BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18614 21. Wahlperiode 18.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 10.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Phantomphänomen „Schwarzstehen“ am Bahnsteig – Halten Senat und HVV weiterhin am „Ticketdino“ Bahnsteigkarte fest? (2) Auf ihrer Website führt die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) in der „Übersicht Einzel- und Tageskarten“ unter der Rubrik „Zusatzkarten“ unter anderem die sogenannte Bahnsteigkarte an.1 Diese kostet 30 Cent und ist „gültig 1 Stunde für die Haltestelle, an der sie gelöst wurde“. Bahnsteigkarten sind ein Relikt aus den frühen Tagen des Eisenbahnzeitalters . Dem Vorsitzenden der Bolschewiki-Partei, Lenin (Wladimir Iljitsch Uljanow), wird diesbezüglich folgender Ausspruch zugerechnet: „Wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich erst eine Bahnsteigkarte !“2 Ab Mitte der 1960er Jahre wurden an Bahnhöfen und Haltestellen in der BRD nach und nach die sogenannten Bahnsteigsperren zurückgebaut und die Bahnsteigkarten abgeschafft. Ab Anfang der 1970er Jahre erfolgte diese Entwicklung auch in der DDR. In Deutschland haben heutzutage nur noch der HVV und die Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) die Bahnsteigkarte in ihren Tarifbestimmungen verankert. Aus diesem Grunde hat sich die CDU-Fraktion mit Drs. 21/11409 für die Streichung dieses „Ticketdinos“ aus dem Gebührensystem des HVV eingesetzt . Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, GRÜNEN und AfD wurde dieser jedoch „am Leben gehalten“. Doch trotz der Bedeutungslosigkeit und dem gegen Null tendierenden Bekanntheitsgrad dieses Überbleibsels aus längst vergessen geglaubten Eisenbahnvorzeiten wollten und wollen HVV und Senat nicht davon lassen und rechtfertigten dies vor allem mit der Vereinfachung von Fahrgastkontrollen durch sogenannte Abgangskontrollen. Es spricht Bände, dass der Senat in Drs. 21/10881 auf gezielte Nachfrage einräumen musste, dass „bei den Fahrkartenprüfungen (…) nicht danach unterschieden (wird), ob der Fahrgast keinen gültigen Fahrausweis vorweisen kann oder keine gültige Bahnsteigkarte besitzt“. Infolgedessen werden die vermeintlichen „Schwarzsteher“ genauso hart bestraft wie Schwarzfahrer und paradoxerweise wegen unerlaubter Beförderungserschleichung mit einem erhöhten Beförderungsentgelt von 60 Euro belegt, obwohl diese Personen überhaupt nicht befördert werden wollen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1 https://www.hvv.de/de/fahrkarten/einzelkarten-tageskarten/uebersicht, letzter Zugriff: 01.10.2018. 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnsteigsperre, letzter Zugriff: 1.10.2018. Drucksache 21/18614 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN), der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) sowie der S-Bahn Hamburg GmbH (S-Bahn) wie folgt: 1. Wie viele HVV-Bahnsteigkarten wurden 2018 sowie im laufenden Jahr bisher insgesamt gelöst und wie viele davon an Haltestellen in Hamburg ? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Anzahl verkaufter Bahnsteigkarten Hochbahn S-Bahn Jahr Hamburg Gesamt Hamburg Gesamt 2018 5 473 6 988* 4 023 4 048* 2019 (bis einschl. Sep.) 4 407 5 186* 3 122 3 128* * Die genannte Gesamtzahl beinhaltet sowohl die Verkäufe aus den Fahrkartenautomaten als auch die Verkäufe an Servicestellen innerhalb des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV). Eine regionale Zuordnung der Verkäufe an Servicestellen erfolgt nicht. 2. Welches waren 2018 sowie im laufenden Jahr jeweils die zehn Haltestellen in Hamburg, wo die meisten HVV-Bahnsteigkarten gelöst wurden und wie viele Bahnsteigkarten waren beziehungsweise sind dies dort jeweils? Bitte jahresweise aufschlüsseln. 2018 HOCHBAHN Nr. Haltestelle Anzahl verkaufte Bahnsteigkarten 1 Horner Rennbahn 328 2 Wandsbek Markt 309 3 Jungfernstieg 293 4 Hauptbahnhof Süd 259 5 Mundsburg 244 6 Lutterothstraße 178 7 Berne 162 8 Farmsen 152 9 Barmbek 134 10 Sierichstraße 132 S-Bahn Nr. Haltestelle Anzahl verkaufte Bahnsteigkarten 1 Reeperbahn 895 2 Harburg Rathaus 478 3 Harburg 280 4 Pinneberg 272 5 Hamburg Hbf 256 6 Blankenese 106 7 Dammtor 99 8 Altona 92 9 Friedrichsberg 83 10 Bergedorf 83 2019 (bis einschl. Sep.) HOCHBAHN Nr. Haltestelle Anzahl verkaufte Bahnsteigkarten 1 Jungfernstieg 441 2 Mundsburg 287 3 Wandsbek Markt 240 4 Horner Rennbahn 233 5 Hauptbahnhof 216 6 Farmsen 204 7 Langenhorn Markt 118 8 HafenCity Universität 107 9 Niendorf Markt 97 10 Lutterothstraße 96 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18614 3 S-Bahn Nr. Haltestelle Anzahl verkaufte Bahnsteigkarten 1 Reeperbahn 749 2 Harburg Rathaus 409 3 Hamburg Hbf 252 4 Pinneberg 211 5 Harburg 130 6 Blankenese 72 7 Altona 67 8 Berliner Tor 65 9 Dammtor 43 10 Friedrichsberg 51 3. Wie haben sich die Einnahmen aus den insgesamt gelösten HVV- Bahnsteigkarten 2018 entwickelt sowie im laufenden Jahr und wie stellt sich diese Entwicklung für die an Haltestellen in Hamburg gelösten Bahnsteigkarten dar? Bitte jahresweise aufschlüsseln. HOCHBAHN Verkauf aus Fahrkarten-automaten (Anzahl) Verkauf an anderen Servicestellen (Anzahl) Erlös in Euro Jahr Hamburg Gesamt Gesamt Hamburg Gesamt 2018 5 473 6 979 9 1 641,90 2 096,40 2019 (bis einschl . Sep.) 4 407 5 171 15 1 322,10 1 555,80 S-Bahn Verkauf aus Fahrkarten-automaten (Anzahl) Verkauf an anderen Servicestellen (Anzahl) Erlös in Euro Jahr Hamburg Gesamt Gesamt Hamburg Gesamt 2018 4 023 4 026 22 1 206,90 1 207,80 2019 (bis einschl . Sep.) 3 122 3 123 5 936,60 936,90 4. Wie viele der sogenannten Abgangskontrollen wurden im laufenden Jahr bisher in Haltestellen beziehungsweise Bahnhöfen in Hamburg durchgeführt ? Bitte nach den durchführenden Verkehrsunternehmen aufschlüsseln . Im laufenden Jahr wurden insgesamt 124 Abgangskontrollen durch die HOCHBAHN, sowie 221 durch die S-Bahn durchgeführt. 