BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1845 21. Wahlperiode 13.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 06.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Schließungsangst an der Zweigstelle Berne der Grundschule Karlshöhe in der Lienaustraße (II) – Was passiert wann und warum? Einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ vom 25. September 2015 zufolge ist die Schließung des Schulstandortes Linausstraße, einer Zweigstelle der Grundschule Karlshöhe im Stadtteil Farmsen-Berne des Bezirks Wandsbek , zum Ende des Schuljahres 2015/2016 nunmehr beschlossene Sache. In der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/1056, die sich explizit mit den Schließungsgerüchten, konkreten Plänen und deren Begründungen befasste, ließ der Senat noch wichtige Fragen offen; das Kollegium, Eltern und Schüler wurden damals noch über vieles im Unklaren gelassen. Mittlerweile dürfte sich die Bedarfslage in Farmsen-Berne gegenüber dem Frühsommer aufgrund der Vielzahl der zu beschulenden Flüchtlingskinder deutlich verändert haben beziehungsweise sich in den nächsten Monaten, wie andernorts auch, spürbar verändern. Vor diesem Hintergrund erscheint die bevorstehende Schließung noch fragwürdiger als zuvor und ich frage den Senat: Für Instandhaltung, Sanierung und die Erweiterung der allgemeinbildenden Schulen werden bis 2019 rund 2 Milliarden Euro aufgewendet. Damit sollen alle nötigen Zubauten sowie über ein Drittel der anstehenden Sanierungen bewältigt werden. Um dieses umfangreiche Programm realisieren und finanzieren zu können, sind verschiedene Parameter erarbeitet und grundsätzliche Überlegungen zu der Größe angestellt worden, die Schulen künftig haben sollen. Das Musterflächenprogramm von 2011 bildet diesen Maßstab. Es definiert die bedarfsgerechte Ausstattung für die Schulen und bedeutet ein beträchtliches Ausbauprogramm. Es gibt Schulen, die auch nach den Maßstäben des neuen Musterflächenprogramms eine deutliche Überausstattung an Fläche haben. In Hinblick auf die Gesamtfinanzierung des Gebäudebestandes und in Hinblick darauf, dass viele Schulen mit deutlich weniger Fläche auskommen, müssen die Schulen, die sowohl über zu viel Fläche als auch über zu viele Räume verfügen, Flächen abgeben. Dieser Ausgleich ermöglicht dringend benötigte Zubauten, damit auch andere Schulen entsprechend dem Musterflächenprogramm ausgestattet sind. Der Standort Lienaustraße ist keine eigenständige Schule. Zuständig ist die Grundschule Karlshöhe im benachbarten Bramfeld. Sie organisiert den Schulbetrieb am Hauptstandort Karlshöhe (17 Unterrichtsräume, zehn Schulklassen), der Außenstelle Hohnerkamp (sechs Unterrichtsräume, fünf Schulklassen) und der Außenstelle Lienaustraße (18 Unterrichtsräume, allerdings aktuell nicht alle nutzbar; fünf Schulklassen ). Die Schule hat zusammen 41 Klassen- und Fachräume, jedoch nur 20 Schulklassen . Fast die Hälfte der Klassen- und Fachräume steht zurzeit leer. Einen besonderen Leerstand gibt es in den Schulgebäuden Lienaustraße, wo aufgrund der gerin- Drucksache 21/1845 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gen Schülerzahlen aus Berne derzeit nur fünf Schulklassen lernen, aber rund 18 Unterrichtsräume zur Verfügung stehen. Darüber hinaus besteht für die Gebäude Lienaustraße ein erheblicher Sanierungsbedarf. Vor dem Hintergrund dringender Finanzierungsnotwendigkeiten an anderen Schulen können die Investitionsmittel nicht für einen Standort zur Verfügung gestellt werden, der nach der Sanierung zu zwei Dritteln leer steht. Diese Entscheidung steht in keiner Weise mit der derzeitigen Suche nach geeigneten Flüchtlingsunterkünften in Zusammenhang. Die Schließung erfolgt aufgrund der oben genannten Überlegungen der zuständigen Behörde, die Entscheidung über etwaige Nachnutzungen erfolgt erst im Nachgang. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Der Amtsleiter der Behörde für Schule und Berufsbildung, Herr Altenburg -Hack, berichtete auf der Veranstaltung am 24. September 2015 über einen Investitionsbedarf der Schule Lienaustraße in Höhe von circa 4 bis 5 Millionen Euro. Die Finanzbehörde hingegen behauptete in der Vergangenheit, es seien lediglich Investitionen in Höhe von 2,7 Millionen Euro zu tätigen. Ist der Schulbehörde der tatsächliche Investitionsbedarf bekannt? Wenn ja, wie hoch ist dieser und wie setzt dieser sich zusammen? Wenn nein, warum nicht? 