BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1851 21. Wahlperiode 13.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 06.10.15 und Antwort des Senats Betr.: Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz Am 24. September 2015 haben sich Bund und Länder auf ein Maßnahmenpaket zur Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt. Am 29. September 2015 wurde ein darauf basierender Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes von CDU/CSU und SPD1 dem Bundestag zugeleitet. In diesem Zusammenhang ergeben sich Fragen zum bisherigen und künftigen Verhalten Hamburgs. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wird Hamburg dem Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmen? Wenn nein, warum nicht? Über das Abstimmungsverhalten Hamburgs im Bundesrat zu diesem Gesetzentwurf hat der Senat noch nicht entschieden. 2. Hamburg wird durch die Flüchtlingsverteilung über den sogenannten Königsteiner Schlüssel stark belastet. Deshalb wird vonseiten des Senats „immer wieder auch über die Möglichkeit einer länderübergreifenden Zusammenarbeit bei der Errichtung und Trägerschaft von Flüchtlingsunterkünften gesprochen.“ Außerdem will der Bund einen Gesetzentwurf erarbeiten, „welcher die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft, die Unterbringung von Flüchtlingen auch außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen der zur Aufnahme verpflichteten Länder auf der Basis von Vereinbarungen zu ermöglichen.“2 a. Hält der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Königsteiner Schlüssel für einen sinnvollen und gerechten Verteilungsmechanismus ? Bitte begründen. b. Wurde am 24.9.2015 oder in vorbereitenden Sitzungen eine Änderung des Verteilungsschlüssels von Hamburg ins Gespräch gebracht? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann? Für den Königsteiner Schlüssel spricht die hohe Akzeptanz, die er in vielfältigen Zusammenhängen des Ausgleichs finanzieller Belastungen unter den Ländern genießt. 1 BT-Drs. 18/6185. 2 Beide Zitate aus Drs. 21/604. Drucksache 21/1851 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für eine Änderung des Verteilungsschlüssels besteht zurzeit keine hinreichende Akzeptanz. c. Werden derzeit Gespräche über eine länderübergreifende Zusammenarbeit bei der Errichtung und Trägerschaft von Flüchtlingsunterkünften mit anderen Bundesländern geführt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, seit wann und mit wem? Gibt es hier gegebenenfalls Ergebnisse aus abgeschlossenen Gesprächen und wenn ja, welche ? Siehe Drs. 21/604. Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Angesichts der aktuellen Unterbringungssituation in allen Ländern sind konkrete Ergebnisse derzeit nicht abzusehen. d. Wann wird der oben angesprochene Gesetzentwurf vorgelegt? Werden hier bereits vorbereitende Gespräche seitens Hamburg mit anderen Bundesländern geführt? Wenn ja, mit wem? Wenn nein, warum nicht? Der Gesetzentwurf liegt als BR.-Drs. 446/15 vor. Im Rahmen der Beratungen werden Gespräche mit allen übrigen Ländern geführt. 3. Die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern sieht vor, dass Asylbewerber verpflichtet werden können, bis zu sechs Monate (solche aus sicheren Herkunftsstaaten bis zum Abschluss des Verfahrens) in Erstaufnahmeeinrichtungen zu verbleiben. Handelt es sich hier tatsächlich um eine geplante Soll-Regelung? Wenn ja, wird Hamburg diese Regelung vollständig anwenden? Wenn nein, warum nicht? 4. Außerdem können die Landesregierungen die Rückführungen vollziehbar Ausreisepflichtiger aus humanitären Gründen zukünftig nur noch für maximal drei Monate aussetzen? Handelt es sich hier tatsächlich um eine geplante Soll-Regelung? Wenn ja, wird Hamburg diese Regelung vollständig anwenden? Wenn nein, warum nicht? 5. Weiterhin soll der bisher mit „Taschengeld“ abgedeckte Bedarf künftig in Erstaufnahmeeinrichtungen in Form von Sachleistungen (oder Wertgutscheinen ) erbracht werden. In anderen Gemeinschaftsunterkünften soll ebenso verfahren werden können. Handelt es sich hier tatsächlich um eine geplante Soll-Regelung? Wenn ja, wird Hamburg diese Regelung vollständig anwenden? Wenn nein, warum nicht? Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht beendet. Im Übrigen beantwortet der Senat hypothetische Fragen grundsätzlich nicht. 6. Ziel des Gesetzentwurfs ist es auch, dass die Gruppe der Asylsuchenden frühzeitig einen der Gesamtbevölkerung vergleichbaren Impfschutz aufweist. a. Hat die Gruppe der Asylsuchenden derzeit diesen Impfschutz? Im Rahmen der Erstuntersuchung nach § 62 Asylverfahrensgesetz wird nach dem bestehenden Impfschutz von Flüchtlingen gefragt. Bei bestehenden Impflücken erfolgt ein Angebot, diese gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zu schließen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1851 3 b. Was planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden, um den Impfschutz in Hamburg zu verbessern? Siehe Drs. 21/14. 7. Künftig sollen Asylsuchende, die über eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen Heilberuf verfügen, in die medizinische Erstversorgung eingebunden werden dürfen. Wie viele dieser Asylsuchenden gibt es aktuell schätzungsweise in Hamburg? Wie will Hamburg diese Personengruppe gegebenenfalls identifizieren? Strebt Hamburg an, die beschriebene Maßnahme umzusetzen? Den Behörden liegen keine statistischen Daten dazu vor, wie viele Asylsuchende über eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen Heilberuf verfügen. Die Erteilung jeder Berechtigung zur Ausübung der Heilkunde erfolgt ausschließlich auf Antrag bei der zuständigen Behörde. Die dafür gegebenenfalls in Betracht kommenden Personen können sich bei entsprechendem Interesse unter Inanspruchnahme der bestehenden Beratungsmöglichkeiten eigeninitiativ dort melden. Dies gilt unabhängig von der Nationalität und vom Aufenthaltsstatus der antragstellenden Person, mithin auch für Flüchtlinge. 8. Asylbewerber, die anerkannt wurden oder längerfristig bleiben, sollen einen verbesserten Zugang zu psychologischer Betreuung erhalten. Wie schätzt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den derzeit bestehenden Zugang in Hamburg ein? Was sollen gegebenenfalls für Maßnahmen ergriffen werden, um dem Vorhaben Rechnung zu tragen? Asylbewerberinnen und -bewerber, die leistungsberechtigt nach §§ 1, 1a in Verbindung mit §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind, werden in Hamburg weitgehend durch eine Krankenkasse (AOK Bremen/Bremerhaven) gemäß § 264 Absatz 1 SGB V betreut. Die Leistungsberechtigten werden dabei verfahrens- und leistungsrechtlich grundsätzlich den Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt, wobei die Leistungsbeschränkungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG zu beachten sind. Zur Feststellung und Behandlung psychischer Störungen bei Flüchtlingen können alle Einrichtungen der psychiatrischen Versorgung in Hamburg sowie alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten konsultiert werden. Derzeit etabliert sich die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern mit Fachabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie und Erstaufnahmeeinrichtungen. So bieten einzelne Krankenhäuser vor Ort in Erstaufnahmeeinrichtungen regelmäßig psychiatrische Sprechstunden ihrer Institutsambulanzen an beziehungsweise sind entsprechende Angebote im Aufbau. Diese Versorgung hat bundesweit Vorbildcharakter.