BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18323 21. Wahlperiode 17.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Hamann (CDU) vom 10.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Das Wohnlagenverzeichnis Im sogenannten Wohnlagenverzeichnis sind 23 163 Straßenabschnitte auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg bewertet worden. Ziel war es, eine sachgerechte Einstufung von Mietwohnungen in die Wohnlagenkategorien „normal“ oder „gut“ zu ermöglichen. Dieses Wohnlagenverzeichnis wurde dann zur Erstellung des Hamburger Mietenspiegels herangezogen. In den Hinweisen zum Wohnlagenverzeichnis ist festgehalten, dass dieses Verzeichnis nur eine grobe Orientierung ermöglicht. So bedarf es zur Festlegung der Miete regelmäßig einer Überprüfung unter Heranziehung der im Mietenspiegel genannten Lagequalität und Ortskenntnissen. Die Gerichte lehnen in Streitigkeiten über Mieterhöhungen, bei denen es auf den Mietenspiegel ankommt, das Wohnlagenverzeichnis als Grundlage für den Mietenspiegel regelmäßig ab. Dabei hält die Justiz die Gewichtung der für die Ermittlung der Wohnlagenkennzahl herangezogenen Werte nicht als entscheidend für die Frage der Ermittlung des angemessenen Mietpreises innerhalb des einschlägigen Rasterfeldes des Hamburger Mietenspiegels. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Hamburger Wohnlagenverzeichnis ist eine Auflistung aller bewerteten Straßenabschnitte (Blockseiten) in Hamburg. Es handelt sich hierbei nicht um ein amtliches Verzeichnis, sondern es dient der sachgerechten Einstufung von Mietwohnungen in die Wohnlagenkategorien „gut“ oder „normal“ als Grundlage zur Erstellung des Hamburger Mietenspiegels. Die Einstufung der Straßenabschnitte erfolgt hamburgweit anhand eines festgelegten Indikatorenkatalogs. Dabei finden folgende Indikatoren Berücksichtigung: Statusindex (26 Prozent), Bodenrichtwert (20 Prozent), Grünflächenanteil (16 Prozent), Einwohnerdichte (13 Prozent), Art der Straße, 4+ Spuren (11 Prozent), Entfernung U-/ S-Bahn/AKN (6 Prozent), Lärmbelastung (5 Prozent), Entfernung zum MetroBus (3 Prozent) und Entfernung zum Einzelhandel (1 Prozent). Bei der Einstufung handelt es sich um eine grobe Bewertung, die örtliche Besonderheiten, soweit sie nicht über die genannten Indikatoren abgebildet werden, außer Acht lässt. Örtliche Besonderheiten in Form konkreter Lagevor- und -nachteile, die in der allgemeinen Einstufung nicht berücksichtigt sind, können über die ausgewiesene Spanne des jeweiligen Mietenspiegelfeldes berücksichtigt werden. Insbesondere folgende Kriterien können im Einzelfall herangezogen werden: Lage des Wohnquartiers innerhalb des Stadtgebietes (Zentralität), Drucksache 21/18323 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Erreichbarkeit und Auswahl unter anderem kultureller und gastronomischer Angebote , auch verbunden mit einer Mischung von Wohnen, Kultur, Handel und eingestreutem Gewerbe (Urbanität), umgebende Nutzung, Bauweise und Bauform der Gebäude, baulicher Zustand, Naherholungsmöglichkeiten, landschaftlicher Charakter, Beeinträchtigung durch Staub, Geruch (Immissionen), Lärmbeeinträchtigungen durch Kleingewebe (zum Beispiel im Hinterhof, in den Erdgeschosszonen), Versorgung mit kleinen Läden, Kindertagesstätten, Schulen, Sportstätten und sonstigen Infrastruktureinrichtungen, gepflegtes Straßenbild („Anmutung der Straße“), straßenbildprägendes Grün/Straßenbäume. Die Wohnlagenbewertung der Kategorien „normal“ und „gut“ schließt nicht aus, dass im Einzelfall Vermieter, Mieter oder Gerichte, zum Beispiel unter Hinzuziehung eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen, zu einem anderen Ergebnis kommen. Das Wohnlagenverzeichnis sowie der dazugehörige Methodenbericht stehen im Internet unter https://www.hamburg.de/mietenspiegel zur Verfügung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche inhaltlichen Veränderungen gab es bei der Erstellung des Hamburger Mietenspiegels beziehungsweise dem zugrundeliegenden Wohnlagenverzeichnis ? 