BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18217 21. Wahlperiode 10.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 02.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Weil jede Minute zählt – Wie schnell kommt die Feuerwehr? (II) Bevölkerungswachstum, Verdichtung der Stadt, demografischer Wandel und wachsende Veränderungen der Hamburger Infrastruktur – die Feuerwehr unterliegt der Herausforderung ständiger Anpassung; dies gilt für den Brandschutz und den Rettungsdienst gleichermaßen. Ein schnelles Eintreffen der Feuerwehr am Einsatzort nach ihrer Alarmierung bei Wohnungsbränden und im Rettungsdienst ist von herausragender Bedeutung für Leib und Leben der Menschen. Das Schutzziel der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) sieht vor, dass bei einem kritischen Brand die ersten zehn Funktionen binnen einer Hilfsfrist von spätestens acht Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort sein müssen, die Ergänzungseinheit muss nach weiteren fünf Minuten an der Einsatzstelle eintreffen. Die Hilfsfrist ist dabei das wichtigste Planungs- und Qualitätsmerkmal für die Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdienst . Die Überschreitung kann wenige Sekunden, aber auch viele Minuten betragen. Um die Sicherheit der Hamburger Bürger zu garantieren, hat dies nach den Empfehlungen der AGBF in 95 Prozent der Fälle zu gelingen („Erreichungsgrad “). Im Einzelplan 8.1 wird der Erreichungsgrad als „Erfüllungsquote Eintreffzeit innerhalb von weniger als acht Minuten (mind. zehn Funktionen)“ unter der Kennzahl B_277_01_010 erfasst. Auch für den öffentlichen Rettungsdienst sind entsprechende Hilfsfristen vorgegeben . Diese sehen vor, dass ein Rettungswagen innerhalb von spätestens acht Minuten nach der Notrufaufnahme und ein Notarzt innerhalb von spätestens 15 Minuten am Einsatzort eintreffen müssen. Die Erfüllungsquoten werden unter den Kennzahlen B_277_01_014 und B_277_01_015 ermittelt . Es stellt sich die Frage, wie häufig die Schutzziele beziehungsweise Hilfsfristen tatsächlich auch überall in Hamburg erreicht beziehungsweise eingehalten werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat im Nachgang zu meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage, Drs. 21/16842: Drucksache 21/18217 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Feuerwehr Hamburg erstellt grundsätzlich umfangreiche Auswertungen und Statistiken für die Steuerung des Einsatzdienstes. Die Auswertungen der Daten im Sinne der Anfrage sind nicht standardisiert und automatisch abfragbar. Die Auswertung der Daten müsste händisch erfolgen. Die Komplexität der Abfragen für den Rettungsdienst und den Brandschutz auf der regionalen Ebene von Bezirken und Stadteilen müssten die Daten Tausender Einsätze aus mehreren IT-Verfahren der Feuerwehr Hamburg manuell verknüpft, gefiltert und berechnet werden. Das ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Weiterhin lassen sich nicht alle Alarmierungen regional einem Bezirk oder Stadtteil zuordnen, weil es Einsätze an den Grenzen der Bezirke und Stadtteile, wie beispielsweise auf Kreuzungen, gibt. Bei der Berechnung der „Erfüllungsquote Eintreffzeit und taktische Mindeststärke“ werden die „Ausrück- und Anfahrtszeit“ (Differenz zwischen Alarmierung der Einheiten und Eintreffen am Einsatzort) und die taktische Mindeststärke für die jeweiligen Schutzzielstufen aller auswertbaren „kritischen Brände“ berücksichtigt. Sie ist erreicht, wenn eine angemessen ausgebildete Mannschaft mit einer taktischen Mindeststärke von zehn