BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18222 21. Wahlperiode 10.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Philipp Heißner und Dennis Gladiator (CDU) vom 02.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Hamburg Die Missbrauchsfälle von Staufen und Lügde zeigen exemplarisch, welch katastrophale Auswirkungen es für Mädchen und Jungen haben kann, wenn sich strukturelle Defizite im Kinderschutz und bei polizeilichen Ermittlungen auf die konkrete Fallarbeit auswirken. Die Zuständigkeit für den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch und seine Folgen liegt in erster Linie bei den Bundesländern. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Eines der obersten Ziele des Senats ist es, Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt zu schützen und im Rahmen von Prävention und Intervention bestmöglich zu unterstützen. So verfügt Hamburg seit Mitte der Neunzigerjahre über ein gut ausgebautes Netz von Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt. Diese bieten sehr wichtige Beratung und Hilfe für Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erleben mussten. Auch werden Betroffene bei Bedarf durch eine psychotherapeutische Begleitung stabilisiert. Zur Erfüllung der Zielsetzung sorgen alle zuständigen Behörden für gute Rahmenbedingungen, in dem sie die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure in diesem Handlungsfeld durch Fachgespräche und öffentlichkeitswirksame Maßnahmen fördern und unterstützen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wird durch den Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine ressortübergreifende Bestands- und Defizitanalyse zu Prävention, Intervention bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie kurzund langfristiger Hilfe für Betroffene umgesetzt? Wenn ja, wie, welche (Berichts-, Analyse-)Grundlagen, die herangezogen werden sollten, gibt es dafür? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen von runden Tischen, Arbeitskreisen, Beiräten und auf Fachtagen, die hamburg- und bundesweit stattfinden, gibt es einen kontinuierlichen Austausch zwischen Bundesministerien, Universitäten und Hochschulen, Hamburger Fachbehörden, Beratungseinrichtungen und sonstigen Institutionen zu Fragen des Umgangs mit der Thematik und der weiteren Bearbeitung dieser Themen. In diesem Rahmen finden regelmäßige Bewertungen der Ist-Situation statt. Bei Bedarf werden neue Verfahren und Angebote geplant. Unter anderem sind folgende Austauschgremien (AG) dafür relevant: - AG „Grenze“ des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) in Kooperation mit der Beratungsstelle Gewaltprävention der für Bildung zuständigen Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Behörde, den Beratungsstellen zur sexuellen Bildung und zur Prävention von sexualisierter Gewalt und der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren, - AG „Kinderschutz“ der für Bildung zuständigen Behörde in Kooperation mit der für Arbeit, Soziales, Familie und Integration zuständigen Behörde, den bezirklichen Jugendämtern, den Kinderschutzzentren, Bezirksämtern und dem Kinderschutzbund , - Runder Tisch gegen häusliche Gewalt im Bezirk Eimsbüttel, - Fachforen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), - Beirat des Unabhängigen Beauftragten zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), - AG zum Bundeskooperationsprojekt „Schutz und Hilfe bei Handel und Ausbeutung von Kindern“. - Bund-Länder-NGO-Arbeitsgruppe „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung“ 2. Existiert ein ressortübergreifender Maßnahmenplan gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen? Wenn ja, wie wird seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde sichergestellt, dass ein ressortübergreifender Maßnahmenplan gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen nach der Analyse mit passenden und angemessenen Umsetzungsinstrumenten/-strukturen versehen wird? Wenn nein, warum nicht? Der Senat hat seit den neunziger Jahren systematisch Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt auf den Weg gebracht. Dies erfolgte stets unter Abstimmung und Zusammenarbeit aller Behörden mit dem Ziel, die Hilfeund Unterstützungsstrukturen der Jugendhilfe-, der Sozialhilfe- und des Gesundheitssystems zu erhalten und auszubauen. Folgende Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht und implementiert: Im Rahmen des Handlungskonzepts „Handeln gegen Jugendgewalt“ (Drs. 18/7296; Folgedrs. 19/8174) wurde die verbindliche Meldung und Bearbeitung von Gewaltvorfällen – insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung – an Schulen beschlossen und eingeführt („Anzeigepflicht an Schulen“). Die Richtlinie zur Bearbeitung und Meldung von Gewaltvorfällen in Schulen ist seit September 2009 in Kraft. Diese Maßnahme dient einer schnelleren Hilfestellung für Schulen in entsprechenden Situationen und fördert sowie beschleunigt die überbehördliche Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und der Polizei. Auf Basis der schulischen Gewaltmeldung werden dann gegebenenfalls Ermittlungsverfahren eingeleitet und/oder Präventivmaßnahmen initiiert. In ähnlicher Art und Weise wird bei Fällen in Kindertagesstätten verfahren. Darüber hinaus behandelt das Senatskonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege (Drs. 20/10944) das Thema „sexualisierte Gewalt“. Die Polizei Hamburg ist innerhalb dieses Konzepts im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung für Gefahrenabwehr, Krisenintervention und Opferschutz zuständig und trifft dabei die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen. Die für Bildung zuständige Behörde war maßgeblich an der Erarbeitung der Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) beteiligt und setzt diese um (siehe https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2010/ 2010_04_20-Handlungsempfehlungen-Vorbeugung-sexueller-Missbrauch_2013.pdf). Hamburg hat sich deshalb im April 2017 der UBSKM „Schule gegen sexuelle Gewalt“ angeschlossen (siehe https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/8632802/2017-04- 26-bsb-schule-gegen-sexuelle-gewalt/). In diesem Rahmen erhielten alle Hamburger Schulen den Kinderschutzordner mit Unterlagen und Materialien zur Entwicklung eines standortspezifischen Kinderschutzkonzeptes (siehe https://hamburg.schulegegen -sexuelle-gewalt.de/home/). Die „Richtlinie zum Umgang der Schulen mit dem Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 3 Verdacht auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler“ von 2015 (siehe https://www.hamburg.de/contentblob/5064834/ 4ae21a049667516a5cdfbc5680758d77/data/richtlinie-straftaten-gegen-die-sexuelleselbstbestimmung .pdf) regelt das Verfahren zur Meldung und weiteren Bearbeitung von Vorfällen der Schulen. Über die curricularen Vorgaben in den Bildungs- und Rahmenplänen insbesondere zum fächerübergreifend zu unterrichtenden Aufgabengebiet Sexualerziehung ist vorgegeben, dass Schulen das Thema „sexualisierte Gewalt“ aufgreifen (siehe https://li.hamburg.de/contentblob/4075234/ 14b189e8be08f3387f4793bbf64a570a/data/pdf-bildungsplaene-aufgabengebiete.pdf). Im Rahmen der selbstverantworteten Schule entscheidet diese, wie sie die Vorgaben umsetzt und ob und wie sie dabei mit außerschulischen Kooperationspartnern zusammenarbeitet. Durch das sogenannte Gewaltmeldeformular werden strafrechtlich relevante Vorfälle an Hamburger Schulen erfasst. Gemäß der „Richtlinie zur Meldung und zum Umgang mit Gewaltvorfällen an Schulen“ von 2015 (siehe https://www.hamburg.de/ contentblob/5064824/3c0b35d6b59e63d88f11990f221f6464/data/richtlinie-meldungvon -gewaltvorfaellen.pdf) sind gegenwärtige Sexualdelikte oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung mit dem Gewaltmeldeformular der für Bildung zuständigen Behörde und der Polizei Hamburg zu melden (siehe https://www.hamburg.de/ gewaltpraevention/4084614/meldeformular-gewaltvorfall-schule/). Im Übrigen siehe Drs. 21/13602, 21/11788, 21/3638 und 20/7031. 