2. Warum wurden diese Veränderungen vorgenommen? Die Einstufung der Wohnlagen erfolgte seit der letzten größeren methodischen Aktualisierung im Jahre 1995 auf Basis eines mathematisch-statistischen Verfahrens, das subjektive Faktoren bei der Wohnlagenbewertung ausschließen und die Zuordnung auf objektiv mess- und überprüfbare Merkmale gründen sollte. Insgesamt beruhte die Einstufung auf sechs Indikatoren, von denen sich einzelne wiederum aus mehreren Merkmalen zusammensetzten. Die Daten für drei Indikatoren wurden dabei durch Begehungen erhoben (Verdichtung, Belastung durch Lärmquellen, Verkehrsbelastung ). Dieses System zur Wohnlageneinstufung hat sich in der Vergangenheit grundsätzlich gut bewährt, die Zuordnung der einzelnen Blockseiten zu den beiden Wohnlagenkategorien „normal“ oder „gut“ ist in den meisten Fällen plausibel und nachvollziehbar. Dieses spiegelt sich auch in der Anzahl der Einwendungen wider, die über die Jahre hinweg auf einem sehr niedrigen Niveau lagen (jeweils weniger als 100 Einwendungen bei rund 23 000 eingestuften Blockseiten). Seit 1995 erfolgten zwar regelmäßige Überprüfungen und Aktualisierungen des Wohnlagenverzeichnisses, jeweils aber nur auf neue Straßen sowie Straßenabschnitte bezogen, bei denen Einwendungen gegen die Einstufung vorgebracht wurden. Etwa 90 Prozent der Einstufungen basieren daher noch auf den Daten aus dem Jahr 1995. Vor diesem Hintergrund und angesichts der mittlerweile bestehenden guten Datenlage bei der Erfassung von Lärmdaten hat die zuständige Fachbehörde unter Beratung durch den Arbeitskreis Mietenspiegel mit der Erstellung des Hamburger Wohnlagenverzeichnisses 2017 eine weitreichende Überprüfung und Erweiterung des zugrunde liegenden Indikatorenkatalogs, eine Aktualisierung der Datenbasis sowie eine kom- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18323 3 plette Neuberechnung der Wohnlage für alle rund 23 000 Straßenabschnitte in Hamburg vorgenommen. Dabei ist auch das Indikatorensystem den heutigen Möglichkeiten hinsichtlich einer wesentlich verbesserten Verfügbarkeit kleinräumiger Strukturdaten angepasst worden. Ein besonderer Fokus lag dabei auch auf einer größeren Transparenz in Bezug auf die Datengrundlagen und die Berechnungsmethodik der Wohnlagen. Die Wohnlageneinstufung erfolgt nach diesem nunmehr ausschließlich datenbasierten Berechnungssystem einheitlich für alle Straßenabschnitte in Hamburg. Mit dem Wohnlagenverzeichnis 2017 wurde außerdem erstmals für jeden Straßenabschnitt das errechnete Ergebnis veröffentlicht, das neben der Einordnung in die Wohnlagenkategorien „normal“ und „gut“ auch Aussagen darüber zulässt, ob sich der Straßenabschnitt im unteren, mittleren oder oberen Bereich der jeweiligen Wohnlagenkategorie befindet und damit eine differenzierte Berücksichtigung des Wohnwertmerkmals Lage bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete innerhalb der Spanne des jeweils einschlägigen Mietenspiegelfeldes ermöglicht. Über die methodischen Änderungen beim Wohnlagenverzeichnis hinaus gab es keine weiteren methodischen Änderungen bei der Erstellung des Mietenspiegels 2017. Die Erstellung des Hamburger Mietenspiegels erfolgte unter Wahrung der Methodenkonstanz und mit dem Ziel einer hohen Akzeptanz bei den verschiedenen Wohnungsmarktakteuren . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welches Unternehmen wurde mit der Erstellung des Wohnlagenverzeichnisses beauftragt? Mit der Erstellung des Wohnlagenverzeichnisses 2017 wurde das wissenschaftliche Institut „Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH“ beauftragt. 4. Wie wurde das zu 3. abgefragte Unternehmen ausgewählt? Hat es eine Ausschreibung gegeben? Wenn ja, welche Unternehmen haben sich noch beworben? Wenn nein, warum nicht? Die Neuerstellung des Hamburger Wohnlagenverzeichnisses 2017 erfolgte als Freihändige Vergabe gemäß VOL/A. Es wurden vier Institute zur Angebotsabgabe aufgefordert . Die Auswahl erfolgte nach den Kriterien „Qualität“, „Fachlicher Wert“, „Methodische Ansätze zur Optimierung der Erhebung“, Zweckmäßigkeit“ sowie „Angebotspreis “. Die Nennung der Mitbewerber kann aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht erfolgen. Diese Informationen stellen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar. 5. Wie viel hat die Erstellung der bisherigen Wohnlagenverzeichnisse gekostet? Bitte aufgeschlüsselt nach Jahren darstellen. Bei den Kosten für die Erstellung des Wohnlagenverzeichnisses handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des jeweils mit der Erstellung beauftragten Instituts . 6. Wie will der Senat auf die gerichtliche Ablehnung der Methode zur Erstellung des Mietenspiegels reagieren? Der zuständigen Fachbehörde sind keine konkreten Einzelfälle bekannt, in denen Gerichte das Wohnlagenverzeichnis als Grundlage für den Mietenspiegel abgelehnt haben. Es handelt sich um zivilrechtliche Verfahren, über deren Ergebnis eine Unterrichtung der zuständigen Fachbehörde durch die Gerichte nicht erfolgt. Unabhängig davon verfolgt die Behörde die einschlägige Rechtsprechung.