Funktionen (Kennzahl B_277_01_010) innerhalb von acht Minuten sowie sechs weitere Funktionen (Kennzahl B_277_01_011) nach maximal 13 Minuten mit dem erforderlichen Gerät die Einsatzstelle erreicht, um somit einen kritischen Brand in einer Obergeschosswohnung eines mehrgeschossigen Gebäudes bei verqualmten Rettungswegen bekämpfen zu können. Über die Erreichungsgrade zum sogenannten kritischen Wohnungsbrand wird mit den Quartalsberichten gegenüber Innen- und Haushaltsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft berichtet. Die Feuerwehr Hamburg erstellt für den Einsatzdienst unterschiedliche Statistiken und nimmt entsprechende Auswertungen vor. Diese unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenstellungen zwischen Rettungsdienst und Brandschutz. Im Rettungsdienst werden die Statistiken und Auswertungen zu einem höheren Anteil automatisiert erstellt, im Brandschutz ist dies aufgrund der höheren Komplexität nur in einem geringeren Umfang möglich. Die hier angefragten Erfüllungsquoten werden als Kennzahl im Rahmen der Haushaltsberichtserstattung regelmäßig der Hamburgischen Bürgerschaft berichtet. Die Zielerreichungsgrade beziehen sich auf interne Einsatzauswertungen der Feuerwehr Hamburg. Zu berücksichtigen ist dabei, dass bisher weniger als 50 Prozent der vorliegenden Einsätze hierfür ausgewertet werden können. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass ein Verfehlen der Zielerreichung im Einzelfall auch gegeben ist, wenn die Feuerwehr mit den ersten zehn Funktionen die acht Minuten gerade verfehlt oder wenn sie innerhalb des Acht-Minuten-Zeitraums eintrifft, aber nur mit neun statt zehn Funktionen besetzt ist. Die Umsetzung der Erreichungsgrade ist eine kontinuierliche Aufgabe . Darüber hinaus lassen die monatsweise Darstellung der Erreichungsgrade bei den Hamburger Feuer- und Rettungswachen mit einem niedrigen Einsatzaufkommen keine validen Aussagen zur Qualität der Erreichungsgrade zu. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die „Erfüllungsquote Eintreffzeit und der taktischen Mindeststärke beim sog. „kritischen Brand“ innerhalb von <= 8 Minuten (mind. 10 Funktionen)“, Kennzahl B_277_01_010, in Hamburg im 2. Quartal 2019 entwickelt? Die Erfüllungsquote der Eintreffzeit und der taktischen Mindeststärke beim sogenannten kritischen Brand betrug im 2. Quartal 2019 63,5 Prozent. 2. Wie hat sich die Überschreitung der Hilfsfrist beim kritischen Brand seit 2015 entwickelt? Welche höchsten Zeiträume von der Notrufannahme bis zum Eintreffen an der Einsatzstelle hat es gegeben? Bitte Anzahl der Überschreitungen, differenziert nach acht – neun Minuten, neun – zehn Minuten, zehn – elf Minuten, elf – zwölf Minuten, mehr als zwölf Minuten pro Jahr angeben. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18217 3 Für die Beantwortung der Frage in den angefragten Zeiträumen (acht – neun Minuten, neun – zehn Minuten, zehn – elf Minuten, elf – zwölf Minuten, mehr als zwölf Minuten) ist eine manuelle Programmierung beziehungsweise manuelle Auswertung der Daten von rund 25 000 Einsätzen erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass viele Einsätze die Acht-Minuten-Erfüllungsquote nur geringfügig überschreiten, dass die Erfüllungsquote aber auch davon beeinflusst wird, dass zwar ein zeitgerechtes Erreichen der Einsatzstelle erfolgt, aber die vorgegebenen Zehn-Funktionen-Besetzung nicht vollständig abgebildet ist. Dann wird die vorgegebene Zielerreichung als nicht erfüllt bewertet. 