BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18231 21. Wahlperiode 10.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 02.09.19 und Antwort des Senats Betr.: „Stand with Hong Kong“-Demonstrationen in Hamburg Wie die Medien berichteten1, kam es bei der Demonstration „Stand with Hong Kong“ am 17. August 2019 auf dem Rathausmarkt zu Störungen und Störversuchen der Versammlung. Vermeintlich regimetreue Chinesen sollen gezielt Teilnehmer der Demonstration dokumentiert und bedroht haben. Am 31. August 2019 konnte ich im Rahmen der „Stand with Hong Kong“- Versammlung am Jungfernstieg beobachten, dass die Versammlung ohne auffällig sichtbare Störungen und ohne gezielte Dokumentationen von Teilnehmern und gegebenenfalls deren biometrischer Daten verlief. Die Versammlung wurde dabei von einer deutlichen Präsenz von Einsatzkräften der Polizei geschützt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Waren die unter dem Motto „Stand with Hong Kong“ am 17. und 31. August erfolgten Aktionen nach Ansicht des Senates Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes? Falls ja, handelte es sich um angemeldete oder spontane Versammlungen ? Hatte sich ein Versammlungsleiter gegenüber der Versammlungsbehörde zu erkennen gegeben? 2. Wie wurden die Demonstrationen vom Senat hinsichtlich ihrer potenziellen Gefährdung durch Störer eingeschätzt und welche Maßnahmen wurden daraufhin getroffen? Es handelte sich jeweils um eine angemeldete Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes . Die beiden Versammlungen („Save Hong Kong!“ und Gegendemonstration am 17. August 2019 sowie „Stand with Hong Kong!“ am 31. August 2019) wurden von der Polizei als friedlich eingeschätzt und durch polizeiliche Maßnahmen (Voraufsicht, Kontaktaufnahme zur Versammlungsleitung, uniformierte Präsenz, Nachaufsicht) begleitet . Im Übrigen siehe Antwort zu 5. und 6. 3. Wurden Gegenversammlungen angemeldet? Falls ja, im Vorfeld oder spontan? Falls ja, welche Maßnahmen wurden in Bezug auf diese Gegenversammlungen sowie auf die ursprüngliche Demonstration unter dem Motto „Stand with Hong Kong“ daraufhin ergriffen und wann? 1 https://www.sueddeutsche.de/politik/hongkong-hamburg-protest-1.4580538. Drucksache 21/18231 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Am 16. August 2019 wurde eine Gegenversammlung als Eilversammlung für den 17. August 2019 angemeldet. Der Tenor lautete „Ein Land – zwei Systeme, Support Hong Kong Police! No Violence!“. Es wurden Absprachen hinsichtlich des Versammlungsortes getroffen. Für die Versammlung am 31. August 2019 („Stand with Hong Kong!“) wurde keine Gegenversammlung angemeldet. Hinsichtlich weiterer Maßnahmen sieht der Senat in ständiger Praxis von Angaben ab, die Rückschlüsse auf die Einsatztaktik der Polizei zulassen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 4. Welche Kenntnisse hatte und hat der Senat von systematischen und/oder organisierten Störungsaktionen gegen die Demonstration am 17. August 2019? Im Vorfeld lagen keine Erkenntnisse zu systematischen und/oder organisierten Störungsaktionen vor. Die Versammlungsleitung meldete sich unmittelbar vor Beginn der Versammlung am 17. August 2019 fernmündlich bei der Polizei und gab Hinweise auf Aktivitäten in sozialen Medien (unter anderem Beleidigungen gegen ihre Gruppe). Daraufhin nahm der Einsatzleiter Kontakt zur Versammlungsleitung auf. Nach einer neuen polizeilichen Lagebewertung wurden die polizeilichen Maßnahmen angepasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 5. Welche Kenntnisse hatte und hat der Senat von systematischen und/ oder organisierten Aktivitäten zur gezielten Dokumentation teilnehmender Personen der Demonstration am 17. August 2019? 