BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18715 21. Wahlperiode 29.10.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Hamann (CDU) vom 21.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Hamburger Hochbahn – Strafen gegen Minderjährige? In den Fällen des „Schwarzfahrens“ verlangt die Hamburger Hochbahn auch von Minderjährigen ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 60 Euro. Das sogar in den Fällen des „versehentlichen Schwarzfahrens“. Es gibt immer wieder Fälle, in denen Minderjährige den schon für Erwachsene nur schwer verständlichen „Tarifdschungel“ des HVV nicht nachvollziehen können und versehentlich über die jeweiligen Tarifgrenzen hinaus fahren. In einem hier bekannt gewordenen Fall fuhr eine Minderjährige (13 Jahre) im Rahmen einer Schulveranstaltung zu einem auswärtigen Schulstandort mit Fahrkarte. Nach Schulschluss nahm sie eine „falsche“ U-Bahn und verließ unbeabsichtigt den Tarifbereich. Im Rahmen einer Kontrolle des HVV wurde dann von der Mutter der Minderjährigen ein erhöhtes Beförderungsentgelt von 60 Euro verlangt. Dabei bezog sich der HVV auf die BefBedVO i.V.m. dem PBefG. Die nahezu einheitliche und ganz überwiegende Rechtsprechung beurteilt diese Fälle anders, vergleiche: AG Dresden vom 26.01.2018, Az.: 101 C 4414/17; AG Jena vom 05.07.2001, Az.: 22 C 21/01; AG Bergheim vom 15.10.1998, Az.: 23 C 166/98; AG Bonn vom 14.10.2009, Az.: 4 C 521/08. Danach ist in derartigen Fällen ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ eben nicht gerechtfertigt. Ich frage den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: 1. Ist die zitierte Rechtsprechung dem Senat beziehungsweise der Hamburger Hochbahn bekannt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Konsequenzen werden daraus gezogen? 2. Verlangt die Hamburger Hochbahn hier vorsätzlich und rechtswidrig ein erhöhtes Beförderungsentgelt von Minderjährigen? Wenn nein, wie wird die Verfahrensweise des HVV begründet? Die rechtliche Bewertung der Situation ist unterschiedlich, da es keine einheitlichen höchst- beziehungsweise obergerichtlichen Entscheidungen in diesen Fällen gibt. Die Drucksache 21/18715 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zuständige Behörde und die Verkehrsunternehmen sind der Auffassung, dass ein Anspruch gegenüber Minderjährigen beziehungsweise den Eltern auf Entrichtung des Fahrpreises besteht, nachdem eine Dienstleistung tatsächlich in Anspruch genommen worden ist. Soweit daneben die Voraussetzungen für die Erhebung auch des erhöhten Beförderungsentgeltes gemäß § 9 Absatz 1 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (VO-ABB) nach Auffassung der Verkehrsunternehmen vorliegen, können diese entsprechende Schritte einleiten. Den Minderjährigen beziehungsweise deren Eltern steht dann der Weg offen, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. 3. Wie viele Fälle mit einem erhöhten Beförderungsentgelt von Minderjährigen beziehungsweise deren Erziehungsberechtigten gab es in den Jahren 2017, 2018 und 2019? 4. Wie hoch waren die Einnahmen des HVV aus derartigen Fällen? Eine getrennte Erfassung mit einem eigenen Sachverhalt für Minderjährige ohne gültigen Fahrausweis erfolgt nicht. Daher sind Angaben zur Anzahl der Fälle sowie die Höhe der hieraus resultierenden Einnahmen nicht möglich. 5. Beabsichtigt der HVV, seine „Geschäftspolitik“ zu ändern? 6. Wird der HVV bisher zu Unrecht vereinnahmte Zahlungen aufgrund der vorstehend geschilderten Sachverhalte an die betroffenen Bürger zurückerstatten? Die Erhebung des erhöhten Beförderungsentgeltes erfolgt durch die einzelnen Verkehrsunternehmen . Es wird kein Anlass gesehen, das Verfahren zur Erhebung erhöhter Beförderungsentgelte zu ändern. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.