BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18561 21. Wahlperiode 15.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 07.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel – Niedriger Verdienst, kaum Unterstützung: Bereichert sich Hamburg an den Rechtsreferendaren? (II) Die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/18467 bietet Raum für Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Hamburgs Rechtsreferendare dürfen abzugsfrei neben der bundesweit geringsten Unterhaltsbeihilfe in Höhe von knapp 1 060 Euro nur 546,25 Euro hinzuverdienen; liegt der Zuverdienst darüber, wird die Unterhaltsbeihilfe um die Hälfte des die Freigrenze übersteigenden Betrages gekürzt. a. Inwieweit haben sich die zu zahlenden Unterhaltsbeihilfen infolge von Anrechnungen aus Nebentätigkeiten jeweils jährlich seit dem Jahr 2016 reduziert? Zur Reduzierung der Unterhaltsbeihilfen infolge von Anrechnungen aus Nebentätigkeiten gibt es bei der zuständigen Behörde keine gesonderte Kontierung, sodass nur ungefähre Werte ermittelt werden konnten: Jahr 2016 Jahr 2017 Jahr 2018 bis August 2019 510 000 Euro 485 000 Euro 760 000 Euro 590 000 Euro b. Wie läuft das Verfahren hinsichtlich der Anzeige der jeweiligen Nebeneinkünfte durch die Rechtsreferendare? Gemäß § 37a des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (HmbJAG) haben die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Nebentätigkeiten schriftlich anzuzeigen . Die Anzeige soll mindestens einen Monat vor Aufnahme der Nebentätigkeit erfolgen und muss Angaben über Gegenstand, Auftraggeberin beziehungsweise Auftraggeber und zeitlichen Umfang der Nebentätigkeit (Stundenzahl in der Woche) sowie darüber enthalten, ob und in welchem Umfang Einrichtungen, Personal oder Material des Dienstherrn für die Nebentätigkeit in Anspruch genommen werden. Die Personalstelle für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare hält für die Anzeige auf ihrer Homepage ein Formular vor. Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nehmen die erforderlichen Eintragungen vor und reichen das ausgedruckte Formular per Post oder persönlich bei der zuständigen Sachbearbeiterin oder dem zuständigen Sachbearbeiter ein. Bei Nebentätigkeiten für Stellen im Sinne von § 41 Absatz 1 Nummer 4 HmbJAG (Rechtsanwaltsstation und andere rechtsberatende Tätigkeiten) und § 42 Absatz 2 HmbJAG (Wahlstation II) ist darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung mit der Auftraggeberin beziehungsweise dem Auftraggeber vorzulegen, aus der hervorgeht , dass die Nebentätigkeit für die Auftrag gebende Stelle außerhalb der Ausbildung ausgeübt wird und von dieser klar abgrenzbar ist; werden diese Vorgaben nicht Drucksache 21/18561 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 eingehalten, ist von einer Zuweisung zu der besagten Ausbildungsstelle abzusehen (§ 37a Absatz 2 S. 2 HmbJAG). c. Für jeweils welchen durchschnittlichen Zeitraum erfolgten Anrechnungen aus Nebentätigkeiten jährlich seit dem Jahre 2016? Für die Ermittlung des jeweiligen durchschnittlichen Zeitraums der Anrechnung der Einkünfte aus Nebentätigkeiten müssten sämtliche Personalakten aller Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare mindestens seit dem Jahr 2016 manuell ausgewertet werden. Bei circa 600 Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren pro Jahr ist dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Der Senat verweist in der Antwort auf die Frage, wie hoch die Vergütung der Lehramtsreferendare ist, auf die §§ 67 i.V.m. Anlage VIII und 69 HmbBesG. Danach erhalten sie einen Anwärtergrundbetrag in Höhe von 1 390,60 Euro beziehungsweise nach der erfolgten Umsetzung der Tariferhöhung von 1 440,60 Euro. Hinzu kommt ein Anwärtersonderzuschlag gemäß § 69 HmbBesG: „Besteht ein erheblicher Mangel an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern, kann die für das Besoldungsrecht zuständige Behörde oder die von ihr bestimmte Stelle Anwärtersonderzuschläge gewähren. Sie sollen 70 vom Hundert des Anwärtergrundbetrags nicht übersteigen; sie dürfen höchstens 100 vom Hundert des Anwärtergrundbetrags betragen .