BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18788 21. Wahlperiode 01.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 24.10.19 und Antwort des Senats Betr.: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel – Niedriger Verdienst, kaum Unterstützung: Bereichert sich Hamburg an den Rechtsreferendaren? (III) Die Antworten des Senats auf meine Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/18467 und 21/18561 bieten Raum für weitere Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. In der Drs. 21/18467 gibt der Senat an, dass den Rechtsreferendaren während der Ausbildungsstationen bei den Hamburger Gerichten und Staatsanwaltschaften zum Teil ein dienstlicher Rechner zur Verfügung steht, von dem aus die juristischen Datenbanken kostenlos genutzt werden können. Ansonsten werde der kostenlose Zugang in den Bibliotheken der Gerichte und Staatsanwaltschaften oder die Recherche über den Zugang des ausbildenden Richters/Staatsanwalts ermöglicht. a. Hamburgs Gerichte und Staatsanwaltschaften platzen überwiegend räumlich aus allen Nähten. An welchen Gerichten beziehungsweise in welchen Hauptabteilungen der Staatsanwaltschaft wird den Rechtsreferendaren ein dienstlicher Rechner zur Verfügung gestellt? Welche Ausbilderinnen und Ausbilder an welchen Dienststellen ihren Referendarinnen und Referendaren im Rahmen der Ausbildungsstationen bei den Hamburger Gerichten und Staatsanwaltschaften im Einzelfall eine Recherche in juristischen Datenbanken an ihren Dienstrechnern ermöglichen, wird nicht erfasst. In der Bibliothek des Hauses der Gerichte steht Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren ein PC mit einem öffentlichen juris-Zugang zur Verfügung. In der arbeitsgerichtlichen Bibliothek stehen Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren zwei Dienstrechner zur Verfügung ; dort können juris und beck-online-Recherchen über die Bibliothekskennung durchgeführt werden. b. Ist die Aussage „Ansonsten wird der kostenlose Zugang in den Bibliotheken der Gerichte und Staatsanwaltschaften oder die Recherche über den Zugang des ausbildenden Richters/Staatsanwalts ermöglicht“ so zu verstehen, dass die ausbildenden Richter/Staatsanwälte den Referendaren grundsätzlich ihre persönlichen Zugangsdaten überlassen? Nein. c. Wie sind die Öffnungszeiten der Bibliotheken der Gerichte? Die Öffnungszeiten der Bibliotheken der Gerichte sind wie folgt: Drucksache 21/18788 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Gemeinsame Bibliothek des Amts- und Landgerichts im Ziviljustizgebäude Mo., Di. und Do. 8.30 – 15.30 Uhr Mi. 10.00 – 15.30 Uhr Fr. 8.30 – 14.30 Uhr Gemeinsame Bibliothek des Amts- und Landgerichts im Strafjustizgebäude Mo., Di. und Do. 8.30 – 15.00 Uhr Mi. 10.00 – 15.00 Uhr Gemeinsame Bibliothek im Haus der Gerichte Mo. bis Do. 9.00 – 14.00 Uhr Fr. 9.00 – 12.00 Uhr Bibliothek im Hanseatischen Oberlandesgericht Mo. bis Do. 9.00 – 15.00 Uhr Fr. 9.00 – 14.00 Uhr Sozialgerichtliche Bibliothek Mo. bis Fr. 8.30 – 11.30 Uhr Arbeitsgerichtliche Bibliothek Mo. bis Do. 8.30 – 15.00 Uhr Fr. 8.30 – 14.00 Uhr Die arbeitsgerichtliche Bibliothek und die sozialgerichtliche Bibliothek können von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten genutzt werden. Auch in der gemeinsamen Bibliothek im Haus der Gerichte können ausbildende Richterinnen und Richter Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren außerhalb der Öffnungszeiten Zugang zur Bibliothek gewähren, wenn dies zur Aktenbearbeitung erforderlich ist. Darüber hinaus gibt es an den Stadtteilgerichten Bibliotheksräume, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind und insoweit keine Öffnungszeiten haben, Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren aber zu Recherchezwecken zur Verfügung stehen. 