6. Welche Kenntnisse hatte und hat der Senat, ob und in welchem Umfang es im Kontext der Demonstrationen am 17. und 31. August zu Einschüchterungsversuchen und/oder Drohungen von Pro-VR-China- Akteuren gegen Demonstranten durch die Gewinnung personenbezogener Daten (gegebenenfalls auch biometrischen Daten) kam? Am 17. August 2019 äußerten Versammlungsteilnehmer die Vermutung, dass ein mutmaßlich regierungsfreundlicher Versammlungsteilnehmer Portraitaufnahmen von regierungskritischen Teilnehmern fertige. Diesem Hinweis gingen Polizeikräfte umgehend nach und sahen das entsprechende Handy ein. Hierbei wurden lediglich zulässige Übersichtsaufnahmen festgestellt. Am 27. August 2019 zeigte die anmeldende Privatperson der Versammlung vom 17. August 2019 an, dass in einem chinesischen Chat Lichtbilder der Versammlung vom 17. August 2019 aufgetaucht seien. In diesem Chat sei der Aufruf gestartet worden, die Bilder dem chinesischen Konsulat zu übermitteln, damit die Lichtbilder von dort an die chinesische Regierung geschickt werden. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen § 21 Kunsturhebergesetz eingeleitet; die Ermittlungen werden bei der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamts (LKA 7) geführt. 7. Hat der Senat Erkenntnisse, ob und in welchem Umfang es zu Einschüchterungsversuchen und/oder Drohungen von Pro-VR China kam? Am 17. August 2019 provozierte eine vermeintlich regierungsnahe Person (von außerhalb der Versammlungen kommend) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung „Save Hong Kong!“, indem sie mit der chinesischen Nationalflagge auf den Schultern vor ihnen über den Rathausmarkt lief. Dies wurde unterbunden, die Personalien festgestellt und ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Störung von Versammlungen und Aufzügen (§ 21 VersammlG in Verbindung mit §§ 22, 23 StGB) eingeleitet. Die Ermittlungen werden im LKA 7 geführt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. sowie Antwort zu 5. und 6; weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Polizei nicht vor. 8. Wie beurteilt der Senat solche vermuteten oder auch real erfolgte Aktivitäten zum Zwecke von Einschüchterung oder mittelbar nachgelagerten Repressionen fremder Mächte hinsichtlich des Schutzes von Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes und des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit sowie bezüglich der Integrität der staatlichen Sou- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18231 3 veränität Deutschlands beziehungsweise der Freien und Hansestadt Hamburg? 9. Hat der Senat mit dem Konsulat der VR China in dieser Angelegenheit Kontakt aufgenommen um die Bedeutung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit zu verdeutlichen und sich gegebenenfalls gegen die Steuerung, Förderung oder Unterstützung und Verwendung solcher Aktivitäten zu verwahren? Wenn nein, ist eine Konsultation oder Ähnliches geplant? 10. Hat die Bundesregierung oder speziell das Auswärtige Amt nach Kenntnis des Senats in diesem Sinne bei der Botschaft der VR China bereits interveniert? Das im Grundgesetz gemäß Artikel 8 verbriefte Recht auf Versammlungsfreiheit stellt nach höchster Rechtsprechung einen wichtigen Grundpfeiler unserer Demokratie dar und ist nur unter besonderen Voraussetzungen durch die Versammlungsbehörde einschränkbar . Diese liegen jedoch grundsätzlich nur vor, wenn zum Beispiel die Rechtsordnung , Leib oder Leben und/oder Güter von besonderem Wert gefährdet sind. Die Gegenversammlung für den 17. August wurde innerhalb der 48-Stunden-Frist als Eilversammlung angemeldet. Der Polizei lagen keine Erkenntnisse oder Tatsachen vor, dass es zu Störungen oder gar Begehung von Straftaten kommen werde. Aus diesen Gründen wurden daher zum Zeitpunkt der Bestätigung der Versammlungsanmeldung keine Auflagen nach § 15 Absatz 1 VersammlG geprüft oder erlassen. Bei den festgestellten Handlungen handelte es sich um Aktivitäten von Privatpersonen , Erkenntnisse zu einer Beteiligung staatlicher chinesischer Stellen, auch des Konsulats , liegen nicht vor.