BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18456 21. Wahlperiode 01.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 23.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Vorschneller Leistungsentzug wegen Erwerbsunfähigkeit bei ALG-II- Beziehenden? Bei Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit eines Arbeitsuchenden ist die Bundesagentur für Arbeit zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit von Arbeitsuchenden gemäß § 44a SGB II befugt (Fachliche Weisungen §8 SGB II Rz. 8.11). Soweit die Erwerbsunfähigkeit festgestellt wird, hat dies zur Folge, dass die Betroffenen nicht mehr berechtigt sind, Leistungen nach dem SGB II zu empfangen und in den Leistungsbereich des SGB XII fallen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Agentur für Arbeit Hamburg (AA) wie folgt: 1. In wie vielen Fällen wurde in den Jahren 2014 bis 2018 sowie im Zeitraum zwischen Januar und Juni 2019 ein Verfahren gemäß § 44a SGB II durchgeführt? a. In wie vielen Fällen davon auf Basis einer medizinischen Begutachtung ? b. In wie vielen Fällen aufgrund anderer Anhaltspunkte? c. Welche sonstigen Anhaltspunkte kommen für eine Beurteilung der Erwerbs(un)fähigkeit in Betracht? Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst. Für eine Einzelfallauszählung/-auswertung müssten sowohl die Akten im Jobcenter als auch in den Fachämtern für Grundsicherung und Soziales geprüft werden. Die Überprüfung von rund 96 000 Leistungsakten bei Jobcenter und 46 000 Akten in den Fachämtern für Grundsicherung und Soziales ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Wie oft hatte dies (in den Fällen nach Ziffer 1.) die Folge, dass der Betroffene als erwerbsunfähig eingestuft wurde? Bitte nach Jahren beziehungsweise für 2019 für ein halbes Jahr aufschlüsseln. 3. In wie vielen Fällen wurde in dem in Ziffer 1. genannten Zeitraum im Rahmen der Mitwirkungspflicht die Unterzeichnung von Einwilligungen in die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht verlangt? a. Wie oft haben Betroffene sich nicht bereit erklärt einzuwilligen? b. Welche Konsequenzen hatte dies? Drucksache 21/18456 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In Fällen von fehlender Mitwirkung ist das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 60 fortfolgende SGB I zu prüfen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1. c. 4. Gemäß § 44a Absatz 1 Satz 2 SGB II können der kommunale Träger, ein anderer zuständiger Träger und die Krankenkasse Widerspruch gegen die Entscheidung der Agentur für Arbeit einlegen. a. Wie oft wurde ein Widerspruch im Sinne des § 44a Absatz 1 Satz 2 in den Jahren 2014 bis 2018 sowie im Januar bis Juni 2019 eingelegt ? Bitte nach Widerspruchsberechtigten und Jahren aufschlüsseln . b. Wie oft war im oben genannten Zeitraum ein solcher Widerspruch erfolgreich? Bitte nach Widerspruchsberechtigten aufschlüsseln. 5. Wie oft haben als erwerbsunfähig eingestufte Personen in dem in Ziffer 1. genannten Zeitraum Widerspruch gegen a. den leistungsentziehenden Bescheid eingelegt? b. Wie oft war im oben genannten Zeitraum ein solcher Widerspruch erfolgreich? 6. In wie vielen Fällen wurde in dem in Ziffer 1. genannten Zeitraum ein Verfahren zur Prüfung der Erwerbs(un)fähigkeit durchgeführt, obwohl der/die Betroffene eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle in Aussicht hatte? 7. Wie oft hatte dies (in den Fällen nach Ziffer 6.) die Folge, dass der Betroffene als erwerbsunfähig eingestuft wurde? Bitte nach Jahren beziehungsweise für 2019 für ein halbes Jahr aufschlüsseln. 8. Wie oft haben als erwerbsunfähig eingestufte Personen in den Fällen nach Ziffer 6. in dem in Ziffer 1. genannten Zeitraum Widerspruch gegen a. den leistungsentziehenden Bescheid eingelegt? b. Wie oft war im oben genannten Zeitraum ein solcher Widerspruch erfolgreich? Siehe Antwort zu 1. bis 1. c. 9. Sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Fälle bekannt, in denen entgegen der Regelung des § 44a Absatz 1 Satz 5 SGB II im Falle eines Widerspruchs keine Leistungen erbracht wurden? Es sind keine Fälle bekannt. 10. Im Zeitraum zwischen der Verweigerung von Leistungen nach dem SGB II und der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII kann eine finanzielle Lücke entstehen, die erst nach der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII ausgeglichen wird. a. Wie ist die finanzielle Absicherung in diesem Zeitraum ausgestaltet? b. Falls es keine Maßnahmen zur finanziellen Absicherung in diesem Zeitraum gibt: Ist eine Einführung derartiger Maßnahmen geplant? Liegt ein Gutachten des Rentenversicherungsträgers vor, das eine volle Erwerbsminderung bestätigt, sind nach den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 44a SGB II die Leistungen unverzüglich, in der Regel zum Beginn des Folgemonats , einzustellen. Ab diesem Zeitpunkt besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Im Aufhebungsbescheid weist Jobcenter ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu beantragen. Ergänzend dazu leitet Jobcenter die Fallübergabe an das zuständige Fachamt für Grundsicherung und Soziales ein.