2. Wir hoch war der Investitionsbedarf, den Dienststellen und/oder Bedienstete der Freien und Hansestadt Hamburg in den vergangenen Jahren jeweils festgestellt oder geschätzt haben? Welche Baumaßnahmen wurden jeweils für erforderlich gehalten, welche Kosten wurden für das jeweilige Bauvorhaben geschätzt, angenommen oder kalkuliert? Bitte jeweils getrennt nach Jahren ab 1990 aufschlüsseln. 3. Welche Bau-, Renovierungs- und/oder Instandsetzungsmaßnahmen wurden am Schulgebäude Lienaustraße seit 1990 durchgeführt? Bitte nach Jahren einzeln aufschlüsseln und die jeweiligen Maßnahmen und Kosten angeben. Siehe Drs. 21/1056 und 21/1085. Im Übrigen liegen ältere Daten den zuständigen Behörden nicht vor. Von den genannten 4,2 Millionen Euro entfallen rund 2,75 Millionen Euro auf den ersten Bauabschnitt sowie die Erneuerung von Außenanlagen und Sielen sowie rund 1,45 Millionen Euro auf den zweiten Bauabschnitt. Darüber hinaus wurden keine Bedarfe ermittelt. 4. Zu welchem Zeitpunkt wurde der Schulbehörde erstmalig vorgeschlagen , den Schulstandort Lienaustraße zu schließen? Wann und durch wen wurde entschieden, den Schulstandort Lienaustraße tatsächlich zu schließen? Warum fiel die Entscheidung auf diesen Standort, welche anderen Standorte standen zur Debatte und warum hat man sich letztlich für den Standort Lienaustraße entschieden? Hat die Schließung der Schule Schierenberg in diesem Zusammenhang eine Rolle gespielt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/1817. 5. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Denkmalwert des Schulgebäudes Lienaustraße, insbesondere im Kontext mit anderen Schulgebäuden, die vom Architekten Schuhmacher geplant wurden? Das Schulgebäude ist ein Beispiel für das späte Schaffen Fritz Schumachers, der sich Ende der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts dem „Neuen Bauen“ stärker annäherte . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1845 3 6. Ist zutreffend, dass das Schulgebäude Lienaustraße in Teilen, insbesondere hinsichtlich der Wandfarbe und der Fenster, noch im Originalzustand der Bauzeit ist? Wenn ja, ist dies auf das Bestreben des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde, wertvolle Bausubstanz im Originalzustand zu erhalten, oder aber auf einen Investitionsstau zurückzuführen? Die Klinkerfassade ist im ursprünglichen Zustand erhalten. Im Inneren sind unter anderem noch das Treppengeländer und die Fußböden in den Fluren original vorhanden . Angaben zur Wandfarbe sowie zum Zustand der vorhandenen Bausubstanz können derzeit nicht getroffen werden. 7. In der Schriftlichen Kleinen Anfrage, Drs. 21/1056, teilt der Senat in der Antwort zu Frage 6. mit, er rechne mit einem Investitionsbedarf von 4,2 Millionen Euro, welcher im Falle einer Schließung entfallen würde. Gibt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Schulstandort Lienaustraße nur auf, um die notwendigen Investitionen in das denkmalgeschützte Gebäude zu vermeiden oder gibt es weitere tragende Gründe für die Schließung der Schule? Wenn ja, welche sind dies konkret? Siehe Drs. 21/1817. 8. Aus welchem Haushaltstitel würden die erforderlichen Investitionen in das denkmalgeschützte Gebäude gegebenenfalls getätigt werden? Sind diese Teil des „Rahmenplans Schulbau bis 2019“ und bereits in den Haushalt eingestellt? Wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht? Die Maßnahmen waren laut Rahmenplanung für die Jahre nach 2019 vorgesehen. Im Übrigen werden Investitionen in Schulgebäude grundsätzlich im Rahmen des bestehenden Vermieter-Mieter-Modells aus den Wirtschaftsplänen von SBH | Schulbau Hamburg beziehungsweise aus dem Sondervermögen Schulimmobilien finanziert, siehe Drs. 20/5317. 9. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Verpflichtung zum Erhalt des Schulgebäudes vor dem Hintergrund des mit der Gartenstadt Hamburg eG geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages über den Denkmalschutz in der Gartenstadtsiedlung Berne? Unabhängig von dem ergänzenden Vertrag mit der Gartenstadt-Farmsen-Genossenschaft wird auch die Freie und Hansestadt Hamburg die sich aus den Denkmalschutzgesetz ergebende Vorgaben konsequent einhalten. 