BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18497 21. Wahlperiode 04.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 27.09.19 und Antwort des Senats Betr.: Kosten(-Explosion) bei der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße Anfang Oktober soll die verlegte Wilhelmsburger Reichsstraße(WRS) für den Verkehr freigegeben werden. Die Kosten für den Neubau haben sich rasant entwickelt. In einer Pressemitteilung vom 30.08.2016 hatte der Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V.“ die bis dahin bekannten Kostensteigerungen aufgelistet: „Die Kosten der Wilhelmsburger Reichsstraße sind nicht um 72 Prozent gestiegen, wie in der Drucksache beschrieben. Stattdessen sind die veranschlagten Kosten von der Finanzierungvereinbarung zwischen Hamburg und dem Bund am 7.10. 2009 bis heute von 67 Mio. auf 235 Mio, d.h. um 250% auf das 3 1⁄2-fache gestiegen. Die Gesamtkosten waren in der Mitfinanzierungsvereinbarung einschließlich der Gleisbaumaßnahmen der Deutschen Bahn auf 67,4 Mio. Euro beziffert (Bürgerschaftsdrucksache 19/7116 vom 30.8.2010). Hamburg sollte davon 10,4 Mio. tragen, weil es keine Lärmschutzmaßnahmen für die WRS während der Internationalen Gartenschau, IGS, bauen müsse. Denn es wurde davon ausgegangen, dass die WRS bis zum Frühjahr 2013 in Betrieb genommen würde. Die Alternative wäre nach einer Senatsdrucksache vom Mai 2010 gewesen, dass die vorhandene B4/75 für 57 Mio. Euro ausgebaut würde. Nur so konnte das Projekt, das nie im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen war, quasi als Reparatur einer bestehenden Bundesstraße durch den Bundestag gebracht werden. Die erste Kostensteigerung von 67 auf 136 Mio. Euro wurde wenige Tage vor dem Ende der Hamburger Legislaturperiode mitgeteilt (Drucksache 19/7116, Ergänzung/Berichtigung vom 4.1.2011). Im Haushaltsausschuss hieß es damals dazu, das sei ja ein gutes Geschäft für Hamburg, weil der Bund die Mehrkosten zahle. So konnten die Mehrkosten beim Beschluss der Hamburger Bürgerschaft zur WRS 2011 durchgewunken werden.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße (B 75) und die Anpassung der Gleisanlagen werden von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) im Auftrag des Bundes und der Deutschen Bahn AG (DB AG) geplant und durchgeführt. Baulastträger ist der Bund. Realisierungsträger ist die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungsund -bau GmbH (DEGES). Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) ist als Bedarfsträger und Auftraggeber der DEGES kontinuierlich in den Planungs-, Abstimmungs- und Finanzierungsprozess eingebunden. Drucksache 21/18497 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat begrüßt es ausdrücklich, dass es in enger konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Bund im Rahmen dieses Pilotprojektes zur Bündelung von Straße und Schiene gelungen ist, neben dem Neubau der Bundesstraße zusätzliche Mittel des Bundes für die Modernisierung im Schienenbereich zu erhalten. So können notwendige Modernisierungen (zum Beispiel eine umfassende Ertüchtigung im Eisenbahnbereich sowie Verbesserungen des Lärmschutzes und der Leittechnik) um Jahre vorgezogen werden. Mit der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße an die Bahn wird der Verkehr auf einer Trasse gebündelt und die Lärmbelastung im Stadtteil verringert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie haben sich die Kostenschätzungen für die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße seit 2009 entwickelt? Bitte die jeweilige Kostenschätzung , die beantragten und/oder genehmigten Kostenfortschreibungen durch den Bund sowie das jeweilige Datum angeben. Die Kosten für den Um- und Ausbau der B 4/75 in neuer Trassenlage wurden am 31.08.2010 zunächst mit 67,4 Millionen Euro im Rahmen der in der Drs.19/7116 genannten Projektstudie (Stand: Oktober 2008) geschätzt und haben sich im Zuge der weiteren Planungen wie folgt entwickelt: Kostenermittlung mit Erteilung des sogenannten Gesehenvermerks vom 16.09.2011 durch das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) über 136,2 Millionen Euro. 1. Kostenfortschreibung mit Erteilung des Gesehenvermerks vom 24.06.2016 durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über 234,9 Millionen Euro. 2. Kostenfortschreibung mit Erteilung des Gesehenvermerks vom 08.06.2018 durch das BMVI über 292,8 Millionen Euro. 3. Kostenfortschreibung aus dem 3. Quartal 2019 beläuft sich auf 318,1 Millionen Euro. 2. Wie ist der Kostenstand zum Stichtag 30.9.2019? Die von Hamburg zwischen 2008 und 2019 getragenen Planungskosten belaufen sich auf insgesamt rund 62 Millionen Euro. Die Baukosten belaufen sich zum Stichtag 30.09.2019 auf insgesamt 318,1 Millionen Euro. Die Gründe für die Baukostensteigerungen liegen in den fortgeschrittenen Detailplanungen , aktualisierten Kostenanschlägen sowie dem fortgeschriebenem Preisniveau. Ein beträchtlicher Teil davon entfällt auf zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen im Bahnbereich, die den Anwohnerinnen und Anwohnern zu Gute kommen. Die FHH hat mit dem damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (heute BMVI) im Rahmen einer Finanzierungsvereinbarung im Jahr 2009 einen festen Beitrag zur Beteiligung an den Baukosten in Höhe von 10,4 Millionen Euro vereinbart. Zusätzlich beteiligt sich die FHH anteilig an den Kosten für Grunderwerb , Kampfmittelräumung, Untergrundverbesserung, Kreuzungsbauwerke und zusätzlichen Lärmschutz. Nach derzeitigem Stand ergeben sich die anteiligen Kosten wie folgt: 2. Kostenfortschreibung 3. Kostenfortschreibung Kostenentwicklung in % Anteil Schiene 41.912.866 40.781.560 ‐2,7 davon FHH  3.960.627 2.984.899 ‐24,6 Anteil Lärmschutz 47.486.602 58.653.216 23,5 davon FHH  4.027.280 4.561.903 13,3 Anteil Straße 203.445.533 218.676.224 7,5 davon FHH  0 0 0 Summe Kostenfortschreibung 292.845.000 318.111.000 8,6 Summe FHH Anteil 7.987.907 7.546.802 ‐5,5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18497 3 Die FHH hat sich darüber hinaus zum Rückkauf der später entbehrlichen Alttrasse bereit erklärt. Die Verhandlungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 3. Mit welchen noch nicht erfassten oder abgerechneten Kosten wird gerechnet? In der 3. Kostenfortschreibung sind die aktuellen Gesamtkosten über 318,1 Millionen Euro für die Baumaßnahme Wilhelmsburger Reichsstraße abgebildet und liegen dem Bund zur Genehmigung vor. Weitere Kosten sind derzeit nicht bekannt. 4. Im Jahr 2009 wurde der Eigenanteil der Freien und Hansestadt Hamburg auf einen festen Betrag von 10,4, Millionen Euro festgelegt (vergleiche Drs. 21/5619, Nummer 1. c). a. Hat sich die Höhe des Eigenanteils verändert? Wenn ja, wie hoch ist er jetzt? b. Welche weiteren Kosten entstanden oder entstehen noch der Freien und Hansestadt Hamburg im Zusammenhang mit der Verlegung der WRS? Bitte die jeweilige Höhe und den Anlass der Kosten angeben. Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/5619.