BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18161 21. Wahlperiode 03.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 28.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Wann ergreift der Senat endlich Maßnahmen infolge der dramatischen Ergebnisse der Obdachlosen- und Wohnungslosenuntersuchung 2018? Der Bericht über die Beratungen im Sozialausschuss (Drs. 21/17781) zu den Themen Fortentwicklung der Wohnungslosenhilfe (Drs. 21/16901) und Obdachlosen- und Wohnungslosenuntersuchung 2018 (Drs. 21/17230) gibt Anlass zu Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) verfügt seit vielen Jahren über ein breites, ausdifferenziertes und zum Teil niedrigschwelliges Wohnungslosenhilfesystem. Es umfasst jeweils vielfältige Angebote in den Handlungsfeldern „Prävention und Integration “, „Niedrigschwellige Hilfen“, „öffentlich-rechtliche Unterbringung“ (örU) und „Wohnen “. Das erfolgreiche Wirken des Hilfesystems hat der Senat mit der Drs. 21/16901 umfassend dargestellt. Im Rahmen der am 2. Mai 2019 durchgeführten Fachtagung zur Obdach- und Wohnungslosenuntersuchung haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Behörden, Träger und Politik in mehreren Workshops auch konkrete Ansätze zur Fortentwicklung der Obdach- und Wohnungslosenhilfen in Hamburg erörtert. Dabei waren die Ergebnisse der Obdach- und Wohnungslosenuntersuchung 2018 leitend, deren Tendenzen weitgehend die Erfahrungen des Hilfesystems widerspiegelten. Die Auswertung des Fachtages zeigt, dass es Ansätze zu einer weiteren Fortentwicklung gibt, mit der das hohe Niveau der Hamburger Wohnungslosenhilfe erhalten und weiter ausgestaltet werden kann. Eine Dokumentation der Ergebnisse der Fachtagung ist abrufbar unter https://www.hamburg.de/obdachlosigkeit/veroeffentlichungen/12691320/dokumentatio n-fachtagung-2019/. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Beim Pik As und der Übernachtungsstätte für obdachlose Frauen, dem FrauenZimmer, stehen bedarfsgerechte Umbauten beziehungsweise Kapazitätserweiterungen an. Wie sehen jeweils die konkreten Umbaupläne aus und zu wann ist die Realisierung geplant? Vor dem Hintergrund von erheblichen, bevorstehenden Sanierungsnotwendigkeiten im alten Gebäude des Pik As ist Handlungsbedarf gegeben. Es stehen hierzu Abstimmungen mit dem Bezirk und den bezirklichen Gremien an. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. Zur Übernachtungsstätte für obdachlose Frauen siehe Drs. 21/18090. Drucksache 21/18161 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) nahm die von der CDU-Fraktion geäußerte Kritik am Entlassungsmanagement an und führte aus, dass man diesbezüglich mit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) in Verhandlungen sei. a) Gab es auch Gespräche mit den betroffenen Krankenhäusern? Wenn ja, wann mit welchen Verbesserungsabsichten? Wenn nein, warum nicht? b) Wie ist der Stand der Verhandlungen zwischen BASFI und BGV und in welche der in Drs. 21/17781 angeführten Richtungen wird aktuell verhandelt? Die zuständigen Behörden befinden sich im laufenden Dialog zur Verbesserung der Versorgung von wohnungslosen Menschen in Hamburger Plankrankenhäusern. Als ein Ergebnis sind die Hamburger Plankrankenhäuser von der zuständigen Behörde aufgefordert worden, wesentliche Aspekte bei der Aufnahme und Entlassung dieser Patientengruppe zu beachten. Dazu gehört bei der Entlassungsplanung eine zeitnahe Befragung des obdachlosen Menschen zu anschließenden Betreungs- und Versorgungsmöglichkeiten , bei einer stationären Aufnahme im Krankenhaus eine umgehende Information des Sozialdienstes im Krankenhaus oder das Case Management des Krankenhauses mit Informationen über die zu erwartende Bedarfslage nach der Entlassung und den Hilfebedarf. Alle Maßnahmen sollen ausschließlich mit Zustimmung der Patientin/des Patienten eingeleitet werden. 