2. Der Senat gibt in der Drs. 21/18467 weiterhin an, dass Rechtsreferendare , die zugleich eingeschriebene Promotionsstudierende oder wissenschaftliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sind, einen gebührenfreien Nutzerstatus für die Benutzung sämtlicher Bibliotheken des Bibliothekssystems Universität Hamburg erhalten. Wie viele Rechtsreferendare sind aktuell eingeschriebene Promotionsstudierende oder wissenschaftliche Mitarbeiter? Die zur Beantwortung erforderlichen Informationen werden statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage, ob Referendarinnen oder Referendare zugleich als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter tätig sind, müssten über 600 Personalakten der Personalstelle für Referendare händisch ausgewertet werden. Dies ist in der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Einschreibung für ein Promotionsstudium ist nach den dienstbeziehungsweise arbeitsrechtlichen Vorschriften bereits nicht anzeigepflichtig. 3. Der Senat gibt an, dass die Klausuraufgaben im A-Klausurenkurs in der Regel per E-Mail an die Referendare verteilt werden und die Klausuren auf demselben Weg bei den Kursleiterinnen und Kursleitern abgegeben werden können. Ist diese Möglichkeit in allen A-Klausurenkursen gegeben ? Falls nein, wovon hängt das ab und in wie vielen Fällen (prozentual) aller Kurse seit Beginn des Jahres wurde diese Möglichkeit angeboten? Die Leitung der A-Kurse obliegt den jeweiligen Kursleiterinnen und Kursleitern in eigener Verantwortlichkeit. Die Personalstelle für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare stellt (lediglich) sicher, dass in jedem Monat ein entsprechender Kurs angeboten wird, und hält für die Kursleiterinnen und Kursleiter einen Fundus an für die Ausbildung freigegebenen Klausuren bereit. Die inhaltliche Ausgestaltung und die organisatorischen Abläufe werden von der Personalstelle für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nicht überwacht. Aus diesen Gründen liegen keine Zahlen vor, in wie vielen Kursen seit Beginn des Jahres die Möglichkeit einer Verteilung und Entgegennahme von Klausuren per E-Mail bestand. Nach den vorliegenden Rückmeldungen der Kursleiterinnen und Kursleiter ist die Versendung von Sachverhalten per E-Mail jedoch im Regelfall möglich; dies liegt aber in der Entscheidung der Kursleiterin beziehungsweise des Kursleiters. Ob Kursleiterinnen und Kursleiter auf diesem Wege Klausuren entgegennehmen, entscheiden sie gleichfalls selbst unter Berücksichtigung didaktischer und praktischer Erwägungen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18788 3 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass – anders als in kommerziellen Fernrepetitorien – in der Besprechung gerade gemeinsam herausgearbeitet werden soll, welche allgemeinen Aspekte über die konkrete Klausur hinaus für andere Klausuren von Bedeutung sein können. Aus diesen Gründen ist auch im A-Kurs die Abgabe per E-Mail und bloße Fernteilnahme nicht als reguläre Praxis vorgesehen, sondern wird für diejenigen Fälle, in denen aus wichtigen Gründen eine persönliche Abgabe nicht möglich ist, in Absprache zwischen Kursleiterin oder Kursleiter und Teilnehmerin oder Teilnehmer ermöglicht. 