BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19072 21. Wahlperiode 26.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 20.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Quereinsteiger in Hamburgs Schulen – Wie ist der Sachstand? In der kürzlich ausgestrahlten ARD-Dokumentation „Als Quereinsteiger in den Lehrerberuf“ wird über den Lehrermangel in Deutschland berichtet. Viele Bundesländer greifen zur Deckung des steigenden Lehrerbedarfs auf die Einstellung von Quereinsteiger/-innen zurück. In Hessen sei die Situation alarmierend und auch Berlin verfüge über 68 Prozent Quereinsteiger/-innen im Lehrerberuf, heißt es dort. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In Hamburg wird als qualifizierter Quereinstieg der Zugang in den Schuldienst durch das Absolvieren eines Vorbereitungsdienstes nach abgeschlossenem Masterstudium bezeichnet, siehe Drs. 21/14351 und 21/8426. Der Seiteneinstieg als Zugang in den Hamburger Schuldienst nach abgeschlossenem Masterstudium ohne Vorbereitungsdienst ist in Hamburg nicht regelhaft vorgesehen, siehe Drs. 21/8766. Bundesweit gibt es keine einheitliche Definition für den Quereinstieg beziehungsweise den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf, dies ist bei der Interpretation überregionaler Medienberichte zu beachten. Der qualifizierte Quereinstieg ist in Hamburg eine zusätzliche Maßnahme, um insbesondere in Mangelfächern mehr Lehrkräfte für den Schuldienst zu gewinnen. Dies bezieht sich derzeit auf folgende Fächer/Fachrichtungen/Förderschwerpunkte und Schulformen: Lehramt an der Primar- und Sekundarstufe I sowie an Gymnasien: Physik, Informatik , Mathematik, Chemie, Musik, Theater/Darstellendes Spiel. Lehramt an Sonderschulen: Ein Quereinstieg ist hier für alle Förderschwerpunkte möglich. Lehramt an Beruflichen Schulen: Kinder- und Jugendhilfe, Metalltechnik, Elektrotechnik . Damit ist der qualifizierte Quereinstieg in Hamburg unter anderem für Lehrauftragnehmer an Schulen eine Möglichkeit, aufbauend auf ihren praktischen Erfahrungen mit dem Absolvieren des Vorbereitungsdienstes dauerhaft in den Schuldienst einzutreten . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Personalstellen für Lehrkräfte sind derzeit an Hamburgs Schulen vorgesehen? Wie viele hiervon waren zum Schuljahresbeginn 2019/2020 besetzt, wie viele sind unbesetzt? Bitte jeweils nach Schulform Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule und Sonderschulen differenziert darstellen. Drucksache 21/19072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Gemäß der Personalorganisation zum 1. August 2019 stehen den Schulformen insgesamt 16 669 Lehrerstellen zur Verfügung: Schulformen Anzahl Lehrerstellen Grundschulen 4 730,4 Sonderschulen 771,7 Stadtteilschulen 5 095,0 Gymnasien 3 570,0 Berufsbildende Schulen 2 502,0 Ein festgelegtes Einstellungskontingent für das einzelne Schuljahr wird im Vorwege nicht festgelegt. Im Rahmen des Konzepts der selbstverantworteten Schule entscheiden die Schulen nach den konkreten Bedingungen vor Ort selbst, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt sie Stellen dauerhaft besetzen. Zurzeit sind an den allgemeinbildenden Schulen in Hamburg folgende Stellen ausgeschrieben : Schulform beliebig Lehramt Gesamt Gesamt in % von Stellengesamtheit an der Primarstufe und Sekundarstufe I an Gymnasien an Sonderschulen Lehrkraft für Fachpraxis Grundschulen - 63 - 12 - 75 1,6 Sonderschulen - - - 13 - 13 1,7 Gymnasien 1 - 31 1 - 33 1,0 Stadtteilschulen 53 59 55 29 1 198 3,9 Gesamt 54 122 86 55 1 319 1,91 Bei der Bewertung der Daten ist zu berücksichtigen, dass für eine Stelle teilweise mehrere Ausschreibungen in mehreren Fächerkombinationen oder mit verschiedenen Lehrämtern veröffentlicht werden, um eine breitere Aufmerksamkeit zu erhalten. Auch werden je nach Bedarf der Schulen nicht immer Vollzeitstellen ausgeschrieben. Darüber hinaus suchen Schulen auch proaktiv Personal und suchen schon frühzeitig Nachfolgen für Lehrkräfte, die erst in Zukunft aus der Schulen ausscheiden oder beurlaubt werden. Der Prozess der Stellenfreigabe bei den beruflichen Schulen zum Februar 2020 ist derzeit noch unabgeschlossen. 