“ (Absatz 1.) a. Seit wann werden Lehramtsreferendaren Anwärtersonderzuschläge gezahlt? b. Wie hoch ist der aktuell gewährte Anwärtersonderzuschlag? Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst stehen in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf und absolvieren ihren laufbahnrechtlichen Vorbereitungsdienst, für den Anwärterbezüge gewährt werden. Rechtsreferendare hingegen stehen in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Es werden keine Anwärtersonderzuschläge gemäß § 69 Hamburgisches Besoldungsgesetz an Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst gewährt. 3. Während Rechtsreferendare nur 546,25 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen können, bestehen bei Lehramtsreferendaren weit höhere Hinzuverdienstgrenzen . Auf meine Frage, ob sie einer Hinzuverdienstgrenze für eine Nebentätigkeitsvergütung unterliegen und falls, ja, inwiefern eine anteilige Kürzung bei Überschreitung erfolgt, verweist der Senat auf § 71 HmbBesG. Dort heißt es: „(1) Erhalten Anwärterinnen und Anwärter ein Entgelt für eine Nebentätigkeit innerhalb oder für eine anzeigepflichtige Nebentätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes, so wird das Entgelt auf die Anwärterbezüge angerechnet, soweit es diese übersteigt. Als Anwärtergrundbetrag werden jedoch mindestens 30 vom Hundert des Grundgehalts der Stufe 1 des jeweiligen Einstiegsamtes gewährt.“ Ist das so zu verstehen, dass Lehramtsreferendare aktuell 1 409,25 Euro (Anwärter A 12) beziehungsweise 1 440,60 Euro (Anwärter A 13) hinzuverdienen können, ohne dass eine Anrechnung erfolgt? Ja. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 4. Der Senat weist in der Antwort auf meine Frage, ob auch Rechtsreferendare , die keine Unterstützung aus dem Elternhaus erhalten, ihr Referendariat in Hamburg ableisten können, auf die guten Nebenverdienstmöglichkeiten in Hamburg hin: „Aufgrund der guten Nebenverdienstmöglichkeiten in Hamburg verfügt ein Großteil der Referendarinnen und Referendare in Hamburg über ein deutlich höheres Einkommen.“ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18561 3 a. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde darüber vor, wie hoch der Anteil der Rechtsreferendare ist, der einen Nebenverdienst erzielt? b. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde darüber vor, wie hoch der durchschnittliche Nebenverdienst ist? c. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde darüber vor, während welcher Stationen des Referendariats beziehungsweise in welchem Zeitraum des rund 24-monatigen Referendariats Rechtsreferendare Nebeneinkünfte erzielen? Der zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich der Nebenverdienste aller Referendarinnen und Referendare vor, da nicht bekannt ist, welche Zuverdienste bis zur jeweiligen Anrechnungsgrenze erzielt wurden. Der Anteil der Referendare, die einen anzurechnenden Nebenverdienst erzielen, schwankt. Er lag im Durchschnitt der letzten fünf Jahre bei 26 Prozent. Dabei ist eine Tendenz zu einer erhöhten Quote zu beobachten. Die Spitzenwerte von rund 30 Prozent wurden in 2016 und aktuell festgestellt . Der durchschnittliche Nebenverdienst bei den Anrechnungsfällen hat sich kontinuierlich von 2014 bis 2019 von rund 1 100 Euro auf 1 400 Euro erhöht. Alle Auswertungen beruhen auf Ableitungen aus den Zahldaten, die aufgrund des komplexen Datenmaterials mit einem Vorbehalt zu bewerten sind. Eine valide Auswertung ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es erfolgt keine Zuordnung von Nebeneinkünften zu Stationen des Rechtsreferendariats. 