4. Der Senat erklärt weiter, dass es zu den Übungsklausuren ausformulierte Lösungsskizzen gibt. Ist das bei allen Übungsklausuren der Fall? Falls nein, wovon hängt dies ab und in wie vielen Fällen (prozentual) aller Übungsklausuren seit Beginn des Jahres wurden die Lösungsskizzen ausgegeben? Im B-Kurs, im Anwaltsklausurenkurs und im Probeexamen wird für alle Übungsklausuren eine ausformulierte Lösungsskizze erstellt. Im A-Kurs liegt die didaktische Gestaltung stärker in Händen der Kursleiterinnen und Kursleiter, die die Lösungsskizzen selbst erstellen. Entsprechend entscheiden die Übungsleiterinnen und Übungsleiter selbst, ob sie neben Skripten oder Übersichten und den – wichtigeren – Hinweisen in der Besprechung im Einzelfall eine zusätzliche Lösungsskizze für entbehrlich halten. 5. Die Antwort des Senats, dass Blankopapier für die Examensklausuren ausgegeben werde, um dem Umstand Rechnung zu tragen, „das in seiner Schriftgröße individuelle Schreibverhalten der Kandidatinnen und Kandidaten nicht in vorgegebene Linienabstände zu zwingen“, irritiert. a. Ist es nach Ansicht der zuständigen Behörde nicht möglich, auf liniertem Papier mit einer individuellen Schriftgröße zu schreiben? Nein. b. Wurde an das Hanseatische Oberlandesgericht beziehungsweise die zuständige Behörde der Wunsch von Referendaren herangetragen , für die Examensklausuren liniertes Papier bereitzustellen? Ja. c. Wäre es nach Ansicht der zuständigen Behörde möglich, neben Blankopapier auch liniertes Papier bereitzustellen? Falls nein, weshalb nicht? d. Zu welchen Mehrkosten würde es pro Jahr beziehungsweise Examensdurchgang führen, wenn neben Blankopapier auch liniertes Papier bereitgestellt werden würde? Im Gemeinsamen Prüfungsamt nehmen jährlich etwa 750 Kandidatinnen und Kandidaten an den schriftlichen Prüfungen teil. Bei einem Papierbedarf von circa 300 Blatt pro Kandidatin beziehungsweise pro Kandidat ergibt sich ein jährlicher Papierbedarf von insgesamt 225 000 Blatt. Der Anschaffungspreis für nicht liniertes Papier in dieser Menge beträgt derzeit 1 282,50 Euro (ohne Mehrwertsteuer). Der Anschaffungspreis für vergleichbares liniertes Papier in dieser Menge läge bei 5 580 Euro (ohne Mehrwertsteuer). Zu welchen jährlichen Mehrkosten die zusätzliche Bereitstellung von liniertem Papier führen würde, hängt davon ab, wie viele Kandidatinnen und Kandidaten tatsächlich liniertes Papier nutzen würden. 6. Der Senat betont, dass die Unterhaltsbeihilfe und der Anrechnungsfreibetrag in Hamburg im Wege einer Dynamisierung seit Jahren stetig ansteigen. Diese Dynamisierung beziehungsweise Steigerung basiert auf der Tariferhöhung im öffentlichen Dienst. In der Drs. 21/17902 führt der Senat aus: „Die Tarifvertragsparteien für den öffentlichen Dienst der Drucksache 21/18788 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Länder haben sich am 2. März 2018 u.a. auf folgende Entgeltsteigerungen geeinigt: - Anhebung der Tabellenentgelte in drei Schritten: • um 3,2 %, mindestens jedoch 100 Euro (zum 1. Januar 2019), • um 3,2 %, mindestens jedoch 90 Euro (zum 1. Januar 2020) und • um 1,4 %, mindestens jedoch 50 Euro (zum 1. Januar 2021), - Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikantenentgelte in zwei Schritten um jeweils 50 Euro zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020. (…) Die Anwärtergrundbeträge werden jeweils zum 1. Januar 2019 und 1. Januar 2020 um 50 Euro erhöht“ a. Aus welchem Grund wurde die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare nicht ebenfalls zum 1. Januar 2019 um 50 Euro (wie bei Auszubildenden, Praktikanten und Anwärtern) erhöht? Die Höhe der Unterhaltsbeihilfe richtet sich nach den Vorgaben der Verordnung über die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare vom 30. Juli 2002 (HmbGVBl. S. 216), zuletzt geändert am 16. Dezember 2016 (HmbGVBl. S. 562). Nach § 1 Absatz 2 der Unterhaltsbeihilfeverordnung folgt die Dynamisierung des Unterhaltsgrundbetrages der Entwicklung des Grundgehaltssatzes