3. Wann erfolgte die zentrale Ausschreibung der weiteren 15 Stellen in den Fachstellen der Bezirksämter und wie ist der aktuellen Stand der Besetzung ? Die zentral vom federführenden Bezirksamt Hamburg-Nord veranlasste Ausschreibung für 14 Stellen der Bezirksämter wurde am 14.05.2019 auf hamburg.de/ Stellenportal und bei allen Kooperationspartnern des Personalamtes in den digitalen Medien veröffentlicht beziehungsweise geschaltet. Eine zusätzliche Stelle für das Jungerwachsenenprojekt war nicht Teil dieser zentralen Ausschreibung, sondern wird separat besetzt. Im Übrigen siehe Drs. 21/18138. 4. Der Senat betont, dass auf seine Initiative hin eine Bund-Länder- Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, die Lösungen für die negativen Folgen der Arbeitnehmerfreizügigkeit suche. a) Wie oft hat sich die Arbeitsgruppe bisher wann mit welchem Themenschwerpunkt getroffen beziehungsweise wird sich im Laufe des Jahres 2019 treffen? b) Hat die Arbeitsgruppe einen Zeitplan, innerhalb dessen sie Lösungen präsentieren will? Es hat am 15. April 2019 auf Einladung des Deutschen Städtetags einen Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes zu integrations-, sozial- und arbeitspolitischen Folgerungen der Zuwanderung aus Südosteuropa gegeben. Themen waren die relevanten Handlungsfelder Arbeit, Leistungsrecht, Gesundheit, Bekämpfung ausbeuterischer Strukturen und Finanzen (siehe Drs. 21/17063). Für November 2019 sieht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf Fachebene weitere Gespräche mit dem Deutschen Städtetag vor, zu denen, abhängig von den jeweiligen Themen, Vertreter anderer Bundes- oder auch Länderressorts hinzugezogen werden können. Darüber hinaus steht das weitere Verfahren noch nicht fest. c) Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen beziehungsweise gedenkt er zu ergreifen, um zeitnahe Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu erreichen? Hat Hamburg beispielsweise die Federführung übernommen ? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18161 3 Hamburg hat sich engagiert für die Einrichtung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft ausgesprochen und eigene Themenvorschläge sowie aktive Beiträge eingebracht. Der Bund hat die Einladung zu den weiteren Gesprächen übernommen. Hamburg wird sich auch im Rahmen der für November 2019 geplanten Gespräche inhaltlich mitgestaltend einbringen und für eine ergebnisorientierte Vorgehensweise einsetzen. 5. Der Senat erwähnte, dass er sich zeitnah mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg e.V. (AGFW) treffen wolle, um über die Auswertung der Ergebnisse des Fachtages zur Obdachlosenbefragung zu beraten. Wann fand beziehungsweise findet dieser Termin statt? 6. Außerdem sollten einzelne Maßnahmen infolge der Auswertung danach dem Fachausschuss vorgestellt werden. Zu wann gedenkt der Senat, den Ausschuss zu informieren? 7. Eine Forderung des Fachtages sei, sich bestimmten Lebenslagen durch eine vertiefte Befragung zu nähern. Speziell jene, die nicht in ihr Heimatland zurückkehren wollten, obwohl sie hier keine Arbeit gefunden hätten, sollten befragt werden. Wann soll die Befragung durch wen erfolgen? Der die Auswertung betreffende Gesprächstermin mit der AGFW ist auf Wunsch der AGFW für den 24. September 2019 terminiert. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. 8. Auch gab die BASFI an, dass sie derzeit prüfe, „ob die spezialisierte Struktur in der Kleinen Reichenstraße die richtige sei oder gemischte Angebote mit verschiedenen Integrationsfachkräften zu mehr Vermittlungserfolgen für diese Zielgruppe führen könnten“. Das Jobcenter ist speziell für Menschen ohne festen Wohnsitz und Haftentlassene. a) Wie viele Mitarbeiter mit jeweils welchen Aufgaben zählt dieses Jobcenter? Am Standort Altstadt sind aktuell insgesamt 19 Beschäftigte tätig, die sich um die leistungsrechtlichen Anliegen sowie um die Betreuung mit Blick auf die Arbeitsmarktintegration der von ihnen betreuten Kundinnen und Kunden ohne festen Wohnsitz und Haftentlassene kümmern. Der folgenden Übersicht kann die Besetzung der Bereiche entnommen werden. Führungskraft Vermittlung Leistungsgewährung Eingangszone Beschäftigte 1 4 9 5 b) Wie viele Kunden wurden hier