BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18167 21. Wahlperiode 03.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Richard Seelmaecker (CDU) vom 28.08.19 und Antwort des Senats Betr.: 700 Kilo Kokain – Drogendealer in Mazedonien verhaftet Bereits im April stellten Drogenfahnder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe aus Zoll und Polizei 700 Kilo reines Kokain in einem Kühlcontainer mit Bananen sicher. Dabei nahm sie auch drei Tatverdächtige fest; mehrere weitere Beteiligte konnten ermittelt werden. Der letzte Zugehörige der Drogenbande wurde einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ vom 27. August 2019 zufolge nunmehr von Zielfahndern in Nordmazedonien aufgespürt. Der 54-jährige Ralph van L. ist dem Bericht zufolge im Drogendezernat bestens bekannt. Seit Jahrzehnten werde immer wieder gegen ihn ermittelt, mehrfach war er zu langen Haftstrafen, schließlich sogar mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. „Nach Informationen des Abendblattes wurde der heute 54-Jährige 2007 wegen weiterer Kokaingeschäfte zu elf Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. 2008 trat er die Strafe an. Im Juli 2014 kam er frei. Seine Bewährung lief im Juli dieses Jahres ab.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Ist es richtig, dass der 54-jährige Ralph van L. in Nordmazedonien aufgespürt und festgenommen wurde? Wie stellt sich der Sachverhalt nach derzeitigem Ermittlungsstand im Einzelnen dar? Es ist richtig, dass L. in Nordmazedonien aufgespürt und festgenommen wurde. Bei der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) des Landeskriminalamts Hamburg und des Zollfahndungsamts Hamburg ging Anfang April 2019 ein Hinweis auf eine mögliche illegale Kokainbeiladung in einem oder mehreren Containern mit Bananen ein, die sich an Bord eines aus Südamerika in Hamburg eintreffenden Containerschiffes befanden. Die Container wurden nach ihrer Ankunft im Hamburger Hafen zollrechtlich kontrolliert. Dabei wurde Kokain im Gesamtgewicht von 595 Kilogramm (Bruttogewicht: 700 Kilogramm ) aufgefunden und sichergestellt. Drei Tatverdächtige wurden festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Hamburg erwirkte Haftbefehle. Die Tatverdächtigen befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Weitere Ermittlungen ergaben den dringenden Verdacht eines engen Kontakts des L. zu den drei anderen Tatverdächtigen und seiner Einbindung in das Gesamtgeschehen . Das Amtsgericht Hamburg erließ am 13. Juni 2019 Haftbefehl und am 23. Juli 2019 einen Europäischen Haftbefehl gegen L. Im Rahmen der eingeleiteten Zielfahndung wurde er am 21. August 2019 in einem Feriengebiet in der Nähe von Tetovo in Nordmazedonien aufgespürt und durch nordmazedonische Sicherheitskräfte festgenommen . Drucksache 21/18167 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über Ralph van L. vor? Bitte Herkunft, gegebenenfalls aufenthaltsrechtlichen Status und rechtskräftige Verurteilungen angeben. 3. Von wann bis wann befand er sich wegen seiner letzten Verurteilung in Haft und in welchen JVA verbüßte er jeweils in welchem Zeitraum seine Strafe? L. wurde in Hamburg geboren und ist deutscher Staatsangehöriger. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 18. Juli 2019 enthält folgende mitteilungsfähige Eintragungen: Das Landgericht Hamburg verurteilte L. am 30. November 1992 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Unterschlagung und mit Hehlerei, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. Juli 1998 wurde L. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Bei beiden Verurteilungen wurde der jeweilige Strafrest zunächst zur Bewährung ausgesetzt , die Strafaussetzung sodann jedoch widerrufen. Am 23. Februar 2007 verurteilte das Landgericht Hamburg L. wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren. In dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. Februar 2019 wurde zudem die Sicherungsverwahrung angeordnet. Am 8. Juli 2014 wurde sowohl die Reststrafe als auch die Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt. Infolge der Aussetzung der Sicherungsverwahrung trat Führungsaufsicht ein. Die Bewährungszeit lief am 18. Juli 2019 aus. Wegen der aktuellen Ermittlungen wurde die Reststrafe noch nicht erlassen. L. wurde am 11. Juni 2008 der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel zur Strafverbüßung zugeführt. Am 29. August 2013 erfolgte die Verlegung in die Außenstelle der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg, von wo aus er am 14. Juli 2014 entlassen wurde. Schließlich verurteilte ihn das Amtsgericht Hamburg am 10. Dezember 2015 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen. 4. Inwiefern ist er während seiner Inhaftierung auffällig geworden? Der letzte Führungsbericht der Sozialtherapie Hamburg enthält keine Hinweise auf disziplinarwürdige Verhaltensauffälligkeiten. Eine umfassende Auswertung der umfangreichen mehrbändige Gefangenenpersonalakte ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Ist es richtig, dass bei seiner letzten Verurteilung eine Sicherungsverwahrung angeordnet beziehungsweise vorbehalten wurde? a. Trat er die Sicherungsverwahrung an? b. Falls nein, weshalb nicht? Stand er unter Führungsaufsicht? Siehe Antwort zu 2. und 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18167 3 6. Bei wie vielen in Hamburg Verurteilten, bei denen eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB angeordnet wurde, wurde diese seit dem Jahr 2014 zur Bewährung ausgesetzt? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen pro Jahr angeben. Jahr Anzahl der Sicherungsverwahrungen mit Entlassungen mit Bewährung Bestand Sicherungsverwahrungen im Jahresdurchschnitt Anteil in Prozent 2014 3 29 10 2015 3 27 11 2016 4 26 15 2017 2 27 7 2018 4 25 16 2019 (bis 29. August) 1 17 6 7. Bei wie vielen in Hamburg Verurteilten, bei denen eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB vorbehalten wurde, wurde die Sicherungsverwahrung nicht angeordnet? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen pro Jahr angeben. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg, das nicht als Statistikprogramm konzipiert wurde, wird der Umstand nicht erfasst, ob bei Verurteilten, bei denen eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB vorbehalten wurde, die Sicherungsverwahrung nicht angeordnet wurde. Für die Beantwortung der Frage müssten daher sämtliche Ermittlungsakten, in denen es zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe gekommen ist, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, beigezogen und ausgewertet werden. Dabei handelt es sich allein im Jahr 2018 um über 900 Verfahren. Die Beiziehung und händische Auswertung dieser Akten ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.