BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18518 21. Wahlperiode 08.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 01.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Fachkräftemangel bekämpfen – Passungsprobleme in der beruflichen Bildung abbauen Die neue Bertelsmann-Studie „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“1 zeigt, dass es in Deutschland ein erhebliches Problem bei der Besetzung von Lehrstellen gibt. Im vergangenen Jahr blieben bis zum 30. September 57 700 Lehrstellen unbesetzt. Gleichzeitig suchten 78 600 Personen eine Stelle und blieben dabei erfolglos. Zwar liegt Hamburg bei diesem Passungsproblem insgesamt unter dem bundesweiten Durschnitt. Schaut man jedoch nach den Gründen für das Passungsproblem fällt auf, dass der Wert für sogenannte eigenschaftsbezogene Passungsprobleme mit 74,1 Prozent in Hamburg deutschlandweit am höchsten ist. Das bedeutet, dass in diesen Fällen dem Unternehmen entweder bestimmte Qualifikationen fehlen oder dem potenziellen Azubi das Unternehmen zu unattraktiv erscheint. Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels muss dieses Ergebnis Besorgnis erregen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die für die Bildung zuständige Behörde hat die für Hamburg erfreulichen Ergebnisse der Bertelsmann-Studie „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“ zur Kenntnis genommen. Sie bestätigen, dass der Hamburger Senat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit allen Partnern der beruflichen Bildung intensiv und kontinuierlich an der Verbesserung der beruflichen Bildung, insbesondere des Übergangssystems, gearbeitet hat, siehe Drs. 21/15570 und Drs. 21/17212. Der Senat hat mit den Jugendberufsagenturen in jedem Hamburger Bezirk den Übergang von der Schule in den Beruf umfassend und rechtskreisübergreifend ausgestaltet . Unter dem Motto „Keine/Keiner soll verloren gehen – jede und jeder wird gebraucht“ werden Jugendliche von der Berufsorientierung ab der achten Klasse bis hin zur Einmündung in eine Ausbildung oder ein Studium umfassend begleitet, beraten und unterstützt. Dabei arbeiten die Agentur für Arbeit Hamburg, das Jobcenter team.arbeit.hamburg, das Hamburger Institut für Berufliche Bildung, die Bezirksämter und die für Arbeit zuständige Behörde eng zusammen. Die Partner stimmen die Gesamtheit ihrer Förderleistungen und ihr arbeitsmarktpolitisches Vorgehen miteinander ab. Siehe hierzu auch Abschlussbericht „Evaluation der Hamburger Jugendberufsagentur “ (https://www.jba-hamburg.de/Ueber-uns/Evaluation-555). Die Forschungsergebnisse der Bertelsmann-Studie „Ländermonitor berufliche Bildung 2019“ bestätigen die erfreuliche Entwicklung der beruflichen Bildung in Hamburg. 1 https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/ Laendermonitor_Zusammenfassung_2019.pdf; https://www.bertelsmann-stiftung.de/ fileadmin/files/Projekte/13_Chance_Ausbildung/Laendermonitor_2019/Laenderberichte/ LMBB_2019_Hamburg.pdf. Drucksache 21/18518 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Demnach ist die Einmündungsquote der Schülerinnen und Schüler in die duale Ausbildung mit 62 Prozent deutschlandweit am höchsten. Der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei 49 Prozent. Gerade bei Schülerinnen und Schülern, die die allgemeinbildende Schule mit einem Hauptschulabschluss oder weniger verlassen, ist Hamburg der Studie zufolge mit 55 Prozent deutschlandweit an der Spitze. Der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei 37 Prozent. Laut Bertelsmann-Studie liegen eigenschaftsbezogene Passungsprobleme beispielsweise vor, wenn Betriebe Bewerberinnen und Bewerber wegen fehlender gewünschter Eigenschaften, wie ein bestimmter Schulabschluss, ablehnen oder umgekehrt, wenn Bewerberinnen oder Bewerber einen Betrieb wegen dessen Eigenschaften, beispielsweise dessen Größe oder dessen Ausbildungsbedingungen ablehnen, obwohl der angebotene Beruf und das Berufsinteresse des Jugendlichen übereinstimmen . Zu den in der Studie aufgeführten eigenschaftsbezogenen Passungsproblemen – insbesondere in Elektro- und IT-Berufen – liegen den zuständigen Fachbehörden in Hamburg keine Daten vor. Der Hamburger Ausbildungsmarkt entwickelt sich zunehmend zu einem Bewerbermarkt. In Hinblick auf die Passungsprobleme von Ausbildungsangebot und Ausbildungsnachfrage weist die Studie für Hamburg eine Quote von 5 Prozent aus, während diese im Bundesdurchschnitt doppelt so hoch bei 10 Prozent liegt. Eine vertiefte Befassung der Forschungsergebnisse und ein daraus möglicherweise resultierender Handlungsbedarfen erfordert einen gemeinsamen Diskurs mit allen Partnern der beruflichen Bildung in Hamburg. Dies wird regelhaft im Rahmen der zuständigen Gremien, beispielsweise im Fachkräftenetzwerk, sichergestellt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften der Agentur für Arbeit Hamburg, des Jobcenters team.arbeit.hamburg und der Handelskammer Hamburg, wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die Ergebnisse der oben genannten Studie im Hinblick auf den hohen Wert der eigenschaftsbezogenen Passungsprobleme in Hamburg? 2. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, welche eigenschaftsbezogenen Passungsprobleme exakt dazu führen, dass Bewerber und Unternehmen nicht zusammenfinden? a. Wie viele eigenschaftsbezogene Passungsprobleme entstehen aufgrund mangelnder Qualifikation der Bewerber? Bitte jährlich seit 2015 nach Art des Mangels aufschlüsseln. b. Wie viele eigenschaftsbezogene Passungsprobleme entstehen aufgrund mangelnder Attraktivität der Unternehmen für Jugendliche? Bitte jährlich seit 2015 aufschlüsseln. c. Welche weiteren Ursachen für eigenschaftsbezogene Passungsprobleme sind dem Senat bekannt? 3. Welche Maßnahmen plant der Senat, um gezielt eigenschaftsbezogene Passungsprobleme bei der Besetzung von Lehrstellen aufzulösen? 4. Welche Maßnahmen hat der Senat in der Vergangenheit unternommen, um gezielt eigenschaftsbezogene Passungsprobleme bei der Besetzung von Lehrstellen aufzulösen? 5. Inwiefern plant der Senat, die Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen dahin gehend anzupassen, dass mehr potenzielle Auszubildende und Unternehmen zusammenfinden und eigenschaftsbezogene Passungsprobleme vermieden werden? Siehe Vorbemerkung.