BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/18999 21. Wahlperiode 22.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 14.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Entzug der Freizügigkeit von EU-Bürgern/-innen im 3. Quartal 2019 Anfang des Jahres veröffentlichte die Sozialbehörde die Ergebnisse ihrer Wohnungslosenbefragung aus dem Frühjahr 2018. Demnach seien 1 910 Menschen in Hamburg obdachlos, eine erhebliche Steigerung zur letzten Befragung. Die Steigerung wird hauptsächlich auf „Zuwanderungseffekte“ zurückgeführt. Besonders Unionsbürger/-innen, die im Rahmen ihres Freizügigkeitsrechts aus osteuropäischen Ländern nach Hamburg kommen, seien betroffen. Gleichzeitig berichten Sozialarbeiter/-innen, dass Obdachlose sehr systematisch von der Polizei aufgesucht würden, um die Freizügigkeitsvoraussetzungen nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU zu überprüfen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Angaben zu den Herkunftsländern im Zusammenhang mit Freizügigkeitsfragen von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern werden beim Einwohnerzentralamt nicht erfasst. Darüber hinaus erfolgt keine statistisch auswertbare personenbezogene Erfassung von in diesem Zusammenhang erfolgenden Vorsprachen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Unionsbürger/-innen wurden im 3. Quartal 2019 an das Einwohner -Zentralamt gemeldet? Bitte nach Herkunftsland aufschlüsseln. Im 3. Quartal 2019 wurden insgesamt 360 Personen zur Überprüfung der Freizügigkeit an das Einwohner-Zentralamt gemeldet. 2. Wie viele der unter Frage 1. genannten Unionsbürger/-innen sind zur Vorsprache und zur Überprüfung ihrer Freizügigkeitsvoraussetzungen durch das Einwohner-Zentralamt aufgefordert worden? Und wie viele sind dieser Aufforderung nachgekommen? Bitte nach Herkunftsland aufschlüsseln . 57 Personen wurden aufgefordert beim Einwohner-Zentralamt vorzusprechen. In neun Fällen erfolgte eine Vorsprache. 3. Bei wie vielen der unter Frage 2. genannten Unionsbürger/-innen ist der Bestand des Freizügigkeitsrechts festgestellt worden? Bitte nach Staatsangehörigkeit aufschlüsseln. In vier Fällen wurde im Abfragezeitraum der Bestand des Freizügigkeitsrechts festgestellt . Dabei kann es sich aufgrund zeitlicher Überschneidungen und unterschiedlicher Dauer der Prüfverfahren auch um Fälle aus den vorangegangenen Monaten handeln. Diese können demzufolge nicht in Relation mit den Angaben zu 2. gesetzt werden. Drucksache 21/18999 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Bei wie vielen der unter Frage 2. genannten Unionsbürger/-innen wurde der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt? Bitte nach Staatsangehörigkeit aufschlüsseln. In 63 Fällen wurde im Abfragezeitraum der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt . Dabei kann es sich aufgrund zeitlicher Überschneidungen und unterschiedlicher Dauer der Prüfverfahren auch um Fälle aus den vorangegangenen Quartalen handeln . Diese können demzufolge nicht in Relation mit den Angaben zu 2. gesetzt werden . a. Wie viele der unter Frage 2. genannten Menschen sind in Abschiebehaft genommen worden? Bitte nach Monaten und Herkunftsländern auflisten. b. Wie viele der unter Frage 2. genannten Menschen wurden aus der Abschiebehaft wieder entlassen, ohne dass eine Abschiebung durchgeführt wurde? Bitte nach Monaten und Herkunftsländern auflisten . Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Eine Beantwortung würde die Durchsicht aller in Frage kommenden Ausländerakten erfordern und ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Wie viele der unter Frage 2. genannten Fälle sind an andere Behörden abgegeben worden? Welche Gründe lagen hierfür vor und an welche Behörden wurden die Fälle jeweils abgegeben? Im 3. Quartal 2019 wurden insgesamt 32 Fälle an andere Behörden weitergeleitet, bei denen im Rahmen der Sachbearbeitung eine gültige Meldeanschrift oder die Zuständigkeit einer anderen Ausländerbehörde festgestellt wurde. Dabei kann es sich aufgrund zeitlicher Überschneidungen und unterschiedlicher Dauer der Prüfverfahren auch um Fälle aus den vorangegangenen Quartalen handeln. Diese können demzufolge nicht in Relation mit den Angaben zu 2. gesetzt werden. Da eine namentliche Erfassung der weitergeleiteten Personen nicht erfolgt, ist die Angabe der jeweiligen Zielbehörde beziehungsweise deren rückwirkende Ermittlung nicht möglich. 6. Wie viele Unionsbürger/-innen wurden im 3. Quartal 2019 abgeschoben? Bitte nach Staatsangehörigkeit der Betroffenen und nach Abschiebegrund auflisten. Die Angaben sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen: Herkunftsland Abschiebungen Unionsbürger/-innen im 3. Quartal 2019 Bulgarien 3 Großbritannien 1 Polen 5 Rumänien 4 Slowakei 1 gesamt 14 Grund für die Abschiebung war in allen Fällen die Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht. a. Wie viele der abgeschobenen Personen waren zuvor obdachlos beziehungsweise ohne festen Wohnsitz? Zwei Personen. 7. Wie viele Unionsbürger/-innen reisten im 3. Quartal 2019 „freiwillig“ aus? Bitte nach Staatsangehörigkeit der Betroffenen und nach Abschiebegrund auflisten. Im 3. Quartal 2019 haben vier Personen nachweislich das Bundesgebiet freiwillig in die Herkunftsländer Polen und Rumänien (je zwei Personen) verlassen. Die Personen waren jeweils ausreisepflichtig. Darüber hinaus bestehende individuelle Gründe für Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/18999 3 eine freiwillige Ausreise werden der zuständigen Behörde regelmäßig nicht bekanntgegeben . 8. Wie viele Unionsbürger/-innen sind im 3. Quartal 2019 in Abschiebehaft und wie viele in Ausreisegewahrsam genommen worden? Bitte nach Staatsangehörigkeit der Betroffenen auflisten. Siehe Drs. 21/18725 und 21/18727. 9. Wie viele der unter Frage 4. genannten Menschen waren aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht haft-, verwahr- oder reisefähig und wurden deshalb nicht abgeschoben? Keine. 10. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die Entscheidung des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 16. September 2019 (L 31 AS 1627/19 B ER) bekannt, wonach Unionsbürger/-innen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, auch wenn sie nur ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche haben? Wenn ja, welche Folgen ergeben sich daraus für den Senat beziehungsweise die zuständige Behörde und inwieweit wurde das Urteil umgesetzt? Die Entscheidung wird von der zuständigen Behörde zurzeit geprüft. Grundsätzlich besteht die Rechtsauffassung, dass in Härtefällen, zum Beispiel bei nicht bestehender Reisefähigkeit, Leistungen nach Maßgabe des § 23 Absatz 3 Sozialgesetzbuch 12 (SGB XII) zu erbringen sind.