BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18626 21. Wahlperiode 18.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Christel Nicolaysen (FDP) vom 10.10.19 und Antwort des Senats Betr.: „Social Bots“ und Medienstaatsvertrag Der Entwurf des neuen Medienstaatsvertrags steht laut Presseberichten kurz vor dem Abschluss.1 Darin soll auch eine Kennzeichnungspflicht für „Social Bots“ enthalten sein. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die für Medien zuständige Behörde hat im Rahmen der Vorbereitung der Rundfunkkommission der Länder im März 2018 einen Workshop zu verschiedenen Themen, unter anderem zum Umgang mit sogenannten Social Bots, durchgeführt. Teilgenommen haben daran neben Rundfunkreferentinnen und Rundfunkreferenten der Länder auch Expertinnen und Experten aus den Bereichen Rechtswissenschaften und Informatik . Zum Medienstaatsvertrag fanden zusätzlich im Sommer 2018 sowie im Sommer 2019 zwei öffentliche Konsultationsverfahren statt. Zu den 2018 eingegangenen Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Verbänden siehe https://www.rlp.de/de/landesregierung/staatskanzlei/medienpolitik/ beteiligungsverfahren-medienstaatsvertrag/bisherige-stellungnahmen/. Der Entwurf des Medienstaatsvertrags ist abrufbar unter https://www.rlp.de/fileadmin/ rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/MStV-E_Synopse_2019-07_Online_.pdf. Hamburgspezifische Erkenntnisse zum Einfluss von Social Bots liegen der zuständigen Behörde nicht vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Was versteht der Senat unter dem Begriff „Social Bot“ und wie grenzt er diesen zu „Bot“ und „Chat-Bot“ ab? Zum Begriffsverständnis des Medienstaatsvertrags siehe § 55 Absatz 3 sowie § 53d Absatz 4 des Entwurfs. Eine Abgrenzung zu den Begriffen „Bot“ und „Chat-Bot“ nimmt der Entwurf nicht vor. 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über „Social Bots“ und auf welchen Studien/Forschungsergebnissen et cetera beruhen diese Erkenntnisse? Kann der Senat konkrete Accounts von einem „Social Bot“ identifizieren und sperren? 3. Auf welchen Plattformen sind „Social Bots“ nach Kenntnissen des Senats aktiv? a. Hat der Senat Kenntnisse über die Anzahl von „Social Bots“? 1 https://www.heise.de/newsticker/meldung/Staatssekretaerin-Medienstaatsvertrag-ist-kurzvor -dem-Abschluss-4536236.html. Drucksache 21/18626 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Wenn ja, bitte die (ungefähre) Anzahl der „Social Bots“ pro Plattform aufschlüsseln. Die Identifizierung und Sperrung von Social Bots obliegt den Betreibern von sozialen Netzwerken. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/6182 und 21/15606. 4. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Auswirkungen von „Social Bots“ auf die Meinungsbildung der Hamburger Bevölkerung? Auf welchen Studien/Forschungsergebnissen beruhen diese Erkenntnisse? Siehe Vorbemerkung. 5. Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) kommt zu folgender Erkenntnis: „Eine Kennzeichnungspflicht von Bots erscheint zum jetzigen Zeitpunkt u.a. aufgrund der Schwierigkeiten bei der zuverlässigen Detektion von Bots, mangelnder Sanktionierungsmöglichkeiten sowie von Konflikten mit dem Datenschutz eher ungeeignet .“2 Wie bewertet der Senat diese Schlussfolgerung? Der Entwurf des Medienstaatsvertrages sieht in § 55 Absatz 3 sowie in § 53d Absatz 4 eine Kennzeichnungspflicht vor. Der Vertrag wird neben Anbietern von Bots auch Medienintermediäre rechtlich an diese Vorgabe binden. Die Kennzeichnungspflicht bewertet die zuständige Behörde deshalb als probates und verhältnismäßiges Mittel, um potenziellen Gefahren, die mit dem Einsatz von Social Bots einhergehen, zu begegnen. 