BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18381 21. Wahlperiode 20.09.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 13.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Neue Pflegeberufe-Kampagne Am 10. September 2019 startete unter Federführung der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz die Kampagne „Das ist Pflege!“. Oberstes Ziel der Kampagne ist es, das Image der Pflegeberufe zu verbessern und mehr junge Menschen für eine Ausbildung in einem Pflegeberuf zu gewinnen . Dafür werden neben Plakaten auch Kinospots und Videos in sozialen Medien zur Verbreitung der Werbespots genutzt, die einen „authentischen Einblick“ in den Beruf geben sollen. Die Darstellung des Berufsalltags wird in rasantem Tempo als spannend, aufregend, sinnstiftend und heldenhaft inszeniert. Überlastung, Arbeitshetze, Personalmangel, Patientengefährdungen , Flucht aus dem Beruf und andere negative Aspekte werden nicht thematisiert , obwohl sie prägend für den Berufsalltag sind. Geld, das für Kampagnen ausgeben wird, fehlt für Maßnahmen, die die tatsächlichen Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern, wie zum Beispiel eine bessere Pflegepersonalbesetzung auf den Stationen oder mehr Zeit für die Praxisanleitungen der Auszubildenden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Sicherung des Fachkräftebedarfs in Pflegeberufen ist eine wichtige gesellschaftliche Zukunftsaufgabe. Demografiebedingt steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Hamburgerinnen und Hamburger. 2017 gab es über 63 000 Leistungsempfängerinnen beziehungsweise -empfänger der Pflegeversicherung in Hamburg. Das sind bereits knapp 7 000 Pflegebedürftige mehr als noch 2015. Zudem ist eine bessere Personalausstattung in den verschiedenen Pflegebranchen erwünscht und notwendig. Um den Fachkräftenachwuchs und die Zahl der ausgebildeten Fachkräfte in der Berufsausübung zu steigern, ist ein umfassendes Maßnahmenpaket notwendig. Dazu gehört die Steigerung der Attraktivität des Berufs durch bessere Arbeitsbedingungen, eine gute und moderne Ausbildung, eine gute Bezahlung und die Werbung für den Pflegeberuf. Der Hamburger Senat setzt sich seit Jahren für die Anliegen der Pflege ein und hat dazu umfassende Maßnahmen ergriffen oder im Bund vorangebracht – zuletzt mit der Allianz für Pflege in Hamburg oder mit der Mitwirkung in der Konzertierten Aktion Pflege auf Bundesebene. In diesem Sinne ist es folgerichtig und notwendig für den Pflegeberuf zu werben, darauf hinzuweisen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Ausübung des Pflegeberufs verbessern und auf den wachsenden gesellschaftlichen Bedarf für eine gute Pflege aufmerksam zu machen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Schriftliche Kleine Anfrage wie folgt: 1. Für welchen Zeitraum ist die Kampagne „Das ist Pflege!“ (zunächst) geplant? Bis einschließlich 31. August 2020. Drucksache 21/18381 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Das Kampagnenflugblatt nennt als Ziele die Steigerung der Ausbildungszahlen um 10 Prozent und ein nachhaltig verbessertes Image des Pflegeberufes. a. Gibt es weitere Zielvorgaben, die durch die Kampagne erreicht werden sollen? Welche sind das? Übergeordnetes Ziel der Kampagne ist es, die individuelle und gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Pflege und Pflegeausbildung in den Vordergrund zu stellen und für die neue generalistische Pflegeausbildung zu werben. Die Imagekampagne beinhaltet deshalb Informationen zum vielfältigen Berufsbild „Pflege“ und über Verbesserungen durch die Pflegeberufereform. Es