BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18881 21. Wahlperiode 12.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 05.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Cum-Ex und Cum-Cum in Hamburg, hier: Bankhaus M.M.Warburg Die Geschäfte mit den Bezeichnungen Cum-Ex und Cum-Cum sind der größte Steuerskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es wird damit gerechnet, dass sich Banken und Finanzinstitutionen viele Milliarden Euro Steuererstattungen auszahlen ließen, die ihnen nicht zustanden. Laut aktueller Berichterstattung wird gegenwärtig gegen das Bankhaus M.M.Warburg & CO (AG & Co). KGaA und Herrn Olearius wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung ermittelt. Durch die Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“, des NDR und des WDR ist Hamburg ins Zentrum der Berichterstattung gerückt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bankhaus M.M.Warburg. Hier stehen vonseiten der „Süddeutschen Zeitung“, des NDR und des WDR ungeheuerliche Vorwürfe im Raum: Trotz frühzeitiger Erkenntnisse hätten die Finanzbehörden lange Zeit kein Geld von Warburg zurückgefordert. Erst durch eine Anweisung des Bundesfinanzministeriums wäre die Finanzbehörde aktiv geworden. Das Bundesministerium hätte befürchtet, dass die Forderungen gegen Warburg hätten verjähren können. Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll Warburg Cum-Ex-Geschäfte stark betrieben und den Staat um bis zu 146,3 Millionen Euro gebracht haben. Hierbei stützen sich die Berechnungen auf einen Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte im Auftrage der Bankenaufsicht BaFin. Ende 2017 hatte das Bundesfinanzministerium die Hamburger Steuerbehörden angewiesen, dem Bankhaus M.M.Warburg Steuerkorrekturbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 über 43 Millionen Euro zuzüglich 13 Millionen Euro Zinsen zukommen zu lassen, weil bei diesen Ansprüchen Hamburgs Verjährung drohte. Für das Jahre 2009 sollen Steuerforderungen an das Bankhaus Warburg über 64 Millionen Euro im Jahre 2017 durch Verjährung verfallen sein. Sollte aber eine Straftat vorliegen, dann könnte der Fiskus laut Deloitte bis zu 190,6 Millionen Euro zurückfordern, weil sich dann die Verjährungsfristen verdoppeln. Staatsanwälte ermitteln. Die Informationen der Finanzbehörde an die „Süddeutsche Zeitung“ lautete: Die Behördenleitung werde „anlassbezogen in bedeutsamen Fällen“ durch die Verwaltung informiert. Drucksache 21/18881 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Aufgrund unseres Antrages in Drs. 21/11683 vom 17.01.2018 gab es im Rahmen einer Selbstbefassung eine Haushaltsausschusssitzung zum Thema „Steuerprüfungen im Cum-Cum- und Cum-Ex-Bereich“ (Bericht Drs. 21/12088 vom 19.02.2018), in dem bereits einige Fragen beantwortet wurden . Trotzdem tun sich aufgrund der weiteren Entwicklungen neue Fragen auf. Deshalb frage ich den Senat: Die hierfür zuständigen Behörden sorgen in Hamburg mit Nachdruck für einen konsequenten Vollzug der Steuergesetze und bekämpfen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unzulässige Steuergestaltungen. Bei den als sogenannten Cum-Ex-Geschäfte oder Cum-Cum-Geschäfte bezeichneten Geschäftsvorfällen im Bankenbereich handelt es sich in der Regel um komplexe, im Rahmen von steuerlichen und strafrechtlichen Ermittlungen festzustellende Sachverhalte . Das Aufdecken der Geschäfte vollzieht sich in zahlreichen Schritten, mit denen verdächtige Geschäftsvorgänge hinterfragt und mit einem besonderen Verständnis für das Bankwesen aufgeklärt werden müssen. Wenn ausländische Banken und/oder Wertpapierhändler eingeschaltet sind, ist die Sachverhaltsaufklärung maßgebend von der Gewährung ausländischer Amts- und Rechtshilfe abhängig. Grundsätzlich gehen die Finanzbehörden in Hamburg jedem hier vorliegenden Hinweis auf mögliche Fallgestaltungen in diesem Bereich nach. Insbesondere das Finanzamt für Großunternehmen hat diese Hinweise im Rahmen der Prüfung von in Hamburg ansässigen Banken geprüft. Die dabei festgestellten Sachverhalte werden in derartigen Fällen üblicherweise über das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg der Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Würdigung zugeleitet. In den hier bekannten Fällen haben alle Stellen der Hamburger Finanzverwaltung eng zusammengearbeitet. Aufgrund der möglichen Schadenshöhe wäre in diesen Fällen, soweit ein strafrechtlicher Anfangsverdacht zu bejahen wäre, regelmäßig die Staatsanwaltschaft nach den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und der Strafprozessordnung für die strafrechtlichen Ermittlungen zuständig. Die Finanzbehörden in Hamburg unternehmen nach wie vor alle Anstrengungen, um Cum-Ex-Geschäfte und Cum-Cum-Transaktionen aufzudecken. Die Beweislast, dass Cum-Ex-Geschäfte oder Cum-Cum-Transaktionen durchgeführt wurden, liegt bei den Finanzbehörden. Solange einem Kreditinstitut nicht nachgewiesen werden kann, dass es Cum-Ex-Geschäfte oder Cum-Cum-Transaktionen getätigt hat, kommt eine Rückforderung von Kapitalertragsteuer rechtlich nicht in Betracht. Daher wird, solange ein entsprechender Verdacht besteht, alles daran gesetzt, derartige Geschäfte nachzuweisen . Im Übrigen verweist der Senat auf seine Ausführungen in Drs. 21/18036. Darüber hinaus ist der Senat im Hinblick auf das Steuergeheimnis nach § 30 Absatz 1 und 2 der AO daran gehindert, Auskünfte zu einem Einzelfall zu erteilen. Dies bezieht sich auf alle konkreten Angaben – und zwar weder in positiver noch in negativer Hinsicht – zu dem jeweiligen Fall. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie und wann und von wem wurde die Behördenleitung der Finanzbehörde von den Forderungen gegenüber M.M.Warburg in den Jahren 2016 und 2017 informiert? Siehe Vorbemerkung. 2. Gab es im oben genannten Zusammenhang persönliche Gespräche zwischen dem Bankhaus M.M.Warburg und dem Senat? Falls ja, wie oft und wann erfolgten derartige Gespräche? Falls nein, gab es entsprechende Telefonkonferenzen oder -gespräche? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18881 3 a. Wer nahm an diesen Gesprächen seitens M.M.Warburg und wer seitens des Senates teil? b. War der ehemalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz in die Gespräche eingebunden? c. War der ehemalige Finanzsenator und jetzige Erste Bürgermeister Dr. Tschentscher in die Gespräche eingebunden? d. Welche Anwälte nahmen an den Gesprächen teil? e. Gab es Ergebnisse aus diesen Gesprächen und wie sahen die aus? Nein. 3. Gab es Gespräche mit der Amtsleitung und dem Bankhaus M.M.Warburg in den Jahren 2016 und 2017. a. Gab es Ergebnisse aus diesen Gesprächen und wenn ja, welche? 4. Im April 2019 wurde bekannt, dass gegen das Bankhaus und Herrn Olearius persönlich wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wird. Würden sich bei einer Verurteilung des Bankhauses oder Herrn Olearius die Verjährungen des Jahres 2016 und 2017 auf eine Verjährung von zehn Jahren ausdehnen? Siehe Vorbemerkung.