BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18200 21. Wahlperiode 06.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 29.08.19 und Antwort des Senats Betr.: Helfen Hausaufgaben in der schulischen Bildung? Hausaufgaben sind seit Jahrzehnten ein Reizwort in Familien und unter Schülern/-innen. Pädagogisch sind sie von zweifelhaftem Wert. Die Gestaltung von Hausaufgaben obliegt laut Hamburgischem Schulgesetz (HmbSG) § 53 (4) den jeweiligen Schulkonferenzen. Zuletzt sorgte der Schulsenator für Aufruhr, als er mehr Hausaufgaben einforderte. Fraglich bleibt, inwiefern dann Lehrkräfte auch mehr Zeit zu Kontrolle und Nachbesprechung zugestanden bekommen würden. Soziale Gerechtigkeit schaffen Hausaufgaben keineswegs, helfen doch in der Mehrheit Eltern ihren Kindern bei der Erledigung dieser Aufgaben – und dafür müssen jene Ressourcen, mindestens Zeit haben. Beides, Zeit und Ressourcen, ist bekanntlich ungleich verteilt. Hausaufgaben würden also entgegen der möglichen Intention des Senators die soziale Spaltung innerhalb der Schule weiter verschärfen. Für die verschiedenen Schulkonzepte werden unterschiedliche Modelle bezüglich der Erteilung von Hausaufgaben vermerkt. Für die Ganztagsschule gilt, dass Hausaufgaben in der Schulzeit erledigt werden.1 Als Lernerfolgskontrolle sind sie nicht vorgesehen. In der Wirklichkeit werden Hausaufgaben oftmals anstelle von ausgefallenem Unterricht gesetzt. Die sowieso geringe Freizeit von Schülern/-innen, die oftmals unter Schulstress stehen, wird mit der Erteilung von Hausaufgaben weiter beschnitten. Ich frage den Senat: Die für Bildung zuständige Behörde teilt die in der Vorbemerkung geäußerten Behauptungen der Abgeordneten nicht. Aufgaben, die außerhalb des Unterrichts bearbeitet werden, sind ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil erfolgreichen schulischen Lernens und dienen vor allem dem selbständigen Üben, Wiederholen und Vertiefen und damit der Sicherung des im Unterricht erworbenen Wissens und Könnens. Sie fördern das selbstständige Arbeiten und festigen dabei methodische Grundlagen des Lernens. Ihre Bearbeitung erfolgt zu Hause und/oder im Rahmen des Ganztags in der Schule. Daher sind sie im engeren Sinne als „Schul“aufgaben zu bezeichnen. Sie sind grundsätzlich so zu gestalten, dass sie von allen Schülerinnen und Schülern ohne Hilfe von Sorgeberechtigten oder anderen Personen alleine bearbeitet werden können. Schulaufgaben ergeben sich aus dem Unterricht und werden in allen Schulen und allen Schulformen in geeigneter Form wieder in den Unterricht eingebunden. Über die Grundsätze für den Umfang und die Verteilung der Hausaufgaben entscheidet gemäß 1 https://www.hamburg.de/ganztagsschule/2760620/informationen/. Drucksache 21/18200 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 § 53 Absatz 4 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) die jeweilige Schulkonferenz im Rahmen der behördlichen Vorgaben. Zu beachten sind dabei unter anderem die Vorgaben gemäß den jeweiligen Bildungsplänen und die „Richtlinie für die Erteilung von Hausaufgaben in der Sekundarstufe I des achtstufigen Gymnasiums“ vom 25. Juni 2014 (https://www.hamburg.de/contentblob/4359824/ 93b1890ce522c7556a542e3e9d112c6c/data/mbl-06-2014.pdf). Lehrerinnen und Lehrer gestalten die Aufgaben mit Blick auf den konkreten Unterrichtsverlauf und die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Schülerinnen und Schüler. Dies umfasst auch Rückmeldungen in angemessener Form zu erledigten Schulaufgaben zu geben beziehungsweise die Besprechung in den laufenden Unterricht zu integrieren . Für die Vor- und Nachbereitung von Unterricht einschließlich der