2. Wie viele der besetzten Personalstellen für Lehrkräfte werden in den kommenden fünf Jahren in Folge von Renteneintritt vakant? Bitte nach Schulform Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule und Sonderschulen differenziert darstellen. 3. Welche mittel- bis langfristigen Bedarfe für Lehrkräfte ergeben sich hieraus ? Bitte für jede Schulform einzeln angeben. Für die nachstehend aufgeführten altersbedingten Abgänge ist eine Nachbesetzung entsprechend der Schülerzahlenentwicklung vorgesehen: 2020 2021 2022 2023 2024 Grundschulen 80 68 70 68 70 Sonderschulen/Bildungsabteilungen der Regionalen Beratungs - und Bildungszentren 20 20 20 20 19 Stadtteilschulen 70 68 62 63 62 Gymnasien 43 38 34 37 38 Berufliche Schulen 73 60 54 53 54 Gesamt 287 253 239 241 243 4. In welchen Fächern kann zurzeit kein Unterricht durch hochschulisch qualifizierte Lehrkräfte in vollem Umfang erteilt werden aufgrund von Fachlehrermangel? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/19072 3 Grundsätzlich werden in Hamburg hochschulisch qualifizierte Lehrkräfte im Unterricht eingesetzt, hierzu zählen im Ausnahmefall auch Quereinsteiger, siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 8. In wenigen Einzelfällen werden Beschäftige ausnahmsweise ohne Hochschulabschluss an Schulen eingesetzt, siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/14091. 5. Wie viele Lehrer/-innen im aktuellen Schuljahr gelten als Quereinsteiger und verfügen über kein Lehramtsstudium? Bitte differenziert nach Schulform Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule, Sonderschulen darstellen. 6. Über welche Qualifikation verfügen diese Quereinsteiger in der Regel? Bitte differenziert nach Schulformen Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule , Sonderschulen darstellen. Zum Einstellungstermin in den Vorbereitungsdienst zum 1. August 2019 waren von 413 Personen insgesamt 18 Quereinsteiger. Diese verteilten sich wie folgt auf die Schulformen: − Lehramt an Gymnasien: elf Quereinsteiger von 158 Einstellungen insgesamt, − Lehramt der Primar- und Sekundarstufe I: keine Quereinsteiger von 124 Einstellungen , − Lehramt für Berufliche Schulen: fünf Quereinsteiger von 48 Einstellungen insgesamt , − Lehramt für Sonderpädagogik: zwei Quereinsteiger von 71 Einstellungen insgesamt , − Lehrkräfte in der Anpassungsqualifikation: keine Quereinsteiger von 12 Einstellungen . Alle Quereinsteiger verfügen über ein abgeschlossenes, einschlägiges Hochschulstudium – Diplom (Universität) oder Master, einschlägige Berufserfahrung nach dem Studium sowie bereits über erste Lehrerfahrung im Schuldienst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antworten zu 8. und 12. 7. In welchen Fächern unterrichten diese Quereinsteiger? Bitte jeweils nach Schulform Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule und Sonderschulen differenziert darstellen. An Gymnasien gibt es aktuell elf Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit den Fächern Deutsch, Mathematik, Musik, Philosophie, Physik, Sozialwissenschaften oder Theater. An den beruflichen Schulen gibt es aktuell fünf Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in den Fächern Betriebswirtschaftslehre, Geschichte, Kinder- und Jugendhilfe, Metalltechnik, Physik, Sozialwissenschaften sowie in Textil- und Bekleidungstechnik . An Sonderschulen gibt es aktuell zwei Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit den Unterrichtsfächern Deutsch und Sozialwissenschaften und den Förderschwerpunkten Lernen und Verhalten. 8. Wie wurden und werden Quereinsteiger auf den Lehrbetrieb vorbereitet? Gibt es individuelle Qualifizierungen entsprechend der Schulformen oder bezüglich der Lehrämter? Wenn ja, inwiefern? Ein Quereinstieg in den Hamburger Schuldienst erfolgt grundsätzlich durch das Absolvieren des Vorbereitungsdienstes nach abgeschlossenem Masterstudium, siehe Vorbemerkung . Im Rahmen des 18-monatigen Vorbereitungsdienstes durchlaufen die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger die gleichen Ausbildungselemente wie alle anderen Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst. Die Ausbildung ist schulformspezifisch. Sie findet statt im Rahmen von Hauptseminaren (allgemeine Pädagogik und Didaktik) sowie entsprechenden Fachseminaren mit einer fachdidaktischen Schwerpunktsetzung . An den Schulen stehen Mentorinnen und Mentoren zur Seite. Überlegungen zu Drucksache 21/19072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 zusätzlichen individuellen, schulformspezifischen Qualifizierungen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind derzeit noch nicht abgeschlossen. 