BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/19120 21. Wahlperiode 29.11.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 21.11.19 und Antwort des Senats Betr.: Ermittlungen des Generalbundesanwalts bei extremistischen Straftaten in Hamburg? Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat gegenüber den Staatsanwaltschaften der Länder kein Weisungsrecht. Ebenso wenig übt er die Dienstaufsicht über sie aus. Diese steht den Generalstaatsanwälten der Länder und den Landesjustizministerien zu. Der Generalbundesanwalt kann jedoch in den gesetzlich geregelten Einzelfällen Verfahren aus seinem Zuständigkeitsbereich an die Landesstaatsanwaltschaften abgeben oder Verfahren aus deren Bereich an sich ziehen. Von dieser Regelung macht der Generalbundesanwalt in der Regel bei schwerwiegenden Staatsschutzstrafsachen in den Bereichen Terrorismus, Spionage, Völkerrechtsvergehen und Extremismus Gebrauch.1 Im laufenden Jahr hat sich der Generalbundesanwalt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervorgeht , hauptsächlich mit islamistisch motiviertem Terrorismus beschäftigt: 231 neue Ermittlungsverfahren gab es in diesem Bereich. Deutlich seltener wurde zu rechtsextremistischen Taten ermittelt (15 Verfahren), noch weniger zu Linksextremismus (fünf Verfahren). Die Zahlen spiegeln den Stand vom 10. Juli 2019 wider.2 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof werden sämtliche Vorgänge übersandt, bei denen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen gegeben sind (§ 142a Absatz 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)). Die Übersendung erfolgt entweder durch die Staatsanwaltschaft(en) (§ 142a Absatz 1 Satz 3 GVG, Nummer 202 Absatz 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)), oder durch die Behörden und Beamtinnen und Beamten des Polizeidienstes (§§ 163 Absatz 2 Satz 1 StPO, 142a Absatz 1 Sätze 1 und 2 GVG, Nummer 202 Absatz 4 RiStBV). Hierzu gehören Vorgänge, bei denen die Prüfung eines Anfangsverdachts wegen einer Straftat gemäß §§ 120 Absatz 1, 142a Absatz 1 Satz 1 GVG in die ausschließliche Kompetenz des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof fällt, sowie Vorgänge, die grundsätzlich in die Strafverfolgungskompetenz der Länder fallen und vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof dann übernommen werden, wenn die in §§ 120 Absatz 2 Satz 1 Nummern 1–4, Satz 2 oder 74a Absatz 2 GVG i.V.m. § 142a Absatz 1 Satz 1 GVG aufgeführten weiteren Voraussetzungen vorliegen und der 1 https://www.generalbundesanwalt.de/de/stellung.php (abgerufen am 21.11.2019). 2 https://www.stern.de/politik/deutschland/generalbundesanwalt-ermittelt-am-haeufigstenzum -islamistischen-terrorismus-8825754.html (abgerufen am 21.11.2019). Drucksache 21/19120 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die besondere Bedeutung des Falles bejaht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: In wie vielen Fällen hat der Generalbundesanwalt in den Jahren 2015 bis heute Verfahren, die zunächst im Zuständigkeitsbereich der Hamburger Justizbehörde lagen, aufgrund schwerwiegender Staatsschutzstrafsachen in den Bereichen Terrorismus, Spionage, Völkerrechtsvergehen und Extremismus, an sich gezogen? Bitte jahrweise angeben und in Fällen von Straftaten mit politischextremistischem oder terroristischem Hintergrund nach Phänomenbereichen (Islamismus, Linksextremismus, Rechtsextremismus, Extremismus mit Auslandsbezug ) und Nationalität der Tatverdächtigen aufschlüsseln. Im Bereich der Staatsanwaltschaften wird nicht erfasst, in wie vielen Fällen der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Verfahren, die zunächst von den Staatsanwaltschaften geführt wurden, unter den Voraussetzungen der §§ 120 Absatz 2 oder 74a Absatz 2 GVG übernommen hat. Auch eine verlässliche Erfassung der Anzahl der gemäß §§ 120 Absatz 1, 142a Absatz 1 GVG dem Generalbundesanwalt vorgelegten Vorgänge erfolgt nicht. Die in die Deliktskataloge der §§ 120 Absatz 2, 74a Abs. 1 und 2 GVG fallenden Tatbestände , die im Falle der Annahme einer besonderen Bedeutung durch den Generalbundesanwalt übernommen werden können, werden in den unterschiedlichsten Abteilungen der Staatsanwaltschaften Hamburg geführt (zum Beispiel Abteilung 66 (§ 120 Absatz 2 Nummer 3 GVG i.V.m. §§ 211, 212 StGB), Abteilungen 30–35 (§ 120 Absatz 2 Nummer 3 GVG i.V.m. §§ 239a, 239b StGB), Abteilung. 67 (§ 120 Absatz 2 Nummer 3 GVG i.V.m. §§ 306a, 306b StGB), Abteilung 71 (§120 Absatz 2 Nummer 3 i.V.m. § 309 StGB sowie § 74a Absatz 1 GVG i.V.m. §§ 80a, 84 fortfolgende, 109d fortfolgende, 241a StGB), Abteilung 50 (§ 120 Absatz 2 Nummer 4 GVG i.V.m. den Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes sowie §§ 19 folgende Kriegswaffenkontrollgesetz ), Abteilung 65 (§ 74a Absatz 1 Nummer 4 GVG i.V.m. § 129 StGB), Zentralstelle Staatsschutz bei der Generalstaatsanwaltschaft (§ 74a Absatz 1 Nummer 2 GVG i.V.m. §§ 89a fortfolgende StGB)). Eine Identifizierung sämtlicher in diesen Abteilungen geführter Verfahren, die potenziell für eine Übernahme durch den Generalbundesanwalt in Betracht kommen und die Überprüfung, ob eine Übernahme erfolgte, ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Anzahl der zu überprüfenden Verfahren liegt im drei- bis vierstelligen Bereich. Statistiken im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei nicht geführt. Für die Beantwortung wäre eine manuelle Auswertung sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums bei der für die einschlägigen Delikte zuständigen Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.