10. Wird das Schulgebäude Lienaustraße als integraler Bestandteil der Gartenstadt -Siedlung behandelt? Wenn nein, warum nicht, zumal es doch im Hinblick auf Bauzeit, Architektur und im räumlichen Kontext einen solchen Bestandteil darstellt? Ja. 11. Werden an die Stadt im Hinblick auf den Erhalt denkmalgeschützter Gebäude andere Anforderungen gestellt als an Personen des Privatrechts ? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum schützt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Bausubstanz nicht mit dem gleichen Engagement wie die Gartenstadt eG? Siehe Antwort zu 9. 12. Im Umfeld des Schulstandortes Lienaustraße bestehen mehrere Flüchtlingsunterkünfte (unter anderem auch für minderjährige unbegleitete Drucksache 21/1845 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Flüchtlinge), deren Beschulung sicherzustellen ist. Die Schulstandorte um die August-Krogmann-Straße sind mit dieser Aufgabe völlig überfordert , sodass sich zumindest subsidiär auch der Schulstandort Lienaustraße für diese Aufgaben anbieten würde. Wie viele Flüchtlinge sind im Umkreis von 10 km um das Schulgelände herum derzeit tatsächlich in öffentlichen Unterbringungen oder in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ? Wie viele Personen hiervon sind schulpflichtige Kinder oder Jugendliche? Siehe Drs. 21/1532. Die in der Frage formulierte Behauptung zur Überforderung der Schulstandorte um die August-Krogmann-Straße trifft nicht zu. 13. Mit welcher Anzahl weiterer Flüchtlinge rechnen die zuständigen Behörden bis zum 31. Dezember 2016 für das gesamte Stadtgebiet? Wie viele hiervon werden voraussichtlich im Bezirk Wandsbek untergebracht? Mit welchem Anteil an Kindern und Jugendlichen rechnen die zuständigen Behörden und wie groß wird die Anzahl der zu beschulenden Personen voraussichtlich sein (Stichwort „kurze Beine, kurze Wege“)? Wo sollen diese Flüchtlingskinder planungsgemäß beschult werden? Ändert diese Planung etwas an den Schließungsplänen für den Schulstandort Lienaustraße ? Nach bisherigen Prognosen der Bundesregierung ist für das Jahr 2015 mit über 800.000 Flüchtlingen zu rechnen, die Deutschland erreichen werden. Für das Jahr 2016 liegt noch keine Prognose vor. Lokale beziehungsweise regionale Prognosen werden nicht erstellt. Die regionale Situation erlaubt in der Umgebung der Schule keine Unterbringung von Flüchtlingen in einem für die Schulplanung relevanten Umfang. Im Übrigen siehe Drs. 21/1532. 14. Ist es zutreffend, dass von Mitarbeitern der zuständigen Fachbehörde die Meinung vertreten wurde oder wird, dass die Aufgabe von Schulstandorten oder die Schließung von Schulen zurzeit aufgrund des deutlich gesteigerten Schulplatzbedarfes fachlich (und organisatorisch) nicht zu vertreten ist? Wie steht die zuständige Behörde zu dieser Einschätzung der Situation? Der zuständigen Behörde sind keine derartigen Äußerungen bekannt. 15. Welche schulischen Angebote sind zur Beschulung der Flüchtlinge aus fachlicher Sicht erforderlich, welche Standorte sind im näheren Umfeld des Standortes Lienaustraße beziehungsweise im Bezirk Wandsbek hierfür geeignet, welche werden derzeit für die Beschulung von schulpflichtigen Flüchtlingen herangezogen, wie gestaltet sich hier die weitere Planung? Siehe Drs. 21/1532. Die weiteren Planungen sind noch nicht abgeschlossen. 16. Werden derzeit Flüchtlingskinder am Standort Lienaustraße beschult oder ist die Beschulung in nächster Zeit geplant/vorgesehen beziehungsweise ist sie zumindest geprüft worden? Wenn nein, warum nicht? Nein, der Bedarf im Einzugsgebiet kann von den weiteren Wandsbeker Schulen gedeckt werden. 17. Wie würden sich die durch die schulpflichtigen Flüchtlinge verändernden Schülerzahlen am Schulstandort Lienaustraße auf die Rentabilität des Standortes auswirken, insbesondere wenn man den Erhalt des Standortes mit der Notwendigkeit der Schaffung externer Beschulungsmöglichkeiten ins Verhältnis setzt (Stichpunkt: Schaffung von Containerschulen in den Notunterkünften vs. Eingliederung der Flüchtlingskinder unmittelbar in die Vor- und Grundschulen im Umfeld der jeweiligen NotUnterkünfte )? Zu hypothetischen Fragestellungen nimmt der Senat grundsätzlich keine Stellung.