BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18110 21. Wahlperiode 30.08.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 22.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung (insbesondere durch Steuerhinterziehung und das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen) sind nicht nur Straftaten, sondern auch mit gravierenden Folgen für die Allgemeinheit und den einzelnen Betroffenen verbunden. Grundlage für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung ist das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG). Darin ist in § 1 der Begriff der Schwarzarbeit/illegalen Beschäftigung definiert und es sind der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) Prüfungsaufgaben sowie Prüfungs - und Ermittlungsbefugnisse zugewiesen worden. Am 6. Juni 2019 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung „gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch“ angenommen, mit dem künftig Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung effektiver bekämpft werden sollen. Dazu erhält die FKS neben mehr Kompetenzen auch mehr Personal. Auch in Hamburg ist demnach mit einer deutlichen personellen Stärkung bei der FKS zu rechnen. Dies impliziert eine steigende Anzahl von Verfahren, die von der Staatsanwaltschaft abzuarbeiten sein werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Personalsituation bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im Hauptzollamt Hamburg seit dem Jahr 2015 entwickelt? Bitte Stellen-Soll und VZÄ jeweils zum Stichtag 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres angeben. Die Personalsituation bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im Hauptzollamt Hamburg hat sich nach Auskunft der Zollverwaltung wie folgt entwickelt: Personaleinsatz ohne eventuelle Zu- oder Abordnungen (Stammbesetzung) bei der FKS Hamburg Stichtag AK (Arbeitskraftanteile) 01.01.2015 112,60 01.07.2015 113,11 06.01.2016 123,11 31.12.2016 126,09 30.06.2017 126,46 29.12.2017 138,11 29.06.2018 136,50 28.12.2018 153,67 Drucksache 21/18110 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Personaleinsatz ohne eventuelle Zu- oder Abordnungen (Stammbesetzung) bei der FKS Hamburg Stichtag AK (Arbeitskraftanteile) 28.06.2019 157,29 Der in der Zollverwaltung verwendete Begriff „Arbeitskraftanteile“ bildet als Bruttowert (einschließlich Urlaub, Krankheit, Wegezeiten, Fortbildung) den tatsächlichen Beschäftigungsumfang einer Person im Verhältnis zu einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis ab, während der Begriff „Vollzeitäquivalente“ als Nettowert den rechnerischen Ressourcenaufwand für die reine Fachleistung ausdrückt. In der Zollverwaltung wird die Stellenbewirtschaftung im Wege der sogenannten Topfbewirtschaftung praktiziert. Die Planstellen und Stellen dienen dabei der direkten Finanzierung von Personen. Aus diesem Grund sind die den einzelnen Dienststellen zugewiesenen Planstellen beziehungsweise Stellen immer besetzt. 2. Mit welcher Personalsituation bei der FKS wird für die kommenden drei Jahre geplant? Bitte für 2020 bis 2022 jeweils getrennt angeben. Auf Grundlage der haushalterischen Rahmenbedingungen ist vorgesehen, den Personalhaushalt der Zollverwaltung (Kapitel 0813) durch zusätzliche Planstellen und Stellen – insbesondere auch für den Bereich der FKS – in den Jahren 2020 bis 2029 deutlich zu stärken. Den Hauptzollämtern werden neue Planstellen erst mit der Zuführung zusätzlichen Personals zugeteilt. Die Verteilung des Personals auf die Hauptzollämter findet im Wesentlichen anhand von fachlichen Indikatoren sowie auf Basis des aktuellen Besetzungsstandes statt und soll sicherstellen, dass eine sachgerechte Verteilung und damit angemessene Aufgabenwahrnehmung der Zollverwaltung gewährleistet werden kann. Über die zielgenaue Verteilung der Planstellen wird schwerpunktmäßig im Rahmen der Verteilung der Nachwuchskräfte jeweils zu Beginn eines Jahres entschieden. Daneben erfolgt eine Besetzung von Planstellen auch durch externe Einstellungen. Unter Zugrundelegung der entsprechenden Einstellungsermächtigungen aus den Jahren 2017 bis 2019 ist nach derzeitigem Stand avisiert, den Bereich der FKS am Standort Hamburg mit internen Nachwuchskräften mindestens in folgendem Umfang zu verstärken und damit den Personaleinsatz im Sinne der Frage 1. zu erhöhen: 2020: insgesamt sieben Nachwuchskräfte (mittlerer Dienst), 2021: insgesamt 13 Nachwuchskräfte (sieben gehobener und sechs mittlerer Dienst), 2022*: insgesamt vier Nachwuchskräfte (gehobener Dienst). * Für das Jahr 2022 ist im mittleren Dienst nach derzeitigem Stand von einer ansteigenden Bedarfsprognose im Vergleich zu den Vorjahren auszugehen. Die entsprechenden Einstellungsermächtigungen 