5. Wo wurden wie viele der mit Frage 4. erfragten Abgangskontrollen durchgeführt? Bitte je Haltestelle/Bahnhof die Zahl der durchgeführten Abgangskontrollen angeben. Die durch die HOCHBAHN durchgeführten Abgangskontrollen von Januar bis September 2019 schlüsseln sich wie folgt auf: Haltestelle Anzahl der Abgangskontrollen Barmbek 1 Berliner Tor 5 Berne 2 Billstedt 4 Borgweg 1 Buchenkamp 1 Buckhorn 1 Burgstraße 1 Elbbrücken 1 Emilienstraße 4 Eppendorfer Baum 2 Farmsen 3 Drucksache 21/18614 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Feldstraße 1 Fuhlsbüttel 1 Gänsemarkt 1 Garstedt 1 HafenCity Universität 1 Hagenbecks Tierpark 2 Hamburger Straße 1 Hammer Kirche 1 Hauptbahnhof Nord 9 Hauptbahnhof Süd 5 Hoheluftbrücke 1 Horner Rennbahn 2 Hudtwalckerstraße 3 Jungfernstieg 3 Kellinghusenstraße 3 Langenhorn Markt 4 Langenhorn Nord 1 Lattenkamp 2 Legienstraße 5 Lohmühlenstraße 2 Lutterrothstraße 2 Meiendorfer Weg 1 Meßberg 1 Messehallen 3 Mönckebergstraße 1 Mundsburg 1 Niendorf Markt 3 Niendorf Nord 2 Norderstedt Mitte 1 Ochsenzoll 1 Ohlsdorf 3 Osterstraße 1 Ritterstraße 1 Saarlandstraße 1 Schlump 6 Sierichstraße 1 Steinfurther Allee 1 Sternschanze 4 Trabrennbahn 1 Überseequartier 1 Uhlandstraße 1 Volksdorf 3 Wandsbek Markt 8 Wartenau 1 Die durch die S-Bahn durchgeführten Abgangskontrollen von Januar bis September 2019 schlüsseln sich wie folgt auf: Haltestelle Anzahl der Abgangskontrollen Holstenstraße 21 Veddel 25 Langenfelde 1 Neugraben 2 Altona 5 Wilhelmsburg 9 Elbgaustraße 4 Harburg Rathaus 7 Bahrenfeld 1 Eidelstedt 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18614 5 Rübenkamp 1 Rothenburgsort 5 Harburg 3 Sternschanze 8 Wedel 1 Hammerbrook 3 Reeperbahn 54 Poppenbüttel 1 Mittlerer Landweg 1 Sülldorf 1 Friedrichsberg 1 Diebsteich 1 Krupunder 1 Hochkamp 2 Nettelnburg 2 Neuwiedenthal 3 Stellingen 1 Ohlsdorf 9 Blankenese 3 Berliner Tor 8 Bergedorf 3 Wandsbeker Chaussee 13 Jungfernstieg 5 Hasselbrook 1 Barmbek 2 Rissen 1 Wellingsbüttel 1 Othmarschen 2 Landwehr 1 Billwerder-Moorfleet 1 Thesdorf 1 Halstenbek 1 Iserbrook 1 Dammtor 1 Airport 1 6. Inwiefern plant der Senat beziehungsweise planen die zuständige Behörde Veränderungen an dem Konzept der fahrkartenpflichtigen Bereiche an Schnellbahnhaltestellen? 7. Inwiefern planen der HVV, die HOCHBAHN und/oder die S-Bahn Veränderungen an dem Konzept der fahrkartenpflichtigen Bereiche an Schnellbahnhaltestellen ? Siehe Drs. 21/14507. 8. Inwiefern ist eine Veränderung des Tarifs für die HVV-Bahnsteigkarte geplant? 9. Inwiefern und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis wurde geprüft, die Bahnsteigkarte kostenlos auszugeben? Der Preis der Bahnsteigkarte wird zum 15. Dezember 2019 von 30 Cent auf 10 Cent reduziert. Die Gültigkeit bleibt nach wie vor bei einer Stunde für die Haltestelle, an der sie gelöst wurde. Ein Verzicht auf die Gebührenerhebung wurde verworfen, weil Bahnsteige den Fahrgästen dienen, die sicher auf Züge warten sowie ein- und aussteigen wollen. Bahnsteige dienen dagegen nicht dem Aufenthalt zu sonstigen Zwecken . Ihre Benutzung ist daher Reisenden mit gültigem Fahrtausweis vorbehalten. Bahnsteigkarten ermöglichen es, Reisende zum Zug zu begleiten oder dort abzuholen . Die Entgeltlichkeit trägt dazu bei, eine zweckfremde Nutzung der Bahnsteige zu verhindern.