BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18670 21. Wahlperiode 22.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 15.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Minderjährige Mütter in Hamburg Die Caritas berichtete am 27.01.2014, dass 95 Prozent aller Schwangerschaften von Minderjährigen weltweit laut Weltbevölkerungsbericht 2013 auf Entwicklungsländer entfallen – täglich bekommen dort 20 000 Mädchen unter 18 Jahren ein Kind. In industriell hochentwickelten Weltregionen wie Europa ist frühe Mutterschaft stark zurückgegangen. Doch während in Deutschland jährlich auf 1 000 Geburten lediglich neun bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren kommen, findet man diese in Europa am häufigsten in Bulgarien (48 auf 1 000 Geburten im Jahr), Rumänien (41) und in der Ukraine (30). In den weltweit am wenigsten entwickelten Ländern liegt diese Quote bei 106 Geburten von 1 000 im Jahr.1 Doch wie haben sich die Zahlen in Hamburg seit der großen Einwanderungswelle 2015 und der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänien und Bulgarien im Jahr 2013 in Hamburg entwickelt? Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Schwangerschaften von Minderjährigen stellen die betroffenen Mädchen und Frauen sowie ihr soziales Umfeld vor große Herausforderungen. Weltweit unternehmen die Staaten, unterstützt durch den UNFPA – United Nations Population Fund, den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, und die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (dsw), eine Reihe von Maßnahmen, um die schwangeren Minderjährigen zu unterstützen . Der Hamburger Senat begrüßt diese Bemühungen, sind sie doch Teil einer humanen Entwicklung. Die jüngsten Ergebnisse dieser Bemühungen können dem Weltbevölkerungsbericht (https://www.dsw.org/weltbevoelkerungsbericht) für das Jahr 2018 entnommen werden , die auch für weniger entwickelte Länder eine sinkende Anzahl von Geburten durch Minderjährige verzeichnet. Für die am wenigsten entwickelten Länder weist der Bericht für das Jahr 2018 eine Anzahl von 91 von 1 000 Geburten aus. Sinkende Zahlen ergeben sich auch für Länder der Europäischen Union, wie zum Beispiel Bulgarien und Rumänien. In Deutschland hatten von 1 000 Geburten 8 Neugeborene minderjährige Mütter, was einem leichten Rückgang entspricht. Weder die Arbeitnehmerfreizügigkeit noch die Aufnahme von Geflüchteten stehen mit diesen Entwicklungen in einem kausalen Zusammenhang. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 https://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2014/artikel/junge-frauen-zwischenfreude -und-ueberforderung. Drucksache 21/18670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele minderjährige Mütter leben nach Kenntnis des Senats derzeit in Hamburg? Daten zur Fragestellung liegen in den Bevölkerungsstatistiken nicht vor, da das Merkmal „Mutter“ im Melderegister nicht erhoben wird. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 2. Wie viele minderjährige Mütter haben nach Kenntnis des Senats in den Jahren 2010 bis 2019 Kinder zu Welt gebracht (bitte nach Jahren, Alter und Nationalität auflisten)? Siehe Anlage 1. Die dargestellten Ergebnisse wurden aufgrund der Geheimhaltung (§16 Bundesstatistikgesetz) nicht nach dem Alter der Mutter ausgewiesen. Eine feinere Differenzierung nach Alter der Mutter würde erheblich mehr Geheimhaltungsfälle ergeben, dabei würde eine nach Alter differenzierte Tabelle ihren Erklärungs- und Informationsgehalt einbüßen. Aus diesem Grund wurden die einzelnen Altersstufen zu der Altersgruppe der unter 18-Jährigen zusammengefasst. Da es sich bei der Bevölkerungsstatistik um eine Jahresstatistik handelt, liegen Daten für das Jahr 2019 nicht vor Mitte des Jahres 2020 vor. 3. Wie viele minderjährige Mütter sind nach Kenntnis des Senats verheiratet ? Siehe Antwort zu 1. 