2020 können jedoch erst nach Zustimmung durch den Haushaltsgesetzgeber endgültig festgelegt werden und sind daher noch nicht in den dargestellten Zahlen enthalten. Daneben ist die Zollverwaltung auch im Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit bestrebt, geeignete Bereiche durch externe Kräfte mit vergleichbarer Berufsausbildung zu verstärken. Der konkrete Umfang ist hierbei jedoch abhängig von der jeweiligen Bewerbungslage und kann daher nicht abschließend belastbar quantifiziert werden . Diese Planungen werden kontinuierlich unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen überprüft und bei Bedarf angepasst. Ebenso stehen die Planungen immer unter dem Vorbehalt des jeweiligen Haushaltgesetzgebungsverfahrens und des tatsächlichen Zulaufens der entsprechenden Planstellen und Stellen. 3. Auch das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg ist in die Verfolgung von Verstößen gegen das Schwarzarbeitergesetz involviert. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18110 3 a. Inwiefern ist es involviert beziehungsweise wann wird es eingeschaltet ? Die Finanzbehörden sind gemäß § 2 Absatz 4 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) Zusammenarbeitsbehörden der Zollverwaltung bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Ein Ausdruck der besonderen Zusammenarbeit findet sich darin, dass organisatorisch örtliche Partnerstellen gebildet wurden. Aufseiten der FKS sind dies das Sachgebiet E des Hauptzollamtes Hamburg-Stadt und aufseiten der Steuerverwaltung das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen. Über diese Partnerstellen werden die jeweils für den anderen Arbeitsbereich bedeutsamen Informationen anlassbezogen ausgetauscht. Darüber hinaus arbeitet das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg einzelfallabhängig eng mit der FKS zusammen und tauscht branchenbezogen Erkenntnisse, die delikttypisch sowohl die Steuerhinterziehung als auch die Hinterziehung von Sozialabgaben umfassen, mit der FKS aus. In geeigneten Fällen wird deshalb auch gemeinsam an Fallkomplexen gearbeitet, wobei sich die Dienststellen bei der strafrechtlichen Verfolgung der Taten aufseiten des Finanzamts für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg insbesondere auf die Hinterziehung der Umsatzsteuer und aufseiten der FKS auf die Arbeitnehmerverhältnisse spezialisiert haben. Je nach Einzelfall wird daher die Verfolgung der Steuerstraftat nach einem Hinweis der FKS in einem gesonderten steuerrechtlichen Strafverfahren oder in einem einheitlichen , zusammengeführten Gesamtvorgang erfolgen. b. Wie hat sich die Personalsituation seit dem Jahr 2015 entwickelt? Bitte Stellen-Soll und VZÄ jeweils zum Stichtag 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres angeben. Die Wahrnehmung von Aufgaben im Zusammenhang mit der FKS wird im Stellenbestand des Finanzamtes für Prüfungsdienste und Strafsachen nicht gesondert abgebildet . 4. Welche Abteilungen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg sind für die Durchführung von FKS-Ermittlungsverfahren zuständig? Die FKS ist als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft in Fällen von Straftaten im unmittelbaren Zusammenhang mit § 2 Absatz 1 SchwarzArbG (§ 14 SchwarzArbG) zuständig. Den Schwerpunkt bilden Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und des (Sozialleistungs-) Betruges (§ 263 StGB), allerdings nur, soweit diese im Zusammenhang mit Schwarzarbeitsermittlungen stehen. Beide Straftatbestände und Konstellationen werden daher nicht ausschließlich durch die FKS, sondern ebenso durch das Landeskriminalamt (LKA) ermittelt. Für die Verfolgung von Betrugsstraftaten wegen möglichen unberechtigten Bezugs von Sozialleistungen sind grundsätzlich die Hauptabteilungen II, III und soweit es sich um Jugendliche oder Heranwachsende handelt, die Hauptabteilung IV der Staatsanwaltschaft Hamburg zuständig. Soweit es sich um Arbeitgeberdelikte handelt, werden diese Verfahren – sofern die Finanzkontrolle Schwarzarbeit betroffen ist – in der Hauptabteilung V und zwar in den Abteilungen 54 bis 56 bearbeitet. Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Abgabenordnung werden gegebenenfalls auch in den Abteilungen 50 und 51 der Hauptabteilung V verfolgt. Unterstützt werden diese Abteilungen zudem von der Wirtschaftsfachabteilung 52 und der Abteilung 53, zuständig für Vermögensabschöpfung und Finanzermittlungen. 5. Wie hat sich die Personalsituation in den für FKS-Verfahren zuständigen Abteilungen seit dem Jahr 2016 entwickelt? Bitte Stellen-Soll und VZÄ jeweils zum Stichtag 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres angeben. Drucksache 21/18110 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 6. Wie viele Dezernenten haben seit dem Jahr 2016 jährlich die Abteilungen , die für FKS-Verfahren zuständig sind, verlassen und wie viele sind jeweils jährlich neu hinzugekommen? Aufgrund der Befassung sowohl der Hauptabteilungen II, III, IV und V der Staatsanwaltschaft mit Verfahren der FKS müsste zur Beantwortung der Frage die Personalausstattung der benannten Hauptabteilungen seit 2016 ausgewertet werden. Soweit dies in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit überhaupt möglich ist, würde zudem eine entsprechende Auswertung keine Aussage darüber zulassen, wie viele Personen sich mit welchen Arbeitszeitanteilen mit Verfahren der FKS befassen, da die Dezernenten der jeweiligen Hauptabteilungen daneben in unterschiedlichen Anteilen mit anderer Verfahren betraut sind. 7. Wie viele Neuzugänge in FKS-Verfahren hat es jährlich seit dem Jahr 2016 bei der Staatsanwaltschaft Hamburg gegeben? 8. Wie hoch ist der aktuelle Bestand an offenen FKS-Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Hamburg? a. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als ein Jahr? b. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als zwei Jahre? c. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als drei Jahre? d. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als vier Jahre? e. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als fünf Jahre? f. Wie viele FKS-Verfahren sind aktuell älter als sechs Jahre? 9. Wie viele FKS-Ermittlungsverfahren wurden jährlich seit dem Jahr 2016 abgeschlossen? a. Wie viele von ihnen wurden eingestellt? b. Wie viele von ihnen wurden aufgrund der Konkurrenz zum § 370 AO eingestellt? Im Vorgangsverwaltungs- und Bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird nicht verlässlich erfasst, ob ein „FKS-Verfahren“ im Sinne der Fragestellung vorliegt. Es müssten daher sämtliche Verfahren der Hauptabteilungen II, III und IV sowie der Abteilungen 54, 55 und 56 ausgewertet werden. Die händische Auswertung der mehreren Tausend Verfahrensakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 10. Geht die zuständige Behörde davon aus, dass es aufgrund des verabschiedeten Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch auch bei der Staatsanwaltschaft zu mehr Ermittlungsverfahren kommen wird? Falls ja, inwiefern ist eine Aufstockung für die Abteilungen der Staatsanwaltschaft , die für die Bearbeitung der FKS-Verfahren zuständig ist, geplant? Falls nein, weshalb nicht? Mit dem Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch wurden die Prüfungs- und Ermittlungszuständigkeit der FKS erweitert. Die daraus resultierende Steigerung an Prüfungs- und Ermittlungsverfahren, die durch die FKS geführt werden , wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens prognostiziert. Der aufgrund dieses Aufgabenzuwachses berechnete Personalmehraufwand bei der FKS ist in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen und wurde mit dem Gesetzentwurf (BR.-Drs. 97/19) veröffentlicht. Von der Zollverwaltung können naturgemäß keine Prognosen erstellt werden, wie sich die Befugniserweiterung und der damit einhergehende Aufgabenzuwachs der FKS personalwirtschaftlich bei den Staatsanwaltschaften auswirken wird. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass mit Einführung der sogenannten Kleinen Staatsanwaltschaft im neuen § 14a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ausweislich der Gesetzesbegründung eine Entlastungswirkung einherge- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18110 5 hen soll, mit der die jeweilige Staatsanwaltschaft etwaige Verfahrenszuwächse steuern und kompensieren kann. Ob ein Anstieg der Ermittlungsverfahren gegeben sein wird, kann derzeit nicht beurteilt werden, da das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch weitestgehend erst am 18. Juli 2019 in Kraft getreten ist und die Auswirkungen belastbar noch nicht eingeschätzt werden können. Die neuen Regelungen der §§ 14a bis 14c SchwarzArbG werden selbstständige Ermittlungen und Verfahrensabschlüsse der Hauptzollämter bei niedrigschwelligen Straftaten nach § 266a StGB nach sich ziehen. Dies könnte einerseits zu einer Entlastung der Staatsanwaltschaft führen. Die Erweiterung der Ermittlungsmöglichkeiten könnte andererseits aber zu einem Ansteigen der Verfahrensanzahl beitragen. Die Entwicklung bleibt daher abzuwarten. 11. In welchem Umfang plant die Staatsanwaltschaft die Erleichterungen, die der § 14a SchwarzArbG bietet, umzusetzen und der FKS die selbständige Durchführung von Ermittlungsverfahren zu gestatten? Grundsätzlich ist eine entsprechende Umsetzung der neuen Regelungen in Aussicht genommen. Die Einzelheiten werden in nächster Zeit mit dem Hauptzollamt abzustimmen sein.