BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18279 21. Wahlperiode 13.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 05.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Förderung des Film- und Serienproduktionsstandorts Hamburg In der Nachkriegszeit galt Hamburg als einer der größten und erfolgreichsten Filmstandorte der Bundesrepublik.1 Heutzutage hat Hamburg als Stadt zwar immer noch großes Potenzial in diesem Bereich und bietet attraktive Drehorte und ein gutes Umfeld für wirtschaftlich profitable Arbeit. So konnten etwa Teile der Hollywood-Produktion „Drei Engel für Charlie“ in Hamburg im Überseezentrum produziert und realisiert werden.2 Allerdings verbessern sich die Bedingungen nicht. Experten warnen davor, dass durch stagnierend ungünstige Rahmenbedingungen der Standort Hamburg im internationalen und insbesondere im nationalen Vergleich an Anzugskraft verlieren kann.3 Dagegen kann der Standort Berlin sowohl durch die Infrastruktur, als auch durch die regionale Förderung große, wirtschaftlich hochkarätige Produktionen gewinnen . Auch Baden-Württemberg hat Hamburg in der Filmförderung überholt. Es gäbe in Hamburg keine adäquaten Möglichkeiten Fördermittel für Serienproduktionen bereitzustellen. Hinzu kommt Fachkräftemangel in der Branche und auch bei Ansprechpartnern in verschiedenen Behörden. Wichtig ist es den Standort Hamburg als Produktionsstätte dauerhaft in der Wertschöpfungskette international anerkannter Film- und Serienproduktionen zu etablieren . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Zuständiger Ansprechpartner für das Thema Filmförderung ist die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) mit 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Pflege und Stärkung der Filmkultur und Filmwirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein, insbesondere durch die Förderung Erfolg versprechender Film- und Fernsehproduktionen aller Genres sowie durch die Erbringung von Dienstleistungen, die zur Erzielung der Förderziele notwendig sind. Die Förderung umfasst im Wesentlichen Maßnahmen zur finanziellen Förderung der Projektentwicklung, der Produktionsvorbereitung und der Produktionsdurchführung, der Postproduktion, des Abspiels, Verleihs und Vertriebs von Film- und Fernsehpro- 1 Vergleiche Artikel „Vom Trümmerfilm zum Tatortreiniger“, NDR, 04.03.2017, https://www.ndr.de/geschichte/70-Jahre-Studio-Hamburg,studiohamburg126.html. 2 Vergleiche Artikel „Als Standort aggressiver in den Wettbewerb“, DIE WELT Hamburg, 04.09.2019, https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article199662250/Als-Standortaggressiver -in-den-Wettbewerb.html. 3 Dazu insgesamt: Artikel „Als Standort aggressiver in den Wettbewerb“, DIE WELT Hamburg, 04.09.2019, https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article199662250/Als-Standortaggressiver -in-den-Wettbewerb.html. Drucksache 21/18279 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 duktionen. Darüber hinaus unterstützt die FFHSH im Rahmen der Nachwuchsförderung die filmische Ausbildung an der Hamburg Media School und der Hochschule für bildende Künste. Die Film Commission Hamburg Schleswig-Holstein betreut Filmproduktionen in allen Fragen zu Dreharbeiten in der Region. Neben einer umfangreichen Motiv- und Dienstleisterdatenbank leistet die Film Commission dabei Unterstützung sowohl für von der FFHSH geförderte Projekte als auch bei Anfragen zu nicht geförderten Produktionen. Zu den Dienstleistungen der FFHSH gehören außerdem die Akquise von Projekten, die Werbung für den Film- und Medienstandort Hamburg und Schleswig-Holstein, die Repräsentanz der Gesellschaft im In- und Ausland, Serviceleistungen in Form von Beratungen, Betreuung und Promotion der geförderten Projekte sowie für im Filmbereich Tätige wie Produzenten, Filmschaffende oder Verleiher und der Betrieb der Filmwerkstatt in Kiel (FWS Kiel). Die Behörde für Kultur und Medien (BKM) ist qua Ressortzuständigkeit der zentrale Ansprechpartner für das Thema Filmförderung. Zwei Mitarbeiter sind für das Thema zuständig. Bei der BKM gibt es einen Runden Tisch, an dem neben der FFHSH auch Vertreterinnen und Vertreter der Bezirksämter, der HafenCity Hamburg GmbH, der Hamburg Port Authority, der Polizei Hamburg, der SAGA sowie Akteure aus der Branche beteiligt sind, um sich über die aktuellen Drehbedingungen auszutauschen. Ansonsten gibt es eine einzelfallbezogene Zusammenarbeit zwischen der BKM und den Bezirksämtern , zum Beispiel bei Abstimmungsfragen im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Filmfests Hamburg oder Fragen, die Aufenthaltsgenehmigungen von Filmschaffenden betreffen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der FFHSH und der Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH (HKG) wie folgt: 1. Welche Fachbehörde ist primär für Fragen der Filmförderung oder auch der Förderung von Serienproduktionen zuständig beziehungsweise ist der zentrale Ansprechpartner? 