3. Werden vom Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde von sexuellem Kindesmissbrauch Betroffene in die Erarbeitung politischer Strategien zur Verbesserung des Kinderschutzes einbezogen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Fachberatungsstellen stehen durch ihre Beratungstätigkeit im direkten Kontakt zu den Betroffenen. Durch den stetigen Austausch zwischen der BASFI und den Fachberatungsstellen werden Bedarfe der Betroffenen aufgegriffen und in der Erarbeitung einer politischen Strategie berücksichtigt. Die für Bildung zuständige Behörde orientiert sich unter anderem an den Konzepten des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM). Hier wurde der sogenannte Betroffenenrat installiert (siehe https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/der-betroffenenrat). 4. Wie sollen die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) gestärkt werden, um im Bereich der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mehr Handlungssicherheit zu gewinnen? Welche konkreten Maßnahmen wurden hierzu ergriffen? Den Fachkräften aus den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD) der Hamburger Jugendämter steht die Handreichung „Handlungsorientierung für die Intervention bei sexuellem Missbrauch“ zur Verfügung http://t.hh.de/117488. Hiermit wird eine bestmögliche Handlungssicherheit in diesem anspruchsvollen Handlungsfeld geboten. Diese Handreichung ist eingebunden in ein umfängliches Fortbildungsangebot: Das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum (SPFZ) der Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration (BASFI) bietet jedes Jahr in seinem zentralen Programm eine offen ausgeschriebene Veranstaltung „Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ im Umfang von drei Tagen an. Teilnehmen können neben den Hauptzielgruppen Erzieherinnen und Erziehern sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern auch Fachkräfte aus kooperierenden Arbeitsfeldern, also Schule, Gesundheitswesen , Justiz und Polizei. Seit 2012 erhalten daneben alle neuen Fachkräfte im ASD der Hamburger Fachämter für Jugend- und Familienhilfe im Rahmen des Programms „Neu im ASD“ eine halbtägige Einführung und Grundlagenwissen zu diesem Thema. Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ferner bietet das SPFZ jährlich drei inhaltsgleiche Kinderschutz Grundkurse mit jeweils vier Tagen an, in denen „Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ eines der zentralen Themen ist. An der Veranstaltung teilnehmen können Fachkräfte von freien Trägern der Jugendhilfe. Neben diesen regelmäßigen Angeboten werden die individuellen Bedarfe der Jugendämter auf Anfrage in darauf zugeschnittenen Veranstaltungen abgedeckt. Im Übrigen siehe Drs. 21/741. 5. Welche Schritte werden vom Senat beziehungsweise von der zuständigen Behörde unternommen, um das komplexe Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs stärker in der Aus- und Fortbildung von pädagogischen und medizinischen Fachkräften sowie bei Polizei und Justiz zu verankern? Bitte die konkreten Aus- und Fortbildungsangebote nennen. Die Opferhilfe Hamburg e.V. bietet bei dem jährlich stattfindenden Tag der Allgemeinmedizin regelmäßig Fortbildungen zu den Themen sexualisierte Gewalt, Prävalenz und Beratungsangebote in Hamburg an. Dabei wird auch auf die Medizinische Kinderschutzhotline (https://www.kinderschutzhotline.de/) verwiesen. Im Rechtskundeunterricht der abschließenden Ausbildung von Polizeivollzugsbeamten im Laufbahnabschnitt I (LA I) ist ein Unterrichtsschwerpunkt die Vermittlung des Dreizehnten Abschnittes des Strafgesetzbuches (StGB) „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Für diesen Themenbereich sind gemäß Berufsbildungsplan 15 Unterrichtseinheiten (UE) vorgesehen. Da es sich bei den Nachwuchskräften um angehende Schutzpolizisten handelt, die im Regelfall den ersten Kontakt zu potenziellen Opfern oder Anzeigenden haben, geht es bei der Ausbildung im Wesentlichen darum, Straftaten dieser Art zu erkennen. Das Phänomen der Kindeswohlgefährdung ist Thema in der abschließenden Ausbildung LA I im Fach Polizeiberufskunde. Sexueller Missbrauch wird als eine (besonders schwere) Form der Kindeswohlgefährdung thematisch umrissen. Ebenfalls in der abschließenden Ausbildung des LA I werden von einer ehemaligen Sachbearbeiterin für Sexualdelikte im Fach Kriminalistik zwei bis drei UE zum Umgang mit Opfern sexueller Gewalt abgehalten. Hier werden unter anderem Verhaltensweisen gegenüber Opfern von Sexualstraftaten thematisiert. Der polizeiliche Einsatz und der Umgang mit Opfern werden vom ersten Zusammentreffen mit dem Opfer bis zur Übergabe an die Fachdienststelle für Sexualdelikte erörtert. Diese UE werden vorzugsweise zum Ende des Unterrichtsblocks „Sexualdelikte“ im Rechtskundeunterricht durchgeführt. Im Rahmen des Bachelorstudienganges (LA II – gehobener Dienst) des Fachhochschulbereichs der Akademie der Polizei (AK) werden folgende Studieninhalte vermittelt: - Kriminalistik: Jugendschutz, Jugendsachbearbeitung, Jugendhilfe, Befragung und Vernehmung von Kindern und Jugendlichen - Kriminologie/Soziologie: Kinder und Jugendliche als Opfer von Straftaten - Rechtswissenschaften: Kinder- und Jugendhilferecht, Sonderregeln für kindliche und jugendliche Zeugen - Kriminologie: Kinder und Jugendliche als Opfer von Straftaten - Rechtswissenschaften: Jugendschutzrecht, Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen - Kriminalistik: Jugendhilfe, Opferschutz, Jugendsachbearbeitung - Kriminalistik, Recht, Psychologie: Befragung von Minderjährigen, rechtliche Besonderheiten im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen Die Thematik sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche wird darüber hinaus in den Fortbildungslehrgängen „Beziehungsgewalt“ der AK thematisiert und vermittelt: - Lg.-Nummer 1113: Beziehungsgewalt für Schutzpolizei, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 5 - Lg.-Nummer 1114: Grundlehrgang Beziehungsgewalt für K-Ermittler, - Lg.