geht nicht nur um ein besseres Image des Pflegeberufes, sondern insbesondere um eine wertschätzende Darstellung der hohen Wertigkeit und Sinnhaftigkeit des Berufs. Im Übrigen Siehe Vorbemerkung. b. Anhand welcher Zahlen und Daten soll gemessen werden in welchem Maß die Kampagne ihre Ziele erreicht? Kennzahlen für die Erfolgskontrolle der Maßnahme sind Schlüsselzahlen wie Ausbildungszahlen an den Pflegeschulen in Hamburg. Weiterhin ergänzen klassische Trackings der Kampagne in den sozialen Medien und die Reichweite der Kampagne die Erfolgskontrolle. c. Ist geplant eine Evaluation der Kampagne durchzuführen? Siehe Antwort zu 2. b. d. Wann ist geplant über die Ergebnisse der Kampagne der Bürgerschaft zu berichten? Nach Abschluss der Kampagne. 3. Welche Gesamtkosten werden voraussichtlich für die Kampagne „Das ist Pflege!“ im Jahr 2019 entstehen? 4. Welche Gesamtkosten sind für die Kampagne in 2020 und gegebenenfalls in den Folgejahren eingeplant? Welche Summen sind dabei für welche Maßnahmen eingeplant? (Bitte auflisten nach Jahr und Maßnahme, wie zum Beispiel Kick-off, Filmspot.) Für die Kampagne stehen zurzeit Mittel in Höhe von insgesamt 640 000 Euro zur Verfügung . Die Planungen für 2020 und für die Folgejahre sind noch nicht abgeschlossen . 5. Wie wurden die Aufträge für die Erstellung der Materialien der Öffentlichkeitsarbeit (Plakate, Werbespots, Website et cetera) vergeben? Gab es eine öffentliche Ausschreibung? Die Vergaben für kreative und produktive Agenturen wurden nach den geltenden Regeln durchgeführt; eine öffentliche Ausschreibung war nicht erforderlich. 6. Wie werden die Kosten der Kampagne zwischen den beteiligten Arbeitsgebern , Behörden und weiteren Akteuren aufgeteilt? Laut Website wird die Ausbildungsplatzbörse www.pflegeberufe-hamburg.de betrieben von der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH und gefördert durch den Europäischen Sozialfonds und die BGV. Wie hoch ist die jeweilige Förderung durch den ESF und die BGV und wie lange ist der Zeitraum der Förderung? Welcher Eigenanteil wird von der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH aufgebracht? Die Kosten werden nach den von den einzelnen Kooperationspartnern zur Verfügung gestellten Mitteln aufgeteilt. Die im Rahmen der Zusammenarbeit anfallenden eigenen Personal- und Sachkosten trägt jeder Kooperationspartner selbst. Die Website www.pflegeberufe-hamburg.de wurde im Rahmen des mit ESF- und Hamburger Mitteln geförderten Projektes „Ausbildungserfolg in der Pflege verbessern“ (vergleiche https://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/4635758/ausbildungserfolg-in- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18381 3 der-pflege-verbessern) erstellt. Nach dem Ende des Projekts und dessen Förderung im August 2017 hat Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH (GWHH) die Website mit eigenen Mitteln weitergeführt, um die Ausbildungsstellen- und Praktikumsbörse aufrechtzuerhalten . Die Website wurde in die Kampagne „Das ist Pflege“ eingebunden, da dieses wichtige Angebot im Rahmen der Bewerbung der Kampagne noch mehr am Pflegeberuf interessierte Personen erreichen wird. Der Kampagne „Das ist Pflege“ wird nicht vom ESF gefördert. Die zuständige Behörde hat neben dem Personaleinsatz 200 000 Euro für die Kampagne vorgesehen. Die GWHH beteiligt sich an der Kampagne bislang im Umfang von circa zwei Dritteln einer Stelle. Im laufenden Betrieb soll sich der Umfang in etwa halbieren. Zudem trägt die GWHH zurzeit die Hosting- und Betriebskosten für die oben genannte Website. 