BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18833 21. Wahlperiode 05.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 29.10.19 und Antwort des Senats Betr.: „Stoned“ im Stadtverkehr? – Zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24.10.2019 Az. 6 K 4574/18 und Hamburgs aktueller Politik in Bezug auf Medizinal-Cannabis beziehende Kraftfahrzeugführer Seit dem 10. März 2017 ist der Einsatz von Medizinal-Cannabis als Therapiealternative bei schwerwiegenden Erkrankungen im Einzelfall erlaubt. Mit Urteil vom 24. Oktober 2019, Az. 6 K 4574/18, hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf nun entschieden, dass ein Patient, der aus medizinischen Gründen Cannabis konsumieren darf, unter Cannabiseinfluss auch Auto fahren dürfe, sofern er in nachgewiesener Weise auch unter der Wirkung von Medizinal -Cannabis ausreichend leistungsfähig sei, um ein Kraftfahrzeug sicher zu führen.1 Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis sei deshalb zu Unrecht abgelehnt worden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele drogenbedingte Verkehrsunfälle gab es seit dem 10. März 2017 in Hamburg jeweils insgesamt? Bitte insgesamt sowie jahresweise (für 2019 zum Stichtag 25.10.2019) nach jeweiligem Verkehrsmittel gesondert angeben. Die Verkehrsunfalldaten sind anhand einer Abfrage der Unfalldatenbank Elektronische Unfalltypensteckkarte (EUSKa) vom 30. Oktober 2019 ermittelt worden. Daten für das Jahr 2019 liegen bis zum 31. August 2019 vor und sind vorläufig. Im ausgewerteten Zeitraum sind insgesamt 452 Verkehrsunfälle (VU) polizeilich erfasst worden, bei denen bei mindestens einem der Beteiligten „Drogen/ Medikamente“ als eine der Unfallursachen festgestellt worden ist. Die Unfallbeteiligten, bei denen die Ursache „Drogen/Medikamente“ festgestellt wurde , waren gemäß folgender Tabelle an den VU beteiligt. 2017* 2018 2019 gesamt Fahrrad/Pedelec 3 12 11 26 Fußgänger 1 - - 1 Krad 4 2 2 8 Lkw 13 15 5 33 Mofa/Moped/E-Bike 4 6 2 12 Pkw 104 163 102 369 Sonstiges Kfz 0 1 2 3 1 Vergleiche: LTO.de, VG Düsseldorf – Cannabispatient darf bekifft Auto fahren, 24.10.2019; – erhältlich unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/vg-duesseldorf-6k4574-18- cannabispatient-darf-auto-fahren-fahrerlaubnis/ (Stand: 25.10.2019). Drucksache 21/18833 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2017* 2018 2019 gesamt Gesamtergebnis 129 199 124 452 * Verkehrsunfalldaten ab 10. März 2017 2. Wie viele Personen bezogen in Hamburg seit dem 10. März 2017 jeweils welche Menge Medizinal-Cannabis? Bitte nach Jahr (für 2019 zum Stichtag 25.10.2019) und Wohnortsbezirk gesondert darstellen. Hierzu liegen dem Senat keine Daten vor. 3. Hat der Senat oder die zuständige Behörde Erkenntnisse darüber, ob und, wenn ja, wie viele der unter Ziffer 1. fallenden Verkehrsunfälle auf den Einfluss von Medizinal-Cannabis zurückzuführen sind? Wenn ja, jeweils welche? Wenn nein, aus jeweils welchen konkreten Gründen nicht? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird nicht erfasst, welche berauschende Substanz in einem Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) zur Fahruntüchtigkeit geführt haben soll. Es müssten daher sämtliche Verfahren mit dem Tatvorwurf gemäß § 315c StGB aus den Aktenzeichenjahrgängen 2017 (ab 10. März 2017: 1 143 Verfahren), 2018 (1 530 Verfahren) und 2019 (bis zum Stichtag 25. Oktober 2019: 1 309 Verfahren) beigezogen und händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Haben der Senat oder die zuständige Behörde Erkenntnisse darüber, wie viele der unter Ziffer 2. fallenden Personen a) eine Fahrerlaubnis besitzen? Wenn ja, jeweils welche? Wenn nein, aus jeweils welchen konkreten Gründen nicht? Bitte nach Jahr (für 2019 zum Stichtag 25.10.2019) gesondert darstellen. b) ein Kraftfahrzeug in Hamburg gemeldet beziehungsweise zugelassen haben? Wenn ja, jeweils welche? Wenn nein, aus jeweils welchen konkreten Gründen nicht? Bitte nach Jahr (für 2019 zum Stichtag 25.10.2019) gesondert darstellen. Entfällt. 5. Wird in Hamburg im Rahmen der Neuerteilung beziehungsweise Erteilung einer Fahrerlaubnis geprüft, ob ein Antragssteller Medizinal- Cannabis bezieht beziehungsweise konsumiert? Wenn ja, inwiefern, durch jeweils wen und seit jeweils wann? Wenn nein, aus jeweils welchen konkreten Gründen nicht? Bitte detailliert erläutern. Bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis überprüft der Landesbetrieb Verkehr (LBV) gemäß § 2 StVG die Eignung des Antragstellenden. Hierzu gehört unter anderem auch der Komplex „Konsum von betäubungsmittelhaltigen Medikamenten“. Der LBV stützt sich auf die ihm vorliegenden Erkenntnisse und auf die im Fahreignungsregister vorhandenen Einträge. Bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis erfolgt ergänzend eine Einsicht in das Bundeszentralregister. 6. Inwiefern, durch jeweils wen und jeweils wann wird in Hamburg sichergestellt , dass Konsumenten von Medizinal-Cannabis unter Cannabiseinfluss kein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen? Bitte detailliert erläutern. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18833 3 7. Wie schätzen der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24.10.2019, Az. 6 K 4574/18, unter dem Gesichtspunkt eines sicheren und staatlichen Schutzpflichten entsprechenden Straßenverkehrs grundsätzlich ein? Bitte detailliert erläutern. 8. Wie schätzen der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24.10.2019, Az. 6 K 4574/18, unter dem Gesichtspunkt der Erbringbarkeit eines Nachweises ausreichender Leistungsfähigkeit unter Einfluss von Medizinal-Cannabis grundsätzlich ein? Bitte detailliert erläutern. 9. Gibt es seitens des Senats oder der zuständigen Behörde Überlegungen , in Zukunft eine mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24.10.2019, Az. 6 K 4574/18, in Einklang stehende Praxis in Bezug auf Medizinal-Cannabis beziehende Personen zu verfolgen? Wenn ja, jeweils welche, seit jeweils wann und aus jeweils welchen Gründen? Wenn nein, aus jeweils welchen konkreten Gründen nicht? Bitte detailliert erläutern. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf wird derzeit noch vom Senat in Bezug auf bestehende und künftige Verwaltungspraxis bewertet.