-Nummer 1117: Aufbaulehrgang Beziehungsgewalt für K-Ermittler. Hier finden unter anderem folgende Aspekte im Sinne der Frage Berücksichtigung: Hinweise des Instituts für Rechtsmedizin zur sachgerechten Spurensicherung beim Opfer, Maßgaben der Staatsanwaltschaft hinsichtlich körperlicher Untersuchungen bei minderjährigen Gewaltopfern und Hinweise der ASD zur Kooperation mit der Polizei. Im Überleitungslehrgang A 9 LA I zu LA II wird die Thematik durch die Fachkräfte des LKA 42 (Fachkommissariat für Sexualstraftaten) in vier UE neben weiteren Inhalten zu Sexualdelikten mit behandelt. Das Bundeskriminalamt (BKA) bietet jährlich einen zehntägigen Speziallehrgang zum Thema „Kinderpornografie im Internet“ an. Dieser Lehrgang wird von allen kriminalpolizeilichen Sachbearbeitern im Bereich „Kinderpornografie“ besucht. Darüber hinaus finden interne Fortbildungen im Rahmen von Dienstunterrichten statt. Die Abteilung Beratung – Vielfalt, Gesundheit und Prävention des Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) und die Beratungsstelle Gewaltprävention unterstützen Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, Lehrkräfte und sonstige pädagogische Fachkräfte sowie Schulleitungen durch Beratungen, Fortbildungen und Fachtagen zum Umgang mit konkreten Situationen sowie zur Prävention. Auch im Rahmen systemisch angelegter Qualifizierungen beispielsweise zur Beratungslehrkraft, zur schulischen Kinderschutzfachkraft, zur „Opferschutzfachkraft (BeOS)“ und bei der Qualifizierung von Kulturmittlerinnen und Kulturmittlern wird das Thema aufgegriffen. Für die schulischen Unterstützungsmaßnahmen werden entsprechende Beratungsstellen zur sexuellen Bildung, zur Prävention von sexualisierter Gewalt, zum Kinderschutz und gegen häusliche sowie Partnerschaftsgewalt einbezogen. Zu den in den Drs. 21/13602, 21/13405, 21/11788 und 21/3638 ausführlich dargelegten Maßnahmen können beispielhaft noch folgende Module genannt werden: - Kinderschutz: bezirkliche Weiterbildung zu inhaltlichen Fragen und zur Netzwerkbildung und Stärkung, Weiterbildung zur Fachkraft in schulischen Institutionen: Begleitung von Opfern schulischer Gewalttaten mit vertiefenden Aspekten zum Kinderschutz (BeOS), schulinterne Lehrerfortbildungen zu inhaltlichen und strukturellen Themen der Kinderschutzkonzepte, Fachtagungen zum Kinderschutz, Kinderschutzmoderatorinnen und Kinderschutzmoderatoren der ReBBZ. - Nutzung von digitalen Medien: Beratung und Fortbildungen zu Übergriffsituationen in sozialen Netzen, Beratung und Fortbildungen zu Sexting, Unterrichtsmaterialien zur selbstreflektierten Nutzung (siehe https://li.hamburg.de/unterrichtsmaterial/ 3023764/art-medienwerkstatt/, https://li.hamburg.de/spz/11889652/ftagung/). Verfahren wegen Sexualdelikten werden in der Staatsanwaltschaft Hamburg in einer Spezialabteilung bearbeitet, in der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte eingesetzt werden, die aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung und Fortbildung über eine hohe Kompetenz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bei der Bearbeitung von Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verfügen. Im Bedarfsfall stehen Fortbildungsangebote namentlich der Deutschen Richterakademie (DRA) zur Verfügung , die von den Dezernenten der Abteilung regelmäßig in Anspruch genommen werden. So bietet die DRA 2020 die Tagung „Gewalt in der Familie - Familien- und strafrechtliche Aspekte, Glaubhaftigkeitsbeurteilung bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch “ an, die insbesondere auch die Themen Gewaltopfer bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch und Videovernehmung von kindlichen Gewaltopfern zum Gegenstand hat. Im Januar 2020 wird in der Justizbehörde eine Fortbildung zu dem sogenannten Braunschweiger Modell stattfinden, dessen Ziel es ist, Mehrfachvernehmungen und die psychischen Belastungen von Aussagen kindlicher und jugendlicher Opfer sexueller Gewalt durch Aussagen in der Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten zu vernehmen. Nach diesem Modell werden die Videovernehmungen als vorweggenommener Teil der Hauptverhandlung durchgeführt und als solcher in die Hauptverhandlung eingeführt. Zudem ist der sensible, die Opferinteressen in den Blick nehmende Umgang mit Zeuginnen und Zeugen wiederkehrender Gegenstand von Fortbildungen. Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Zu den Fortbildungsangeboten im Zuständigkeitsbereich der BASFI siehe Antwort zu 4. 6. Wurden vom Senat beziehungsweise von der zuständigen Behörde Maßnahmen ergriffen, um die Umsetzung der Mitteilung in Strafsachen (MiStra) künftig besser zu gewährleisten? Wenn ja, welche Maßnahmen? Wenn nein, warum nicht? Die zentralen Mitteilungsregelungen zum Schutz von Minderjährigen ergeben sich aus Nummer 35 und Nummer 31 Mitteilung in Strafsachen (MiStra). Um eine effektive Unterrichtung zu gewährleisten, wurden weitere Einzelheiten insbesondere zu den Voraussetzungen und Abläufen in der Verfügung des Behördenleiters der Staatsanwaltschaft vom 11. Juni 2014 (in der Fassung vom 07. Juni 2016) zu Mitteilungen zum Schutz von Minderjährigen nach den genannten Vorschriften geregelt. In dem in Rede stehenden Bereich des sexuellen Missbrauchs gehört die Nutzung von JUS-IT zum Standard. Ebenso standardisiert erfolgen Mitteilungen an die zuständigen Jugendämter und Familiengerichte, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. 7. Welche Vereinbarung gibt es zwischen dem LKA und der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) für das Vorgehen bei Schulfahndungen ? Zur Umsetzung des vom BKA entwickelten Konzepts „Schulfahndungen“ wurde bei der Polizei ein entsprechender, mit der für Bildung zuständigen Behörde abgestimmter Geschäftsprozess festgelegt. Sofern das LKA eine Schulfahndung für notwendig erachtet, informiert es die für Bildung zuständige Behörde, die die Fahndung an die Schulleitungen weiterleitet. 8. Wie wird die Empfehlung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission beim UBSKM für örtliche und sachlich konzentrierte Kompetenzzentren bei Staatsanwaltschaften und Gerichten für eine bessere Berücksichtigung der Belange von Betroffenen bewertet? Gibt es entsprechende konkrete Pläne in Hamburg? Wenn ja, welchen Inhalt haben diese Pläne? Wenn nein, warum nicht? Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche werden von den Ermittlungsbehörden konsequent verfolgt. Staatsanwaltschaften und Gerichte sind für Delikte aus diesem Bereich besonders sensibilisiert. Die Zuständigkeit und damit die Kompetenzen in Jugendschutzsachen sind bei Amts- und Landgericht weitgehend konzentriert. Am Amtsgericht gibt es im Geschäftsverteilungsplan für das Amtsgericht Hamburg eine Sonderzuständigkeit des Jugendgerichts für Jugendschutzsachen und für die richterliche Vernehmung von geschädigten Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Ermittlungsverfahren. An den Familiengerichten gibt es keine Sonderzuständigkeit für Missbrauchsverdachtsfälle. Am Landgericht sind zwei Große Strafkammern als Jugendschutzkammern zuständig für Straftaten Erwachsener aus dem 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches oder nach §§ 232 Absatz 1 S. 1 Nummer 1a (auch in Verbindung mit § 232 Absatz 2), 232a und 233a Absatz 1 Nummer 1 StGB, durch die ein Kind oder ein Jugendlicher verletzt oder unmittelbar gefährdet wird sowie Straftaten, in denen Kinder im Sinne des § 7 Absatz 1 Nummer 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII oder Jugendliche im Sinne des § 1 Absatz 2 JGG verletzt oder unmittelbar gefährdet worden sind. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 9. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Stand der Einführung von Konzepten für Schutz und Hilfe bei sexueller Gewalt in Einrichtungen und Organisationen, in denen Kinder und Jugendliche sind? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 7 10. Welche Maßnahmen ergreift der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, um den Wissensstand, die Motivation und die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Schutzkonzepten in Schulen, in Kitas, in der Jugend-, Behinderten- und Gesundheitshilfe sowie in Freizeiteinrichtungen und Sportvereinen weiter zu verbessern? Welche Rahmenbedingungen werden als förderlich und hinderlich bewertet? Mit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes begannen die BASFI als Aufsichtsbehörde und die Verbände der Kinder- und Jugendhilfe in einer Arbeitsgemeinschaft gemeinsam mit der Entwicklung von Leitfragen zur Erstellung von Schutzkonzepten in Einrichtungen gemäß §§ 45 und 79a SGB VIII. Inzwischen habe alle freien Träger in der Freien und Hansestadt Hamburg, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, der zuständigen Behörde ein Schutzkonzept vorgelegt. Dadurch werden Bedingungen geschaffen, die das Risiko einer Grenzüberschreitung senken. Diese Schutzkonzepte dienen auch dem Schutz und der Hilfe bei sexueller Gewalt in der Einrichtung. Die Grundlagen für die Entwicklung von Schutzkonzepten in Kindertagesstätten (Kita) wurden im Juli 2014 bereitet. Insgesamt wurden von der AG Kinderschutz sieben Themen als Mindestkriterien für ein Schutzkonzept definiert. Sie sind aber nicht als abschließende Anleitung zur Konzepterstellung zu interpretieren. Vielmehr sollten sie zur fachlichen Diskussionen in den Kitateams über Kinderschutz anregen sowie die Entwicklung der Schutzkonzepte fördern. Die für die Hilfen zur Erziehung (HzE) zuständige Behörde berät alle HzE- Einrichtungen der freien Träger der Freien und Hansestadt Hamburg. Darüber hinaus werden in den stationären HzE-Einrichtungen die Kinderschutzkonzepte im Rahmen von örtlichen Prüfungen gemäß § 46 SGB (Sozialgesetzbuch) VIII vor Ort mit dem Team thematisiert und geprüft. Insbesondere wird geprüft, ob die Inhalte der Konzepte praxistauglich sind und ob eine Weiterentwicklung notwendig ist. Dieser Prozess wird von der Trägerberatung und -aufsicht eng begleitet. Im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung ist im Hamburger Landesrahmenvertrag zum SGB IX festgelegt worden, dass jeder Leistungserbringer präventive Maßnahmen zum Schutz der Leistungsberechtigten vor Gewalt, Misshandlungen und Missbrauch durchführen und geeignete Mittel zum Schutz der Leistungsberechtigten vor Gewalt, Misshandlungen und Missbrauch durch das Personal beziehungsweise durch andere Leistungsberechtigte sicherstellen muss. Der Leistungserbringer hat in einem jährlichen Qualitätssicherungsbericht die Ergebnisse zu den durchgeführten Präventionsmaßnahmen bezüglich Machtmissbrauch, Gewalt und sexuellen Missbrauchs gegenüber der Trägerin der Eingliederungshilfe nachzuweisen. Im Übrigen ist durch § 124 Absatz 2 S. 4. SGB IX nunmehr gesetzlich geregelt, dass Leistungserbringer der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nur solche Personen beschäftigen beziehungsweise Ehrenamtliche mit der Aufgabenwahrnehmung betrauen dürfen, die unter anderem nicht wegen einer Sexualstraftat verurteilt wurden. Das Fach- und Betreuungspersonal hat dem Leistungserbringer in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorzulegen. Die für Bildung zuständige Behörde hat die Schulleitungen der Grundschulen und weiterführenden Schulen aufgefordert schulspezifische Schutzkonzepte zu entwickeln. Rückmeldungen von Schulen in Beratungssituationen zeigen, dass diese hinsichtlich einer professionellen Vorgehensweise in konkreten Übergriffs- oder Verdachtssituationen Sicherheit geben. Das Fachkommissariat für Sexualstraftaten (LKA 42) pflegt ein Netzwerk an Institutionen /Personen (Schule, Kita, Sportverein, Kirche), um hier auf polizeiliche Belange (zum Beispiel Erhöhung der Anzeigebereitschaft, niederschwellige Meldungen an LKA 42 bei Verdachtsfällen) aufmerksam zu machen, dadurch mehr Fälle ins Hellfeld zu bringen, andere Verantwortliche gleichzeitig zu sensibilisieren und ggf. auf neue Deliktsphänomene hinzuweisen. Als grundsätzlich förderlich hat sich die über viele Jahre bestehende Kontinuität der Kontakte erwiesen. Die auf Grund der datenschutzrechtlichen Vorgaben bestehenden Beschränkungen einer Weitergabe von Informationen in die jeweils anderen Arbeitsbereiche sind im Einzelfall zu beachten. Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Im Übrigen siehe Antworten zu 2. und zu 5. 11. Wie viele und welche auf Kindesmissbrauch spezialisierte Fachberatungsstellen gibt es in Hamburg? Wie hat sich die Zahl in den letzten drei Jahren (Stichtag 31.08.2019) entwickelt? Bitte nach Bezirken und Einrichtungen aufschlüsseln. In Hamburg gibt es sieben auf Kindesmissbrauch spezialisierte Fachberatungsstellen. Diese Anzahl hat sich in den letzten drei Jahren nicht verändert. Dem Senat sind folgende auf Kindesmissbrauch spezialisierte Fachberatungsstellen bekannt: - Allerleirauh e.V. im Bezirk Wandsbek - Basis-Praevent im Bezirk Mitte - Dolle Deerns e.V. im Bezirk Mitte - Kinderschutzzentrum Hamburg im Bezirk Eimsbüttel - Kinderschutzzentrum Harburg im Bezirk Harburg - Zornrot e.V. im Bezirk Bergedorf - Zündfunke e.V. im Bezirk Altona 12. Gibt es ein Beratungsangebot (Erreichbarkeit, personelle Verfügbarkeit) für Mädchen und Jungen beziehungsweise für Frauen und Männer, für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund? Bitte nach Bezirken und Einrichtungen aufschlüsseln . Wenn ja, welches und wie viele? Wenn nein, warum nicht? Die auf Kindesmissbrauch spezialisierten Fachberatungsstellen beraten grundsätzlich nicht zielgruppenspezifisch. Vielmehr sollen grundsätzlich alle Hilfesuchenden inklusiv und damit unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Nationalität oder ihrer Herkunft beraten werden. Gleichwohl haben sich die Beratungsstellen Dolle Deerns e.V. und Allerleirauh e.V. in ihrer Beratungsarbeit auf Mädchen und junge Frauen ausgerichtet, während Basis- Praevent von sexueller Gewalt betroffene Jungen berät. Darüber hinaus befindet sich im Bezirk Altona die Beratungsstelle AUTONOM LEBEN e.V. Diese bietet „Unterstützungsangebote für behinderte Mädchen und Frauen: Beratung durch behinderte Frauen; Maßnahmen und Hilfen gegen sexuelle Gewalt“. Auch alle Fachberatungsstellen zu Gewalt arbeiten überregional und sind keinem Bezirk zuzuordnen. Die interkulturellen Beratungsstellen sind keine auf Kindesmissbrauch spezialisierten Beratungsstellen in Hamburg. Allerdings gibt es eine Schnittstelle , wenn Kinder und Jugendliche sowie Frauen und Männer im Kontext von Zwangsverheiratungen und/oder familiäre Gewalt sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend erlebt haben. Die interkulturellen Beratungsstellen i.bera – verikom (Träger: verikom e.V.) sowie LÂLE in der IKB (Träger: Interkulturelle Begegnungsstätte e.V.) beraten Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, die im Kontext von Zwangsverheiratungen sowie familiärer Gewalt sexualisierte Gewalt erlebt haben. Im Übrigen siehe https://ikb-frauen.de/lale-nterkulturelle-beratungsstelle/ und https://www.verikom.de/gewaltschutz/ibera-ueber-uns/ibera-beratungsangebot/. Das Beratungsangebot des Frauennotruf Hamburg e.V. ist ein Angebot für vergewaltigte und sexuell genötigte Frauen und Mädchen. Sie werden beraten und psychosozial begleitet sowie stabilisiert. Siehe auch https://www.frauennotruf-hamburg.de/. Die Opferhilfe Hamburg e.V. bietet unter anderem Beratung für Frauen und Männer ab 18 Jahre an, die in Kindheit und Jugend von sexualisierter Gewalt oder sexuellem Missbrauch betroffen waren, siehe http://opferhilfe-hamburg.de/. Im Übrigen siehe Antwort zu 11. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 9 13. Welche Erkenntnisse zum Thema soziale Entschädigung bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche liegen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde vor? Die Anzahl der Opferentschädigungsverfahren bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche beim Sozialgericht wird statistisch nicht gesondert erfasst. Nach den dazu kurzfristig eingeholten Aussagen der damit befassten Richter und Richterinnen beim Sozialgericht sind diese seit circa 2015 aber angestiegen, mit anhaltender Tendenz. a. Werden Verbesserungen als erforderlich erachtet? Wenn ja, welche? Welche neuen Regelungsbedarfe werden gesehen ? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen der Reformierung des gesamten Sozialen Entschädigungsrechts durch Errichtung eines SGB XIV (vergleiche Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts, BR.-Drs. 351/19) sind auch für Kinder und Jugendliche als Opfer sexueller Gewalttaten verschiedene Verbesserungen vorgesehen , wie zum Beispiel - die gesetzliche Verankerung schneller Hilfen in Form von Leistungen des Fallmanagements sowie Leistungen in einer Traumaambulanz, - eine Erhöhung der Entschädigungsleistungen, - Verbesserungen der Teilhabeleistungen sowie - die Gleichstellung einer Gewalttat bei der Herstellung, Verbreitung und Öffentlichen Zugänglichmachung von Kinderpornografie (§ 184 b Absatz 1 Nummern 1, 3 und 4 des Strafgesetzbuchs). Weiterentwicklungspotenzial besteht im Bereich der Aus- und Fortbildung von Richterinnen und Richter. Im Rahmen der Drs. 21/17853, mit der die Fortbildungspflicht für Richterinnen und Richter festgeschrieben werden soll, arbeitet die zuständige Behörde bereits an einer Ausweitung des gesamten Fortbildungsangebots. b. Werden Kompetenzzentren sowohl bei den zuständigen Verwaltungsbehörden als auch bei der Sozialgerichtsbarkeit zum Thema sozialer Entschädigung bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche eingerichtet? Im Entwurf des SGB XIV ist vorgesehen, kompetente Ansprechpartnerinnen und -partner für soziale Entschädigungsverfahren der Opfer von Gewalttaten mit besonderen Bedarfen als sogenannte Fallmanager gesetzlich zu etablieren; dabei sollen Geschädigte ein Fallmanagement erhalten, wenn das schädigende Ereignis unter anderem eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung war oder sie bei Eintritt des schädigenden Ereignisses minderjährig waren. Beim Sozialgericht gibt es bisher keine spezielle Zuständigkeit einzelner Kammern für diese Verfahren. Die Geschäftsverteilung ist Aufgabe des Präsidiums. c. Werden die Mitarbeitenden in den Behörden und die Sozialrichterinnen und -richter geschult, traumasensibel mit den Antragstellenden umzugehen? Wenn ja, wie oft werden diese Schulungen angeboten, wie viele Mittarbeiter haben daran teilgenommen? Der sensible und empathische Umgang mit traumatisierten Antragstellenden in den Verwaltungsverfahren nach dem – für Kinder und Jugendliche als Opfer sexueller Gewalt einschlägigen – Gesetz über Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) gehört zu den Kernkompetenzen der für soziale Entschädigung zuständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Versorgungsamt Hamburg der Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration. Schulungen und Fortbildungen finden verwaltungsintern und in fortlaufender Praxis insbesondere durch die zuständigen Leitungskräfte statt. Zur Vertiefung der Kompetenzen finden in der Regel mindestens einmal jährlich auch Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 Schulungen durch Externe statt, an denen die für das OEG zuständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Versorgungsamtes teilnehmen. Zuletzt fanden derartige Schulungen (zur Empathie in der Kommunikation sowie in dem Umgang mit traumatisierten Antragstellenden) statt am 12.März 2019, 26.September 2018, 10. Juli 2018 sowie am 09. und 05.März 2018 (zweiteilige Schulung), mit unterschiedlicher und der jeweiligen speziellen Thematik angepasster Teilnehmerzahl (zwölf bis circa 22 Personen ). In einer Reihe von Fortbildungsveranstaltungen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wird unter anderem auch der sensible Umgang mit Aussagepersonen thematisiert. Beispielsweise haben im Jahr 2017 30 Personen an der Fortbildung zum Thema „Opferschutz in Strafverfahren“ und im Jahr 2018 15 Personen an der Fortbildung zum Thema „Befragung von Aussagepersonen vor Gericht“ teilgenommen. Im Übrigen siehe Antworten zu 5. und zu 13. a. 14. Gibt es Vereinbarungen zwischen den für die soziale Entschädigung zuständigen Behörden und spezialisierten Fachberatungsstellen über die psychosoziale Begleitung und Beratung der Antragstellenden? Wenn ja, welchen Inhalt haben sie? Wenn nein, warum nicht? Zu den Aufgaben der Fachberatungsstellen gehört eine umfassende psychosoziale Begleitung und Beratung, dazu kann auch im Einzelfall die Beratung hinsichtlich sozialer Entschädigung gehören. Bei dem Landesverband WEISSER RING e.V. bestehen bezirklich organisierte Beratungsstellen , die sowohl umfangreiche Beratungen zum Thema soziale Entschädigungen anbieten als auch bei Bedarf für eine psychosoziale Begleitung der Antragstellenden Sorge tragen. Diese ehrenamtlichen Leistungen werden auch ohne Vereinbarung mit einer Fachbehörde erbracht; im Übrigen kooperiert das für soziale Entschädigungen zuständige Fachreferat der BASFI eng und vertrauensvoll mit dem Landesverband , auch deshalb wird kein Bedarf für eine Vereinbarung gesehen. Außerdem bietet das Fachreferat „Soziale Entschädigungen“ im Versorgungsamt Hamburg auch selbst allen Antragstellenden eine individuelle, umfassende und hochspezialisierte Beratung zum Thema soziale Entschädigung. 15. Welche Initiativen hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergriffen, um ergänzende Hilfen für Betroffene sexualisierter Gewalt zu ermöglichen, die nicht über das Soziale Entschädigungsrecht Hilfen erhalten können (EHS für Betroffene von Missbrauch in Institutionen in Länderverantwortung)? Die zuständige Behörde hat keine zusätzlichen Initiativen ergriffen, da die vorhandenen Strukturen und Angebote als ausreichend angesehen werden. Darüber hinaus werden Therapiekosten von der (gesetzlichen) Krankenkassen übernommen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 16. Wie viele und welche Therapieangebote und -plätze insbesondere für Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erlitten haben, gibt es in Hamburg? Wie hat sich die Zahl in den letzten drei Jahren entwickelt (Stichtag 31.08.2019)? Bitte nach Bezirken und Einrichtungen aufschlüsseln . 17. Wie viele und welche Angebote für Traumatherapien auch für Menschen mit komplexer Traumatisierung gibt es in Hamburg? Wie hat sich die Zahl in den letzten drei Jahren entwickelt (Stichtag 31.08.2019)? Bitte nach Bezirken und Einrichtungen aufschlüsseln. 