5. Der Senat gibt an, den Migrationshintergrund von Rechtsreferendaren nicht zu erfassen. Dies ist erstaunlich, da er im Personalbericht 2018 (Drs. 21/13830) die Entwicklung des Anteils der Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund darstellt: „Von den in 2017 eingestellten 1.185 Auszubildenden und Studierenden in den Fachrichtungen der öffentlichen Verwaltung haben 216 Personen einen Migrationshintergrund. Damit konnte mehr als jeder sechste Ausbildungs- oder Studienplatz entsprechend besetzt und das Niveau mit einem Einstellungsanteil von 18,2 % (Vorjahr: 17,2 %) bei einem ggü. dem Vorjahr weiteren Anstieg der Ausbildungszahl um +224 Stellen um +1,0 % erhöht werden. Der Bewerbungsanteil verbesserte sich leicht um +0,1 % auf den ebenfalls bislang höchsten Wert von 21,5 % (Vorjahr: 21,4 %). 2.371 der insgesamt 11.003 Bewerberinnen und Bewerber hatten einen Migrationshintergrund .“ a. Hat die zuständige Behörde kein Interesse daran, zu erfahren, wie hoch der Anteil der Rechtsreferendare mit Migrationshintergrund ist oder aus welchem Grund wird der Migrationshintergrund von Rechtsreferendaren im Unterschied zu den sonstigen Nachwuchskräften in der Verwaltung nicht erfasst? Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare zählen nicht zur im Personalbericht genannten Gruppe der FHH-eigenen Nachwuchskräfte, da die Freie und Hansestadt Hamburg mit dem Rechtsreferendariat eine gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsleistung zur Erlangung des zweiten Staatsexamens erbringt, im Ablauf des Vorbereitungsdienstes nur ein Teil im Bereich des Arbeitgebers Freie und Hansestadt Hamburg absolviert wird und auch nur ein kleiner Teil der Absolventinnen und Absolventen anschließend eine Beschäftigung bei der Freien und Hansestadt Hamburg aufnimmt. Insoweit findet eine Erhebung des Migrationshintergrundes für diesen Personenkreis nicht statt. Für das Rechtsreferendariat ist ein Migrationshintergrund zudem zu keinem Zeitpunkt relevant, sodass auch keine Erfassung durch die für die Ausbildung zuständige Behörde erfolgt. b. Wie hoch ist der Anteil der Studierenden mit Migrationshintergrund an der Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg und an der Bucerius Law School? In der amtlichen Hochschulstatistik der Universität Hamburg werden keine Daten zum Migrationshintergrund erhoben. Im Sommersemester 2019 betrug der Anteil der Stu- Drucksache 21/18561 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 dierenden (ohne internationale Austauschstudierende) mit nichtdeutscher erster oder zweiter Staatsangehörigkeit in der Fakultät für Rechtswissenschaft 12,7 Prozent. Die Bucerius Law School erfasst in ihren Studiengängen „LL.B./Erste Prüfung“ und im „MLB“-Masterstudiengang die Staatsangehörigkeit der Studierenden, nicht aber einen etwaigen Migrationshintergrund. Im Studiengang „LL.B./Erste Prüfung“ studierten seit 2016 insgesamt 29 Studierende mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft. Die Verteilung auf die Jahrgänge stellt sich wie folgt dar: Studienbeginn 2016 Studienbeginn 2017 Studienbeginn 2018 Studienbeginn 2019 12 Studierende 7 Studierende 5 Studierende 5 Studierende Am „MLB“-Studienprogramm der BLS haben seit 2016 insgesamt 182 internationale Studierende teilgenommen. Bei ihren Doktorandinnen und Doktoranden erfasst die BLS die Staatsangehörigkeit nicht elektronisch auswertbar. Die händische Auswertung der Unterlagen dieser Studierenden ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.