6. Das TAB kommt zudem zu dem Schluss, dass Jugendliche und Erwachsene in ihrer Medienkompetenz gestärkt werden sollten. a. Was tut der Senat konkret, um Manipulationen dieser beiden Zielgruppen durch „Bots“ jeglicher Art entgegenzuwirken? b. Wenn aktuell keine Maßnahmen bestehen, sind hier Programme oder Fördermaßnahmen geplant? Medienbildung in der Schule „umfasst auch die Fähigkeit, sich verantwortungsvoll in der virtuellen Welt zu bewegen, die Wechselwirkung zwischen virtueller und materieller Welt zu begreifen und neben den Chancen auch die Risiken und Gefahren von digitalen Prozessen zu erkennen“. Siehe hierzu den Beschluss der Kultusministerkonferenz von März 2012: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_ beschluesse/2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf. Die für Bildung zuständige Behörde unternimmt vielfältige Aktivitäten, um Schülerinnen und Schülern eine kompetente Teilhabe an der digitalisierten Gesellschaft zu ermöglichen und die Ausprägung der dafür notwendigen Kompetenzen zu fördern. Dies beinhaltet auch die Sensibilisierung für „Social Bots“ als Programme, die in sozialen Netzwerken menschliche Nutzer simulieren. Für alle Hamburger Schulen ist im Rahmenplan „Aufgabengebiete“ im Kapitel Medienerziehung verankert, dass die Kompetenzen „Schülerinnen und Schüler beurteilen die Glaubwürdigkeit der Quellen, werten Informationen selbstständig aus und nehmen eine kritische Haltung gegenüber Informationsangeboten ein“ zu fördern sind. Siehe dazu den Rahmenplan: https://www.hamburg.de/contentblob/2373350/ 2995855526e972518e7a32f8c22a0df5/data/aufgabengebiete-gym-seki.pdf. Weiterhin ist das Kompetenzmodell der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ für Hamburg handlungsleitend (https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2018/ Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt_idF._vom_07.12.2017.pdf). Es beinhaltet als umfassendes Modell alle Kompetenzen für ein Leben in der digitalen Welt; für das 2 https://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/tab-fokus/TAB-Fokus-016.pdf. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18626 3 sichere Agieren in sozialen Netzwerken ist hier besonders der Kompetenzbereich „Schützen und sicher agieren“ zu nennen. Der in allen weiterführenden Schulen in Hamburg in der Sekundarstufe I einzusetzende Hamburger Medienpass beinhaltet das Modul „Datenschutz und soziale Netzwerke “ (https://li.hamburg.de/medienpass-daten-netzwerk). Konkrete Unterrichtskonzepte zum Thema „Fake News“ bietet das digital.learning.lab (digitallearninglab.de), das insgesamt über 160 von Hamburger Lehrkräften erstellte Unterrichtsbausteine zum Lernen mit digitalen Bildungsmedien beinhaltet und im Bereich Trends auch die Unterrichtseinheiten „Fake News und Social Bots im digitalen Zeitalter“ in Kooperation mit der Medienberatung Niedersachsen enthält. 7. Ebenso kommt das TAB zu der Erkenntnis, dass auch Journalistinnen und Journalisten als Multiplikatoren eine besondere Bedeutung bei der Einordnung und Bewertung der Relevanz von Inhalten in sozialen Netzwerken zukommt. a. Unterstützt der Senat Journalistinnen und Journalisten oder deren Vereinigungen bei der Fortbildung bezüglich Desinformation und Manipulation im Netz? Wenn ja, wie erfolgt die Unterstützung? b. Wenn nein, sind hier Programme oder Fördermaßnahmen geplant? Zur Freiheit journalistischer Arbeit siehe Artikel 5 GG. Im Übrigen fördert die für Medien zuständige Behörde verschiedene Formate, die der Fortbildung in Bezug auf die Themen „Desinformation“ und „Manipulation“ im journalistischen Bereich dienen, etwa die Jahreskonferenz des „Netzwerk Recherche e.V.“ und die „Global Investigative Journalism Conference“. Im Rahmen dieser und ähnlicher Veranstaltungen ist auch der Umgang mit Quellen und Informationen aus dem Netz Thema. Gefördert wird außerdem die Onlineplattform „Reporterfabrik“ des gemeinnützigen Rechercheverbundes „Correctiv“. 8. Hat der Senat sich technisch bezüglich einer Umsetzung der Kennzeichnungspflicht beraten lassen? Wenn ja, von wem? a. Hat der Senat Kenntnis über eine technische Beratung/Anhörung von Sachverständigen zu dieser Thematik während der Arbeit der Rundfunkkommission? b. Wenn ja, von wem? Wenn nein, warum erfolgte diese nicht? Siehe Vorbemerkung.