eines Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 13. Entsprechend wurde der Grundbetrag zuletzt mit Wirkung zum 1. Januar 2019 um 3 Prozent erhöht. b. Wie hoch war die Erhöhung des Anwärtergrundbetrags für Lehramtsreferendare zum 1. Januar 2019? Wie hoch wird sie zum 1. Januar 2020 sein? Ist es richtig, dass die Differenz zwischen der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare und den Bezügen für Lehramtsreferendare damit noch weiter gestiegen ist beziehungsweise steigt? Gemäß Artikel 1 § 2 Satz 2 Hamburgisches Gesetz zur Besoldungs- und Beamtenversorgungsanpassung 2019/2020/2021 vom 18. September 2019 (HmbGVBl. S. 285) wurde der Anwärtergrundbetrag ab dem 1. Januar 2019 um 50 Euro erhöht. Gemäß Artikel 1 § 5 Satz 2 des genannten Besoldungsanpassungsgesetzes erfolgt eine weitere Anhebung des Anwärtergrundbetrages um 50 Euro zum 1. Januar 2020. Die Höhe der Anwärtergrundbeträge können jeweils für die Kalenderjahre 2019 bis 2021 der Anlage VIII zum genannten Anpassungsgesetz entnommen werden. Da die Erhöhung der Unterhaltsbeihilfe eine andere Bezugsgröße hat und nach anderen Regeln erfolgt als die Erhöhung des Anwärtergrundbetrags, ergeben sich unterschiedliche Steigerungsraten. Aktuell führt dies zu stärkeren Anstiegen der Bezüge für Lehramtsreferendarinnen und -referendare. 7. In der Drs. 21/18467 heißt es weiter: „Der Anrechnungsfreibetrag liegt derzeit bei 546,25 Euro. Zu einer Kürzung des Grundbetrags kommt es daher erst bei einem monatlichen Gesamteinkommen von rund 1 600 Euro.“ Handelt es sich hierbei um Brutto- oder Nettobeträge? Es handelt sich um Bruttobeträge. 8. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/18467 erklärte der Senat: „Aufgrund der guten Nebenverdienstmöglichkeiten in Hamburg verfügt ein Großteil der Referendarinnen und Referendare in Hamburg über ein deutlich höheres Einkommen.“ In der Drs. 21/18561 heißt es dann allerdings: „Der zuständigen Behörde liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich der Nebenverdienste aller Referendarinnen und Referendare vor, da nicht bekannt ist, welche Zuverdienste bis zur jeweiligen Anrechnungsgrenze erzielt wurden. Der Anteil der Referendare, die einen anzurechnenden Nebenverdienst erzielen, schwankt. Er lag im Durchschnitt der letzten fünf Jahre bei 26 Prozent.“ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18788 5 a. Auf welcher Grundlage basierte die Aussage des Senats in der Drs. 21/18467, dass ein Großteil der Referendarinnen und Referendare in Hamburg über ein deutlich höheres Einkommen verfüge, wenn der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse hinsichtlich der Nebenverdienste aller Referendarinnen und Referendare bis zur Anrechnungsgrenze vorliegen? b. „Der Anteil der Referendare, die einen anzurechnenden Nebenverdienst erzielen, schwankt. Er lag im Durchschnitt der letzten fünf Jahre bei 26 Prozent.“ Sind 26 Prozent nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde der Großteil der Referendare ? Die in der Drs. 21/18561 genannten 26 Prozent beziehen sich, wie dort beschrieben, auf jene Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, bei denen der Nebenverdienst zu einer Kürzung der Unterhaltsbeihilfe geführt hat. Bei diesem Personenkreis handelt es sich nur um einen Teil der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die einen Nebenverdienst erzielen. Aufgrund des regelmäßigen Austauschs mit Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren geht die zuständige Behörde davon aus, dass zusätzlich zu den statistisch ermittelten 26 Prozent ein wesentlicher Teil der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Nebeneinkünfte unterhalb der Kürzungsgrenze erzielt.