18. Wie viele und welche Angebote existieren für komplex traumatisierte Männer in Hamburg? Wie hat sich die Zahl in den letzten drei Jahren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 11 entwickelt (Stichtag 31.08.2019)? Bitte nach Bezirken und Einrichtungen aufschlüsseln. In den Bezirken sind die ambulant tätigen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten beziehungsweise –psychotherapeutinnen, Fachärzte beziehungsweise Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Fachärzte für Kinder - und Jugendmedizin mit Zusatztitel Psychotherapie Therapieangebote tätig. Welche Therapieangebote und -plätze die ambulant tätigen Fachärzte vorhalten ist im Einzelnen nicht bekannt. Bezirksübergreifend sind stationär die psychiatrische Institutsambulanz und Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu nennen sowie Stationen des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) (Kinder- und Jugendpsychotherapie) und Traumaambulanz des UKE, die sich seit dem 1. Juli 2019 im Aufbau befindet. Auch Männer können diese Angebote in Anspruch nehmen. Zusätzlich berät die Opferhilfe Hamburg e.V. traumatisierte Menschen. 19. Gibt es in Hamburg besondere Einheiten der Ermittlungsbehörden mit Blick auf die Bekämpfung von Missbrauchsabbildungen (sogenannte Kinderpornografie) im Netz? Wenn ja, wie viel Personal, mit welcher technischer Ausstattung ist vorhanden ? Besteht ausreichend Zeit um die Sachverhalte in einer angemessenen Zeit auszuermitteln? Wenn nein, warum nicht? Die Zuständigkeit zur Bearbeitung von Ermittlungsverfahren im Bereich der Kinderpornografie liegt im LKA 541. Das Sachgebiet verfügt derzeit über sechs Kriminalbeamtinnen und -beamten. Sofern erforderlich, wird das LKA 541 im Bereich der Ermittlungen durch vier Kriminalbeamtinnen und -beamten aus anderen Sachgebieten unterstützt. Im Rahmen der Ermittlungen wird unter anderem auch eingehenden Hinweisen auf vermeintliche kinderpornografische Seiten nachgegangen. Die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter haben Zugriff auf Arbeits- und Auswerte-PCs sowie uneingeschränkte Internetzugänge, die Dauer der Ermittlungen in einzelnen Verfahren ist unterschiedlich und zeitlich grundsätzlich nicht beschränkt. 20. Welche Maßnahmen werden angestrebt, um das Thema Cyber- Grooming und andere Interaktionsrisiken im Netz (zum Beispiel Erpressung und Bloßstellen mit selbstgefertigten Bildern) zu begegnen? Unter dem Begriff „Cybergrooming“ versteht man die gezielte Kontaktaufnahme zu Kindern, insbesondere mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie. Die Kommunikation muss keinen sexualbezogenen Inhalt haben, jedoch das Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte oder der Herstellung oder Erlangung kinderpornografischer Schriften verfolgen. Cybergrooming ist gemäß § 176 Absatz 4 Nummer 3 StGB strafbar. Nach geltender Rechtslage ist der Versuch dieses Delikts nicht unter Strafe gestellt. Derzeit berät der Bundesrat über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem der Versuch des Cybergroomings unter Strafe gestellt werden soll, wenn die Vollendung daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, dass sich sein Einwirken auf ein Kind beziehe (vergleiche BR.-Drs. 365/19). Damit sollen die Ermittlungsmöglichkeiten in diesem sensiblen Deliktsbereich verbessert werden. Die Themen „Cybergrooming“ und andere Interaktionsrisiken im Netz fallen unter den Gesichtspunkten der Vorbeugung von Straftaten (Kriminalprävention) sowie des Polizeilichen Opferschutzes in den Zuständigkeitsbereich des LKA Fachstabs 3 (Jugend, Prävention, Opferschutz, LSBTI*). Im Rahmen der allgemeinen Präventionsarbeit weist die Polizei Hamburg auf die umfangreichen Veröffentlichungen des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) hin. Diese Themen finden sich hier in unterschiedlichen Kategorien (Computer /Internetkriminalität, Gewalt, Jugendschutz, Opferschutz) und aus verschiedenen Blickwinkeln (Phänomen, Prävention, Intervention, Opferschutz) aufbereitet; außerdem wird auf weiterführende Angebote (unter anderem https://www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html des Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 12 Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindermissbrauchs ) verlinkt. Themenbezogene Angebote des ProPK sind nachstehend dargestellt: ONLINEMEDIEN polizei-beratung.de Zielgruppe: Allgemeinheit Zentrale Seite des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) mit einem breit gefächerten Themenspektrum; hier einschlägig u.a.: https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/sexualdelikte/ mit den Unterthemen: Kinderpornografie , Kindersex-Tourismus, Loverboys, sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Nötigung / Vergewaltigung polizeifürdich.de Zielgruppe: Kinder / Jugendliche Jugendseite des ProPK mit spezifischen (polizeilichen) Jugendthemen; hier einschlägig u. a.: https://www.polizeifürdich.de/deine-themen/sexuelle-selbstbestimmung.html mit den Unterthemen : sexuelle Gewalt, Missbrauch, Pornografie, Sexting https://www.polizeifürdich.de/deine-themen/handy-smartphone-internet.html u. a. mit den Unterthemen : „Cybermobbing“ und „Cybergrooming“ https://www.polizeifürdich.de/wo-gibts-hilfe/hilfeangebote.html – hier wird u. a. auf spezifische Hilfe- und Beratungsangebote für Jugendliche verwiesen. missbrauch-verhindern.de Zielgruppe: Eltern / Erziehungsverantwortliche Unter dem Titel „Missbrauch verhindern“ hat sich das ProPK mit dem Weisser Ring e. V. und weiteren Partnern zu einer Kampagne gegen sexuelle Gewalt an Kindern zusammengeschlossen . Die Kampagne fokussiert auf folgende fünf Schritte: 1. Schützen Sie Ihr Kind durch Wissen! Informieren Sie sich über Fakten und Risiken – Unkenntnis begünstigt Missbrauch. 2. Schützen Sie Kinder durch Ihre Offenheit! Machen Sie Missbrauch nicht zum Tabuthema – damit helfen Sie Opfern, sich anzuvertrauen . 3. Schützen Sie Kinder durch Aufmerksamkeit! Oft gibt es Signale für Missbrauch – seien Sie aufmerksam. 4. Schützen Sie Kinder durch Ihr Vertrauen! Vertrauen Sie den Aussagen von Kindern. 