Gestaltung und Einbindung von Schulaufgaben und für andere unterrichtsbezogene Aufgaben werden die Ressourcen gemäß Hamburger Lehrerarbeitszeitverordnung bereitgestellt. Siehe auch Drs. 21/15798, 21/16902 sowie 21/17000. Die grundsätzlichen Ziele von Schulaufgaben wie die Nach- und Vorbereitung von Unterricht bleiben auch im Ganztag erhalten. Schulen können für Schülerinnen und Schüler, die zusätzliche Übungs- und Vertiefungsphasen benötigen, dabei aber wenig Eigeninitiative aufbringen oder bei denen die Motivation im Elternhaus nicht ausreichend sichergestellt ist, ein verpflichtend wahrzunehmendes Nachmittagsangebot einrichten. Dieses Angebot soll einen Beitrag zur Herstellung von Bildungsgerechtigkeit darstellen. Laut der Richtlinie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall und zur Organisation von Vertretungsunterricht vom 16. Dezember 1998 ist im Rahmen von Vertretungsunterricht die Vergabe von Arbeitsaufträgen und nicht von Hausaufgaben der Fachlehrkraft ab Jahrgangsstufe 5 möglich, wenn die Überprüfung der Ergebnisse im Fachunterricht sichergestellt ist. In der Sekundarstufe I werden diese Arbeitsaufträge unter Aufsicht einer Lehrkraft ausgeführt (https://www.hamburg.de/contentblob/64552/ 9c486755fa3d56e67a9ff90123ef0312/data/bbs-vo-unterrichtsausfallvertretungsunterricht -12-98.pdf). Siehe hierzu auch Drs. 21/16319. Die Überlegungen der für Bildung zuständigen Behörde für eine Neukonzeptionierung von Schulaufgaben sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Inwiefern sind die Bemerkungen des Schulsenators über zusätzliche Hausaufgaben konzeptionell von der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und/oder einzelnen Schulen aufgegriffen worden? (Bitte die Veränderung in den Konzepten darlegen und entsprechende Dokumente anhängen.) 2. Wenn die Bemerkungen des Schulsenators konzeptionell aufgegriffen wurden, welche zusätzlichen Ressourcen wurden entsprechend bereitgestellt ? Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Schulen welchen Modells (gebundener, teilgebundener, offenen Ganztag) erteilen aus welchen Gründen Hausaufgaben? (Bitte nach Schulbezirk, Schulform und Ganztagsmodell aufschlüsseln, KESS- Faktor und die Schüler-/-innenzahl angeben. Entsprechende Konzepte anhängen.) Der für Bildung zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse vor, dass Schulen nicht entsprechend der geltenden Bildungspläne Schulaufgaben vorsehen beziehungsweise Schulkonferenzen nicht gemäß § 53 Absatz 4 HmbSG Grundsätze für den Umfang und die Verteilung von Schulaufgaben beschlossen haben, siehe Vorbemerkung . Eine zentrale Erfassung aller Konzepte und Beschlüsse erfolgt nicht. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18200 3 4. Werden Hausaufgaben erteilt, wie ist vorgesehen, diese Arbeiten von Schülern/-innen pädagogisch zu reflektieren und in den Unterricht einzubinden ? 5. Welche Ressourcen werden Lehrkräften zur angemessenen Vor- und Nachbereitung von Hausaufgaben bereitgestellt? Siehe Vorbemerkung. 6. Wie überprüft die BSB die pädagogische Wirkung von Hausaufgaben und ihren Effekt hinsichtlich der individuellen Lernstände der Schüler/ -innen? Die zuständige Lehrkraft berücksichtigt in der Gestaltung der Schulaufgaben und den Rückmeldungen zu erledigten Aufgaben (Tipps, Hinweise, nächste Schritte) den Lernstand der Schülerinnen und Schüler. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Wie bewertet die BSB den pädagogischen Wert von Hausaufgaben? 8. Welches Verhältnis erachtet die BSB für angemessen zwischen der zur Verfügung stehenden außerschulischen Arbeitszeit der Schüler/-innen und dem Umfang der Hausaufgaben? Siehe Vorbemerkung.