7. Wer ist für die Steuerung der Gesamtkampagne verantwortlich und gegebenenfalls welche Fachabteilung der Behörde ist verantwortlich? Gibt es ein Steuerungsgremium oder etwas Vergleichbares und gegebenenfalls wie werden dort die Entscheidungen gefällt? Für die Steuerung des Projektes ist eine Lenkungsgruppe eingesetzt, in der alle Kooperationspartner vertreten sind und der alle wesentlichen Kampagnenschritte vorgelegt werden. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz ist insgesamt zuständig. 8. Wie werden die verschiedenen Beteiligten der Kampagne an der Gesamtsteuerung der Kampagne beteiligt? Neben der Lenkungsgruppe wirken die Kooperationspartner über eine sogenannte Redaktionskonferenz auf Arbeitsebene mit, die circa zweiwöchentlich tagt. 9. Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl der Kooperationspartner der Kampagne und welche Stelle ist zuständig dafür? Die Kooperationspartner haben ihre Bereitschaft in der Kampagne mitzuwirken und sich an deren Kosten zu beteiligen gegenüber der zuständigen Behörde erklärt. Die Partnerschaft steht weiteren Akteuren offen. 10. In welcher Art und Weise werden die Ausbildungsinteressierten und gegebenenfalls ihre Eltern über die körperlichen und psychischen Belastungen und ihre Folgen, gerade auch, aber nicht nur durch die derzeitigen Arbeitsbedingungen in der Pflege im Rahmen der Kampagne aufgeklärt ? Ein wesentlicher Konzeptbestandteil der Kampagne ist die offene Kommunikation über die verschiedenen Aspekte des Pflegeberufs. Parallel zu den Aktivitäten der Kampagne hat die zuständige Behörde das Netzwerk „Stadtteilbotschafter Pflege“ aufgebaut. In dem Netzwerk wirken Pflegekräfte mit, die Interessierte über die tägliche Arbeit im Pflegeberuf informieren. Dies geschieht beispielsweise auf Messen zur Berufsorientierung oder über die Kontaktanschrift Stadtteilbotschafter-pflege@hamburg.de. 11. Gehen die beteiligten Arbeitgeber Verpflichtungen ein in Bezug auf die Ausbildungsbedingungen der von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze (zum Beispiel Anzahl der Auszubildenden pro Lehrkraft, genügend Zeit für die Praxisanleiter/-innen oder andere)? Falls ja, welche Verpflichtungen sind die Arbeitgeber eingegangen und wie belegen sie, dass die Verpflichtungen eingehalten werden? Falls nein, warum ist das nicht vorgesehen? Die Vorgaben des Pflegeberufegesetzes gelten für alle Ausbildungsträger und Pflegeschulen . Zusätzlich haben sich im Rahmen der Allianz für die Pflege Arbeitgeber verpflichtet , bestimmte Arbeitsbedingungen einzuhalten und transparent darzustellen. In einem Arbeitgeberportal ist beabsichtigt, diese Maßnahmen sichtbar zu machen. 12. Neben der Zielgruppe der jungen Menschen, die für eine Ausbildung gewonnen werden sollen, wird als Zielgruppe auf der Website auch die Gruppe der potenziellen Berufsrückkehrer/-innen genannt. Laut Pflege- Comeback-Studie waren bessere Arbeitsbedingungen/-strukturen und Drucksache 21/18381 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 mehr Personal die beiden wichtigsten Voraussetzungen, damit Pflegekräfte zurückkehren. Werden rückkehrinteressierten Pflegekräften konkrete und verlässliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der Personalausstattung angeboten? Falls ja, welche sind das genau und wie wird die Verbindlichkeit sichergestellt ? Falls nein, warum nicht? Für konkrete Maßnahmen hierzu sind die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 2 der Konzertierten Aktion Pflege maßgeblich, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Konzertierte_Aktion_Pflege/ KAP_Vereinbarungen_AG_1-5.pdf ab Seite 54.