2. Welche zuständigen Bereiche in der Wirtschafts-, der Kultur- und der Finanzbehörde befassen sich mit dem Thema Filmförderung? a. Wie viele Mitarbeiter sind in der jeweiligen Behörde dafür zuständig ? b. Wie ist die interne Organisation zwischen den einzelnen betroffenen Abteilungen geregelt? c. Gibt es – abgesehen von der Hamburger Kreativ Gesellschaft mbH – Schnittstellen zur Koordinierung der betroffenen Bereiche? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum bisher nicht? Siehe Vorbemerkung. 3. Inwieweit ist die Bezirksebene in das Thema Film- und Serienproduktionsförderung eingebunden? a. Welche zuständigen Stellen der Bezirke nehmen hier welche Aufgaben wahr? Das Fachamt Management des öffentlichen Raumes beziehungsweise das Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt des jeweiligen Bezirksamtes sind zuständig für Anträge auf Nutzungen im öffentlichen Verkehrsraum, die über den Widmungszweck hinausgehen. Sondernutzungen durch Inanspruchnahme für Filmund Fernsehaufnahmen, durch das Aufstellen von Übertragungswagen für Aufnahmen und für gewerbliche Fotoaufnahmen sind gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 12 der Gebüh- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18279 3 renordnung für die Verwaltung und Benutzung der öffentlichen Wege, Grün- und Erholungsanlagen gebührenfrei. Darüber hinaus werden gemäß „Globalrichtlinie Stadtteilkultur“ in den Hamburger Bezirken im Rahmen von Projektförderungen in geringem Ausmaß Anträge auf kleinere Amateur-Filmproduktionen gestellt. Die Bezirkspolitik wird über die für Kultur zuständigen Ausschüsse beteiligt. b. Wie erfolgt eine Zusammenarbeit zwischen dem Senat und den zuständigen Stellen im Bezirk? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie genau sieht die Förderung von Film- und Serienproduktionen der Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH (HKG) – abgesehen von der Vermietung von Immobilien für Film- und Dreharbeiten (vergleiche Drs. 21/18010) – aus? a. Welches Volumen nimmt die Förderung dieser Sparte – auch im Vergleich zu anderen Bereichen der Kulturförderung der Gesellschaft – ein? b. Wie sehen die Anforderungen an eine Förderung durch die HKG konkret aus? Die finanzielle Förderung der Hamburger Filmwirtschaft ist alleinige Aufgabe der FFHSH (siehe Vorbemerkung). Auch um Doppelstrukturen zu vermeiden sind die Aufgaben zwischen der HKG und der FFHSH klar verteilt. c. Befasst sich auch die Abteilung Cross Innovation Hub der HKG mit der Förderung von Film- und Serienproduktionen in Hamburg? Wenn ja, was genau wird für die Branche getan? Nein, siehe Antwort zu 4. bis 4. b. d. Wie erfolgt die Abstimmung der HKG mit dem Senat und den dort zuständigen Stellen beziehungsweise wie nimmt der Senat Einfluss auf die Arbeit der HKG? Der Aufsichtsrat der HKG besteht aus sieben Mitgliedern, davon sind fünf vom Senat benannt. Die operative Steuerung der HKG erfolgt durch die Behörde für Kultur und Medien. Es gibt jährliche Ziel- und Leistungsvereinbarungen sowie regelhaft Abstimmungen über die strategische Ausrichtung der HKG und ihrer Geschäftsbereiche nextMedia, gamecity:Hamburg, designxport und Cross Innovation Hub. e. Gibt es eine Zusammenarbeit von HKG und der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein hinsichtlich der Förderung von Filmund Serienproduktionen? Wenn ja, wie? Nein, siehe Antwort zu 4. bis 4. b. Grundsätzlich gibt es jedoch einen offenen und konstruktiven Austausch, der auch in gemeinsamen Veranstaltungen für die Branche zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus vermittelt die HKG Räumlichkeiten, die auch für Produktionsbüros aus dem Filmbereich genutzt werden können. 