5. Schützen Sie Kinder durch Ihr Handeln! Kümmern Sie sich um Betroffene, suchen Sie Hilfe und erstatten Sie Anzeige. PRINTMEDIEN Hinweis: Die Print-Versionen der Medien sind grundsätzlich über jede Polizeidienststelle beziehbar ; zentrale Ansprechstelle in Hamburg ist hierbei LKA FSt 3. Broschüre und Plakate zur Kampagne „Missbrauch verhindern“ https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/194-missbrauch-verhindern/ (Broschüre ) https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/193-missbrauch-verhindern/ (Plakate) Broschüre „Klicks-Momente. Informationen für Eltern und Erziehungsverantwortliche“ Die Broschüre greift folgende Themenbereiche auf: verbotene Inhalte, Abzocke, Cybergrooming , Cybermobbing, PC-Spiele, Risiken im Medienalltag, Smartphone, Soziale Netzwerke, Urheberrecht https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/266-klicks-momente/ ONLINEMEDIEN polizei-beratung.de Zielgruppe: Allgemeinheit Zentrale Seite des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) mit einem breit gefächerten Themenspektrum; hier einschlägig u.a.: https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/sexualdelikte/ mit den Unterthemen: Kinderpornografie , Kindersex-Tourismus, Loverboys, sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Nötigung / Vergewaltigung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 13 polizeifürdich.de Zielgruppe: Kinder / Jugendliche Jugendseite des ProPK mit spezifischen (polizeilichen) Jugendthemen; hier einschlägig u. a.: https://www.polizeifürdich.de/deine-themen/sexuelle-selbstbestimmung.html mit den Unterthemen : sexuelle Gewalt, Missbrauch, Pornografie, Sexting https://www.polizeifürdich.de/deine-themen/handy-smartphone-internet.html u. a. mit den Unterthemen : „Cybermobbing“ und „Cybergrooming“ https://www.polizeifürdich.de/wo-gibts-hilfe/hilfeangebote.html – hier wird u. a. auf spezifische Hilfe- und Beratungsangebote für Jugendliche verwiesen. PRINTMEDIEN Hinweis: Die Print-Versionen der Medien sind grundsätzlich über jede Polizeidienststelle beziehbar ; zentrale Ansprechstelle in Hamburg ist hierbei LKA FSt 3. Broschüre und Plakate zur Kampagne „Missbrauch verhindern“ https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/194-missbrauch-verhindern/ (Broschüre ) https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/193-missbrauch-verhindern/ (Plakate) Broschüre „Klicks-Momente. Informationen für Eltern und Erziehungsverantwortliche“ Die Broschüre greift folgende Themenbereiche auf: verbotene Inhalte, Abzocke, Cybergrooming , Cybermobbing, PC-Spiele, Risiken im Medienalltag, Smartphone, Soziale Netzwerke, Urheberrecht https://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/266-klicks-momente/ Darüber hinaus trifft die Polizei im Sinne der Fragestellung im Rahmen ihrer Zuständigkeit alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und zur Verfolgung von Straftaten. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. 21. Welche Forschungsvorhaben werden zum Themenfeld sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vom Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde unterstützt? Die für Bildung zuständige Behörde ist im Beirat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur BMBF-Förderrichtlinie „Forschung zur sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendlichen in pädagogischen Kontexten“ zu den laufenden 17 Forschungsprojekten vertreten (siehe https://www.empirischebildungsforschung -bmbf.de/de/2185.php). Weiterhin beteiligen sich Fachkräfte der für Bildung zuständigen Behörde als Impulsgebende an bundesweiten Fachtagungen, wie zum Beispiel am 19. und 20. September 2019 in Berlin, „Sexualisierte Gewalt in der digitalen Welt, zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in pädagogischen Kontexten “ (siehe https://www.empirische-bildungsforschung-bmbf.de/de/2881.php). Im Übrigen siehe Drs. 20/7031. 22. Welche Schwerpunkte zum Kinderschutz gibt es an Universitäten und Hochschulen in Hamburg? a. Gibt es weitere Planungen? Wenn ja, welchen Inhalt haben sie? b. Wenn nein, warum nicht? Über die strukturelle Förderung des UKE hinaus unterstützen die zuständigen Behörden das UKE in verschiedenen Bereichen zum Thema Kinderschutz. Im Kinder- Kompetenzzentrum (Kinder-KOMPT) am Institut für Rechtsmedizin des UKE untersuchen speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte in kindgerechter Umgebung jährlich circa 250 ambulante Fälle pro Jahr, bei denen der Verdacht auf Misshandlung, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung besteht. Das Angebot des Kinder-KOMPT umfasst die (anonyme) telefonische Erreichbarkeit rund um die Uhr, Fotodokumentationen und gegebenenfalls Spurensicherungen, die Erstellung schriftlicher Gutachten sowie Fortund Weiterbildungsangebote. Am Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 14 bearbeitet die Arbeitsgruppe „Prävention im Kindes- und Jugendalter“ mit dem Schwerpunkten Kinderschutz, Sucht- und Gewaltprävention. Das Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin & Forensische Psychiatrie des UKE initiierte 2012 das Präventionsprojekt „Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs in Hamburg“ als Teil des bundesweiten Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“. Das Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des UKE begleitet das Projekt auch wissenschaftlich. Im Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin & Forensische Psychiatrie wird weiterhin eine Vielzahl von Drittmittelprojekten im Themenfeld Kinderschutz (Prävention sexueller Gewalt) durchgeführt. Die 2018 eingerichtete Kinderschutz-Taskforce am UKE ist eine interdisziplinär arbeitende Gruppe, die von einer Kinderschutzkoordinatorin geleitet wird. Aktuell konzentriert sich die Arbeit aus Kapazitätsgründen auf stationäre Fälle im Kinder-UKE. In Verdachtsfällen beruht die Arbeit der Task Force auf einem individuell strukturorientiertes Vorgehen, welches sich an der AWMF-S3-Kinderschutzleitlinie orientiert. Das UKE plant die Ernennung von Kinderschutzkoordinatoren in allen Zentren mit pädiatrischem Patientenklientel (von Geburt an bis zum 19. Lebensjahr) sowie die Etablierung einer/eines übergeordneten Kinderschutzbeauftragten für das UKE. Während die Kinderschutzkoordinatorinnen und Kinderschutzkoordinatoren für die Fallarbeit zuständig sein werden, stellen Kinderschutzbeauftragte die Qualität der Kinderschutzinterventionen auf übergeordneter Ebene sicher und stehen im Zentrum eines strukturierten und verbindlichen Interventionskonzepts. Im Curriculum des Bachelor of Arts (BA) Studiengangs Soziale Arbeit an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) gibt es den Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe. In diesem Schwerpunkt ist das Thema in den dazugehörigen Theorieveranstaltungen und Theorie-Praxis-Seminaren explizit enthalten, insbesondere in den Theorie-Praxis-Seminaren „Behördliche Kinder-, Jugend- u. Familienarbeit (einschließlich ASD)“ und „ASD“ bildet es einen Schwerpunkt. In den weiteren Theorie -Praxis Seminaren des Schwerpunkts „Offene Kinder-und Jugendarbeit“, „Schulsozialarbeit “, „Erziehungs- und Familienberatung/Frühe Hilfen“, „Hilfen zur Erziehung/ Familien-und Erziehungshilfen/ambulant, teilstationär, stationär, sozial-räumlich“ findet es als Querschnittsthema Berücksichtigung. Darüber hinaus werden in den Zusatzangeboten regelmäßig Lehrveranstaltungen angeboten, die allen Studierenden zugänglich sind. Verankert sind hier beispielsweise Veranstaltungen zum Thema „Sexuelle Bildung als Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit“ und „Jungen und Mädchen als Betroffene von sexueller Gewalt – von der Prävention zur Intervention“. Im BA Studiengang Bildung und Erziehung in der Kindheit wird der Schwerpunkt „Familienberatung“ angeboten , hier ist unter anderem curricular verankert, dass Studierende Kenntnisse und Kompetenzen in Bezug auf besondere Gefährdungen des Kindeswohls frühzeitig zu erkennen, diagnostisch zu vertiefen und Maßnahmen zum Schutze des Kindeswohls einzuleiten, erlangen. Des Weiteren wird der Themenschwerpunkt regelmäßig im Modul Handlungskompetenz aufgerufen. In anderen Modulen des Studiengangs zum Beispiel in der Reflexive Praxisbegleitung und im Modul Lernen in der Praxis ist das Thema als Querschnittsthema enthalten. Im Wahlpflichtbereich gibt es immer wieder Veranstaltungen, die explizit zu diesem Themenbereich angeboten werden. 