BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18270 21. Wahlperiode 13.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Weinreich (SPD) vom 05.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Sanierung der Nordischen Oelwerke (NOW) in Wilhelmsburg Die Geruchsemmissionen durch die NOW in und um Wilhelmsburg sind seit Jahrzehnten ein großes Problem für den Stadtteil. In Reaktion auf den steigenden Druck durch die Anwohner/-innen und die Lokalpolitik, gab die BUE im Jahr 2008 ein Geruchsemmissionsgutachten in Auftrag. Auch aufgrund der negativen Werte, zu denen das Gutachten kam, erließ die BUE im Oktober 2012 eine Anordnung zur Reduzierung der Geruchsemmissionsbelastung . Die NOW wurden im Rahmen dieser Anordnung drei konkrete Maßnahmen auferlegt: die Sanierung des Tankfeldes A, die Modernisierung der thermischen Fettspaltung und die Optimierung der Abwasseranlage. Trotz dieser Anordnung wurde die Geruchsbelästigung durch die NOW im Jahr 2015 im Stadtteil als besonders stark wahrgenommen. Seitdem hat sich Vieles getan: Ende 2015 wurde die erste der drei oben genannten Maßnahmen abgeschlossen und die BUE attestierte eine bereits niedrigere Beschwerdelage als zu Beginn des Jahres. Für die Umsetzung der anderen beiden Maßnahmen hatten die NOW Mitte 2016 eine Fristverlängerung beantragt, sodass die vollständige Umsetzung der Anordnung auf Ende 2017 datiert wurde. Ob im Anschluss an die Umsetzung der Anordnung zur Reduzierung der Geruchsemmissionsbelastung von 2012 noch weitere Maßnahmen notwendig seien, um die Geruchssituation für die Wilhelmsburger /-innen zu verbessern, war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Über die angeordneten Maßnahmen hinaus wurden seit 2013 bei den Nordischen Oelwerken (NOW) in Kooperation mit der zuständigen Behörde zahlreiche Maßnahmen geplant und umgesetzt, um eine Verbesserung der Geruchssituation herbeizuführen . So wurden zum Beispiel zwei Becken zum Sammeln von Spülwasser aus den Tankfeldern und zum Auffangen von Abwässern aus der Fettspaltung eingehaust und mit kontinuierlichen Absaugungen ausgestattet. Weiterhin wurden die mit fettsäurehaltigen Abwässern beaufschlagten Becken der Abwasserbehandlungsanlage abgedeckt . Deren Abluft wird ebenfalls kontinuierlich abgesaugt. Nach einer möglichen kompletten Einstellung der Fettsäureproduktion oder einer Beschränkung der Fettsäureproduktion auf die biologische Spaltung, wird ab Oktober 2019 durch die NOW ein Geruchsgutachten zur Ermittlung der verbliebenen Geruchsquellen auf dem Betriebsgelände in Auftrag gegeben. Im Rahmen dieses Gutachtens sollen verbliebene Geruchsquellen systematisch erfasst und deren Geruchsemissionen über olfaktometrische Messungen quantifiziert werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/18270 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie hat sich die Beschwerdelage von 2016 bis heute entwickelt? Kann man weiterhin von einer „verbesserten Situation“ sprechen? Wie viele Beschwerden, die im Zusammenhang mit den Geruchsemmissionen der NOW stehen, gingen seit Dezember 2016 bei der BUE ein? (Bitte Anzahl der Beschwerden aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren angeben.) Seit 2015 hat sich die Anzahl der Geruchsbeschwerden deutlich verringert. Insbesondere wurde dies aufgrund der in Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde und Hamburg Wasser getroffenen Maßnahmen zur Geruchsminderung erreicht. Insofern kann seit 2016 von einer „verbesserten Situation“ gesprochen werden. Die Anzahl eingegangener Geruchsbeschwerden zu den NOW stellt sich dabei wie folgt dar: Kalenderjahr Anzahl 2014 48 2015 70 2016 34 2017 16 2018 17 In 2019 sind bisher zwei Beschwerden eingegangen. 2. Sind die oben genannten Maßnahmen (Modernisierung der thermischen Fettspaltung und Optimierung der Abwasseranlage) abgeschlossen? Wenn ja, wann wurden diese Maßnahmen abgeschlossen und wurde seitdem seitens der BUE Begehungen bei den NOW durchgeführt? Wenn nein, wann werden diese Maßnahmen abgeschlossen sein und welche Schritte hat die BUE unternommen, um die Umsetzung seitens der NOW zu beschleunigen? Die Maßnahmen zur Optimierung der Abwasserbehandlungsanlage wurden im April 2019 abgeschlossen. Die letzte Teilbegehung der Anlage fand am 31. Juli 2019 durch die Betriebsüberwachung der zuständigen Behörde statt. Die Maßnahmen zur Modernisierung der thermischen Fettspaltung sowie die Sanierung des Tankfeldes A sind bisher nicht abgeschlossen. Aufgrund der absehbaren Außerbetriebnahme der Anlagen zur Fettspaltung, zu denen auch das Tankfeld A gehört, wurden keine Schritte zur Beschleunigung dieser Maßnahmen eingeleitet. 