5. Gibt es konkrete Maßnahmen oder konkret festgelegte Ziele um die finanziellen Förderungen für den Bereich Film- und Serienproduktionen – gegebenenfalls über die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein oder die HKG – zu erweitern? a. Gibt es Maßnahmen oder Ziele um Förderungen für größere Serienproduktionen zu ermöglichen? Wenn ja, wie? b. Könnte der Senat als Vertreter der Freien und Hansestadt Hamburg und damit als Gesellschafter der Film Förderung Hamburg Schleswig -Holstein auf eine Anpassung der Förderkriterien der Filmförde- Drucksache 21/18279 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 rung Hamburg Schleswig-Holstein hinwirken, um insbesondere auch die Förderung größerer Serienproduktionen zu ermöglichen? Wenn ja, wie und gibt es dazu Planungen? Die Planungen, die Förderung für den genannten Bereich über die FFHSH zu erweitern , sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen ist die FFHSH bestrebt, weitere Mittel über privatwirtschaftliche Kooperationen mit Unternehmen der Branche zu akquirieren . Es ist Ziel der FFHSH, auch High-End-Serien fördern zu können. Die FFHSH hat gemäß Richtlinie bereits grundsätzlich die Möglichkeit, serielle Projekte zu fördern, soweit ausreichend Fördermittel zur Verfügung stehen (siehe Drs. 21/14912). Darüber hinaus veranstaltet die FFHSH in Kooperation mit Creative Europe zum Beispiel erfolgreich das Series Lab als europäische Trainings- und Developmentinitiative. Weiterhin ist geplant, die Richtlinien der FFHSH für innovative, interaktive und immersive Formate zu öffnen. Mit der „Explorerkonferenz“ im Rahmen des Filmfests Hamburg wird 2019 erstmalig ein neues Konferenzformat erprobt, das sich mit der Vorausschau auf die Produktionswelten in den nächsten fünf Jahren auseinandersetzt. Zukünftig soll hier ein Treffpunkt der europäischen Produzentenszene entstehen, der den Standort und das Filmfest bereichern soll. Die Stärkung und Vernetzung der Hamburger Kinolandschaft ist ein weiteres wichtiges Ziel der FFHSH, um mehr Sichtbarkeit im öffentlichen Raum und eine höhere Zuschauerattraktivität zu erreichen. Das Kino als Ort der Gemeinschaftserlebnisse, Unterhaltung und Inspiration ist elementarer Bestandteil des kulturellen Angebots Hamburgs. Der Wettbewerb vor allem mit den neuen Streaming-Plattformen schafft für die Kinos eine Konkurrenzsituation, der die Einzelhäuser nur bedingt begegnen können. c. Gibt es das Ziel, höhere Mittel für den Produzentenpreis bereitzustellen und falls ja, ab wann und in welcher Höhe? Der Produzentenpreis wurde im vergangenen Jahr um 25 000 Euro erhöht. Weitere Erhöhungen sind derzeit nicht in Planung. d. Sieht der Senat die Möglichkeit ein Instrument wie den „German Motion Picture Fund“ oder einen ähnlichen Finanzierungsmechanismus auch auf Hamburger Landesebene zu etablieren? Mit der Förderung durch die FFHSH ist bereits ein Finanzierungsinstrument auf Hamburger Landesebene etabliert. 6. Gibt es konkrete Maßnahmen oder Zielsetzungen, um die Infrastruktur für die Film- und Produktionsbranche in Hamburg und im Umland zu verbessern? Die HKG engagiert sich an vielen Stellen in der Stadt, um entsprechende Immobilien für die Kreativwirtschaft, unter anderem für die Filmbranche, zu identifizieren und zu erschließen, um die Infrastruktur zu verbessern. a. Gibt es das Ziel, zusätzliche Mittel für eine verbesserte Infrastruktur von Produktionsstätten oder Ähnlichem bereitzustellen? Wenn ja, in welcher Höhe und wofür konkret? Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. b. Gibt es das Ziel, der Branche eine adäquate Ersatzfläche nebst Infrastruktur für das stillgelegte Überseezentrum zur Verfügung zu stellen ? Die BKM setzt sich in Abstimmung mit den zuständigen Stellen dafür ein, alternative Flächen zu identifizieren, die sich für Filmproduktionen eignen und verfügbar sind. c. Wie plant der Senat im Allgemeinen die nicht wettbewerbsfähige Infrastruktur des Produktionsstandorts Hamburg zu verbessern? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18279 5 Siehe Antwort zu 6. 7. Gibt es konkrete Maßnahmen oder Zielsetzungen, die darauf gerichtet sind dem Fachkräftemangel in der Film- und Produktionsbranche in Hamburg und im Umland zu begegnen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Die FFHSH steht in regelmäßigem Austausch über den bestehenden Fachkräftemangel mit diversen Akteuren aus den unterschiedlichen Bereichen (Produzenten und Produzentinnen, Technik-Dienstleister und Technik-Dienstleisterinnen, Postproduktionsunternehmen , Szenenbildner und Szenenbildnerinnen, Kostümbildner und Kostümbildnerinnen , Regisseure und Regisseurinnen, Kameraleute et cetera) der Hamburger und Schleswig-Holsteiner Filmbranche sowie weiteren Akteuren wie der Handelskammer , Film-Bildungseinrichtungen und der ZAV-Künstlervermittlung. Seitens der FFHSH wird angestrebt, ein entsprechendes Ausbildungskonzept zu erarbeiten, um dem Fachkräftemangel in der Region zu begegnen. 8. Inwieweit gibt es Zielsetzungen, Programme oder Initiativen die Hamburger Film-, Serien- und Kulturbranche im nationalen wie internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger zu machen? Wenn ja, welche und welche zuständigen Stellen sind darin eingebunden ? Siehe Antwort zu 5. bis 5. b.