BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18632 21. Wahlperiode 18.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 10.10.19 und Antwort des Senats Betr.: G20-Gesichtserkennungssoftware – Nachfragen Nach dem G20-Gipfel hatte die Polizei eine „Sonderkommission Schwarzer Block“ eingerichtet. Zur Identifizierung mutmaßlicher Straftäter/-innen hat die Abteilung 3,57 Terabyte polizeieigenes Bild- und Videomaterial in ein „System Gesichtserkennungssoftware“ eingespielt und mit der Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ analysiert. Weitere 9,90 TB an polizeifremdem Material stammen aus einem Hinweisportal, das vom Bundeskriminalamt für den freiwilligen Upload eingerichtet wurde. Mit Stand vom 13. September 2019 enthielt das gesamte System 15 473 Videos und 16.460 Bilder. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Eigenschaften des menschlichen Gesichts werden von der Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ verarbeitet (zum Beispiel Augenabstände, Nasenform, Ohr-zu-Ohr, Mundwinkel, Haaransatz)? Zu diesen Angaben liegen seitens des Herstellers keine Informationen vor. 2. Welche Bildauflösungen sind notwendig, damit die Gesichter von Videmo 360 verarbeitet werden können (bitte die Mindestpixelanzahl mitteilen )? Es wird eine Mindestanzahl von Pixeln (50) zwischen den Pupillen eines Gesichts gefordert. 3. Kann die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ nur frontale Aufnahmen von Gesichtern verarbeiten? Neben frontalen Aufnahmen können auch Gesichter in Bewegung detektiert und verarbeitet werden. Es können jedoch keine konkreten Angaben zu den möglichen Rotationswinkeln gemacht werden. Die möglichen Rotationswinkel hängen auch von der Qualität der Daten ab. 4. Verfügt die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ neben Gesichtern über weitere Möglichkeiten zur Identifizierung? Die hier verwendete Version der Software „Videmo 360“ bietet keine weiteren Möglichkeiten zur Identifizierung. a. Unterscheidet die Software äußerliche Merkmale wie beispielsweise Tätowierungen? Nein. b. Wie unterscheidet die Software Hautfarben? Die Software unterscheidet keine Hautfarben. Drucksache 21/18632 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. Bestimmt die Software auch das mutmaßliche Geschlecht? Die Software „Videmo 360“ soll hierzu in der Lage sein. Diese Funktion wurde jedoch vor der Nutzung deaktiviert. d. Können Bewegungsanalysen erstellt werden, wenn Gesichter nicht oder nur schwer identifizierbar sind? Nein. e. Wendet/bietet die Software visuelle (morphologische) Zusatzfunktionen an? Die Software bietet keine Funktionen, mit denen Bilder visuell oder morphologisch bearbeitet werden können. f. Erkennt und vergleicht die Software auch Tathergänge (etwa das Werfen eines Steins)? Nein. 5. Über welche Filter/Suchfunktionen verfügt die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“? Die Software erstellt anhand eines Bildes sogenannte Templates. Die systemseitig festgelegten Merkmale der Templates werden in den Sucheinstellungen gespeichert. Der erforderliche prozentuale Übereinstimmungsgrad kann in den Parametern der Suchanfragen festgelegt werden. Die Suchfunktion kann anhand der Qualitätsmerkmale der „Events“ gefiltert werden. So kann zum Beispiel die Qualität der Merkmale (Übereinstimmung der Templates in Prozent) für die Suche festgelegt werden. 6. Inwiefern gibt die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ die Gesichtserkennung in Wahrscheinlichkeitswerten aus? Zu einem gefundenen Gesicht werden zum Beispiel Angaben über die im Suchvorgang vorhandenen Schablonen gemacht, Suchergebnisse werden mit einer prozentualen Übereinstimmung zwischen dem gesuchten Gesicht und dem Ergebnis kenntlich gemacht. 7. Lernt die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ während der Nutzung und Analyse von Gesichtern? Nein. 8. Über welche Schnittstellen verfügt die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“? In der verwendeten Version von „Videmo 360“ ist lediglich eine Schnittstelle zur Einspielung von Live-Bildern implementiert. Diese wurde während der Standardinstallation durch die Polizei deaktiviert und ist dementsprechend nicht nutzbar. Über weitere Schnittstellen liegen seitens des Herstellers keine Informationen vor. 9. Auf welche Weise kann die Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“ externes Bildmaterial (etwa aus Polizeidatenbanken) importieren, um diese mit der Referenzdatenbank oder dem gesamt verfügbaren Gesamtmaterial abzugleichen? Die Software „Videmo 360“ kann nicht selbständig Bilder importieren und ist in der aktuellen Anwendungsweise nicht mit anderen Datenbanken verbunden. a. Welche Mindestanforderungen existieren hinsichtlich der Auflösung externer Bildquellen? Keine. b. Wie viele Bilder aus dem polizeilichen Auskunftssystem POLAS und dem elektronischen Informationssystem der Polizei (INPOL) sowie anderer Polizeidatenbanken wurden hierfür herangezogen (bitte einzeln darstellen)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18632 3 Es wurden insgesamt 493 Bilder von 126 Personen aus POLAS/INPOL verwendet. Eine Differenzierung ist nicht möglich, da hierüber keine Statistik geführt wird. Die genannten Zahlen wurden durch Auszählen der verwendeten Recherchegrundlagen erhoben. Bilder aus anderen Polizeidatenbanken wurden nicht verwendet. c. Werden auch öffentlich im Internet verfügbare Bilder einbezogen? d. Kann die Software auch Phantombilder abgleichen? Ja. e. Wie viele Gesichtsbilder beziehungsweise nicht identifizierte Personen wurden mit Datenbanken anderer EU-Mitgliedstaaten abgeglichen und welche Ergebnisse zeitigte die Abfrage? Die Gesichtserkennungssoftware wird ausschließlich auf einem sogenannten Stand- Alone-Server verwendet. Dieser Server hat keinen Zugang zum polizeiinternen Netzwerk , dem Internet, anderen Behörden oder Datenbanken. Ein Abgleich der Videmo- Server-Daten mit den Datenbanken anderer EU-Mitgliedstaaten ist entsprechend nicht erfolgt. 10. Welchen Stand hat das gerichtliche Verfahren zur Klärung der rechtlichen (Un-)Zulässigkeit der Software zur Gesichtserkennung „Videmo 360“? a. Wird die mündliche Verhandlung nach derzeitigem Stand am 23.10.2019 erfolgen? Wenn ja, um wieviel Uhr und in welchem Raum? b. Ist mittlerweile die Ladung der Beteiligten erfolgt? Ja, in Saal 3.01 um 10.00 Uhr.