4. Wie viele Minderjährige ließen in den Jahren 2010 bis 2019 einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen (bitte nach Jahren, Alter und Nationalität auflisten)? Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche minderjähriger Frauen in Hamburg ist von 136 im Jahr 2010 auf 57 im Jahr 2018 gesunken. Schwangerschaftsabbrüche in Hamburg nach dem Wohnsitzland und Alter der Frauen minderjährige Frauen im Alter 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 von … bis unter … Jahren Insgesamt 57 79 88 86 118 128 174 129 136 unter 15 5 4 5 7 7 12 13 11 12 15 bis 18 52 75 83 79 111 116 161 118 124 Quelle: Statistik der Schwangerschaftsabbrüche, Statistisches Bundesamt Daten zur Staatsangehörigkeit der Betroffenen bei den in Hamburg durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen liegen im Statistikamt Nord nicht vor. Daten für das Jahr 2019 werden nicht vor Mitte des Jahres 2020 vorliegen. 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Gründe der Abtreibungen? Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen nach Alter wurden in dieser Merkmalskombination , vor dem Jahr 2014 nicht erhoben. Im Übrigen siehe Anlage 2. 6. Wie beurteilt der Senat die Ausbildungschancen der minderjährigen Mütter ? Für minderjährige Mütter gilt in Hamburg die Schulpflicht. Je nach Lebensalter und Anzahl der absolvierten Schulbesuchsjahre besuchen sie entweder eine allgemeinbildende Schule oder eine berufsbildende Schule. Junge Mütter erhalten, wie alle anderen jungen Menschen, unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse Unterstützung in der Ausbildungsvorbereitung und in der Ausbildung. Der garantierte Kita-Platz sowie die Möglichkeiten zur Teilzeitausbildung schaffen gute Rahmenbedingungen, eine Ausbildung zu absolvieren. Während der Ausbildung stehen bei Bedarf zusätzlich alle regelhaften Unterstützungsangebote nach dem Sozialgesetzbuch zur Verfügung. In Ergänzung zu den bestehenden Beratungsangeboten kann im Rahmen der Jugendberufsagentur für Jugendliche, die eine Teilzeitausbil- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18670 3 dung anstreben und gegebenenfalls erhöhten Beratungs- und Unterstützungsbedarf haben, das „ServiceCenter Teilzeitausbildung“ in Anspruch genommen werden. Die Beratung erfasst auch minderjährige Ratsuchende. Weitere Informationen unter www.teilzeitausbildung.org. 7. Wie viele minderjährige Mütter leben nach Kenntnis des Senats mit ihren Kindern in Wohnangeboten für junge Mütter und Frauen?2 Die auf dem Jugendserver (http://www.jugendserver-hamburg.de/) angegebenen Einrichtungen sind zum Teil ambulante Angebote (Tagesstätten), in denen sich minderjährige Mütter nicht über Tag und Nacht aufhalten. In den aufgelisteten Einrichtungen nach § 19 SGB VIII leben aktuell zwölf minderjährige Mütter. 8. Wurden nach Kenntnis des Senats seit dem Jahr 2015 zusätzliche Betreuungsangebote für nach Hamburg gezogene schwangere Minderjährige getroffen? Seit 2015 wurden 23 zusätzliche Betreuungsplätze in Einrichtungen nach § 19 SGB VIII geschaffen. Plätze in diesen Einrichtungen stehen bei vorliegendem Hilfebedarf grundsätzlich Schwangeren und Müttern oder Vätern mit Kindern bis unter sechs Jahren und gegebenenfalls Geschwisterkindern mit gewöhnlichem Aufenthalt in Hamburg zur Verfügung. Dabei ist unerheblich, ob sie zuvor aus einem anderen Land oder dem Ausland zugezogen sind. 9. Wenn ja, wie werden diese Maßnahmen finanziert und wie hoch sind die Kosten für diese Projekte? Einrichtungen nach § 19 SGB VIII sind entgeltfinanziert über Mittel der Jugendhilfe. Dabei handelt es sich nicht um Projekte. 