3. Wie hat sich die „Erfüllungsquote Eintreffzeit im öffentlichen Rettungsdienst an der Einsatzstelle innerhalb von <= 8 Minuten“, Kennzahl B_277_01_014, in Hamburg insgesamt sowie in den einzelnen Bezirken und Stadtteilen im 2. Quartal 2019 jeweils entwickelt? Es wurden Einsätze der Rettungswagen (RTW) der Berufsfeuerwehr und der am öffentlichen Rettungsdienst beteiligten Organisationen mit Einsatzort Hamburg ausgewertet . Darüber hinaus gibt es für eine Reihe von Gebieten örtlich zuständige Freiwillige Feuerwehren , welche eine spezielle Ausbildung zur Erstversorgung erhalten haben, um die Zeitspanne bis zum Eintreffen des ersten Rettungswagens zu verkürzen und damit die Versorgung zu ergänzen. Diese sogenannten Erstversorgungswehren sind in den Kennzahlen nicht berücksichtigt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Erfüllungsquoten nach Bezirken Rettungswagen 2. Quartal 2019 Altona 59% Bergedorf 58% Eimsbüttel 72% Hamburg-Mitte 70% Hamburg-Nord 75% Harburg 55% Wandsbek 58% Hamburg gesamt 64% Stand 04.09.2019 4. Wie hat sich die Überschreitung der Hilfsfrist im öffentlichen Rettungsdienst seit 2015 entwickelt? Welche höchsten Zeiträume von der Notrufannahme bis zum Eintreffen an der Einsatzstelle hat es gegeben? Bitte Anzahl der Überschreitungen, differenziert nach acht – neun Minuten, neun – zehn Minuten, zehn – elf Minuten, elf – zwölf Minuten, mehr als zwölf Minuten pro Jahr angeben. RTW 2015 2016 2017 2018 2019* Überschreitun - gen Prozentualer Anteil Überschreitun - gen Prozentualer Anteil Überschrei - tungen Prozentualer Anteil Überschreitun - gen Prozentualer Anteil Überschrei - tungen Prozentualer Anteil 8-9 min. 22 362 13,18% 23 513 13,74% 22 786 13,87% 22 987 13,97% 11 563 14,36% 9-10 min. 13 351 7,87% 14 215 8,31% 13 880 8,45% 13 647 8,30% 7 233 8,98% 10-11 min. 7 615 4,49% 7 908 4,62% 7 932 4,83% 8 121 4,94% 3 832 4,76% 11-12 min. 4 401 2,59% 4 536 2,65% 4 357 2,65% 4 420 2,69% 1 993 2,47% 12+ min. 7 597 4,48% 7 974 4,66% 7 830 4,77% 7 934 4,82% 3 648 4,53% *1. Hj. 2019 5. Wie hat sich die „Erfüllungsquote Eintreffzeit Notarzt an der Einsatzstelle innerhalb von <= 15 Minuten“, Kennzahl B_277_01_015, in Hamburg insgesamt sowie in den einzelnen Bezirken und Stadtteilen im 2. Quartal 2019 jeweils entwickelt? Drucksache 21/18217 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Es wurden Einsätze der Notarzteinsatzfahrzeuge, der Notarztwagen der Berufsfeuerwehr , der Rettungshubschrauber von Bundeswehr und ADAC und der am öffentlichen Rettungsdienst beteiligten Organisationen mit Einsatzort Hamburg ausgewertet. Für Stadtteile mit „0-Prozentangaben“ lagen entweder keine Alarmierungsereignisse vor oder aber der Anteil der Alarmierungsereignisse war unter statistischen Gesichtspunkten zu gering. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Erfüllungsquoten nach Bezirken NEF/NAW/RTH* 2. Quartal 2019 Altona 89% Bergedorf 86% Eimsbüttel 92% Hamburg-Mitte 92% Hamburg-Nord 95% Harburg 86% Wandsbek 95% Hamburg gesamt 92% Stand 04.09.2019 * NEF/NAW/RTH – Notarzteinsatzfahrzeug/Notarztwagen/Rettungshubschrauber 6. Wie hat sich die durchschnittliche monatliche Fehlzeitenquote seit dem Jahr 2017 bis heute entwickelt? Die Entwicklung der monatlichen Fehlzeitenquote ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. 2017 2018 2019 Januar 11,18% 12,16% 10,80% Februar 11,83% 13,50% 11,97% März 10,48% 13,57% 11,97% April 10,32% 10,83% 11,38% Mai 9,31% 11,09% 10,17% Juni 9,36% 10,73% 10,61% Juli 11,69% 10,91% 9,16% August 9,62% 11,22% 10,63% September 11,33% 12,29% Oktober 11,75% 12,73% November 10,58% 12,10% Dezember 12,79% 13,73%