in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 jeweils beraten? Statistische Auswertungen des Statistikservice der Bundesagentur für Arbeit erfolgen grundsätzlich nur auf Jobcenter-Ebene. Es liegen daher keine standortbezogenen Statistikdaten vor. Zur Beantwortung der Frage müssten alle Akten des Standortes durchgesehen und die Anzahl der Beratenen müsste händisch erfasst werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. c) An welchen Stellen informiert der Senat auf jeweils welche Weise über die spezielle Einrichtung für diese Zielgruppe? Auf das Angebot des Jobcenters am Standort Altstadt wird an zahlreichen Stellen hingewiesen, etwa in der Broschüre „Das soziale Hilfesystem für wohnungslose Menschen “ (https://www.hamburg.de/obdachlosigkeit/116870/hilfesystem-brosch/) oder in Online-Informationsangeboten (unter anderem https://www.team-arbeit-hamburg.de/ site/wohnungslose_menschen/). Vor allem aber erfolgt von Hilfe leistenden Stellen im Hamburgischen Hilfesystem für obdach- und wohnungslose Menschen eine ausführliche Beratung auch und gerade zu den Aufgaben und Zuständigkeiten der Standorte des Jobcenters t.a.h. einschließlich des Standorts Altstadt. Dies schließt teilweise auch Begleitungen dorthin ein. Drucksache 21/18161 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 d) Inwiefern sind potenzielle Arbeitgeber in die Arbeit dieses Jobcenters eingebunden? Die Agentur für Arbeit Hamburg und Jobcenter betreiben einen gemeinsamen Arbeitgeber -Service. Dieser fungiert als Schnittstelle zwischen Arbeitgebern und Arbeitsuchenden . Der Standort Altstadt arbeitet mit dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service zusammen. Dort erfolgt unter anderem die Aufnahme von Stellenangeboten von potenziellen Arbeitgebern mit dem Ziel einer passgenauen Stellenbesetzung und einer kundenorientierten Stellenakquise. Je nach individuellen Belangen und Potenzialen der jeweiligen Kundinnen und Kunden wird das gesamte Angebot des gemeinsamen Arbeitgeber-Services im Rahmen der individuellen Integrationsstrategie genutzt. e) Was unterzeichnet die Arbeitsweise der auf die angeführte Zielgruppe spezialisierten Struktur von der Arbeitsweise anderer Jobcenter ? In allen Standorten von Jobcenter wird auf die individuellen Problemlagen der Kundinnen und Kunden eingegangen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Standort Altstadt arbeiten darüber hinaus sehr eng mit stationären Einrichtungen und mit für den Personenkreis spezialisierten Trägern zusammen. f) Anhand welcher Parameter prüft die BASFI momentan, ob die spezialisierte Struktur in der Kleinen Reichenstraße die richtige ist? Die Verantwortung für den Standort einschließlich dessen betrieblicher Gestaltung (unter anderem Spezialisierung, Geschäftsprozesse, Ausstattung) trägt die Geschäftsführung von Jobcenter. Diese befindet sich hierzu in ersten Bestandsaufnahmen und hat in diesem Zusammenhang den Kontakt zur zuständigen Behörde aufgenommen. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. g) Wie sehen die angeführten Vermittlungserfolge konkret aus und welche Defizite sind bereits erkennbar? Die Erarbeitung „persönlicher Integrationswege“ ist ein laufender Prozess, der jeweils in Abhängigkeit von der aktuellen Integrationsstrategie durch eine individuelle Planung begleitet wird. Hierfür stehen alle Eingliederungsinstrumente und flankierende Leistungen nach dem SGB II zur Verfügung. Eine statistische Auswertung von Vermittlungen für einzelne Standorte von Jobcenter erfolgt nicht. h) Ist mit der gemischten Struktur eine Anlehnung an W.I.R und die JBA gemeint oder hat der Senat hier andere Vorstellungen? Wenn ja, welche? i) Hat der Senat recherchiert, wie andere Kommunen für diese Zielgruppe die Jobcenter strukturiert haben? Wenn ja, welche Erkenntnisse konnten daraus gewonnen werden? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 8. f. In die nun anlaufenden Gespräche werden auch erste Überlegungen zu denkbaren strukturellen Veränderungen sowie entsprechende Erfahrungen anderer Kommunen einfließen.