10. Wie viele ausländische Kinder und Jugendliche, die nicht in Begleitung eines Personenberechtigten oder Erziehungsberechtigen nach Deutschland eingereist sind, waren nach Kenntnis des Senats verheiratet und wurden als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom Jugendamt in Obhut genommen gemäß § 42a Absatz 1 beziehungsweise § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) (bitte nach Jahren 2015 bis 2019 auflisten)? Bei den vorliegenden Angaben handelt es sich um personenbezogene Daten, die dem Datenschutz unterliegen. Die Aufbewahrungsfristen sind auf zwei Jahre beschränkt, sodann sind personenbezogene Daten zu löschen. Im Jahr 2018 waren zehn und im Jahr 2019 waren fünf minderjährige nach § 42 a oder 42 SGB VIII in Obhut genommene Personen verheiratet. 2 http://www.jugendserver-hamburg.de/?tid=121. Drucksache 21/18670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 1 Geborene von minderjährigen Müttern nach Staatsangehörigkeit der Mutter in Hamburg für die Jahre 2010 bis 2018 Staatsangehörigkeit der Mutter 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Deutschland 71 74 72 60 66 60 53 64 43 Albanien – . – – – – – – . Bosnien-Herzegowina – – . . . . . – – Bulgarien – . . . . . 6 3 3 Griechenland – . . – . – – – . Italien – – – . . – – – – Montenegro, Republik – – . 4 3 . . – – Litauen – . – – – – – . – Mazedonien 3 5 . 5 . – . . – Niederlande . – . – – – – – . Kosovo . – . – – – – – – Polen 5 . . 3 5 . 6 6 . Portugal . – . – – . . – – Rumänien – . – – 4 3 3 . 4 Slowakei – – – – . . – – – Russische Föderation – – – . . – – – – Spanien – . – . . . . – – Türkei . – 3 . . . – . – Ukraine – – – . – – – – – Serbien 10 3 5 8 8 6 . 6 10 Angola – – – – – – – . – Eritrea – – – – . . . – – Äthiopien – . – – – – – – – Benin – – – . – – – – – Elfenbeinküste – – – . – – . – – Gambia – – . – – – – – – Ghana – – – – – . – – – Kenia – . – – – – – – – Mali – – . – – – – – – Guinea . . – . . – – – – Somalia – – – – – . – – – Ägypten . – – – – – – – – Dominica – . – – – – – – – Dominikanische Republik – – – . – – – – – Ecuador . . – – – – – – . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18670 5 Geborene von minderjährigen Müttern nach Staatsangehörigkeit der Mutter in Hamburg für die Jahre 2010 bis 2018 Staatsangehörigkeit der Mutter 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Kuba . – – – – – – – – Afghanistan . 6 3 . 4 4 8 3 – Irak – – – – – . . . . Iran – – – – – – . – – Libanon – – – – – . – – – Palästinensische Gebiete – – – – – – . – – Syrien – – – – . . 9 . . Thailand – – . – – – – – – Staatenlos – – – – – – . . – Ungeklärt – . – – – . 8 . 5 unbekannt/ohne Angabe – – – – . – . – – Insgesamt 101 105 97 97 107 94 109 94 73 Quelle: Natürliche Bevölkerungsbewegung - nichts vorhanden (genau Null) . Zahlenwert unbekannt oder geheim zu halten Drucksache 21/18670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage 2 Schwangerschaftsabbrüche in Hamburg nach dem Wohnsitzland, Alter und Abbruchgründen der Frauen Rechtliche Begründung Alter von ... bis unter ... Jahren 2018 2017 2016 2015 2014 Medizinische unter 15 1 - - 1 - Indikation 15 - 18 - 1 2 2 2 zusammen 1 1 2 3 2 Kriminologische unter 15 - - - - - Indikation 15 - 18 - - - - - zusammen - - - - - Beratungsregelung unter 15 4 4 5 6 7 15 - 18 52 74 81 77 109 zusammen 56 78 86 83 116 Insgesamt unter 15 5 4 5 7 7 15 - 18 52 75 83 79 111 Insgesamt 57 79 88 86 118 Quelle: Statistik der Schwangerschaftsabbrüche, Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn - Zahlenwert nicht vorhanden (genau Null).