BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18240 21. Wahlperiode 10.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Feineis und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 03.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Braunkohle im Weg – Bei den Bauarbeiten auf dem Ehestorfer Heuweg werden überraschende Dinge zutage gefördert Mindestens vier Wochen Vollsperrung wegen unerwarteter Braunkohle im Braunkohlegebiet. Begeistert sind die Anwohner, Nahversorger und sonstigen Pendler über die aktuelle Vollsperrung des Ehestorfer Heuwegs nicht.1 Der LSBG beteuert, über die Braunkohle-Historie informiert gewesen zu sein, Baugrunduntersuchungen gemacht zu haben und dennoch keine Hinweise darauf gehabt zu haben, „dass mit Braunkohle vermischte Sande als Straßenunterbau an den Fundstellen verwendet wurden“ (Drs. 21/18098). 2015 wurde der Verein Bergwerk Robertshall e.V.2 gegründet, um die Geschichte des Bergwerkes aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Der Verein ließ ein Denkmal mit Informationstafel aufstellen und einen Bergbau- Erinnerungspfad auf dem ehemaligen Gelände errichten. Im Dezember 2017 veranlasste der Verein, an einigen Stellen Bodenradarmessungen vorzunehmen . So konnten bestehende Bodenirritationen im Bereich der Straße Ehestorfer Heuweg und im Wald nachgewiesen werden, beispielsweise Hohlräume von Stollen und sogenannte Weichstellen durch nicht verdichtetes Braunkohlematerial. Da Straßenbauarbeiten anstanden, wurden diese Informationen an die zuständige Stelle weitergeleitet, dort jedoch ignoriert.3 Anfang April 2019 begann der LSBG mit den Straßenbauarbeiten, im August kam es an den vom Verein vorher benannten Stellen tatsächlich zu Absackungen , welche die Bauarbeiten nun behindern und verzögern. Nach Grabungen wurden dort erhebliche Mengen Braunkohle gefunden, die nicht tragfähig sind und im Straßenbereich vollständig ausgehoben werden müssen.4 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Planung von Baumaßnahmen im Straßengrund wird grundsätzlich unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen aufgestellt. Dazu gehören zum Beispiel Bestandspläne, Baugrunduntersuchungen, Vermessungsgutachten, Kampfmittelprüfungen , Baumgutachten. Dennoch können nicht alle Risiken im Vorhinein ausgeschlossen werden, sodass Veränderungen während des Bauablaufes durch unvorhersehbare Einflüsse und daraus folgende Planungsanpassungen nicht immer zu vermeiden sind. Bei älteren Bauwerken, wie beispielsweise dem Ehestorfer Heuweg, 1 http://ehestorfer-heuweg-vollsperrung.blogspot.com/. 2 http://bergwerk-robertshall.de/. 3 https://de.wikipedia.org/wiki/Bergwerk_Robertshall. 4 https://www.abendblatt.de/hamburg/article226835321/Vollsperrung-Ehestorfer-Heuweg- Anlieger-sind-wuetend.html. Drucksache 21/18240 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 kann sich dieses Risiko aufgrund nicht vorhandener Unterlagen erhöhen. Im Ehestorfer Heuweg war in dem lediglich 200 Meter langen Bereich vor der Landesgrenze zu Niedersachsen nur eine Deckensanierung geplant, da der Fahrbahnzustand und das Umfeld eine umfangreiche Grundinstandsetzung nicht erforderten. Es bestand dort zunächst kein Bedarf für tiefergehende Erkundungen. Daher sind die Baugrunduntersuchungen nur auf den Straßenflächen erfolgt, bei denen eine Grundinstandsetzung erforderlich war und neben dem Straßenoberbau auch die ungebundenen Tragschichten ersetzt werden sollten. Durch die Vielzahl der nicht verzeichneten Versorgungsleitungen in der westlichen Nebenfläche und infolge der Umstellung des Bauablaufs zur Gewährleistung einer dauerhaften Durchfahrtsmöglichkeit musste auch die Lage der Straßenentwässerungsleitung geändert werden. In dieser Leitungsbaugrube, die bis dahin nicht benötigt worden wäre, sind die nicht tragfähigen Böden gefunden worden. Statt der ursprünglich geplanten zwei Siele wird lediglich ein neues Siel mit größerem Querschnitt hergestellt. Aufgrund des größeren Querschnitts muss das Siel entgegen der ursprünglichen Planung im Bereich der Fahrbahn realisiert werden. Da für diesen Bereich zunächst nur eine Sanierung der Fahrbahndeckschicht vorgesehen war, wurde der nicht tragfähige Untergrund aus Braunkohle-Sand unterhalb einer durchgängigen Betonschicht im Rahmen einer ergänzenden Untersuchung festgestellt. Dadurch sind ein Bodenaustausch und eine entsprechende Grundinstandsetzung für diesen Bereich notwendig, welche zudem eine Überprüfung der erforderlichen Arbeitsräume in der Baustelle und eine Anpassung der Verkehrsführung erforderlich machen. Es sind keine „Absackungen“ aufgetreten. Darüber hinaus war von Beginn an geplant, dass es eine circa vierwöchige Vollsperrung zum Ende der Bauzeit geben wird, um auf der Fahrbahn die abschließenden Asphaltschichten einzubauen. Dies ist unter anderem in der zweiten öffentlichen Veranstaltung am 27. Februar 2019 kommuniziert worden. Insofern ist diese Vollsperrung lediglich zeitlich vorgezogen worden. Infolge dieser zeitlichen Verschiebung kann die noch erforderliche Vollsperrung für den restlichen Asphalteinbau auf drei Wochenenden im November und Dezember 2019 reduziert werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Warum wurden die Untersuchungsergebnisse der Bodenradarmessungen des Vereins Bergwerk Robertshall e.V. nicht berücksichtigt? In der Planungsphase sind alle verfügbaren und bereitgestellten Unterlagen des ehemaligen Bergwerks gesichtet und auf Relevanz für das Bauvorhaben geprüft worden. Die Lage und der wahrscheinliche Zustand der ehemaligen Bergwerksstollen waren daher vor Baubeginn bekannt. 2. Warum kamen die Baugrunduntersuchungen seitens des LSBG zu einem ganz anderen Ergebnis, nämlich, keine Hinweise darauf gehabt zu haben, dass mit Braunkohle vermischte Sande als Straßenunterbau an den Fundstellen verwendet wurden“? Siehe Vorbemerkung. 3. Zwar sollte betreffender Straßenabschnitt lediglich eine Deckensanierung erhalten, doch wusste der LSBG nicht über die genaue Lage der alten Versorgungsleitungen. Warum wurden hier nicht konkrete Informationen eingeholt beziehungsweise musste hier nicht damit gerechnet werden, dass gegebenenfalls tiefer an den Untergrund der Straße herangegangen werden müsse? Zu Beginn der Planung einer Straßenbaumaßnahme werden alle in der Freien und Hansestadt Hamburg bekannten Versorgungsunternehmen (Stromnetz Hamburg, HAMBURG WASSER, Telekom, Vodafone und weitere) angeschrieben und darum gebeten, ihre vorhanden Leitungen in der Lage und in der Höhe zu benennen. Diese Angaben werden nach Erhalt in einem Leitungsbestandsplan zusammengefasst und bilden eine Grundlage der weiteren Planungsschritte. Für die Richtigkeit dieser Bestandsdaten sind die verschiedenen Versorgungsunternehmen selbst verantwortlich . Im Einzelfall kann es dazu kommen, dass die gemeldeten Leitungen in der Lage und Höhe in der Örtlichkeit nicht der Realität entsprechen und es in der Folge zu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18240 3 unausweichlichen Planungsanpassungen während der Bauphase kommt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Befanden sich die Bauarbeiten bis zum „unerwarteten“ Braunkohlefund im Zeitplan oder wurde dieser unter- beziehungsweise überschritten? Die Verkehrsfreigabe sollte, wie geplant, Ende des Jahres 2019 erfolgen. Durch die Umstellung des Bauverfahrens gab es ein erhebliches Risiko für den Bauablauf, da die einzelnen Bauphasen sehr eng terminiert waren. In dem sehr schmalen Baufeld gab es keine Möglichkeit auf ungünstige Baugründe zu reagieren und zum Beispiel andere Arbeiten vorzuziehen. Einige Restarbeiten, insbesondere in den Nebenflächen , wären im Jahr 2020 erforderlich gewesen, parallel zu den Arbeiten des zweiten Bauabschnitts. 5. Wie viele Beschwerden von Anwohnern und Pendlern welcher Art gab es über die aktuelle Vollsperrung, wie viele welcher Art seit Beginn der Bauarbeiten am Ehestorfer Heuweg? Im Bürgerbüro gingen seit November des Jahres 2018 insgesamt sechs Schreiben von vier verschiedenen Absendern zum Thema „Ehestorfer Heuweg“ ein. Ein Absender wandte sich parallel auch an den Eingabenausschuss der Bürgerschaft. Darüber hinaus gab es eine Sammeleingabe. Es werden alle an den LSBG und die BWVI herangetragenen Beschwerden, meist in persönlichen Gesprächen vor Ort, entgegengenommen und entsprechend beantwortet . Dies gilt ebenso für die Anfragen an die Pressestelle. Eine Statistik über die Anzahl von Beschwerden beziehungsweise über deren Inhalte wird nicht geführt. 