BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18329 21. Wahlperiode 17.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 10.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Situation am Verwaltungsgericht Hamburg? (VIII) Die Belastungssituation am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht ist weiterhin auf einem hohen Niveau. Zum Ende des 4. Quartals 2018 waren 4 880 Klagen in Asylsachen am Hamburger Verwaltungsgericht anhängig. Die Verfahrensdauer bei diesen Klagen betrug im Durchschnitt 17,1 Monate.1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Verwaltungsgerichte sind in den letzten Jahren personell verstärkt und die Arbeitsabläufe ständig optimiert worden. Zuletzt hat die Bürgerschaft am 11. September 2019 mit der Drs. 21/18180 weitere Verstärkungen beschlossen. Dadurch wird sich auch der weitere Abbau der Bestände in Asylverfahren fortsetzen (allein im ersten Halbjahr 2019 wurden die Bestände um 505 Verfahren verringert, siehe 1.). Die erhöhte durchschnittlichen Verfahrensdauer ist ein Hinweis darauf, dass auch Altverfahren verstärkt abgebaut werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele anhängige Verfahren lagen im 1. und 2. Quartal 2019 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren vor? Verwaltungsgericht Hamburg: Bestände Ende 1. Quartal 2019 Ende 2. Quartal 2019 Klagen in allgemeinen Sachen 3 242 3 261 Klagen in Asylsachen 4 613 4 375 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 271 193 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 98 96 2. Wie viele Neuzugänge konnten im 1. und 2. Quartal 2019 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/16584 vom 26.03.19. Drucksache 21/18329 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren verzeichnet werden? Verwaltungsgericht Hamburg: Neuzugänge 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 Klagen in allgemeinen Sachen 562 499 Klagen in Asylsachen 455 559 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 330 285 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 163 175 3. Wie stellen sich die durchschnittlichen Verfahrensdauern am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht im 1. und 2. Quartal 2019 dar, auch im Vergleich zum Bundesdurchschnitt? Die erfragten Daten für die Hamburger Verwaltungsgerichte sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Die Vergleichsdaten für den Bundesdurchschnitt stehen nicht zur Verfügung. Verwaltungsgericht Hamburg: durchschnittlich Verfahrensdauer (in Monaten) 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 Klagen in allgemeinen Sachen 17,2 14,9 Klagen in Asylsachen 16,9 18,8 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 2,7 2,9 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 1,4 1,3 Hamburgisches Oberverwaltungsgericht: durchschnittliche Verfahrensdauer (in Monaten) 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 Klagen insgesamt 12,3 25,6 Berufungen insgesamt 7,7 10,9 Beschwerden gegen Entscheidungen über Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz 2,6 3,9 4. Wie entwickelte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer für Anträge in asylrechtlichen Eilverfahren am Verwaltungsgericht von 2018 bis zum 2. Quartal 2019? Verwaltungsgericht Hamburg: durchschnittliche Verfahrensdauer (in Monaten) 1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018 4. Quartal 2018 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 2,4 1,8 1,9 1,2 1,4 1,3 5. Wie stellt sich die Entwicklung bei der Richterbesetzung beim Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht im 1. und 2. Quartal 2019 dar? Stichtag 31.3.2019 Stichtag 30.6.2019 Stellen- Soll Stellen-Ist* Stellen- Soll Stellen-Ist* Verwaltungsgericht 67,0 64,4 67,0 64,8 Oberverwaltungsgericht 17,5 17,5 17,5 17,5 * Grundsätzlich werden alle Stellen besetzt. Freie Stellen entstehen durch Fluktuation aus personalwirtschaftlichen Gründen (zum Beispiel Beurlaubungen und Abordnungen), die sich bei einem Eingangsgericht verstärkt ergeben. 