3. Sind über die von 2012 angeordneten Maßnahmen hinaus zusätzliche Veränderungen bei den NOW geplant, um die Geruchssituation für die Anwohner/-innen zu verbessern? Siehe Vorbemerkung. 4. Nach dem Wechsel in der Geschäftsführung haben die NOW angekündigt , dass die Produktion von pflanzlichen Fettsäuren zum 30.09. ganz eingestellt wird (laut Firma verringern sich die Emissionen dadurch nochmal deutlich). Dafür soll die Glycerinherstellung ausgebaut werden. a. Wie schätzt die BUE diese Veränderung ein: ist von einer Reduktion der Emissionen auszugehen? Kann damit auch eine Verbesserung Geruchssituation einhergehen? Nach Einschätzung der zuständigen Behörde ist mit dem Ende der Fettsäureherstellung oder deren Beschränkung auf die biologische Spaltung bei den NOW von einer Reduzierung der Emissionen auszugehen. Damit wird eine erhebliche Verbesserung der Geruchssituation einhergehen. Der Großteil der bisher von den NOW ausgehenden , charakteristischen Geruchsemissionen werden durch die verwendeten fettsäurehaltigen Rohstoffe (durch Umfüll- oder Lagervorgänge) und den Prozess der klassischen Fettsäureherstellung (prozessbedingte Gerüche aus Abluft und Abwässern) verursacht. Bisher liegt der zuständigen Behörde lediglich eine mündliche Absichtserklärung vor. Eine Anzeige nach §15 Absatz 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BIm- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18270 3 SchG) mit Bekanntgabe des genauen Datums und des Umfangs der Stilllegungen der Fettspaltanlagen ist bisher nicht eingegangen. b. Glycerin wird oft als Nebenprodukt bei der Herstellung von Fettsäuren (aus pflanzlichen und tierischen Fetten) und auch von Biodiesel gewonnen. Im Falle der NOW kann aufgrund der Aussage des Geschäftsführers davon ausgegangen werden, dass das Glycerin aus tierischen Fetten gewonnen werden soll. Aus was wird das Tierfett bei den NOW gewonnen? Wofür wird das Tierfett eingesetzt? Nach derzeitigem Erkenntnisstand der zuständigen Behörde und erneuter Rückfrage bei den NOW wird ausschließlich aus pflanzlichen Ölen gewonnenes Glycerin verarbeitet . Es soll kein Glycerin aus tierischen Quellen eingesetzt werden. Der Großteil des Rohglycerins wird ab dem 30. September 2019 nicht mehr bei der NOW selbst durch Fettspaltung gewonnen, sondern extern eingekauft. Dabei handelt es sich um einen hydrolysierten, von den Fettsäuren bereits vollständig abgespaltenen Rohstoff auf pflanzlicher Basis. Bei den NOW wird somit weder Tierfett gewonnen noch eingesetzt . 5. Am 26.05.2019 berichtete „Die Welt“ über den Ausbau des Nahwärmenetzes in Wilhelmsburg (im sogenannten Energiebunker). Dort wird berichtet, dass die NOW derzeit der wichtigste „Einspeiser“ von Abwärme seien. a. Bereits im Rahmen der IBA wurde eine Abgaskooperation zwischen den NOW und dem Energiebunker diskutiert. Diese wurde allerdings bis 2015 nicht realisiert. Seit wann speisen die NOW Abwärme in das Nahwärmenetz ein? Die Einspeisung von Abwärme in das Nahwärmenetz wurde zur Heizperiode 2015/ 2016 im Oktober 2015 aufgenommen. b. Wie viel Prozent der Abwärme der NOW wird derzeit eingespeist? Ist es möglich, durch eine weitere Erhöhung der eingespeisten Abwärme auch die Geruchsemissionen weiter zu reduzieren? Die durchschnittlich eingespeiste Menge an Abwärme beträgt 21 Prozent der theoretisch maximalen Energiemenge bei Betrieb der Übergabestation. Es besteht kein umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen Geruchsemissionen vom Betriebsgelände der NOW und der Menge an eingespeister Abwärme. Im Zusammenhang mit der Einschränkung der Fettsäureproduktion bei den NOW ist mit einer Verringerung der Abwärme bei gleichzeitig stark reduzierten Geruchsemissionen zu rechnen. Zur Kompensation der reduzierten Abwärmeleistung prüfen NOW und Hamburg Energie (HE) derzeit technische Optionen in den verbleibenden Produktionsprozessen. c. Welche anderen Betriebe speisen darüber hinaus ihre Abwärme in das Nahwärmenetz ein? Die NOW sind der einzige Einspeiser. d. Gibt es Überlegungen seitens der BUE, weitere Betriebe in Wilhelmsburg an dieses Projekt anzuschließen, um so die Gesamtbelastung für die Anwohner/-innen zu reduzieren? Wenn ja, um welche Betriebe handelt es sich dabei? Wenn nein, warum nicht? Konkrete Planungen hinsichtlich des Anschlusses weiterer Betriebe an das Nahwärmenetz in Wilhelmsburg sind der zuständigen Behörde nicht bekannt. Grundsätzlich ist HE immer interessiert an weiteren Abwärmelieferungen aus Industrie und Gewerbe . Die zuständige Behörde unterstützt diese Bemühungen.