der Hochschule. Im Übrigen siehe Drs. 21/7164, 21/7804 und 21/9838. Darüber hinaus ist den Hochschulen keine regelmäßige Nutzung entsprechender Gruppierungen bekannt. 8. Was gedenkt der Senat gegen diese Gewaltstraftaten und Anschläge zu unternehmen, um Mitglieder von Studentenverbindungen und deren Eigentum zu schützen? Die Sicherheitsbehörden bewerten fortlaufend die Lage und treffen im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und zur Verfolgung von Straftaten. Im Übrigen bietet die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle der Polizei Hamburg (LKA FSt 33) für Hamburger Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen eine kostenlose und individuell auf den Einzelfall ausgerichtete Beratung mit Empfehlungen zu organisatorischen, technischen und baulichen Sicherungsmöglichkeiten sowie Tipps zur Verhaltensprävention.