23. Wie viele und welche Krankenhäuser und andere medizinischen Einrichtungen in Hamburg haben Schutzkonzepte zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Beschäftigte? Die Hamburger Plankrankenhäuser haben folgende Angaben übermittelt: Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift: Seit 2012 hat das Kath. Kinderkrankenhaus (KKH) Wilhelmstift wichtige Bausteine zur Prävention und Maßnahmen zur Intervention für ein entsprechendes Schutzkonzept etabliert. Zunächst für die Kinder- und Jugendpsychiatrie und seit 2014 ist es gelebte Praxis an eintägigen Pflichtschulungen zu diesem Thema durch eine externe Fachkraft teilzunehmen. Das Kinderkrankenhaus hat fachliche Anforderungen, gesammelte Erfahrungen zusammen mit den Vorgaben des Erzbistums zum Thema in einem hausübergreifend gültigen KKH-WILHELMSTIFT-Schutzkonzept zusammengefasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18222 15 Daneben werden die Empfehlungen der UBSKM, strukturelle Elemente wie „Erweitertes Führungszeugnis“, „ergänzende Selbstauskunft zum erweiterten Führungszeugnis “ sowie die „Selbstverpflichtung“ der Mitarbeiter*innen zum angemessenen Kontakt realisiert. Das Thema taucht nach den Bewerbungsgesprächen auch im Einführungsblock für neue Mitarbeiter/-innen und als Ausbildungsbestandteil unserer Pflegeausbildung auf. Altonaer Kinderkrankenhaus: Am Altonaer Kinderkrankenhauses wurde, entsprechend der geforderten Strukturmerkmale der Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz in der Medizin, im Jahr 2008 eine klinikinterne, multiprofessionelle Kinderschutzgruppe gegründet. In dieser Kinderschutzgruppe sind Mitarbeiter der Fach- und Kompetenzbereiche Pädiatrie, Kinderchirurgie , Kindertraumatologie, Kinder- und Jugendpsychosomatik, Sozial-Pädagogik und die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege vertreten. Seit April 2015 wird diese Kinderschutzgruppe durch eine hauptamtliche Kinderschutz-Koordinatorin geleitet. Seitdem finden regelmäßige Schulungen der gesamten Belegschaft statt, um Verletzungen , die auf körperliche Misshandlung (sexualisiert oder nicht-sexualisiert) hindeuten, frühzeitig zu erkennen. Seit 2015 hat daher eine kontinuierliche Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattgefunden. Außerdem pflegen wir einen sehr intensiven Austausch mit dem Kinderkompetenzzentrum der Rechtsmedizin am UKE. Ein darüber hinausgehendes Schutzkonzept zur Prävention des sexuellen Missbrauchs explizit durch eigene Beschäftigte verfügt das Altonaer Kinderkrankenhaus nicht. Im Rahmen der oben genannten Maßnahmen ist jedoch das gesamte Team dem Thema Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung gegenüber ausgesprochen wachsam. Hierzu hat das Kinderkrankenhaus die oben genannten Schulungsmaßnahmen , eine Standard Operating Procedure (SOP), mit klar verteilten Verantwortlichkeiten und jeder weiß, wie und an wen Meldungen im Verdachtsfall zu machen sind. Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: Siehe bereits Beiträge des UKE zu den Ziffern 21., 22. und 22. a. Speziell ausgearbeitete gesonderte Schutzkonzepte zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Beschäftigte bestehen hier derzeit aufgrund der Singularität derartiger Ereignisse noch nicht, werden aber im weiteren Verlauf ebenfalls mit aufgegriffen werden. Unabhängig hiervon finden zum Beispiel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKE Fortbildungsmaßnahmen, Gruppengespräche und Supervisionen auch zu diesem Thema statt. Jegliche Verdachtsfälle aus diesem Bereich würden aber auch in den Aufgabenbereich der am Kinder-UKE bereits etablierten Kinderschutzgruppe fallen und in enger Absprache mit dem Institut für Rechtsmedizin und der Klinikleitung behandelt werden (siehe oben zu Ziffern 21., 22., 22. a). Ergänzend ist darauf hinzuweisen , dass Bewerberinnen und Bewerber für Tätigkeiten in der Kinderklinik sowie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKE ein erweitertes Führungszeugnis gemäß § 30 a Absatz 1 Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (BZRG) aufgrund der mit der Tätigkeit verbundenen Betreuung von und Kontakten zu Minderjährigen vorlegen müssen. Helios Mariahilf Klinik Hamburg: Die Helios Mariahilf Klinik verfügt über ein entsprechendes Konzept und setzt dieses in konkreten Maßnahmen um. Schön Klinik Hamburg Eilbek: In der Kinderorthopädie gelten sowohl in der Ambulanz/Ermächtigungssprechstunde wie auch auf der Station entsprechende Regeln. Das bedeutet zum Beispiel die ergänzende Anwesenheit einer Pflegekraft bei körperlichen Untersuchungen, Verbandswechsel gemeinsam von Ärztin/Arzt und Pflegekraft, keine abschließbaren Untersuchungszimmer auf der ganzen Station, in die sich eine Person mit einem Kind/Jugendlichen zurückziehen könnte. Asklepios Kliniken GmBH Hamburg: In den Asklepios Kliniken Harburg (Kinder- und Jugendpsychiatrie) und Nord (Kinderklinik ) gibt es keine Konzepte im Sinne der Fragestellung. Die Auswahl des Personals Drucksache 21/18222 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 16 erfolgt jedoch sehr sorgfältig. Alle Mitarbeiter müssen bei der Einstellung ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Angaben zu anderen medizinischen Einrichtungen liegen der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nicht vor. 24. Haben die jeweils zuständigen Kammern der Ärzteschaft und der Psychologen Schutzkonzepte zur Bekämpfung und Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch medizinisches beziehungsweise psychologisches Personal erarbeitet? Sind verbindliche Vorgaben in den Berufsordnungen, zum Beispiel erweiterte Führungszeugnisse analog zu den Vorgaben des § 72 a SGB VIII, vorgesehen? 25. Ist es bereits Gesetzeslage oder ist es beabsichtigt auf Landesebene die Pflicht zur Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen und verbindliche Schutzkonzepte zur Prävention von Kindesmissbrauch durch Personen , die in Heilberufen tätig sind, sowie vom Familiengericht bestellte Vormünder, Verfahrensbeistände, psychologische Sachverständige oder selbständig arbeitende Umgangspfleger, einzuführen? Wenn ja, wie weit sind die Planungen vorangeschritten? Wenn nein, warum nicht? Für private Vormünder gilt keine explizite Vorgabe zur Vorlage eines Führungszeugnisses , gleichwohl ist das zur Bestellung berufene Familiengericht gemäß § 1779 Absatz 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgefordert, eine Person als Vormund auszuwählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Über die Verweisung in § 1915 Absatz 1 BGB gelten diese Grundsätze auch für die Pflegschaft. Also auch dann, wenn nur einzelne Teile des Sorgerecht zu übertragen sind. Da das Gericht über den in § 26 Familienverfahrensgesetz (FamFG) normierten Amtsermittlungsgrundsatz gehalten ist, sich die zur Subsumtion erforderlichen Erkenntnisse selbst zu beschaffen, dürfte die Anfrage beim Bundeszentralregister beziehungsweise die Aufforderung an den Vormund, ein Führungszeugnis vorzulegen , der geübten richterlichen Praxis entsprechen. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Pflichten zur Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen .