BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1811 21. Wahlperiode 09.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse, Dr. Bernd Baumann, Dirk Nockemann, Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 02.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Schleuserkriminalität Wie allenthalben bekannt ist, ist außerhalb der Europäischen Union eine nicht abschätzbare Anzahl Menschen aus unterschiedlichsten Gründen von dem Wunsch getrieben, in Europa, und hier mit Schwerpunkt Deutschland und Schweden, eine Zuflucht oder neue Heimat zu finden. Eine nicht abschätzbare Zahl hat sich bereits auf den Weg gemacht, befindet sich auf untauglichen, überfüllten Booten auf der lebensgefährlichen Passage über das Mittelmeer oder ist nach dieser Überfahrt auf unterschiedlichsten Wegen unterwegs in Richtung des ersehnten Zieles. Schwerstkriminelle Personen, sogenannte Schleuser, schwatzen den Menschen unter Ausmalung paradiesischer Zustände in Deutschland und Europa Passagen über das Mittelmeer in seeuntüchtigen, überladenen Booten auf. Die Weiterreise wird von den Schleusern in teils verschlossenen Containern und Lkw organisiert. Auf das Leben und die Gesundheit der transportierten Menschen wird von diesen skrupellosen Verbrechern keinerlei Rücksicht genommen. Für diese lebensgefährlichen „Dienste“ pressen die Schleuser den Menschen vierstellige Dollarbeträge ab. Ein Teil der Gelder dient nach bisherigem Kenntnisstand überdies auch der Finanzierung von menschenverachtenden Terrororganisationen Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Hat der Senat Kenntnis von Schleuserkriminalität, die durch Personen inländischer oder ausländischer Herkunft von Hamburg aus organisiert oder unterstützt wird ? Ja. 2. Um wie viele Fälle handelt es sich? Bitte für 2014 und 2015 angeben. 3. Hat es in diesem Zusammenhang bereits Zugriffe, Verhaftungen und entsprechende Strafverfahren gegeben oder wurden diese eingeleitet? Bitte für 2014 und 2015 angeben. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) weist im Jahr 2014 für das Land Hamburg 44 Fälle von Schleusungskriminalität gemäß PKS-Schlüssel 7252 (Einschleusen gemäß § 96 Aufenthaltsgesetz) aus. Im ersten Halbjahr des Jahres 2015 wurden in Hamburg bisher 13 Fälle von Schleusungskriminalität gemäß PKS-Schlüssel 7252 (Einschleusen gemäß § 96 Aufenthaltsgesetz ) erfasst. Drucksache 21/1811 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Aussagekraft unterjähriger Zahlen aus der auf Jahresauswertungen angelegten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist begrenzt. Innerhalb eines Berichtsjahres unterliegt der PKS-Datenbestand einer ständigen Pflege, zum Beispiel durch Hinzufügen von nachträglich ermittelten Tatverdächtigen oder durch die Herausnahme von Taten, die sich im Nachhinein nicht als Straftat erwiesen haben. Im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem der Staatsanwaltschaft MESTA wird statistisch nicht erfasst, ob es im Rahmen des Strafverfahrens Zugriffe oder Verhaftungen gab und, ob und in welcher Höhe dabei Geldmittel beschlagnahmt wurden. Es kann lediglich mitgeteilt werden, in wie vielen Fällen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, in denen als Vorwurf ein Delikt gemäß §§ 96 oder 97 AufenthG notiert ist. Dabei handelt sich um die folgende Anzahl von Verfahren1: Delikt 2014 2015 Js UJs Js UJs § 96 AufenthG 43 7 40 3 § 97 AufenthG 2 0 2 0 Die für eine Auswertung erforderliche kurzfristige Aktenbeiziehung ist nur sehr eingeschränkt möglich. In den insgesamt 83 Js-Verfahren betreffend § 96 AufenthG befinden sich 16 Akten zurzeit nicht bei der Staatsanwaltschaft. Von den insgesamt vier Akten betreffend § 97 AufenthG ist nur eine verfügbar. Von einer Teilauswertung wurde abgesehen. Die hierdurch zu erwartenden Erkenntnisse hätten aus Sicht der zuständigen Behörde keine hinreichende Aussagekraft im Hinblick auf die zu beantwortenden Fragen. 4. Haben sich im Rahmen dieser Verfahren Belege dafür ergeben, dass während der betreffenden Schleuservorgänge Personen zu Tode gekommen sind? Nach derzeitigem Kenntnisstand der zuständigen Behörde: ja. 5. Wenn im Zusammenhang mit diesen Taten ausländische Staatsbürger als Täter ermittelt wurden, haben diese durch ihre Taten ihre Aufenthaltsgenehmigungen oder Duldungen verwirkt und müssen Deutschland nach Verbüßung gegebenenfalls verhängter Strafen verlassen? Straftaten stellen nach dem § 53 fortfolgende AufenthG einen Ausweisungsgrund dar beziehungsweise begründen nach der gemäß dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (BGBl. I Seite 1386) zum 1. Januar 2016 in Kraft tretenden Neuregelungen des § 53 fortfolgende AufenthG ein (gegebenenfalls besonders schwerwiegendes) Ausweisungsinteresse. Im Falle einer Ausweisung erlischt der Aufenthaltstitel (§ 51 Absatz 1 Nummer 5 AufenthG) mit der Folge, dass der Ausländer gemäß § 50 Absatz 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet ist. Nach § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Eine Duldung gilt danach unabhängig von der etwaigen Begehung von Straftaten. 6. Wurden im Zusammenhang mit diesen Taten Geldmittel beschlagnahmt ? Wenn ja, in welcher Höhe? Durch die Polizei: nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. und 3. 1 Die Daten stehen unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung in MESTA. Stand der Auswertung: 5. Oktober 2015. Nicht berücksichtigt sind Verfahren, die innerhalb der Staatsanwaltschaft abgegeben beziehungsweise zu einem anderen Verfahren hinzuverbunden wurden und solche, in denen die Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft oder die Ablehnung eines auswärtigen Übernahmeersuchens erfolgte. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1811 3 7. Konnten kriminelle und/oder terroristische Organisationen identifiziert werden, die von durch Schleusung erworbenen Geldern profitieren? Wenn ja, welche sind dies? Nein.