6. Hat die Behörde/der Senat schon einmal das Gespräch mit den Anwohnern und Geschäftsleuten des Ehestorfer Weges gesucht, um sich ein Bild darüber zu verschaffen, wie es sich mit der Baustelle lebt? Wenn ja, mit welchen konkreten Ergebnissen? Wenn nein, warum zeigt der Senat kein Interesse an den zum Teil massiven persönlichen Einschränkungen, die seine Bürger über viele Monate hinnehmen müssen? Zu den Baumaßnahmen am Ehestorfer Heuweg haben bisher zwei öffentliche Informationsveranstaltungen vor Beginn der Bauarbeiten stattgefunden am 28. Januar und 27. Februar 2019. Bei dieser Informationsveranstaltung erhielten die Bürgerinnen und Bürger detaillierte Informationen rund um die Planung und den Bauablauf. Darüber hinaus stehen die Planerinnen und Planer des LSBG und der zuständige Staatsrat mit der Bürgerinitiative Verkehrsnotstand Rosengarten im Austausch. Zusätzlich hat der LSBG am 14. Februar 2019, die Planung im Ausschuss für Inneres, Bürgerservice und Verkehr im Harburger Rathaus vorgestellt. Eine dritte öffentliche Informationsveranstaltung wird stattfinden bevor im kommenden Jahr der zweite Bauabschnitt beginnt. Informationen zu den Baumaßnahmen am Ehestorfer Heuweg sowie die Protokolle der Informationsveranstaltungen siehe: https://lsbg.hamburg.de/ehestorfer-heuweg/12064608/ehestorfer-heuweg/. Weiterhin sind auf den Anliegerinformationsschreiben die Kontakte der Bauaufsichten aufgeführt, damit Rückfragen, Anregungen und Bedenken im Bauablauf direkt besprochen werden können. 7. Inwiefern wird/ist das Land Niedersachsen an den Kosten für die über die reine Deckensanierung hinausgehenden Bauarbeiten beteiligt? Die Baumaßnahme erstreckt sich nur zu einem sehr kleinen Teil auf Flächen des Landkreises Harburg. Dies ist erforderlich, um die Neubaustrecke regelgerecht an den Bestand anzuschließen. Bereits vor Baubeginn gab es dazu eine Vereinbarung zwischen Hamburg und Niedersachsen, dass Hamburg sämtliche Kosten trägt. Diese Vereinbarung hat auch weiterhin Bestand. Drucksache 21/18240 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten für die Anwohner und werden sich diese durch die aktuell vorzunehmenden Bauarbeiten erhöhen? Die Anliegerinnen und Anlieger werden nicht zu den Kosten der Bauarbeiten herangezogen , da die Erschließungsanlage bereits endgültig hergestellt war und sogenannte Ausbaubeiträge in Hamburg nicht erhoben werden. Lediglich ein sehr kurzer Abschnitt im Bereich der Rudolf-Steiner-Schule gilt als „noch nicht endgültig hergestellt“. Hierfür werden derzeit die Berechnungsgrundlagen ermittelt , damit die betroffenen Anliegerinnen und Anlieger informiert werden können. Die Anliegerbeiträge werden nach Pauschalsätzen berechnet, die tatsächlichen Baukosten der konkreten Baumaßnahme sind dafür nicht relevant. 9. Seit Beginn der Baumaßnahme am Ehestorfer Heuweg ist die Durchfahrt für den Schwerlastverkehr gänzlich untersagt. Ist bekannt, ob dieser überwiegend die empfohlene Umleitungsstrecke wählt oder andere Ausweichrouten bevorzugt und welche konkreten Folgen ergeben sich hieraus für die Verkehrssituation sowie für die Anwohner entlang der Umleitungsstrecken? Erkenntnisse über die tatsächliche Nutzung der empfohlenen Umleitungs- oder sonstiger Ausweichstrecken durch Schwerlastverkehr sowie deren Auswirkungen auf die Verkehrssituation entlang der Umleitungsstrecken im Sinne der Fragestellung liegen der Polizei nicht vor. 10. Sind der Behörde Einschränkungen, Umsatzeinbußen, Verspätungen oder andere Nachteile im Bereich der Hafenlogistik und/oder im Bereich des Warenumschlags des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs bekannt, die auf die Sperrung zurückzuführen sind? Wenn ja, welche konkret? Nein.