9. Gibt es auch Quereinsteiger, die über keinen Hochschulabschluss verfügen ? Über welche Qualifikation verfügen sie dann? Bitte differenziert nach Schulformen Grundschule, Stadtteilschule Sekundarstufen 1 und 2, Gymnasium Sekundarstufen 1 und 2, Berufsschule, Sonderschulen darstellen . Nein. 10. Erhalten Quereinsteiger die Möglichkeit, berufsbegleitend auf Lehramt beziehungsweise eine Fachdidaktik zu studieren? Gibt es diesbezüglich spezielle Angebote für Quereinsteiger? Wenn ja, inwiefern? Ein zusätzliches universitäres Studium wird zusätzlich zum Vorbereitungsdienst zurzeit weder gesondert angeboten noch obligatorisch gefordert. 11. Wie werden Quereinsteiger besoldet? Werden sie ebenso tariflich eingestuft wie studierte Lehrkräfte und werden damit gleichwertig besoldet? Wenn nein, wie werden sie in der Regel eingestuft? Da es sich beim Quereinstieg in Hamburg um das Absolvieren des Vorbereitungsdienstes handelt, gelten dafür auch die entsprechenden Vergütungen des Vorbereitungsdienstes analog zu Lehrkräften im Vorbereitungsdienst mit 1. Staatsexamen. 12. Wie findet die Einarbeitung vor Ort im Schulbetrieb statt, gibt es zum Beispiel Patenschaften mit regulär ausgebildeten Lehrkräften? Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes sind den Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern , analog zu allen anderen Lehrkräften im Vorbereitungsdienst, Mentorinnen und Mentoren zugeordnet. Die Mentorinnen und Mentoren besuchen die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in regelmäßigen Abständen im Unterricht, beraten sie in Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung, die fachlichen Fragestellungen und Elternarbeit. Die Mentorinnen und Mentoren unterstützen die angehenden Lehrkräfte darüber hinaus, die schulspezifischen Strukturen, Gepflogenheiten und Regularien vor Ort zu verstehen und sich dort einzufinden. Mentorinnen und Mentoren sind erfahrene Lehrkräfte, die die gleichen Fächer unterrichten wie die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. 13. Welches Einstellungsverfahren durchlaufen angehende Lehrkräfte bei den einzelnen Schulformen? Ist dies bei Quereinsteigern identisch und auf welcher Rechtsverordnung beruht das Einstellungsverfahren? Wenn es nicht identisch ist, wo liegen die Unterschiede? Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind nach ihrer Ausbildung Lehrkräfte mit 2. Staatsexamen. Die Auswahl- und Einstellungsverfahren für ausgebildete Lehrkräfte und solche Beschäftigte ohne Lehramtsbefähigung sind identisch und erfolgen nach der entsprechenden, einschlägigen Zulassungsverordnung zum Vorbereitungsdienst. Zugang zum öffentlichen Amt haben gemäß Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz nur diejenigen Personen, die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung geeignet sind. Nach der gängigen Rechtsprechung ist deshalb die Ausschreibung zu besetzender Stellen im öffentlichen Dienst, wozu der Hamburger Schuldienst selbstverständlich zählt, sowie die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber auf Grundlage der eingereichten Bewerbungsunterlagen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erforderlich. Stellenausschreibungen für den Hamburger Schuldienst werden im Internet auf der Homepage der für Bildung zuständigen Behörde online veröffentlicht. Die Bewerberinnen und Bewerber, die sich auf eine Stelle beworben haben, durchlaufen anschließend das für den öffentlichen Dienst übliche Auswahlverfahren. Das Auswahlverfahren führen die Schulleitungen im Rahmen der selbstverantworteten Schule selbst durch und entscheiden aufgrund der Bewerberunterlagen und der jeweiligen schulischen Bedarfe, welche Bewerberin beziehungsweise welcher Bewerber die Stelle übernehmen wird.