6. Wie viele Ausbildungsplätze für Justizangestellte und Servicekräfte gibt es derzeit am Verwaltungsgericht? Das Verwaltungsgericht ist als Wahlpflichtstation in die Ausbildung der Justizfachangestellten und Justizsekretärinnen und -sekretäre eingebunden. Derzeit befinden sich zwei Auszubildende zu Justizsekretären beim Verwaltungsgericht. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18329 3 7. Welche krankheitsbedingte Fehlzeitenquote ist für das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht in 2018 bis zum 1. Quartal 2019 für die Richter sowie für das Personal im Servicebereich festgestellt worden? Bitte auch im Vergleich zum Durchschnitt in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit der Freien und Hansestadt Hamburg darstellen. Oberverwaltungsgericht 2018 zum Vergleich: Jan bis März 2018 Jan bis März 2019 Bürofach-/Bürohilfskräfte 7,8 % 11,7 % 11,9 % Richter/-innen 2,7 % 4,7 % 4,7 % Verwaltungsgericht 2018 zum Vergleich: Jan bis März 2018 Jan bis März 2019 Bürofach-/Bürohilfskräfte 9,2 % 12,5 % 9,8 % Richter/-innen 1,2 % 1,8 % 3,0 % Durchschnittliche Fehlzeitenquote Amtsgerichte, Landgericht, Hanseatisches Oberlandesgericht 2018 zum Vergleich: Jan bis März 2018 Jan bis März 2019 Bürofach-/Bürohilfskräfte 9,4 % 12,4 % 11,6 % Richter/-innen 2,3 % 3,4 % 2,7 % Die Fehlzeitenquote für Zivil- und Strafgerichtsbarkeit kann nicht einzeln ausgewertet werden, da diese Aufteilung systemseitig nicht hinterlegt ist. Die Fehlzeitenquote umfasst daher die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit. 8. Wie hoch ist die krankheitsbedingte Fehlzeitenquote für Servicekräfte am Verwaltungsgericht? Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Belastungssituation am Verwaltungsgericht anhand der gestiegenen Komplexität der gerichtlichen Verfahren? Bei der verbesserten personellen Ausstattung des Verwaltungsgerichts wurde neben den Eingangs- und Bestandszahlen auch die gestiegene Komplexität der gerichtlichen Verfahren berücksichtigt. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 9. Gibt es Planungen, einen Spezialsenat Asylsachen am Oberverwaltungsgericht einzurichten? Wenn ja, wie ist dazu der Planungsstand? Wenn nein, warum nicht? Die Verteilung der Rechtsprechungsaufgaben auf die Senate des Oberverwaltungsgerichts liegt im Rahmen der verfassungsrechtlich verankerten richterlichen Unabhängigkeit in der Zuständigkeit des Präsidiums des Oberverwaltungsgerichts. 10. Gibt es konkrete Pläne beziehungsweise Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Verwaltungsgerichtsbarkeit? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Das Präsidium des Verwaltungsgerichts wird an der Konzentration von Asylverfahren aus bestimmten Herkunftsländern in Asylkammern, die daneben keine anderen Rechtsgebiete bearbeiten, festhalten, da mit diesem Modell der Spezialisierung bereits erhebliche Effizienzgewinne erreicht wurden. Für die Asylkammern werden weiterhin regelmäßig neue wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht, um die Fluktuation und den Ablauf befristeter Arbeitsverträge auszugleichen. Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen die Richterinnen Drucksache 21/18329 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 und Richter, soweit es sich nicht um richterliche Kernaufgaben handelt, in bewährter Weise und übernehmen organisatorische Tätigkeiten. Das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts beobachtet fortlaufend die Geschäftsentwicklung des Gerichts mit dem Ziel, die Rechtsgeschäfte so auf die Senate zu verteilen , dass sie möglichst effizient bearbeitet werden können. Die von der Bürgerschaft am 11. September 2019 beschlossene Einrichtung eines 6. Senats am Oberverwaltungsgericht bietet insoweit weitergehende Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung und Spezialisierung. Davon abgesehen arbeiten die Gerichte fortlaufend an einer Analyse und Verbesserung der Arbeitsabläufe.